Titel: | Glasschmelz-Wannenöfen und das neue Siemens-Wannensystem und ihr Betrieb. |
Autor: | Hans Schnurpfeil |
Fundstelle: | Band 323, Jahrgang 1908, S. 665 |
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Glasschmelz-Wannenöfen und das neue
Siemens-Wannensystem und ihr Betrieb.
Von Ingenieur Hans Schnurpfeil.
(Fortsetzung von S. 653 d. Bd.)
Glasschmelz-Wannenöfen und das neue Siemens-Wannensystem und ihr
Betrieb.
II. Die Neue Siemens- Wanne, ihre
Gesamtanlage.
In Fig. 6
bis 8 ist
die Anordnung der Siemens-Wanne neueren Systems mit
freier Flammenentfaltung wiedergegeben. Die Wanne ist langgestreckt und für die
Schmelzung feinerer Glassorten bestimmt. Die Arbeitswanne fügt sich im Halbkreis dem
Schmelzbassin an und infolge Vereinfachung des Regenerativsystems ist die
Konstruktion des Neuen Siemens-Wannenofens nicht so
kompliziert als diejenige der Alten Siemens-Wanne. Dem
Arbeitsraume gegenüber, also hinten an der Schmelzwanne liegt das Brennerpaar ab und cd. Je nach
Stellung der Wechselapparate tritt Gas und Luft aus dem einen Brenner und zieht
durch den anderen, auch „Fuchs“ genannt, ab. Die Entfaltung der Flamme ist
bei diesem Wannensystem eine vorzügliche und ist die Befürchtung, die hier und da
laut wird, die Flamme könnte infolge der nahe liegenden Brenner abgesogen werden,
grundlos, Anfangs baute man diese Wannen zu kurz, man fürchtete, nicht genug Flamme
in den Arbeitsraum zu erhalten. Jedoch hat bei den Neuen Siemens-Wannen die Flamme den Drang, weit vorzuschießen
und sich in der Mitte des Bassins voll zu entwickeln; die Folge war, daß nun in der
kurzen Arbeitswanne Schmelzhitze herrschte und das Gas zu „gispig“ und zu
dünnflüssig wurde. Die Wannenöfen mit freier Flammenentfaltung sollen nach
Möglichkeit mit langen Becken ausgeführt werden. Man hat es an der Hand, die Flamme
durch geeignete und sachgemäße Schieberstellung so zu regeln, daß sich im
Arbeitsraum eine der Verarbeitung des Glases entsprechende Hitze befindet. Für
Flaschenglasfabrikation genügt bereits eine Länge von 8 m, für Halbweißglas von 9 m
und bei Weißglas sollte man diese Wannen nicht unter 10 bis 11 m bauen. Abgesehen
davon, daß in langen Bassins die freie Flammen entfaltung vollkommen zur Geltung
gelangt, ist bei Weißglas deshalb schon ein längerer Wannenraum zu empfehlen, weil
das geschmolzene Glas einen weiteren Weg zu machen hat, ehe es zur Arbeitsstätte
kommt. Infolge des längeren Weges wird das Glas inniger durchgeschmolzen; es wird
reiner und spezifisch schwerer.
Das aus den Generatoren, deren Beschreibung später stattfinden soll, kommende
Gas geht zuerst durch die „Reguliertrommel“, die zum Ab- oder Anstellen des
Gasstromes dient. Von hier aus tritt das Gas in die größere, mit einer Scheidewand
versehene „Wechseltrommel“
e (Fig. 6) über. Dieselbe
steht über dem sogen. Wechselkreuz, das aus feuerfesten Schamottesteinen, möglichst
engfugig aufgeführt ist. Es bildet vier Felder, von denen das eine, wie bekannt, mit
der Gaszuleitung, das andere gegenüberliegende mit der Esse und die beiden anderen
gegenüberliegenden Felder mit den beiden Gaskammern in Verbindung stehen. Durch
Drehung der Wechseltrommel können die Verbindungen beliebig eingestellt werden. In
Fig. 6
ist der eine Gaskanal punktiert sichtbar, jedoch nicht die Gaskammern. Dieselben
liegen parallel zu den Luftkammern und sind mit den Gasbrennerschächten a und c (Fig. 6 und 7)
verbunden. Das Gas strömt je nach dem Wechselstand aus ihnen aus und trifft in der
einen oder anderen Brennermündung f oder g mit der Luft als intensive Flamme zusammen. Der
Eintritt der Außenluft erfolgt durch einen kurzen Schacht, der oben mit einem
verschließbaren Deckel h (Fig. 6) versehen ist.
