Titel: | Polytechnische Rundschau. |
Fundstelle: | Band 323, Jahrgang 1908, S. 573 |
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Polytechnische Rundschau.
Polytechnische Rundschau.
Reibradgetriebe von L. M. Dieterich für
Motorfahrzeuge.
Es ist bekannt, daß einer der schwächsten Punkte des heutigen Benzinmotorwagens das
Wechselgetriebe ist, ein mehrfaches Zahnräder-Stufenvorgelege, das zwischen Motor
und Treibachse eingeschaltet werden muß, um bei annähernd gleichbleibender
Umdrehungszahl des Motors verschiedene Wagengeschwindigkeiten erzielen zu können. Da
das Umschalten dieses Getriebes von irgend einer Uebersetzung auf die andere während
der Fahrt erfolgen muß, so läßt sich nicht vermeiden, daß hierbei oft sehr starke
Stöße hervorgerufen werden, welche die Lebensdauer des Getriebes und seinen
anfänglich ziemlich geräuschlosen Gang beeinträchtigen.
Unter den vielen Vorschlägen, die man bis jetzt gemacht hat, um diese Art der
Uebersetzung vom Wagenmotor auf die Treibräder zu vermeiden, haben eigentlich nur
die Reibradgetriebe einige Bedeutung erlangt, deren Ausbildungen von dem einfachen
Diskusgetriebe mit zwei Reibscheiben, die senkrecht zueinander gestellt sind, bis zu
den verwickelteren Erdmann & Maurer-Uniongetrieben den Lesern dieser Zeitschrift aus
früheren Besprechungen genügend bekannt sinds. D.
p. J. S. 234 d. Bd..
Textabbildung Bd. 323, S. 573
Fig. 1.
Wenn trotzdem diese Reibscheibengetriebe keine größere Verbreitung erlangt haben,
obgleich sie dadurch, daß sie eine allmähliche Veränderung der Uebersetzung
gestatten, gegenüber dem üblichen Stufenrädergetriebe grundsätzliche Vorteile
aufweisen, so liegt das hauptsächlich daran, daß bei den bekannten
Reibscheibengetrieben die Reibräder gegeneinander stark angedrückt werden müssen, um
verhältnismäßig geringe Kräfte zu übertragen, woraus sich Rückwirkungen auf die
Lagerstellen und entsprechende Kraftverluste ergeben. Außerdem findet eine genaue
Berührung zwischen den Reibflächen eigentlich nur in einem einzigen Punkt statt,
während alle anderen Punkte der theoretisch vorhandenen Berührungslinie zwischen
zwei Reibscheiben verschiedene Geschwindigkeiten haben. Daraus folgen große
Abnutzungen der Reibflächen und verminderte Fähigkeit, Kräfte zu übertragen. Endlich
bedürfen die bekannten Reibscheibengetriebe einer Nachstellvorrichtung, die
selbsttätig den Einfluß der eingetretenen Abnutzung aufhebt.
Die erwähnten Nachteile lassen sich anscheinend bei dem Getriebe von L. M. Dieterich vermeiden. Das kennzeichnende Merkmal
dieses Getriebes, dessen einfache Ausbildung Fig. 1
zeigt, besteht darin, daß mindestens drei Reibscheiben verwendet werden, und zwar
zwei parallele und eine senkrecht dazu gestellte. Um also die Bewegung von der Welle
a auf die Welle b zu
übertragen, werden die beiden parallelen Reibscheiben c
und d, deren zueinander gekehrte Flächen nach dem
Halbmesser der dritten Reibscheibe e ausgehöhlt sind,
mit gleicher Geschwindigkeit in entgegengesetztem Sinne gedreht. Solange die Scheibe
e die dargestellte Lage einnimmt, behält der Arm
f, mit dem die Scheibe e auf der Welle b befestigt ist, seine
Stellung unverändert bei. Wird aber die Scheibe e mit
Hilfe eines an ihrem Lagerzapfen angreifenden Hebels von der Muffe g aus nach irgend einer Seite geneigt, so wird der Arm
f und mit ihm die Welle b nach der Seite derjenigen Scheibe c oder
d mitgenommen, auf der die Scheibe e einen größeren Kreis abzuwickeln hat.
Im Grunde genommen handelt es sich also hier um eine neuartige Ausführungsform der
bekannten Differentialgetriebe. Die Bedeutung des vorliegenden Getriebes liegt
jedoch darin, daß nunmehr wirklich die ganze Breite des Umfanges der Scheibe e für die Bemessung der Reibfläche in Rechnung gezogen
werden kann, da alle zur Berührung gelangenden Punkte dieses Umfanges die gleiche
Geschwindigkeit besitzen und daß es ferner gelungen ist, in einer Art Korkeichenholz
einen Stoff ausfindig zu machen, der als Belag für den Umfang der Scheibe e alle wünschenswerten Vorzüge besitzt, nämlich wenig
abgenutzt wird und trotzdem eine hohe Reibungsziffer auf blank gedrehten
Eisenflächen hat. In dieser Beziehung sollen umfangreiche Erfahrungen auf dem
Gebiete der Bremsen von Eisenbahnfahrzeugen und Hebezeugen bereits vorliegen.
