Titel: | Neuerungen in der Ziegelindustrie. |
Autor: | G. Benfey |
Fundstelle: | Band 323, Jahrgang 1908, S. 568 |
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Neuerungen in der Ziegelindustrie.
Von G. Benfey.
Lauban.
Neuerungen in der Ziegelindustrie.
Das letzte Jahr hat der Ziegelindustrie eine ganze Reihe wesentlicher
Verbesserungen, besonders an neuen Maschinen, gebracht, welche einerseits die
Aufbereitung und Formgebung immer selbsttätiger, immer unabhängiger von der
Witterung und menschlicher Arbeitstätigkeit machen, andererseits darauf hinzielen
die vorhandenen Maschinen und Einrichtungen immer besser auszunutzen. Ganz besonders
muß dabei zu Gunsten der nachfolgend zu besprechenden Neuerungen von vornherein
hervorgehoben werden, daß sie entweder zur vorteilhaften Wirkung für alle Tone und deren Gemenge oder nur für eine bestimmte Ton- und Verwendungsart gebaut sind und in
letzterem Falle, wie früher so gern geübt, von der immer verdächtigen
„Universal“-Verwendung in jedem Ziegeleibetriebe absehen. Im Interesse
desselben ist dies nur freudig zu begrüßen, es zeigt einen wesentlichen
Fortschritt gegenüber früher, wo derartige Neuerungen ohne weiteres der ganzen
Industrie angeboten wurden, es ihr überlassend sie mit großen Unkosten und
verlorener Zeit auszuprobieren und dem vorhandenen Betriebe mühselig anzupassen. Es
zeigt aber vor allen Dingen, daß tüchtige Maschineningenieure und Fachleute sich
immer mehr in die wahren Bedürfnisse unserer Industrie einarbeiten, sich bemühen
dort einzusetzen, wo Hilfe erforderlich, dort mit Maschinen einzugreifen, wo die
Hand des Arbeiters lediglich zu gleichmäßig, eingestellter Tätigkeit gemißbraucht
wird, wie es leider heute noch in den weitaus meisten Teilen des Ziegeleibetriebes
der Fall ist. Bei Rückschau auf das letzte Jahr muß auch weiter mit Befriedigung
festgestellt werden, daß diese Neuerungen und ihr leicht erkennbarer Nutzen rasch in den
Ziegeleikreisen Erkenntnis und Aufnahme finden, während diese sonst durch trübe
Erfahrungen gewitzigt, den Neuerungen einigermaßen mißtrauisch gegenüberstanden. Es
hat dies wohl auch seinen Grund in den allgemeinen sozialen Verhältnissen, in dem
Mangel an geschulten Arbeitern und deren hohen Forderungen, die sich in Ziegelwerken
besonders fühlbar machen, weil der Betrieb in ihnen jedes Jahr im Winter einige
Monate ruht. Dann aber auch in dem wachsenden Mitbewerb anderer Baustoffe, die den
Ziegel ersetzen wollen, wie vor allen Dingen die zu gleichem Preise herzustellenden
Kalksandsteine, endlich durch die zwingende Notwendigkeit die ständig wachsenden
Preise für Kohlen durch Verbilligung und Verbesserung des Betriebes
auszugleichen.
Textabbildung Bd. 323, S. 569
Fig. 1.Mischkollerwalzwerk System Baur.
Textabbildung Bd. 323, S. 569
Fig. 2.Mischkollerwalzwerk System Baur.
