Titel: | Die Anwendung von Schwebebahnen im Hüttenwerksbetriebe. |
Autor: | Georg von Hanffstengel |
Fundstelle: | Band 323, Jahrgang 1908, S. 617 |
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Die Anwendung von Schwebebahnen im
Hüttenwerksbetriebe.
Von Oberingenieur Georg von Hanffstengel,
Leipzig.
(Schluß von S. 581 d. Bd.)
Die Anwendung von Schwebebahnen im Hüttenwerksbetriebe.
Eine besonders übersichtliche und planmäßig durchgeführte Anlage ist die der
Firma Gebr. Stumm in Neunkirchen bei Saarbrücken, die
im Jahre 1907 erbaut ist, nachdem sich bei verschiedenen älteren Anlagen das System
aufs beste bewährt hatte.
Textabbildung Bd. 323, S. 617
Fig. 4.Hochofenbegichtungsanlage auf dem Hüttenwerk von Gebr. Stumm,
Neukirchen.
Wie der Grundriß (Fig. 4)
zeigt, werden Erz und Kalkstein in Eisenbahnwagen zugeführt und aus diesen in
eine Reihe von Hochbehältern geworfen, die von der Elektrohängebahn unterfahren
werden.
Textabbildung Bd. 323, S. 617
Fig. 5.Beladen der Elektrohängebahnwagen aus den Füllrümpfen für Erz und
Kalkstein bei Gebr. Stumm.
Textabbildung Bd. 323, S. 617
Fig. 6.Schrägstrecke der Elektroseilbahn bei Gebr. Stumm.
Durch Rutschen mit Rundschieberverschlüssen wird das Material
in die Hängebahnwagen abgezogen (Fig. 5), die nun
zunächst über eine
selbsttätige Wage nach den Aufstellgleisen laufen. Durch richtige Einstellung der
Weichen werden die Wagen, nach den einzelnen Erzsorten bezw. nach Chargen getrennt,
auf die verschiedenen Stränge geleitet und warten hier so lange, bis der Mann, der
an der Anfangsstation der Drahtseilbahn seinen Stand hat, den ersten Wagen eines
Stranges durch Einschalten des Stromes in Bewegung setzt, worauf die anderen
selbsttätig nachrücken.
Textabbildung Bd. 323, S. 618
Fig. 7.Auskippen der Wagen in die Gicht bei Gebr. Stumm.
Die Wagen, die außer mit dem elektrischen Triebwerk auch mit
normalen Klemmapparaten versehen sind, kuppeln sich in regelmäßigen Abständen an das
Zugseil und werden von ihm nach der Gichtbühne hinaufgeschleppt (Fig. 6), um sich oben wieder selbsttätig abzukuppeln
und elektrisch weiter zu fahren.
Textabbildung Bd. 323, S. 618
Fig. 8.Wagenkipper der Maximilianshütte, Rosenberg.
Durch Einstellen der Weichen werden sie von einem
obenstehenden Manne nach den verschiedenen Oefen hin gelenkt und hier in die
Gichtschüssel ausgekippt (Fig. 7), um dann zur
Drahtseilbahn zurückzukehren und am Seil wieder hinunterzufahren. Unten gelangen
sämtliche Wagen auf dem neben den Füllrümpfen entlanglaufenden Strange 9 nach dem anderen Ende des Rumpfgebäudes, wo sie von
dem Quergleis 10 aus durch Einstellen der Weichen
wieder auf einen der drei Beladestränge 1, 2 oder 3 geführt werden.
Eine Reserve ist durch doppelte Ausführung der Drahtseilbahn geschaffen. Die beiden
Bahnen sind aber nicht einfach nebeneinander gelegt, weil sich hierbei eine Kreuzung
der Schienen auf der Gichtbühne nicht hätte vermeiden lassen, sondern so angeordnet,
daß die beiden Stränge der einen Drahtseilbahn, 5 und
6, außen, die der anderen, 7 und 8, innen nebeneinander liegen.
Gegenüber dem alten Betrieb mit Vertikal-Aufzügen sind auf den Stummschen Werken, obwohl einstweilen nur die
Erzförderung nach dieser Methode geschieht, 50 Mann in jeder Schicht erspart
worden.