An der Kette i kann die Regulierung der eintretenden
Luft oberhalb des Souterrains vorgenommen werden. Durch den Luftwechsel k, eine in Eisenlagern bewegliche, gußeiserne Klappe
wird der eine Luftkanal mit dem Lufteintritt, der andere mit der Esse verbunden. Die
Bewegung der Klappe wird von oben mit einer Stange und durch den mit einem
Gegengewicht versehenen Hebel l bewirkt. Die Luft
gelangt auf kürzestem Wege zum Brenner und strömt der Wechselstellung entsprechend
in den Luftkanal m oder n.
Durch 125 mm weite Zwischenräume, die von 125 mm starken Schlitzsteinen o in gleichmäßigen Abständen gebildet werden und für
das Kammergitterwerk als Auflageflächen dienen, steigt die Luft in die Kammer p oder q über, absorbiert
das vom Abzüge zurückgelassene Flammenprodukt der ähnlich der Fig. 2 und 3
röhrenförmig angeordneten Kammerfüllung und tritt hoch erhitzt durch den
Luftbrennerschacht b oder d in den Brenner f oder g, um sich mit dem gleichfalls hoch temperierten Gase
zu vereinigen. Zur Flamme geworden, findet der Flammenabzug bei dem anderen Brenner
statt, nachdem er in dem Wannenraum die erforderliche Schmelzhitze zurückgelassen
hat. Der Flammenabzug vollzieht sich durch das andere Kammerpaar und wird hier
infolge des Kammergitterwerkes der größte Teil der Abhitze, die später nach
einhalbstündiger Umwechselung der Apparate dem vorzuwärmenden Gase und Luft zu Gute
kommt, ausgebeutet.
Textabbildung Bd. 323, S. 666
Fig. 6. Horizontalschnitt.Fig. 7. Vertikallängsschnitt.Fig. 8.
Vertikalquerschnitt.
Ma�stab 1 : 200.
Wie gesagt, wird gleichzeitig durch die Wechselapparate die Verbindung zum Kamin
hergestellt. Die Essenkanäle rs (Fig. 6) hängen sowohl
für Gas als auch Luft zusammen und vereinigen sich später in einem Kanal, der zur
Hauptesse führt. Die Essenkanäle r und s besitzen eiserne Schieber, womit dem Gange des Ofens
entsprechend die Zugkraft des Kamins reguliert wird. Ein zu hoher Essenschieberstand
bewirkt einen zu raschen Flammenabzug und erhöhten Brennstoffverbrauch, während ein
zu niedriger Schieberstand einen zu kalten Kammergang hervorruft. Ebenso erheischt
der sachgemäße Betrieb eine stete Kontrolle der Einlaßventile für Gas und Luft. Eine
mit reichlich Gas geschwängerte Flamme erzielt trotz übermäßigen Brennstoffaufwandes
keine Schmelzeffekte; ist die Flamme dagegen zu stark mit Luft gespeist, so ist sie
allerdings wirkungsvoll, entfaltet ihre Hitze aber nur auf kurzer Strecke. Eine
solche oxydierende Flamme greift nebenbei die Brenner, besonders die Brennerzungen
ungeheuer an.
Zur Aufrechterhaltung eines geordneten Betriebsganges sind die sogen.
„Schaulöcher“ notwendig. So besitzt jedes Brennerpaar drei Schaulöcher
t, zwei seitlich und eins an der Rückenstelle in
den Maßen von 250 × 250 mm. Diese Oeffnungen werden mittels feuerfester
Schamotteziegel trocken versetzt und die Fugen außen mit Tonmörtel sorgfältig
verstrichen. Zur Entfernung der Teerabsonderungen, mit denen man bei wasserreichen
Braunkohlen stark zu rechnen hat, dient das Mannloch t1 (Fig. 6). Mit ähnlichen
Oeffnungen t2 sind die
Kaminkanäle ausgestattet, um sie reinigen zu können. Wohl zu empfehlen ist es, die
Kanalgewölbe hier und da zu unterbrechen und mit den sogen. Explosionsplatten zu
versehen, damit bei Gasexplosionen deren Kraft durch Abhebung der Deckplatten
schadlos geschwächt wird. Eine solche Explosionsplatte u überdeckt den Schornsteinkanal s (Fig. 6).
