Titel: | Polytechnische Rundschau. |
Autor: | H. |
Fundstelle: | Band 323, Jahrgang 1908, S. 750 |
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Polytechnische Rundschau.
Polytechnische Rundschau.
Einige neue Versuche an Dampfturbinen.
Die Maschinenfabrik Brown, Boveri & Co. ist schon lange der Ausführung vereinigter Aktions-
und Reaktionsturbinen näher getreten, aber erst in letzter Zeit dazu gekommen, mit
einer solchen Turbine von 1000 KV/Leistung bei 3000 Uml./Min. eingehende Versuche zu
machen. Die untersuchte Turbine besteht aus einem zweikränzigen Aktionsrad und einer
gewöhnlichen Parsons-Trommel, die aus einem
Mitteldruck- und einem Niederdruckteil besteht und deren Achsialschub durch
Labyrinthentlastungskolben aufgenommen wird. Die Untersuchungen an der Turbine
bezweckten hauptsächlich die Bestimmung des Gütegrades der einzelnen Teile. Zur
genauen Ermittlung des Dampfzustandes an den einzelnen Stellen in der Turbine wurde
auf die Temperaturmessungen besondere Sorgfalt verwendet. Gewöhnliche Thermometer
sind bekanntlich im strömenden Dampf nicht zu gebrauchen, sondern nur
Thermoelemente. Benutzt wurde ein Kupfer-Konstantan-Element. Die Meßeinrichtung
gestattete, die Temperaturen mit einer Genauigkeit von 0,5° zu bestimmen. Aus dem
Dampfzustand in jedem Punkt der Turbine kann die Leistung und der Gütegrad jedes
Teiles angegeben werden, vorausgesetzt, daß sonst keine Wärme zu- und abgeführt
wird. Im Hochdruckteil wird durch die Nähe der Frischdampfleitung Wärme zugeführt
und dadurch wird der thermische Wirkungsgrad bei diesem Meßverfahren etwas zu
schlecht; das umgekehrte ist der Fall im Niederdruckteil, doch sind die Fehler
geringfügig. Die Temperaturschwankungen des Frischdampfes bilden auch eine
Fehlerquelle infolge der Wärmeaufnahme und -abgäbe der Gehäusewandungen, welche das
Resultat der Wirkungsgradermittlung aus dem Dampfzustand wie oben erwähnt
beeinflussen. Um den Einfluß des Fehlers zu verringern, wurden die Temperaturen auf
der Basis der Versuchsdauer aufgetragen und die Temperaturen vor den Düsen zu
Zeiten herausgegriffen, wo sie auf- und absteigend gleich waren; von den
Temperaturen an den übrigen Stellen wurde dann der Mittelwert der gleichzeitigen
Ablesungen genommen.
Der Wirkungsgrad des Hochdruckrades ergab sich bei 3000 Uml./Min. und 300°
Dampftemperatur zu 52,7 v. H. Um diesen Wert, der sich aus den gemessenen
Dampfzuständen ergab, zu kontrollieren, wurde der Wirkungsgrad auch noch dadurch
bestimmt, daß das Hochdruckrad entfernt und die Leistung des Parsons-Teils gemessen wurde; es wurde derselbe Wert 52,7 erhalten. Mit
abnehmender Ueberhitzung sank der Wirkungsgrad auf 50 v. H. bei 240°
Dampftemperatur.
Die Messungen am Mitteldruckteil lieferten das überraschende Ergebnis, daß der
Wirkungsgrad mit zunehmender Ueberhitzung vor den Düsen sich verringerte; er betrug
bei 330° Anfangstemperatur 70 v. H. und bei 190° 76 v. H. Eine Erklärung hierfür ist
in der mit der Ueberhitzung zunehmenden Dampfgeschwindigkeit zu suchen, deren
Verhältnis zur ohnehin schon geringen Umfangsgeschwindigkeit dabei immer ungünstiger
wurde.
Für den Niederdruckteil ergab sich aus den Dampfzuständen im Mittel ein Wirkungsgrad
von 74,5 v. H.