Noch umfangreicher ist die Transportanlage der Maximilianshütte in Rosenberg, da hier nicht nur Erz und Kalkstein,
sondern auch Koks mit Hängebahnen auf die Gicht befördert wird. Der größte Teil der
Materialien wird mit der Eisenbahn zugeführt nur eine geringere Menge Erz kommt mit
einer Drahtseilbahn von den in der Nähe gelegenen Gruben.
Textabbildung Bd. 323, S. 618
Fig. 9.Tunnelstrecke der Elektroseilbahn auf Maximilianshütte.
Um das Ausleeren der Eisenbahnwagen durch Schaufelarbeit zu vermeiden, hat man einen
Wagenkipper angewandt, der imstande ist, zehn Wagen stündlich zu entleeren. Eine
Eigentümlichkeit dieses Kippers, dessen Konstruktion aus Fig. 8 deutlich zu erkennen ist, besteht darin, daß er nach beiden
Seiten arbeiten kann, so daß Wagen mit Bremserhäuschen, ohne gedreht zu werden,
stets in der richtigen Weise gekippt werden können.
Textabbildung Bd. 323, S. 619
Fig. 10.Elektroseilbahn zwischen Wagenkipper und Erzrümpfen auf
Maximilianshütte.
Textabbildung Bd. 323, S. 619
Fig. 11.Koppelstation einer Gichtseilbahn auf Maximilianshütte.
Aus den Füllrümpfen, die zu beiden Seiten der Kipperplattform
liegen, wird das ausgeschüttete Material in die Wagen einer Elektrohängebahn
abgezogen, die am Seil aus der unter der Erde gelegenen Beladestation über die
Hochbehälter geschleppt werden (Fig. 9 und 10), um hier an beliebiger Stelle auszukippen.
Textabbildung Bd. 323, S. 619
Fig. 12.Seilbahn auf dem Gichtplateau Maximilianshütte.
Textabbildung Bd. 323, S. 619
Fig. 13.Umkehrstation der Koksbahn Maximilianshütte.
In diese Füllrümpfe arbeitet auch die Drahtseilbahn. Unter den
Behältern her ziehen sich eine Anzahl Hängebahngleise, auf denen die Erzwagen in
derselben Weise wie bei Stumm beladen werden, um dann
dem Anfangspunkt einer der beiden Schrägbahnen (Fig.
11) zugeschoben und, an das Seil gekuppelt, auf die Gicht gezogen zu
werden. Zur Verteilung der Wagen nach den einzelnen Oefen ist nun hier oben eine
zweite Seilbahn (Fig. 12) erbaut worden, bei der
jedoch nicht der
Hauptklemmapparat der Seilbahnwagen zur Wirkung kommt; vielmehr ist an jedem Wagen
noch eine besondere einfache Mitnehmergabel angebracht worden, in welche sich das
Seil einlegt. Diese Mitnahmevorrichtung genügt für die Horizontalbewegung und läßt
ein viel bequemeres An- und Auskuppeln der Wagen an den einzelnen Oefen zu. Nachdem
die Wagen in die Gicht gekippt sind, kehren sie zur oberen Station der
Drahtseilbahn zurück und fahren am Seile hinunter, um von neuem beladen zu
werden.
Textabbildung Bd. 323, S. 620
Fig. 14.Elektrohängebahn im Koksstadel der Maximilianshütte. Aufziehen
der beladenen Wagen.
Textabbildung Bd. 323, S. 620
Fig. 15.Elektrohängebahn im Koksstadel der Maximilianshütte. Gekippter
Wagen.
Textabbildung Bd. 323, S. 620
Fig. 16.Elektroseilbahn im Hüttenwerk Trzynietz.
Der Koks wird direkt aus den Eisenbahnwagen in die Hängebahnwagen übergeladen, und
zwar ist zu diesem Zwecke auf der Hüttensohle eine parallel der Ofenreihe sich
erstreckende Hängebahn (Fig. 13) gebaut worden, auf
der die Wagen ebenfalls durch ein Seil und einfache Mitnehmergabeln bewegt werden.