Die Kammern laufen längs der Wanne und liegen unterhalb
des Bassins. Sie sind 5 m lang, 2 m hoch und 1,25 m breit. Zwischen den beiden
Gaskammern v und v1 liegt das Luftkammerpaar p und q (Fig. 8), deren Breite
1,5 m beträgt. Alle Kammern sind mit den sogen. Taschen w versehen (Fig. 6), die zur
Sammlung des Flugstaubes, Aschenstaubes usw. dienen. Die Kammerfüllung ist hier auf
den Figuren durch Kreuzstriche bezeichnet. Wie aus Fig. 6 ersichtlich,
besitzen die Kammern „Eingänge“, die mit einer Schamottesteinschicht von 250
mm Länge vermauert und mit zahlreichen Beobachtungslöchern t3 ausgestattet sind. Unter den Kammern
befinden sich die sogen. Unterregeneratoren, welche in unmittelbarer Verbindung mit den
Zuführungskanälen x und x1 für Gas und m und n für Luft stehen und gleichzeitig auch
als solche gelten. Diese Zuleitungen sind 800 × 800 mm bemessen und haben nach dem
Kammernende zu einen Fall von 150 mm. Diese Neigung gestattet die Verunreinigungen
besser aus den Kanälen drücken zu können und sind zu deren Entfernung die auf eine
Steinlänge zu vermauernde Oeffnung y bestimmt. Ratsam
ist es zur Vermeidung von Verstopfungen die Kanäle im Querschnitt eher weiter als
enger zu wählen. Allerdings hitzen sich weite Kanäle schwerer als enge. Als Maße für
die Essensonderkanäle bei einer Wanne gelten 700 × 550 mm, während der
Essenvereinigungskanal eine Breite von 900 mm bedingt.
Wiewohl der laue Ofengang in erster Linie von einer ungeeigneten Brennerkonstruktion
bedingt ist, so wird er in gleich ungünstiger Weise von nicht zweckentsprechend
ausgestatteten Kammern beeinflußt. Ist ja das Kammersystem eines jeden
Regenerativ-Ofens im prägnantesten Sinne des Wortes der Wärmespeicher, der für eine
intensive Vorerhitzung des Gases und Luft in Frage kommt und durch hohe Temperierung
letzterer eine vollkommene Schmelzflamme nach Zusammentreffen der
Verbrennungsprodukte zustande bringt. Jeder Regenerativofen besitzt vier Kammern,
ein Luft- und ein Gaskammernpaar. Jedoch existieren im Rheinland hier und da Siemens-Oefen, bei denen die Gasregeneratoren fehlen,
so daß nur die Verbrennungsluft allein, ähnlich wie beim Nehse-Ofensystem eine intensive Vorwärmung findet. Sofern man eine
kalorienreiche, hohe Hitze entwickelnde Steinkohle verwendet und die Gaserzeuger
nach Möglichkeit in die Nähe des Hauptofens bringt, um einer zu weit vor sich
gehenden Abkühlung vorzubeugen, kann man auch tatsächlich ohne Gasvorwärmung in den
nur mit Luftkammern ausgestatteten Oefen eine gleich hohe Temperatur erzielen.
Die Kammern des Gasschmelzofens sollen geräumig und dem Schmelzraum des Ofen angepaßt
sein. Irrtümlicherweise findet man in der Hüttenwelt die Ansicht vertreten, daß
weite Kammern ungünstig auf die Betriebskosten einwirken, weil solche Oefen einen
höheren Brennstoffaufwand bedingen. Jedoch trifft dies nur für übertrieben groß
ausgeführte Kammerräume zu; sonst aber ist räumigen Wärmespeichern der Vorteil
eigen, daß sie eine größere Flammenabzugshitze absorbieren und somit auch die
Verbrennungsprodukte höher temperieren können. Bei kleinen Kammern sinkt die
Ofentemperatur während der Ausarbeitung des Glases stark und solche kleine
Regeneratoren werden stets mehr im Betriebslaufe angegriffen und versetzen sich
leicht.