Dem Gange der Ziegelerzeugung folgend ist zunächst eine wesentliche Verbesserung
jener Schlämmereianlage von Jul. Lüdecke Nachf. in
Werder zu erwähnen, welche wir im Heft 28 des vorig. Jahrg. geschildert haben. Sie
dient dazu gewisse Arten Tone zu schlämmen, um sie auf diese Weise von ihren für die
weitere Erzeugung schädlichen Unreinigkeiten zu befreien. Bei den bisherigen
Schlämmereianlagen bewegten sich die den Ton und des Wassers aufrührenden
Schlammharken stets nach einer Richtung im runden Becken, während die jetzige
Neuerung eine einfache maschinelle Umschaltung vorsieht, um die Schlammharken in
bestimmten Zeitabschnitten die entgegengesetzte Richtung einschlagen zu lassen. Die
Vorgelegewelle wird hierzu in bekannter Weise durch einen offenen und einen
gekreuzten Riemen in Bewegung gesetzt und durch eine selbsttätig wirkende
Riemenausrückvorrichtung wird nun entweder der gekreuzte oder der offene Riemen auf
die feste bezw. lose Riemenscheibe geschoben und dadurch die Drehrichtung der
senkrechten Welle mit den an ihr hängenden Schlämmharken abwechselnd geändert. Es
leuchtet wohl ohne weiteres ein, daß durch diese Aenderung das Schlämmgut bedeutend
energischer als bisher angegriffen wird.
Das Mischkollerwalzwerk System Baur (Fig. 1), welches die Firma Gebr. Pfeiffer in Kaiserslautern in letzter Zeit mit Erfolg eingeführt
hat, bildet ein Zwischenglied von Walzwerk und Naßkollergang, soll beide Vorzüge in
sich vereinen und deren Nachteile vermeiden. Es besteht in der Hauptsache aus zwei
starken, in entgegengesetztem Sinne sich drehenden Walzen, deren Stahlgußgerippe mit
einem Mantel aus geschlitztem Stahlblechbekleidet ist (Fig. 2). Die Schlitze dieser Bleche sind dem vorliegenden Tone oder der
herzustellenden Ware angepaßt, 2–7 mm breit und nach innen zu konisch erweitert.
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Fig. 3.Mischkollerwalzwerk System Baur.
Die sich drehenden Walzen werden durch starken, regulierbaren Federdruck
gegeneinander gepreßt, ohne sich aber unmittelbar zu berühren und drücken das von
oben kommende Material in bandförmigen Strängen in das Innere. Hier wird das
Material durch am Walzengestell befestigte Messer in Scheiben geschnitten und fällt,
nachdem es durch den vorangegangenen Prozeß aufs innigste vermischt und verarbeitet
worden ist, seitlich aus den Walzen heraus, so daß man es dann in den meisten Fällen
direkt der Ziegelpresse zuführen kann. Die Verarbeitung des Tongemenges ist eine
sehr energische, hervorgebracht einerseits durch die außerordentlich starke
Schwungkraft der Walzen, die auf das aufgegebene Gut gründlich zermalmend einwirkt
und selbst größere Kiesel ohne weiteres zerkleinert, anderseits durch den Zwang, der
auf das Tongemenge ausgeübt wird, durch die engen Schlitze der Walzenmäntel zu
gehen. Weiter wird der nach innen gelangte durch vier Messer in Scheiben
geschnittene Ton nochmals beim Durcheinanderfallen innig gemischt. Harte Steine,
Holz- und Eisenstücke gehen infolge der starken Lagerfederung nicht zwischen den
Walzen hindurch und können nach Stillsetzung leicht entfernt werden.
Als ein weiterer Vorzug dieser Aufbereitungsmaschine muß noch hervorgehoben werden,
daß durch Wahl von verschieden geschlitzten Walzenmäntel es ermöglicht wird, Material von
verschiedener Aufbereitungsqualität gleichzeitig abzuführen. Zum Beispiel in Fig. 3
A die gröbere, B die
feinere Schlitzweite, außerdem ist hinter B noch ein
Feinwalzwerk C vorgeschaltet. Hierdurch wird es
ermöglicht mit demselben Tongemenge bessere Ware wie Strangfalzziegel usw., die eine
gründliche Vorbereitung verlangen und gewöhnliche Mauerziegel gleichzeitig
herzustellen, was für den heutigen Ziegeleibetrieb von wesentlichem Nutzen ist.
Textabbildung Bd. 323, S. 570
Fig. 4.Steinaussonderungswalzwerk von Raupach.
Die dem Verschleiß am meisten ausgesetzten Walzenmäntel können leicht und ohne große
Unkosten ersetzt werden. Endlich ist die ganze Maschine erheblich leichter als der
Kollergang, sie braucht deshalb keine starken Fundamente und läßt sich leicht über
die Ziegelmaschine montieren.