Es wurden auch Messungen des Gesamtdampfverbrauchs bei verschiedener Luftleere und
bei verschiedener Anfangstemperatur vorgenommen. Die Verbesserung der Oekonomie
gegenüber 90 v. H. Luftleere betrug 12 v. H., wenn das Vakuum auf 96 v. H. stieg und
die Verschlechterung 9 v. H., wenn das Vakuum auf 84 v. H. abnahm. Mit steigender
Ueberhitzung nahm die Oekonomie für jede 6,5° um 1 v. H. zu. Die Ergebnisse der
Versuche mit veränderlicher Leistung sind in nachfolgender Tabelle enthalten: sie
sind als sehr günstig zu bezeichnen, würden aber noch günstiger ausfallen, wenn auch
der Hochdruckteil
Vor den Düsen
Vor demMitteldruckteil
Vor demNiederdruckteil
Vakuumv. H.
Touren-zahl
Be-lastungKw.
Stünd-licherDampf-verbrauchkg
Dampfverbrauch für1 KW/Std.
AnzahlderDüsen
pkg/qcm
t°C
pkg/qcm
t°C
pkg/qcm
t°C
gemessenkg
auf 300° und94–95 v. H.Vak. Bezogen
12,0
292
3,1
207
0,67
98
93,4
3000
1024
7129
6,96
6,72
6
10,9
282
3,9
215
0,83
104
92,3
3005
1224
8739
7,14
6,58
8
9,1
290
3,3
222
0,69
111
93,2
3000
999
7206
7,21
6,90
8
9,4
273
2,4
192
0,53
88
94,0
3000
764
5638
7,37
6,92
6
12,4
287
2,2
183
0,49
82
94,2
3000
694
5076
7,31
7,05
4
6,5
286
1,7
204
0,37
96
94,6
3000
500
4062
8,12
7,85
6
9,4
280
1,6
181
0,33
79
94,7
3000
493
3919
7,94
7,60
4
7,0
320
1,3
212
0,24
100
94,7
3000
342
2890
8,48
8,60
4
als Parsons-Turbine
ausgeführt wäre. Denn der Hochdruckteil nimmt fast ⅓ der verfügbaren Dampfenergie
auf, leistet aber nur etwa ¼ der Gesamtarbeit. Für die Ausführung eines
Hochdruck-Aktionsteiles könnte nur die größere Betriebsicherheit und ein geringerer
Raumbedarf ausschlaggebend sein. Die Betriebsicherheit der Parsons-Turbinen ist erwiesen; für große Turbinen tritt auch die Raumfrage
wegen der Größe der Kondensationsanlage nicht so sehr in den Vordergrund. Für
kleinere Turbinen unter 500 KW, wo der Wirkungsgrad des Parsons-Hochdruck teils unter 55 v. H. bleibt kann die Anwendung eines
Hochdruckaktionsrades am Platze sein, bei dem aber wieder mit einem höheren
Schaufelverschleiß und Abnahme des Wirkungsgrades mit der Zeit gerechnet werden muß.
Dadurch wird die Anwendungsgrenze noch weiter heruntergesetzt. (Marguerre.) [Zeitschr. d. Ver. deutscher Ing. 1908, Nr.
34]
M.
Turbinengebläse.
Bei einem von Hodges & Co. in London ausgeführten Turbinengebläse bildet das einzige Turbinenrad
zugleich die Ventilatorscheibe, wobei die Turbinenschaufeln am Umfange ausgefräst,
die Gebläseschaufeln an der Seitenfläche mittels Nieten befestigt sind. Im
Turbinengehäuse befinden sich sechs Leitschaufelgruppen, die bei geringer Belastung
einzeln abgestellt werden können. Der Dampf tritt bei jeder Gruppe nur an einer
einzigen Stelle ein, und wird, nachdem er einen Teil seiner Strömungsenergie an das
Rad abgegeben hat, zwischen die nächsten Leitschaufeln derselben Gruppe geführt, die
den Dampfstrahl aufs neue in die Laufschaufeln leiten, welcher Vorgang sich
wiederholt, bis die kinetische Energie des Dampfes erschöpft ist. Die Turbine hat
also nur eine Druckstufe und mehrere Geschwindigkeitsstufen.
Die Zusammenfassung von Turbinen- und Gebläserad bedingt eine äußerst gedrungene
Bauart, sowie eine dünne Welle, die gar keine Drehkraft zu übertragen hat. Der
Abschluß zwischen dem Dampf- und den Luftkanälen wird durch Labyrinthdichtung
erzielt. Beim Anlaufen wurde in der gelieferten Druckluft ein wenig Dampf
festgestellt, nachdem alles eingelaufen und durchwärmt ist, ist die Luft dampffrei.