Von ganz besonderem Einfluß auf den Ofengang ist die Aussetzung der Kammern. Es
sollen für diesen Zweck nur die allerbesten Schamottesteine verwandt werden, die den
Anforderungen, wie hohen Temperaturgraden, Temperaturwechseln, chemischen Einflüssen
der Gase und des Alkalienstaubes in den vollkommensten Maßen gewachsen sind. Die
Aussetzung der Kammern erfolgt mit Steinschichten in Zwischenräumen von 65–80 mm; je
dichter die Aussetzung, desto reiner das Gas, reichlicher die Abhitzeausbeutung,
intensiver und heißer die Flamme, die jedoch auf Kosten der Lebensfähigkeit des
Gitter. Werkes gewonnen wird, indem sich dann solche Kammern leicht versetzen, sich
schwer reinigen lassen und deren Netzsteinwerk bald unbrauchbar wird. Folgen zu
weiter Kammeraussetzung sind Heulen „Bullern“ des Ofens und daß die Luft
ungenügend vorerhitzt in den Schmelzraum tritt. Die Aussetzung der Ofenkammern wird
auf vielen Hütten derart bewerkstelligt, daß der von den Steinlagern gebildete
Zwischenraum von der Deckschicht immer wechselweise versetzt wird, so daß die Züge
einen schlangenförmigen Weg beschreiben müssen. Hieraus resultieren die
Vorteile, daß die Abzugsflammenprodukte ihre Eigenwärme vollkommener abgeben, die
Verbrennungsstoffe besser erhitzt werden, das Gas sich weit mehr reinigt, indem sich
reichlicher Flugasche, Ruß, Wasserdämpfe usw. absondern. Jedoch ist die Lebensdauer
des Kammersystems beider schlangenförmigen Aussetzung nur eine beschränkte, weshalb
man im allgemeinen die röhrenmäßige Aussetzung bevorzugt.
Zum Aussetzen der Kammern sind zwei Schamottesteinformate von 250 × 120 × 65 mm und
250 × 80 × 80 mm gebräuchlich. Letztere sind für die Kammergittersteine
vorteilhafter, weil sie infolge ihrer Quadratform einen festeren Stand
ermöglichen.
Wannenraum and Kappe. Die Breite des Wannenraumes
beträgt 4,5 m, die Länge 11 m. Die Einfassung des Beckens erfolgt durch fünf
Schichten z hochfeuerfester Schamotteblöcke in den
Maßen von 600 × 500 × 250 mm (Fig. 8). Die Gesamthöhe
der Wannenumfassungsmauer beläuft sich auf 1,25 m, der Glasstand auf 1,20 m. Auf den
Ringsteinen ruhen in gleichmäßigen Abständen die Schamottepfeilerstücke A (Fig. 7), zwischen denen
sich die auswechselbaren Schafflochformsteine B
einreihen. Die Schamottepfeiler A, 250 × 250 mm stark
bemessen, bilden die Träger für die Widerlagerstücke der Arbeitswannenkuppe. Bemerkt
sei hier, daß die Schmelzwannenkuppe freitragend ist und Hängekonstruktion, auf die
wir später zurückkommen werden, besitzt. An den Längswannenseiten befinden sich die
Decksteine C, die durch die vorspringenden Kappensteine
D (Fig. 8) geschützt
werden. Die Füllung des Schmelzraumes mit den Rohglasgemengestoffen erfolgt durch
die beiden gegenüberliegenden „Einlegelöcher“
E (Fig. 6, 7 und 8). Letztere sollen dem
Brennerbereiche nicht zu nahe liegen, sondern der Abstand von den Flammenlöchern zu
den Einlegelöchern soll mindestens 1 m betragen. Die Flamme in den neuen Siemens-Wannen entwickelt sich nicht in den Brennern
zur höchsten Temperatur und würde das Gemenge, sofern sich die Einlegelöcher an der
hintersten Wannenstelle befinden, zu trocken schmelzen. Damit im Betriebe oft
Beobachtungen angestellt werden können und man auch das Innerste der Schmelzwanne
übersehen kann, ist sie mit Schaulöchern F
ausgestattet. Der Vorderteil der Wanne wird von dem Arbeitsbecken eingenommen und
besitzt zwölf Werkstellen, indem die größeren Endschafflöcher G für doppelte Mannschaftsbesetzung eingerichtet sind.
Diese Endwerkstellen dienen gleichzeitig zur Aufnahme der „Wannenkränze“ und
„Wannenschiffchen“; denn es ist nur dringend zu raten, die
Läuterapparate, wie Kränze und Schiffchen von der Arbeitswanne aus einzuführen statt
von der Schmelzwanne, wodurch unvermeidlich in den Arbeitsraum ungeschmolzene
Glasstoffe, das gute, verarbeitungsfähige Glas verunreinigend, geschleppt werden.
Das Entfernen der unbrauchbar gewordenen Glasläuterapparate kann sowohl durch die
Arbeitsais auch Einlegelöcher E erfolgen, H bedeutet die Arbeitsbühne, worauf die Glasbläser
hantieren.