Textabbildung Bd. 323, S. 570
Fig. 5.„Automat“-Beschickungsapparat von Raupach.
Die Aussonderung der Steine und sonstiger Verunreinigungen der Tone bei der
Aufbereitung auf maschinellem Wege ist in vollkommen befriedigender Weise noch immer
nicht gelöst, weil eben Tone, wie Verunreinigungen so außerordentlich verschieden
sind. Für leichte Tone bewährt sich das Steinaussonderungs-Walzwerk (Fig. 4) von Richard
Raupach in Görlitz. Es ist wie ein gewöhnliches Walzwerk gebaut, nur daß
die eine Walze kürzer ist und auf der Oberfläche eine schraubengangförmige Erhöhung
zeigt. Diese dient dazu, die im Tone befindlichen Steine, Kalkstücke usw., soweit
sie nicht sofort zwischen die Spalte der Walzen gelangen und dort verwalzt werden
können, nach der verkürzten Seite der Walze zu befördern, dort befindet sich eine
mit Gegengewicht versehene Klappe, die dem Drucke der Fremdkörper nachgibt, sich
öffnet und diese auf eine schräge Rinne fallen läßt, die sie seitlich nach unten
abführt.
Textabbildung Bd. 323, S. 570
Fig. 6.Beschickungsapparat von Kuhnert & Cie.
Für die Vorbereitungsmaschinen in der Ziegelindustrie, sei es Tonschneider, Walzwerke
oder Kollergange hat sich bis jetzt der Mangel an einem möglichst selbsttätig
arbeitenden Beschickungsapparate unangenehm fühlbar gemacht. Jene Maschinen können
nur dann ihre volle Wirksamkeit entfalten, wenn die Beschickung eine genau
regelmäßige, dem Verbrauche entsprechende ist. Bei den meist ungeschulten, häufig
wechselnden Arbeitern läßt sich das schwer machen, und verschiedene Versuch deren
Tätigkeit durch Maschinenkraft zu ersetzen, haben sich anscheinend nicht bewährt.
Der „Automat“ (Fig. 5) von Richard Raupach in Görlitz scheint berufen, diesem
Uebelstande abzuhelfen, besonders da seine Bauart und Ausführung eine sehr einfache
ist und er sich jedem Tone, wie jeder vorbereitenden Maschine leicht anpassen läßt.
Unter einem Einschüttzylinder ist ein sich drehender Teller mit einem nach
außenliegenden Abstreichkranz angeordnet. Ueber diesem Teller befindet sich im
Einschüttzylinder eine Austrittsöffnung, die durch Schieber leicht verengt werden
kann. Die den Teller bewegende, aufrechtstehende Stahlwelle bewegt auf ihrem Ende
ein Armkreuz, ebenfalls von Stahl, dazu bestimmt, die eingeschütteten Massen in
Bewegung zu halten, sie zu mischen und gröbere Stücke zu zerkleinern. Die Masse
fällt dann in dieser aufgearbeiteten Bewegung auf den drehenden Teller und wird von
ihm gleichmäßig durch die Austrittsöffnung nach außen auf die Arbeitsmaschine
befördert. Den gleichen Zweck verfolgt der selbsttätige Beschickungsapparat der Firma A. Kuhnert & Cie. in
Meißen (Fig. 6). Auch hier haben wir den
feststehenden Schüttrumpf a und den sich drehenden
Teller b, auf dem sich jedoch hier in der Mitte der
Kegel c befindet. Quer über dem Schüttrumpfe ist die
Stange d befestigt mit dem daran angebrachten Schaber
e, dazu bestimmt, das Tonmaterial von dem Kegel
abzustreifen und zu verteilen. An dem Schüttrumpfe befindet sich ferner der
feststehende oder auch verstellbare Abstreicher f, der
dazu dient das Material gleichmäßig abzuführen. Auf dem Teller sind
verschiedenartige Erhöhungen g, wie Stifte, Bügel,
Buckel und dergl. vorgesehen, um den Ton bei der drehenden Bewegung der Teller
mitzunehmen.