Infolgedessen scheint es also wirklich nicht notwendig zu sein, die Scheiben c und d mit Federn
gegeneinander zu drücken, sondern es scheint zu genügen, wenn beim Einbau ein
gewisser Anfangsdruck hergestellt wird.
Wie sich Getriebe dieser Art bei Motorfahrzeugen, insbesondere bei den
unvermeidlichen Erschütterungen während der Fahrt bewähren werden, muß die Erfahrung
lehren.
Erwähnt sei noch, daß man durch geeignete Verbindung von mehreren Getrieben diese Art
nicht nur das Wechselgetriebe, sondern auch Kupplung, Bremsen und
Differentialgetriebe eines Motorwagens ersetzen kann.
H.
Leergangversuche an Gasmaschinen.
Nach den Normen für Leistungsversuche an Dampfkesseln und Dampfmaschinen wird als Maß
für die Nutzleistung der Dampfmaschine der Unterschied zwischen der indizierten
Leistung bei der jeweiligen Belastung Ni und der Leistung beim Leerlauf N1, als Maß für den
mechanischen Wirkungsgrad das Verhältnis dieses Unterschiedes zur indizierten
Leistung angesehen: \frac{N_i-N_1}{N_i}. Zur Lösung der Frage, ob
dasselbe für Gasmaschinen angenommen werden darf, wurde eine Reihe von Versuchen mit
vier Gasmaschinen von bezw. 100, 120, 160 und 1200 PS ausgeführt, von denen die drei
erstgenannten mit aus Anthrazit bereitetem Sauggas, die letztgenannte mit
Koksofengas betrieben wurden.
Die Versuchsergebnisse haben durchaus in Uebereinstimmung miteinander gezeigt,
daß der „scheinbare“ mechanische Wirkungsgrad
\frac{N_i-N_1}{N_i} bedeutend abweicht von dem richtigen Ni
– N1, und zwar war
ersterer bei drei Maschinen kleiner, bei der 120 PS-Körting-Maschine dagegen größer als letzterer. Dieses verschiedene
Verhalten wird der Regelung zugeschrieben, indem die Verdichtungsspannung bei der
Körting-Maschine mit der Leistung abnimmt, bei den
anderen Maschinen dagegen gleich bleibt. Bei der erstgenannten kann dadurch die
Widerstandsarbeit im belasteten Zustand größer sein als die Leerlaufarbeit, während
sonst die höhere Temperatur im belasteten Zustand die Reibungsverhältnisse günstig
beeinflußt.
Die Versuche haben gezeigt, daß die Reibungsarbeit in hohem Maße von der
Kühlwassertemperatur abhängig ist, indem die Widerstände bei kälterem Wasser
steigen. Bei einer Versuchsreihe an derselben Maschine muß also die
Kühlwassertemperatur möglichst konstant gehalten werden, um gut vergleichbare
Resultate zu erhalten. Aus den Versuchsergebnissen ist der Schluß zu ziehen, daß die
oben erwähnte, bei Dampfmaschinen übliche Annahme bei Gasmaschinen nicht zulässig
ist, daß die Abweichungen also zu groß sind, um den Ersatz der Bremsung durch die
Indizierung zu gestatten. (Schöttler.) [Zeitschr. d. V.
deutscher Ing. 1908, S. 997–1003.]
Ky.
Turbo-elektrischer Schiffsantrieb.
Für den Feuerwehrdienst von Chicago befinden sich bei der Manitowoc Dry-Dock Company in Manitowoc, Wis., zwei Schiffe im Bau, Länge
36,6 m, Breite über Hauptspant 8,54 m, Tiefgang 2,9 m, in die zwei Turbinensätze
aufgestellt sind, die nach Belieben je mit einer Zentrifugalpumpe oder mit einem
elektrischen Generator gekuppelt werden können. Im letzten Falle wird der
elektrische Strom unmittelbar den auf den beiden Schraubenwellen sitzenden
Elektromotoren zugeführt. Die von der General Electric
Company gebauten Curtis-Turbinen leisten je
660 PS. Die zweistufigen Zentrifugalpumpen mit 35 cm Saugrohrdurchm. liefern bei
1700 Umdreh. i. d. Min. bei Parallelschaltung 4,1 cbm Wasser i. d. Min. bei 10 at
Druck oder bei Serienschaltung die halbe Menge bei doppeltem Druck.