An der Stelle, wo die Wagen beladen werden sollen, werden sie vom Zugseil
abgekuppelt, was durch einfaches Hochführen des Seiles geschieht, und auf eine
fahrbare Beladeweiche übergeschoben. Die gefüllten Wagen fahren am Seile bis zur
Anfangsstation der Schrägbahn, um von dieser, genau wie die Erzwagen, nach dem
Gichtplateau befördert zu werden.
Textabbildung Bd. 323, S. 621
Fig. 17.Elektroseilbahn im Hüttenwerk Trzynietz.
Da die Kokszufuhr nicht ganz regelmäßig erfolgt, so hat man einen Koksschuppen
angelegt, der von einer Elektrohängebahn bedient wird, deren Wagen jeder einzeln
mit einer Winde versehen sind und nach dem patentierten Bleichertschen System gesteuert werden.D. R. P. 167893. Die Hängebahnwagen
werden in dem Schuppen aus den Waggons mit Koks beladen, darauf gehoben (Fig. 14) und über das Lager gefahren, das durch eine
Reihe von Hängebahnsträngen überspannt ist. An beliebiger Stelle wird ein Anschlag
eingestellt, der selbsttätiges Kippen und Ausleeren des Wagenkastens bewirkt (Fig. 15). Mit diesem Koksschuppen steht auch die
Koksbahn auf der Hüttensohle in Verbindung, so daß von hier aus ebenfalls direkt
nach der Schrägbahn hin gefördert werden kann.
Elektroseilbahnen sind auch dann vorteilhaft zu verwenden, wenn der Koks im Werke
selbst erzeugt wird. Es ist ganz gleichgiltig, welche Lage die Koksofenbatterieen
gegenüber den Hochöfen haben, da die Elektrohängebahn in ganz beliebiger Weise
zwischen anderen Gebäuden oder Lagerplätzen her geführt werden kann.
Ein Beispiel hierfür ist die Anlage im Werke Trzynietz der Erzherzoglichen Hütteninspektion Teschen (Fig.
16 und 17). Das Gleis K1 für die von der
Gicht kommenden leeren Kokswagen kreuzt das Erzgleis E5 und ist an dem Erzlagerplatz entlang,
sodann zwischen den beiden Kesselhäusern hindurchgeführt, um sich in den Gleisen K2 und K3 nach den
Koksofenbatterien hin fortzusetzen, aus denen der gelöschte Koks direkt in die Wagen
eingeschaufelt wird. Ueber das Gleis K4 kehren die Wagen zur Seilbahn zurück. Die Erzwagen
laufen über das Gleis E1 und eines der drei Gleise E2, E3, E4, die sämtlich den Lagerplatz durchziehen, in den
Querstrang E5 ein, um
von hier über eines der Gleise E6 oder E7, die mit selbsttätiger Wage versehen sind, nach
der Seilbahn zu gelangen. Auf der Gicht findet, damit nicht sämtliche Wagen um den
Ofen III herumzufahren brauchen, eine Kreuzung der
Gleise statt, die, ebenso wie die Kreuzungen auf der Hüttensohle, durch
Blockierungseinrichtungen betriebssicher gemacht wird. Da die Höhe der Gichtbühne
bei den beiden Oefen nicht genau gleich ist, so ist das Verbindungsgleis ansteigend
gelegt.
Statt der Erztaschen ist in Trzynietz ein offener Lagerplatz mit Hochgleisen
angewandt, auf dem das Erz in solcher Weise angeschüttet wird, daß der größte Teil
in eiserne Tunnels abgezogen werden kann, während der übrig bleibende Bestand
erforderlichenfalls durch Schaufelarbeit zu entfernen ist.
Die große Ersparnis an Betriebskosten läßt erwarten, daß das Bleichertsche System rasch weitere Verbreitung finden wird, namentlich auf
älteren, in der Ausdehnung beschränkten Hüttenwerken. Erwähnt sei, daß eine große
Anlage, deren Gesamtdisposition derjenigen bei Gebr.
Stumm ähnelt, sich gegenwärtig auf den Buderusschen
Eisenwerken in Wetzlar im Bau befindet.