Wesentlich anders und ohne erheblichen Kraftbedarf arbeitet der Beschickungsapparat
System Erfurth-Teuchern. Wie aus Fig. 7. ersichtlich, ist hier der Schüttrumpf
schwebend über dem sogen. Speiseteller aufgehängt, so daß der Ton an jeder Stelle
ungehindert und ohne Pressung auf den Speiseteller gelangen kann. Der zwischen Rumpf
und Teller vorhandene Zwischenraum, der jener Firma patentierte, „Ringspalt“
bildet das charakteristische Kennzeichen dieses Beschickers. Die Höhe des
Ringspaltes wird dem aufzugebenden Materiale angepaßt, wobei ausgeschlossen ist, daß
sich Fremdkörper, wie Steine usw. festklemmen können, wodurch jede Bruchgefahr
beseitigt ist. Der besprochene Apparat ist den letzten Jahren auf vielen Werken neu
eingeführt und hat sich, soweit bekannt, überall gut bewährt.
Textabbildung Bd. 323, S. 571
Fig. 7.Beschickungsapparat System Erfurth-Teuchern.
Wie s. Zt. in dem einleitenden Aufsatze ausführlich besprochen, ist die Herstellung
der Mauerziegel mit der Hand noch eine sehr weit verbreitete, es liegt dies teils
an dem Tone, an dessen Lagerung, wie an den Absatzverhältnissen. Da es nun von
Jahr zu Jahr schwieriger und kostspieliger wird gute Ziegelstreicher zu beschaffen,
so ist das Verlangen nach einer deren Tätigkeit ersetzende Maschine immer reger
geworden.
Textabbildung Bd. 323, S. 571
Fig. 8.Ziegelstreichmaschine von Dornbusch.
Von den auch in Europa eingeführten amerikanischen
Handstreichmaschinen ist bereits berichtet. Zu ihnen tritt jetzt die von A. Dornbusch in Bralitz (Bez. Potsdam) erfundene
Handstrichpresse (Fig. 8). Die Bauart und Tätigkeit
derselben ist die folgende: Das im vorliegenden Falle von einem Zentraltonschneider
gut vorbereitete Ziegelgut gelangt in einem aufrechtstehenden, kleinen Tonschneider
ö, wird hier von den Messern des Tonschneiders gefaßt und nach unten gedrückt. Den
Boden desselben bilden zwei bewegliche, mit je sechs Formkasten ausgestattete
Drehtischplatten b, b, von denen immer nur ein
Teilstück der beiden kreisförmigen Platten sich unter dem Tonschneider hinbewegt.
Die Bewegung der Drehtischplatten geschieht durch Eingriff einer Kurbelstange in ein
sechsteiliges Sperrad, das die Drehung immer nur ruckweise erfolgen läßt. Sobald ein
Formkasten bei der Drehung der Platte unter den Tonschneider gelangt, wird der
Kasten mit Tonmasse gefüllt, er gerät dann unter den Auswurfstempel c, in welcher Lage der Ziegelformling von oben nach
unten ausgestoßen wird. Der Ausstoß erfolgt durch die Hebelübersetzung d, die durch ein Exzenter e angetrieben wird. Das gleiche Exzenter setzt den Arm f in Bewegung, der eine in einem Wasserbehälter
eintauchende Bürste trägt, dazu bestimmt den Formkasten zu reinigen, kurz ehe er
unter den Tonschneider gelangt. Der, wie erwähnt, nach unten ausgestoßene Formung
fällt auf einem mit Trockenbretter belegten Fördergurt, der sich entsprechend dem
Arbeitsvorgange der Presse ebenfalls ruckweise vorwärts bewegt. Jedes Trockenbrett
nimmt zwei Ziegel auf, die, mit ihm von dem Förderbande abgenommen, ihrer weiteren Bestimmung
zugeführt werden. Bei einer Herstellung von 30–40000 den Handstrich mindestens
gleichwertigen Ziegeln in 10 Stunden sind nur zwei Arbeiter und ein Kraftbedarf
von etwa 6–8 PS erforderlich.
(Fortsetzung folgt.)