Titel: | Die Hebezeuge auf der deutschen Schiffbau-Ausstellung Berlin 1908. |
Autor: | K. Drews |
Fundstelle: | Band 323, Jahrgang 1908, S. 582 |
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Die Hebezeuge auf der deutschen
Schiffbau-Ausstellung Berlin 1908.
Von Ingenieur K. Drews.
(Fortsetzung von S. 565 d. Bd.)
Die Hebezeuge auf der deutschen Schiffbau-Ausstellung Berlin
1908.
2. Hebezeuge an Bord von
Schiffen.
An Bord der Schiffe gibt es eine ganze Anzahl von Hilfsmaschinen, Pumpen,
Ventilatoren, Winden, Spills usw. Der Dampfantrieb bildet hier auch heute noch zum
größten Teil die Regel. Der Elektrizität, so weitgehende Verwendung sie für
Beleuchtung, Signalwesen u.a.m. auf modernen Schiffen findet, ist es bisher nicht
gelungen, dem Dampf als Betriebskraft für die Schiffshilfsmaschinen ein
nennenswertes Terrain abzugewinnen. Namentlich gilt dies von den Hebemaschinen an
Bord.
Ich habe in dieser ZeitschriftD. p. J. 1906, S. 6
und 1908, S. 147. wiederholt die Gründe darzulegen versucht,
weshalb die Elektrizität, so große Vorteile sie doch auch hier bietet, für den
Antrieb der Winden und Spills an Bord so wenig Eingang gefunden hat.
Es sind vor allen Dingen die größere Empfindlichkeit der Motoren und Steuerapparate
sowohl gegen rauhe Behandlung wie gegen Witterungseinflüsse, Seewasser usw., dann
das Fehlen einer geübten Bedienungsmannschaft, die der Elektrizität hier das
Eindringen erschweren. Unsere großen Reedereien haben sich denn auch bis heute
ablehnend gegen elektrische Ladewinden, Ankerwinden, Spills für Bordzwecke
verhalten. Man betrachte nur die vielen ausgestellten Schiffsmodelle, besonders die
neueren Ozeandampfer nach dieser Richtung, man findet immer nur Dampfwinden und
Dampfspills auf Deck.
Unsere großen leistungsfähigen Hebezeugfirmen haben sich mit diesen Maschinen nie
sehr viel beschäftigt. Es waren dies Spezialitäten einiger wenigen Firmen; ja
vielfach werden solche Hebezeuge auch heute noch aus England bezogen.
Der Weg, auf dem die Elektrizität in dieses für sie so spröde Gebiet eindringen
konnte, war ihr durch die Gründe ihres bisherigen Mißerfolges vorgezeichnet. Es
mußten eben wirkliche seetüchtige elektrische Schiffswinden, nicht nur solche mit
Elektromotoren anstatt der Dampfmaschinen konstruiert werden, bei denen sich die
Bedienung auf wenige Handgriffe beschränkte, die selbst von ungeübten Leuten ohne
weiteres ausgeführt werden konnten. Winde, Motor und Steuerapparat mußten schon
äußerlich ein einheitliches Ganze bilden. Es galt, etwas Neues zu schaffen, nicht
blos Altes umzuändern.
Diese Aufgabe konnten folgerichtig die Elektrizitätsfirmen am besten selbst lösen;
etwas ähnliches allerdings in viel größerem Maßstabe hatten sie ja beim Bau von
elektrischen Fördermaschinen getan. In richtiger Erkenntnis, daß nur Spezialstudien
hier zum Erfolge führen können, haben unsere großen Elektrizitätsfirmen denn auch
besondere schiffbautechnische Abteilungen eingerichtet, die sich neben vielem
anderen auch mit der zweckentsprechenden Konstruktion von Schiffshebezeugen
befassen.
Die Arbeit jener Abteilungen auf diesem Gebiete hat, wie die Schiffbau-Ausstellung
lehrt, schon recht hübsche Erfolge gezeitigt. Zwar sind die ausgestellten
Schiffswinden in der Hauptsache auf die besonderen Zwecke der Kriegsmarine
zugeschnitten, die Anpassung an Betriebsverhältnisse auf Schiffen der Handelsmarine
dürfte indes, da die allgemeinen Konstruktionsgrundlagen geschaffen sind, kaum noch
Schwierigkeiten bieten.
Vorläufig beschränkt man sich freilich auf den Bau leichterer elektrischer Winden und
Spills. Für die großen Ankerwinden und Gangspills wird man vorerst wohl noch beim
Dampfbetrieb bleiben müssen; die eigenartigen Betriebsverhältnisse dieser Maschinen
liegen für den elektrischen Antrieb wenig günstig; jedenfalls hat hier die
Elektrotechnik noch besonders große Schwierigkeiten zu überwinden.
Textabbildung Bd. 323, S. 582
Fig. 12.Elektrische Munitionswinde der Siemens-Schuckertwerke,
Berlin.
Auf dem Stande 43 der Siemens-Schuckert-Werke
interessieren uns besonders die beiden ausgestellten Munitionswinden; sie zeigen uns
recht deutlich, wie Vortreffliches auf diesem Gebiete heute schon geleistet
wird.
Der ganze Aufbau (Fig. 12) zeigt das Betonen der
Einheit; Triebwerk und Motor erscheinen als zusammengehöriges Ganzes, nicht mehr als
getrennte Teile. Es wäre indes durchaus verfehlt; die Einheit von Winde und Motor
nur durch ein gemeinsames Gehäuse herstellen zu wollen. Wohl bringt ein solches
Gehäuse, wie Fig. 12 zeigt, diese Einheitlichkeit
nach außen zum Ausdruck, aber bestimmend für sie ist doch die Anordnung von Motor
und Triebwerk. Als Uebersetzungsmittel dient bei diesen Winden Schnecke und Schneckenrad.