Die Gleichstrommaschinen sind für 275 Volt berechnet, während die Elektromotoren bei
200 Umdreh. i. d. Min. je 250 PS entwickeln. Die elektrische Steuerung der
Fortbewegungsmaschinen findet unmittelbar von der Brücke aus statt. [Engineering
1908, II, S. 88.]
Ky.
12000 pferdige umsteuerbare Curtis-Schiffsturbine.
Für einen japanischen Panzerkreuzer wurden zwei Turbinen von je 12000 PS von der Fore River Shipbuilding Company in Quiney, Maß.,
erbaut, die zusammen 450 t wiegen und bei 17,5 at Dampfdruck und 225 Umdrehungen i.
d. Minute bis zu 27000 PS leisten. Es sind Curtis-Turbinen mit sieben Druckstufen und je drei Geschwindigkeitsstufen; nur
in der ersten Druckstufe sind vier Geschwindigkeitsstufen. Die Welle ist in
Stopfbüchsen mit Graphitpackung abgedichtet, die Zwischenwände der Druckstufen sind
da, wo die Welle hindurchtritt, mit bronzenen Büchsen ausgebuchst. An beiden Enden
des Gehäuses befindet sich die Dampfzuführung; der Dampf tritt in Kammern aus
Gußstahl, welche in den Deckeln liegen; die Düsen der einzelnen Druckstufen sind an
den Zwischenwänden angebracht. Für Rückwärtsgang treten zwei Laufräder in Tätigkeit,
die im hinteren Ende des Gehäuses eingebaut sind und im normalen Betrieb für
Vorwärtsgang in dem dünnen Dampf der letzten Stufe der Vorwärtsturbine
mitlaufen. Durch Umschalten zweier Ventile wird die Turbine umgesteuert.
Der Propellerschub wird durch ein starkes Kammlager auf der Hochdruckseite der
Turbine aufgenommen, das zugleich auch die Lage der Räder gegenüber dem Gehäuse
sichert. Das achsiale Spiel beträgt mit Rücksicht auf die Wärmedehnung hinten 6,3 mm
und nimmt nach vorn auf 2,5 mm ab; dort wird der achsiale Spielraum durch die Nähe
des Kammlagers weniger verändert.
Die erste Druckstufe verarbeitet schon ein Viertel des verfügbaren Wärmegefälles, so
daß im Gehäuse nur ein geringer Druck herrscht, etwa ⅓ des Anfangsdruckes. Als
Vorteile bei der Verwendung der Curtis-Turbine auf
Schiffen wird dieser geringe Druck im Gehäuse, ferner die großen Spielräume, die
geringe Zahl von Schaufelreihen und der Fortfall von Druckausgleichvorrichtungen,
die geringe Abnahme der Oekonomie bei verringerter Fahrgeschwindigkeit
hervorgehoben. (Perkins.) [Zeitschrift für das gesamte
Turbinenwesen 1908, Heft 19.]
M.
Eine in Italien erbaute 12000pferdige Parsonsturbine.
In Italien sind seit 1901 Parsons-Dampfturbinen von ∾
100000 PS Leistung in Betrieb. Neuerdings wurde von Franco
Tosi eine 12000pferdige Parsons-Turbine für
die elektrische Zentrale in Buenos-Aires erbaut. Die mit einem Generator von Brown, Boveri & Co.
gekuppelt ist und bei 750 Umdreh. i. d. Minute 6,3 kg Dampf f. d. KW.-Stunde
brauchen soll.
Die Trommel der Turbine ist aus Stahl und besitzt 78 Schaufelkränze, die in drei
Gruppen mit absatzweise zunehmendem Durchmesser von 1000–2350 mm des mittleren
Schaufelkreises eingeteilt sind. Die Ausgleichung des Druckes der Hoch- und
Mitteldruckgruppe erfolgt durch die gewöhnlichen, mit Labyrinthdichtung
abgedichteten Kolben; der Axialdruck der Niederdruckgruppe wird nach dem Verfahren
von Fullagar durch Druckausgleich vor und hinter dem
Trommelteil durch die Trommel hindurch ausgeglichen. Die Wellenlager haben Schalen,
die infolge ihrer kugeligen Ausführung allseitig beweglich sind. Der
Zapfendurchmesser im Lager ist 325 mm.
Ein Druckölservomotor betätigt das Regulierventil und erhält seinerseits kleine hin-
und hergehende Bewegungen durch ein Exzenter von der Regulatorwelle aus, die mittels
Schnecke von der Hauptwelle angetrieben wird. Die Steuerung des Servomotors steht
unter dem Einfluß eines Hartungschen Federregulators.