Leider werden keine Dampfverbrauchszahlen mitgeteilt.
Die Regelung erfolgt selbsttätig, indem das Drosselventil der Turbine bei Erhöhung
des Luftdrucks mehr geschlossen wird und umgekehrt. Die Höhe des Luftdrucks läßt
sich dabei durch eine Einstellvorrichtung abändern.
Aehnliche Maschinen werden mit getrenntem Turbinen- und Gebläserad ausgeführt, bei
denen die beiden Räder dann auf die gleiche Welle montiert, und in verschiedenen
Gehäusen- untergebracht sind. [The Engineer 1908, II, S. 173]
Ky.
Die Materialprüfungsanstalt an der Technischen Hochschule zu
Darmstadt
seit November 1907 im Betrieb, hat uns ihren ersten
Tätigkeitsbericht zur Verfügung gestellt, dem wir folgendes entnehmen: Die Anstalt
befaßt sich mit der mechanischtechnischen Prüfung der Baustoffe für das Maschinen-
und Bauingenieurwesen sowie für den Hochbau und auch mit der Untersuchung von Oelen.
Die Prüfungen erfolgen auf Antrag sowohl für Behörden als auch für Private gegen
Entgelt. Seit dem Bestehen der Anstalt hat sie 95 derartige Anträge erledigt, die
etwa je zur Hälfte Metalle und andere Baustoffe (Gesteine und Mörtelmaterial)
betreffen. Unter den im einzelnen besprochenen Ergebnissen dürften die folgenden von
besonderem Interesse sein.
Die Ursache für das Springen und Leckwerden gußeiserner Kesselglieder aus einer
Warmwasserheizungsanlage wurde darin gefunden, daß das Material, wahrscheinlich zum
guten Auslaufen in die dünnwandige und komplizierte Form, sehr phosphorreich gewählt
und infolge dessen zu spröde war. – Wegen mangelhafter Härtbarkeit und Festigkeit
beanstandeter Stahl erwies sich nach Festigkeits-Härte- und mikroskopischen
Untersuchungen als gewöhnliches Eisen. – Transformatorenbleche, die sich im Betriebe
verschieden verhalten hatten, ließen auch im Kleingefüge Unterschiede erkennen. –
Abnutzungsversuche mit Flügeln zu Transportschnecken für sandhaltiges Getreide
ergaben in Uebereinstimmung mit der Betriebserfahrung, daß die kalt gehämmerten
Flügel widerstandsfähiger waren als die warm gewalzten. Bei der Kugeldruckprobe nach
Brinell traten keine wesentlichen Härteunterschiede
zu Tage. – Die geringe Festigkeit eines Zementes (12,8 kg/qcm Zug und 100,4 kg/qcm
Druck nach 28 Tagen) bei normengemäßer Prüfung wurde auf zu geringe Mahlfeinheit
(11,4 v. H. Rückstand auf dem 900-Maschinensiebe) zurückgeführt. Im übrigen wurden
bei neun verschiedenen Zementen folgende Grenzwerte gefunden;
Zugfestigkeit
19,2–28,7
kg/qcm
Druckfestigkeit
181,7–270,2
„
Litergewicht, eingelaufen
0,957–1,076
„
„ eingerüttelt
1,555–1,779
kg
Spez. Gewicht, ungeglüht
2,95–3,03
„
„ „ geglüht
3,02–3,13 „
Glühverlust
2,3–3,8
v. H.
Gewarnt wird vor den „Naturzementen“ (Zemente die in Belgien und Luxemburg aus
in der Natur vorkommenden Gemischen von Kalk, Ton usw. gebrannt werden) besonders
deren Ungleichartigkeit wegen, die darin begründet sei, daß die chemische
Zusammensetzung des Materials naturgemäß in der Grube schwanke. Genaue
Unterscheidungsmerkmale für Naturzement und künstlichen Portlandzement gibt es
nicht, wenn auch geringes spez. Gewicht und großer Glühverlust auf Naturzement
schließen lassen. Die Steinprüfungen lieferten folgende Ergebnisse:
Material
Mittlere Druckfestigkeitkg/qcm
lufttrocken
wasserkalt
Backsteine
138–287
170–275
Gelber Sandstein
418
318
Roter „
628
535
Quarzporphyr
1836
1725
Prophyrit
2139
2007
Quarz
2767
–
Basalt
3330
3498
ε.