Motorwelle und Schneckenwelle bestehen aus einem Stück. Die Trommel sitzt auf der
Schneckenradwelle.
Textabbildung Bd. 323, S. 583
Fig. 13.Fahrschalter zur Munitionswinde der
Siemens-Schuckertwerke.
Textabbildung Bd. 323, S. 583
Fig. 14.Munitionswinde für 80 kg Nutzlast der
Siemens-Schuckertwerke.
Das Triebwerk wird bei stromlosem Motor durch eine
federbelastete Scheibenbremse auf dem linken Ende der Schneckenwelle festgehalten.
Sie wird durch elektromagnetische Wirkung gelöst, sobald der Motor Strom erhält.
Da das Anlassen und Stillsetzen der Winde meist von einem Punkte aus geschieht, von
wo man die Last nicht beobachten kann, so muß das Stillsetzen der Winde selbsttätig
geschehen. Diesem Zwecke dient der Hubbegrenzer, der sich innerhalb des Gehäuses
befindet und von der Trommelwelle mittels einer Gelenkkette angetrieben wird. Diese
Vorrichtung ist für verschiedene Hubhöhen einstellbar. Gleichzeitig mit dem
selbsttätigen Ausschalten des Stromes wird der Motor zur Abkürzung des Nachlaufweges
über einen Widerstand kurzgeschlossen.
Das Zugorgan ist ein Stahldrahtseil von 20 bis 25 mm Durchm.; es wickelt sich auf
eine Trommel ohne Rillen auf. Bei Schadhaftwerden des elektrischen Teiles ebenso
beim Munitioneinnehmen muß die Winde von Hand betrieben werden können. Hierfür ist
eine Umschaltvorrichtung in der Weise vorgesehen, daß bei motorischem Antrieb die
Trommel mit dem Schneckenrad, bei Handantrieb mit einem Ketten- oder Zahnrad auf dem entgegengesetzten Ende der
Schneckenradwelle gekuppelt wird. Zum Senken der Last bei Handantrieb ist eine
Bandbremse angeordnet, deren Scheibe mit der Trommel zusammengegossen ist. Die
Bremse wird durch einen Handhebel (in Fig. 12 links
sichtbar) betätigt.
Fig. 13 zeigt den Fahrschalter mit abgenommenem
Gehäusedeckel. Er hat die Form der Krankontroller. Rechts in der Figur bemerkt man
die Walze, links die Kontaktfinger. Da der Schalter vielfach an einer Wand befestigt
wird, so hat man ihm zweckmäßigerweise eine breitgedrückte Gestalt gegeben. Der
Schalthebel hat nur fünf Stellungen; die (mittlere) Ruhestellung und nach beiden
Seiten je zwei Stellungen für „Anfahren“ und „Fahrt“. Die Bedienung
ist somit eine sehr einfache, es gehört keine besondere Uebung dazu.
Die Munitionswinde der Siemens-Schuckert-Werke wird als
Einschacht und Doppelschachtwinde angeordnet. Bei der Doppelschachtwinde laufen zwei
Seile im entgegengesetzten Sinne auf die Trommel. Die Munition wird in Büchsen
(Munitionskassetten) gefördert. Um das Seil beim Senken des leeren Hakens straff zu
halten, ist dieser durch ein Gewicht belastet.
Textabbildung Bd. 323, S. 583
Fig. 15.Elektrische Munitionswinde der A. E. G.
Die beiden ausgestellten Munitionswinden der Siemens-Schuckert-Werke sind für 120 und 150 kg Nutzlast an der Trommel
bemessen.
Bei Einschachtbetrieb, 120 kg Nutzlast und 10 m Hubhöhe kann man 125 Doppelhübe
unmittelbar hintereinander ausführen. Alsdann muß eine Pause eintreten, damit der
Motor sich abkühlen kann. Treten zwischen den einzelnen Hüben kleine Ruhepausen ein,
so kann die Winde unbeschränkt lange arbeiten. Die Anzahl der Hübe hängt natürlich
von der Hubhöhe und von der Anordnung, ob Ein- oder Doppelschachtförderung, ab.
Mit der Vereinfachung des Triebwerkes ist man bei kleineren Lasten noch weiter
gegangen. Fig. 14 zeigt eine Munitionswinde der Siemens-Schuckert-Werke für 80 kg Nutzlast an der
Trommel (nicht ausgestellt), bei der alle Zwischenglieder zwischen Trommel und Motor
weggefallen sind. Die Trommel sitzt unmittelbar auf der Motorwelle. Der Motor
macht nur 150 Umdrehungen i. d. Minute, wird also sehr teuer. Links in Fig. 14 sieht man den Kettenantrieb für den
Hubbegrenzer. In ihren übrigen Teilen gleicht diese Winde der vorbeschriebenen.
Auch die A. E. G. hat eine Munitionswinde ausgestellt,
die denselben Aufbau wie diejenige der Siemens-Schuckert-Werke zeigt (Fig. 15).
Die Steuerung ist ebenfalls selbsttätig, ungefähr in derselben Weise wie bei den
elektrischen Spills dieser Firma (D. p. J. 1908, S. 146 u. 147). Die Schaltwalze
wird auch hier von der Trommelwelle gedreht, der Führer hat nur die Bewegung durch
Einschalten des Stromes einzuleiten. Das Anlassen, Bremsen und Halten geschieht
durch Schützen (D. p. J. 1908, S. 401 u. f.), deren Steuerströme von der Schaltwalze
selbsttätig geschaltet werden.
(Schluß folgt.)