Dem Arbeitsraum gegenüber liegen die Brenner f und g. Ihre Maße sind 1 × 0,5 m; durch Abänderung derselben
auf 1,25 × 0,4 m, derart, daß der Brenner breiter und niedriger wird, erhält man die
weiteste Flammenausnutzung, jedoch auf Kosten der Brenneranordnung. Durch eine
gewölbte, vorn zur besseren Flammenmischung zugespitzte, 400 mm lange
„Dinaszunge“
z1 (Fig. 6) wird eine
vorläufige Trennung der beiden Flammenkörper, Gas und Luft bewirkt. Hier und da
findet man die Brennerkonstruktion auch derart, daß die Scheidewand z2 ohne „Zunge“
z1 abschließt.
Hierdurch findet ein früheres Zusammentreffen von Luft und Gas statt, die
Verbrennung erfolgt bereits früher und in dem hinteren Teil der Brenner, was zur
Folge hat, daß die „Feuerfüchse“ vorzeitiger dem Ruin entgegengehen und ein
höherer Brennstoffaufwand entsteht.
Die Herstellung der Brenner geschieht ausschließlich mit Dinassteinmaterial. Da
dasselbe in der ersten Temperperiode ungeheuer treibt und auf sein Dehnen dringend
Rücksicht genommen werden muß, so empfiehlt es sich, zwischen dem Dinasbrenner- und
Dinaskuppengewölbe einen Schlitz J (Fig. 6) von 75 mm zu
lassen. Man kann ruhig den Schlitz auch weiter wählen und ist derselbe mit einer
Dinasvollschicht K zu bedecken. Gern bringt man auch
zwischen der Schmelz- und Arbeitswanne in der Kappe einen solchen Notschlitz von 50
mm Weite an und arbeitet man damit dem an und für sich stärkeren Treiben der
Arbeitswannenkappenrundung erfolgreich entgegen, indem die quillenden Dinasziegel
bei der strahlenden Hitze die erwähnte Notfuge dicht schließen.
Die Ausführung der Wannenkuppe, Brenner, Umfassungsmauer, Bodensteine und
Kammersteine erfordert nur erstklassiges, feuerfestes Steinmaterial. Als solches
kommen in erster Linie die Schamotteziegel in Betracht, ihnen folgen die
Dinasziegel. Obwohl erstere in bezug auf Feuerfestigkeit, Widerstandsfähigkeit gegen
Temperaturschwankungen und chemische Einflüsse, wie auch auf mechanische Festigkeit
das Höchste leisten, so besitzen die Dinasziegel neben ihrer Hochfeuerfestigkeit die
Eigenschaft, sich in der Hitze zu dehnen und dadurch Fugenbildung zu beseitigen. Bei
den Schamottesteinen ist es umgekehrt der Fall, sie schwinden in der Hitze, wodurch
sich oft bedenklich werdende Fugen bilden. Daher gibt man bei der Brenneranlage den
Dinasziegeln den Vorzug, um einer Verbrennung der Gase am unrechten Orte
vorzubeugen, die leicht durch klaffende Fugen hervorgerufen werden kann. Für die
Wannenstellen allerdings, wo das Steinmaterial mit dem flüssigen Glasgute in
Berührung kommt, ist der Dinasstein nie und nimmer zu verwenden, denn letzterer ist
ausschließlich hochkieselsäurereich, ein Bestandteil, aus dem sich das Glas
gleichfalls in hohen Maßen zusammensetzt. In Verbindung mit den Alkalien und
Alkalienstaub kann die Dinaskieselsäure gelöst werden. Der Schamottestein indes
widersteht dem korrodierenden Glasflusse und seinen Alkalien und dies umsomehr, in
je höheren Grenzen sich sein Tonerdegehalt bewegt.
Während das Schamottesteinmauerwerk im Auftempern des Ofens keine besondere
Behandlung beansprucht, erfordert das Dinassteinwerk die vollste Aufmerksamkeit.
Kleine Nachlässigkeiten können hier schon den Betriebserfolg ganz und gar in Frage
stellen, und nur peinlichste Sorgfalt und genaue Beobachtung auch anscheinend ganz
nebensächlicher Punkte ist eine unerläßliche Notwendigkeit.
Vor allen Dingen ist der Auswahl der Steinmaterialien besondere Sorgfalt zu widmen.