Die Hülsenbewegung des Regulators wird durch ein Gestänge auf einen drehbaren, mit
Schlitzen versehenen Kolben übertragen, der sich in einer ebenfalls geschlitzten
drehbaren Büchse befindet. Letztere Büchse wird durch ein Gestänge von der
Ventilspindel des Regulierventiles so verstellt, daß Kolben und Büchse mit ihren
Schlitzen für den Oeldurchtritt unter den Druckkolben, welcher auf der Ventilspindel
sitzt, für eine bestimmte Ventilstellung immer dieselbe gegenseitige Lage haben.
Die Größe des unausgeglichenen Axialschubes wird dadurch gemessen, daß man auf das
freie Wellenende Drucköl wirken läßt und den Druck bestimmt im Augenblick, wo sich
die Welle zu verschieben beginnt.
Der Dampf wird in einem Oberflächenkondensator von 1300 qm Kühlfläche
niedergeschlagen, welche durch 3770 Messingrohre von 19 mm innerem und 22 mm äußerem
Durchmesser und von einer Länge von 5 m gebildet wird. Die doppelt angeordnete
Naßluftpumpe hat 1100 mm Zylinderdurchm. und 275 mm Hub. (Beluzzo.) [Zeitschr. f. d. ges. Turbinenwesen Heft 18, 1908.]
M.
Anwendung elektro-metallurgischer Legierungen bei der
Säurenfabrikation.
Der elektrische Ofen hat es erst möglich gemacht Metallegierungen mit hohem
Siliziumgehalt herzustellen, indem in ihm genügend hohe Temperaturen für die
Reduktion der Silikate durch Kohlenstoff erzeugt werden. Ohne elektrischen Ofen wäre
es auch nicht möglich hoch silizierte Legierungen zu gießen, denn überschreitet der
Si-Gehalt etwa 50 v. H., so reicht die Temperatur eines Koks- oder Gasofens nicht
aus, weil die Legierung zwar in ihnen schmilzt, aber ihrer geringen spezifischen
Wärme wegen nur eine breiartige Masse bildet, die sich nicht gießen läßt.
Die Silizium-Metallegierungen mit über 20 v. H. Si-Gehalt sind unlöslich in Säuren;
sie können daher zur Herstellung von Apparaten für die Säurefabrikation Verwendung
finden und hier das immer teurer werdende Platin ersetzen. Der Herstellung dieser
Apparate stehen manche Schwierigkeiten im Wege, indem die Silizium-Metallegierungen
sehr zerbrechlich sind, oft hohe Reduktionsfähigkeit besitzen und bei der Abkühlung
sich sehr stark zusammenziehen, so daß die Gußstücke leicht brechen bevor sie der
Form entnommen und während sie noch rotglühend sind. Die hohe Reduktionsfähigkeit
macht die Schmelzung in Gegenwart von Luft (nötig für die Verbrennung des Koks oder
Ofengases) unmöglich, ohne den Siliziumgehalt stark zu vermindern. Dieser kann
leicht bis 15 v. H. zurückgehen, wodurch Legierungen entstehen, die gegen
starke Säuren nicht mehr beständig sind. Durch Mischung mit anderen Legierungen ist
es möglich geworden, Apparate der verschiedensten Formen und Abmessungen
herzustellen, u.a. Verdampfungsschalen, Tröge, Knieröhren, Ventilatoren, Röhren
usw.
Die Säurebeständigkeit der „Métillures“ genannten Silizium-Metallegierungen
erhellt aus folgenden Angaben. Bin Rohr führte während fünf Jahre täglich etwa 300
kg Salpetersäuredämpfe bei Temperaturen zwischen 60° und 95° C ohne im Gewicht mehr
wie wenige Zehntel kg zu verlieren. Dieser kleine Gewichtsverlust fand am Anfang der
Benutzung statt und wird einigen auf der Rohrinnenseite nach der Schmelzung
verbliebenen Unreinlichkeiten zugeschrieben.
Schwefelsäure kann in Schalen aus „Métillures“ durch direkte Erwärmung und
fortwährende Verdampfung konzentriert werden. Auch für die Fortleitung und
Konzentrierung von Salzsäure wurde schon von Röhren aus diesem Material Gebrauch
gemacht. Essigsäure tastet es ebensowenig an, auch nicht in Gegenwart von Luft. Die
Säurebeständigkeit nimmt mit dem Siliziumgehalt zu. [Engineering 1908, II, S.
25.]
Ky.
Berichtigung.
1. D. p. J. 1908, S. 517 1. Sp. Z. 9 v. unten lies: ϑ statt Θ.
2. D. p. J. 1908, S. 517 2. Sp. letzte Zeile lies:
\left+F_a\,[1+4\sqrt{v}])\,\vartheta\right]\,d\,t.\mbox{
statt}\left+F_a\,[1+4\,\sqrt{v}]\,\vartheta\right]\,d\,t.