Der Kleinkessel „Autokratos“.
Zur Erzeugung von Dampf und Heißwasser besonders für Brauereien und Molkereien, sowie
zur Beheizung kleinerer Gebäude oder von Etagen baut die Firma Gebrüder Schaffler, Berlin, den in Fig. 1–3
dargestellten Kessel „Autokratos“. Der Wasserraum (s. Fig. 2) befindet sich ringsum und über dem Feuerraum.
Außerdem ragen vom Wassermantel aus breite Wasserzungen abwechselnd rechts und links
in den Feuerraum hinein. Die Heizgase sind hierdurch gezwungen, einen
zickzackförmigen Weg zu nehmen und eine große Heizfläche zu bestreichen, um schließlich durch
das seitlich angebrachte Rauchrohr abzugehen.
Textabbildung Bd. 323, S. 752
Fig. 1.Damferzeuger.
Textabbildung Bd. 323, S. 752
Fig. 2.Heißwasserarzeuger.
Textabbildung Bd. 323, S. 752
Fig. 3.Heizkessel.
Das Innere des Kessels ist zwecks Reinigung durch Putzlöcher zugänglich.
Das kalte Wasser strömt unten ein, das heiße wird ebenso wie der Dampf oben
entnommen.
Die Dampferzeuger (Fig. 1) besitzen größere Höhe als
die Heißwassererzeuger (Fig. 2) und sind mit den
notwendigen Sicherheitsvorrichtungen und dem für Niederdruckdampfkessel
vorgeschriebenen Sicherheitsstandrohr ausgerüstet.
Die Kessel sind aus Siemens-Martin-Flußeisen unter
Anwendung der autogenen Schweißung gefertigt.
Die Ausnutzung der natürlichen Wasserkräfte Deutschlands und
ihre Bedeutung für die Volksund Staatswirtschaft.
Technisch ausgenutzt werden können außer den Wasserfällen auch alle
Niederschlagwässer durch Anlage von Talsperren und Staubecken sowie die Wassermassen
der Bäche und Flußläufe und der Seen. Obgleich namentlich bei den Wasserfällen
die Umwandlung der Wasserkraft in elektrischen Strom überhaupt keiner Schwierigkeit
begegnet, ist bis heute erst etwa 1 v. H. der insgesamt vorhandenen Wasserfälle
ausgenutzt worden, darunter der Niagarafall, der Rheinfall und die Trollhättanfälle
in Schweden, das in Europa die günstigsten Wasserverhältnisse besitzt. In
Deutschland fehlt es zwar an Wasserfällen, welche eine technische Verwerthung im
großen Maßstabe gestatten würden. Trotzdem ist aber Deutschland reich an
verwertbaren Wasserkräften, denn allein aus den Hochwassern, welche alljährlich vom
Riesengebirge niedergehen, könnten, wie man berechnet hat, schon auf preußischer
Seite etwa | 650 Millionen Kilowatt erzeugt werden, die einen Wert von 100 Millionen
Mark darstellen würden. Gegenwärtig gibt es 41 Talsperren im deutschen Reiche, 13
weitere sind in Vorbereitung oder geplant. Manche Gebirge sind sehr geeignet für die
Anlage von Hangebecken, welche die Gefahr des Hochwassers vermindern, indem sie es
langsam ablassen, zur Bewässerung in Zeiten der Dürre beitragen und außerdem
elektrische Energie liefern. Im Jahre 1905 haben die Wasserkraftanlagen insgesamt in
Deutschland 295000 PS, in Frankreich 650000 PS, in Italien 465000 PS und in der
Schweiz 375000 PS geliefert. Auch in den afrikanischen Kolonien Deutschlands ist die
Anlage großer Wasserkraftwerke in Aussicht genommen.
Volkswirtschaftlich ist die Bedeutung der Wasserkraftverwerthung deshalb so groß,
weil die Wasserkräfte unversieglich, die Kohlen dagegen ständig im Abnehmen und in
Preissteigerung begriffen sind. In staatswissenschaftlicher Hinsicht bedeutungsvoll
sind Wasserkraftanlagen schon aus dem Grunde, weil sie in einer Anzahl von Staaten,
zuerst in Italien, Anlaß zur Schaffung eigener Wassergesetze gegeben haben, welche
den in Betracht kommenden neuen Verhältnissen Rechnung tragen sollen. (Hamm.) [Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1908, S. 1287 –
1288.]
H.