Es sollen beim Glasofenbau nur die besten, hochfeuerfesten Steine zur Verwendung
gelangen. Auch die Beschaffenheit der Mörtelstoffe, in welchen die feuerfesten
Ziegel verlegt werden, ist mit Genauigkeit zu prüfen. Der Mörtel für Dinas besteht
aus einem Gemenge aus Dinasmehl und rohem Ton. Vielfach verwendet man auch
Dinasmörtel ohne Tonzusatz, wodurch der Schlierenbildung größtenteils Abbruch getan
wird. Jedoch ist in diesem Falle die Bindekraft des Mörtels naturgemäß eine
geringere, und er muß mit mehr Wasser verarbeitet werden. Dieser große Wasserzusatz
hat aber manche Unannehmlichkeiten im Gefolge und ist daher dringend geraten, dem
Dinasmörtelgemenge etwas Rohton beizumischen. Einen durchaus nicht kostspieligen und
doch für den Zweck geeigneten Ersatz für Dinasmörtel geben alle Dinasziegelbrocken,
von untauglich gewordenen Ofenkuppen herrührend. Dieselben werden vor Gebrauch von
der angeschmolzenen Glasur befreit, hierauf fein gemahlen, abgesiebt und trocken mit
ebenfalls fein gemahlenem und gesiebtem Ton innigst gemischt. Ein weiterer
Ersatz für Dinasmörtel ist ein Gemenge von Sand mit etwas Tonzusatz als Bindemittel.
Selbstverständlich müssen die Rohstoffe bezüglich ihrer Feuerfestigkeit durchaus
erstklassig sein. Als günstigstes Mischungsverhältnis sowohl von Dinasbrocken und
Rohton als auch von Sand und Rohton gilt 6 : 1. Das Dinasmörtelquantum richtet sich
nach dem Dinassteingewichte und rechnet man auf dasselbe 10 bis 12 v. H., während
man ungefähr 12 bis 15 v. H. Schamottemörtel benötigt. Die Zusammensetzung des
Schamottemörtels besteht gewöhnlich aus 1 Teil Rohton und 2 Teilen Schamotte, wie
gebranntem Ton oder geputztem Ofenzeug. Als weitere Mischungen gelten 1 Teil Rohton,
1 Teil Schamotte und t Teil Sand oder 1 Teil Rohton und 2 Teile Sand. Sand fügt man
gern deshalb bei, weil er neben hoher Feuerfestigkeit billig zu erwerben ist und er
das Vermögen besitzt, in der Hitze sich zu dehnen und der Fugenbildung
entgegenzuarbeiten. Selbstverständlich darf mit Sand versetzter Schamottemörtel
infolge seines hohen Kieselsäuregehaltes nicht an den Stellen Verwendung finden, wo
der Glasfluß auf ihn einwirken kann. Der Deutlichkeit halber sei hier erwähnt, daß
beim Wannenbau zur Kittung der Bodensteine, sowie der Ringblöcke nur reinster
Schamottemörtel ohne Sandzusatz herangezogen werden soll. Auf den Zeichnungen ist
die Verwendung der verschiedenen Bausteine vermerkt. Für Schamottematerialien kommen
beim Wannenbau drei Steinqualitäten in Betracht, und zwar erstens hochfeuerfeste
Sorte als ausschließliche Verwendung für die Brennstellen, exponierte Feuerflächen,
Füllung der Kammern usw. Die zweite hochfeuerfeste Sorte dient zur Auskleidung der
Kammern und die dritte feuerfeste Steingattung findet bei den Ofenkanalbauten und
Gaserzeugern weite Verbreitung.
Die Herstellung der Wannenkuppe besonders erfordert praktische Erfahrung; die
Aufstellung des Kuppengerüstes allein ist mit manchen Schwierigkeiten verbunden. In
gegenseitigen Abständen von 1 m richtet man entsprechend starke Holzständer auf und
stellt sie auf eine Bretterunterlage, um eine möglichst gleichmäßige Verteilung der
Gewölbelast auf die Ofenbank zu erzielen. Auf diesen Holzstempeln befestigt man
mittels starker eiserner Klammern, die fest von zwei Seiten aus eingeschlagen
werden, die Lehrbogen. Ueber letztere wird die Verschalung gelegt, welche man aus
möglichst schmalen und gleichmäßig starken Brettern herstellt, damit jene sich der
Kreisbogenform der Kuppe gut anpaßt. Die Bretter werden fest auf den Lehrbogen
angenagelt und hierauf alle Unregelmäßigkeiten durch Abhobeln entfernt.
Bei der Einwölbung der Kuppe beginnen die Maurer mit dem Verlegen der Dinasziegel von
den beiden Längsseiten des Ofens aus und arbeiten in der Art weiter, bis die beiden
Ziegelschichten in der Mitte zusammentreffen. Größte Sorgfalt ist den letzten
mittelsten Schichten, zu widmen, welche den sogen. Schluß bilden. Vor allen Dingen
darf letzterer nicht zu schwach ausfallen. Um die Ziegel gut aneinanderzupassen,
reibt man sie gegenseitig glättend aneinander. Das Zuhauen der Steine soll mit nur
scharf geschliffenen Hämmern geschehen, da bei stumpfen Hämmern sich viel Bruch
zeigt. Auch sollen einzelne Steinlagen beim Anpassen nicht zu sehr geschwächt
werden; es ist vorteilhafter, dafür von jeder Steinlage eine minimale Fläche
abzunehmen. Zu straff ins Gewölbe eingesetzte oder zu schwache Ziegelstücke neigen
infolge des großen Gewölbedruckes leicht zur Zerbröckelung, wobei diese
Absonderungen das Glas verunreinigen. Ein zu loses Einspannen der Dinasziegel führt
wiederum leicht ein Setzen der Kuppe herbei, es entstehen zahlreiche Fugen, die
unliebsame Angriffsflächen für die Flamme bilden.
Nachdem der Ofenbau beendigt ist, wird eine allgemeine Aufräumung in und um den
Ofen vorgenommen, die Kanäle, Kammern gereinigt, die Baugerüste entfernt und zum
Auftempern vorbereitet. Es findet die Herstellung der Voröfen oder „Füchse“,
deren man einem oder zwei, bei Wannenöfen auch vier benötigt, statt. Dieselben
werden, da sie später doch niedergerissen werden, so einfach als möglich
hergestellt. Sie bestehen aus einer Rostfläche von 1 × 0,5 m, die von beiden Seiten
durch leichtes Mauerwerk geschützt und mit leichten Platten überdacht ist. Bei den
Wannenöfen stellt man je zwei dieser Füchse vor den beiden Einlege- und
Endarbeitslöchern auf. In Rücksicht auf die Dinaskuppe soll das Auftempern so
langsam als möglich erfolgen, umsomehr, je feuchter das Mauerwerk ist. Es ist
dringend zu trachten, die Vermauerung so trocken als irgend möglich zu betätigen und
ist grundsätzlich das bei den Maurern übliche Eintauchen der Bauziegel zu
untersagen. Denn die porösen Ziegel nehmen viel Wasser auf und geben in der Hitze
viel Wasserdämpfe ab, die das Anwärmen des Ofens unnötigerweise erschweren. Es wäre
ganz und gar verfehlt, beispielsweise durch dringende Aufträge sich dazu verleiten
zu lassen, das Anwärmen des Ofens zu beschleunigen. Das Tempern soll bei Wannenöfen
mindestens 14 Tage in Anspruch nehmen und das Vorfeuer anfangs ein schwaches
Trockenfeuer sein. Nachdem man das Rauchfeuer zwei volle Tage und Nächte unterhalten
hat. steigert man langsam, aber ständig die Hitze in den folgenden acht Tagen.
Zuletzt hitzt man den Ofen drei bis vier Tage rotglühend aus und geht zum
Gaseinlassen über, für die Hüttenleute gewöhnlich eine aufregende Periode. Denn es
kommt leicht vor, daß durch fehlgeschlagenes Gaseinlassen und Explosionen der ganze
bisherige Erfolg in Frage gestellt wird. Während des Tempervorganges bleiben die
Schornsteinventile geschlossen und sind die Gas- und Luftwechsel so zu stellen, daß
alle beiden Kanalpaare eine gleichmäßige Hitze empfangen. 10 bis 12 Stunden vor dem
Gasanstellen wechselt man nach derjenigen Seite, auf welcher das Gas eingelassen
werden soll, und öffnet etwas den Zug nach dem Schornstein, wodurch die von den
Gasen später zu durchströmenden Kanäle höher erhitzt werden. Nach dem Einlassen des
Gases wechselt man am ersten Tage alle sechs Stunden, am zweiten alle vier Stunden,
am dritten alle drei, am vierten Tage alle zwei Stunden und fährt in dieser Art
fort, bis man das einhalbstündige, regelmäßige Wechseln einführt. Nur nach und nach
und ganz schwach, zentimeterweise gibt man dem Gase Luftzuführung und Kaminzug,
wodurch merklich von Tag zu Tag der Ofen sich erhellt.
Beim Gaseinführen ist zu achten, daß Ueberdruck oder reichlich Gas in den Generatoren
herrscht und öffnet man das Gasventil anfangs höchstens auf zwei Fingerbreiten. Läßt
der Gaseintritt lange auf sich warten, so ist es vorteilhaft, das Ventil noch um
eine Fingerbreite zu öffnen. Sind die Brenner und der Ofen gut ausgehitzt, so brennt
das Gas anstandslos in mattblauer Farbe und langer, wilder Flamme, die bald kürzer
und ruhiger wird, wenn man etwas Sekundärluft zutreten läßt.
Bereits vor dem Auftempern wird die Wanne mit sauberem Herdglas oder reinen Scheiben
zwecks Glasierens der Innenwannenwände beschickt. Nach dem Gaseinlassen befeuert man
den Ofen noch zwei volle Tage und bewirkt so eine allmähliche Schmelzung der
Glasscheiben. Darauf legt man noch gern einige Wagenladungen Glasbrocken ein
und schreitet zur Füllung mittels des Glasrohgemenges. Innerhalb Wochenfrist ist
eine Wanne mit ungefähr 50 cbm Fassung gleich etwa 13 Wagenladungen Glasmasse
vollgeschmolzen, wenn man reichlich Glasscherben verwendet.
Während des Aushitzens des Ofens ziehen sich die anfangs dehnenden Schamottesteine
zusammen und es entstehen viele Fugen, die dicht mit einem Tonbrei verschmiert
werden müssen. Nach dem Gaseinlassen findet eine allgemeine Zusammenziehung der
Schamottematerialien statt. Die Dinassteine dehnen weiter und die Wannenkuppe hebt
sich immer mehr, indem sie auch seitwärts strebt und die bekannten Notfugen
schließt. Dort, wo die Ofenkappe zu stark treibt und man Heraustreten aus den
Widerlagern befürchten kann, empfiehlt es sich, das Gewölbe mit schweren Blöcken zu
belasten, um einen gleichmäßigen Drang der Ofenkappe herbeizuführen.
Von ganz besonderer Wichtigkeit ist die Behandlung der Ofenverankerung während des
Auftemperns. In der ersten Zeit dieses Vorganges müssen die Ankerzüge möglichst
gelockert werden, damit das Mauerwerk infolge der durch das Erwärmen stattfindenden
Dehnung keinen Schaden erleidet. Spannt man die Anker zu straff, so werden die Köpfe
der Dinasziegel durch die beträchtliche Ausdehnung der Kappe unschwer abgesprengt,
wenigstens dann, wenn man ein Nachlassen der Anker verpaßt. Läßt nun die Spannung im
Betriebe nach, so fallen die abgesprenkten Ziegelköpfe in die Glasmasse, sie stark
verunreinigend. Es kommt zuweilen auch vor, daß sich die Traversen bedenklich biegen
oder die Längsanker reißen oder die Füße der Schienen nachgeben. Dies sind alles
Fehler, die den Gang des Ofens ungünstig beeinflussen können und ist stete
sorgfältige Beobachtung der Verankerung während des Auftemperns geboten.
Hat sich der Ofen oder die Wanne gut erwärmt, so gibt das Mauerwerk wieder nach und
demzufolge müssen die Anker straffer zusammengezogen werden. Vernachlässigt man
diese Arbeit, so tritt Setzen der Kuppe und starke Fugenbildung ein. Diese Fugen und
Lücken bieten der Flamme schädliche Angriffspunkte zur Zerstörung der
Kuppendinasziegel und die Folge ist Tropfen der Kuppe. Solche Dinasthränen sind
recht unliebsame Erscheinungen und machen das Glas für die Verkaufszwecke
untauglich. Im sulfathaltigen Glase lösen sich schließlich die Tropfen auf und
kommen weniger zum Vorschein, weil das aus schwefelsaurem Natron erzeugte Glas und
speziell Flaschenglas infolge seines geringen Preises einige Mängel gestatten. Aber
das teuere Sodaglas läßt solche Fehler nicht zu.
Hier und da findet man die Gewölbe der Wannenöfenkammern aus Dinas hergestellt.
Verfasser kann diese Herstellung nicht befürworten, da ganz besonders in den
Luftkammern das Mauerwerk den schroffsten Hitzeschwankungen ausgesetzt ist und der
Dinas bekanntlich höchst empfindlich sich gegen jeden Temperaturwechsel zeigt. Für
Kammerwölbungen sind erstklassige Schamotteziegel am Platze; um die Anzahl der Fugen
soviel als möglich zu beschränken, ist es ratsam, für diesen Zweck große Formstücke
als Kammerwölber zu verwenden.
(Fortsetzung folgt.)