Titel: | Die Entnebelung von Färbereien. |
Autor: | G. Herzog |
Fundstelle: | Band 323, Jahrgang 1908, S. 762 |
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Die Entnebelung von Färbereien.
Die Entnebelung von Färbereien.
Diese Frage, über deren Wichtigkeit sich längst alle beteiligten Kreise klar
sind, die aber bisher trotz aller Bemühungen eine befriedigende Lösung noch nicht
gefunden hat, ist in der letzten Zeit wieder einmal mehr in den Vordergrund
getreten. Veranlassung hierfür war das Vorgehen einer Gewerbeinspektion, die von
einem Färbereibesitzer die Einrichtung einer Entnebelungsanlage zur Beseitigung der
im Betriebe sich bildenden Schwaden verlangte und eine diesbezügliche polizeiliche
Verfügung erwirkte. Trotz des erhobenen Einwandes, daß die Zweckmäßigkeit der bisher
bekannten Einrichtungen zur Entnebelung eine sehr zweifelhafte sei, und der
erreichte Vorteil keinesfalls den erforderlichen Aufwendungen entspräche, und daß
sich ferner aus dem Fehlen einer solchen Anlage in dem betreffenden Betriebe bisher
keinerlei Uebelstände ergeben hätten, die das Verhalten der Gewerbeinspektion
rechtfertige, wurde die Bestrafung des Besitzers (5 M. Geldstrafe) herbeigeführt.
Der Verein der Deutschen Textilveredelungsindustrie in Düsseldorf hielt daher eine
Klärung der dadurch aktuell gewordenen Entnebelungsfrage im Interesse seiner
Mitglieder für notwendig. Es wurde an die beteiligten Kreise eine Rundfrage erlassen
und deren Ergebnisse in einer Denkschrift, die auch sonst noch von namhaften
Sachverständigen eingeholte Gutachten enthielt, dem Minister für Handel und Gewerbe
überreicht. Näheres hierüber sowie über die auf Veranlassung des oben genannten
Vereins von Dr. G Adam vorgenommene Untersuchung dieser
Frage nach der wirtschaftlichen und wissenschaftlich-technischen Seite hin gibt die
von diesem Herrn verfaßte, höchst interessante Studie: Entnebelung von gewerblichen
Betriebsräumen (erschienen bei Vieweg & Sohn, Braunschweig 1907).
Interessant ist nun, daß man mit den gleichen Uebelständen auch bei unseren Nachbarn
in Frankreich zu kämpfen hat. Auch die dortigen Textilverbände, die die Bemühungen
zur Klärung dieser Frage bei uns aufmerksam verfolgten, haben auch ihrerseits
versucht, zu einer Lösung zu kommen. Zu diesem Zweck wurden im vorigen Jahr zwei
Ingenieure, die sich bereits eingehend mit der Entnebelungsfrage beschäftigt hatten,
die Herren Turin und Lassaux, beauftragt, diesen Uebelstand in der Praxis genau zu studieren.
Die genannten Herren haben nun über 100 Färbereien ihres Landes besucht und das
Gesehene sowie die gewonnenen Erfahrungen in einem Bericht niedergelegt, dessen
deutsche Uebersetzung in dankenswerter Weise vom Bureau des Vereins der Deutschen
Textilveredelungsindustrie bewirkt wurde (Verlag von Vieweg & Sohn, Braunschweig 1908).
Der Bericht bespricht eingehend unter Beifügung von Zeichnungen, wo solche zum
besseren Verständnis erforderlich sind, die Versuche, die allenthalben in Frankreich
zur Lösung des Problems gemacht sind. Da er die neuesten Aeußerungen und Erfahrungen
über Entnebelungsanlagen darstellt, möge er im nachstehenden kurz besprochen
werden.
Die Broschüre beginnt mit einer kurzen Erwähnung aller der Ursachen, die Nebelbildung
in Färbereien zur Folge haben; hierüber können die Verfasser natürlich nichts Neues
bekunden. Die Vorgänge an sich sind allgemein bekannt, so daß dieselben hier des
Zusammenhanges wegen nur ganz kurz berührt werden sollen.
In Färbereien und allen Betrieben, bei denen mit heißen bezw. kochenden Flüssigkeiten
hantiert wird, oder wo eine Trocknung von Materialien durch Verdampfung des in ihnen
enthaltenen Wassers herbeigeführt werden soll, bilden sich Wasserdämpfe, die von der
umgebenden Luft zwar bis zu ihrem jeweiligen, von der Temperatur abhängenden
Sättigungspunkt aufgenommen werden, darüber hinaus aber als Nebel sich bemerkbar
machen. Dies wollen wir als ständige Nebelbildung bezeichnen. Außerdem gibt es aber
noch eine zufällige Nebelbildung, die in Erscheinung tritt, wenn in einem an sich
nebelfreien Raume, dessen Luft aber bereits ganz oder fast ganz mit Wasserdampf
gesättigt ist, kalte Luft von außen eintritt. Gemäß der hierdurch bewirkten
Abkühlung der Luft sinkt auch ihr Sättigungsvermögen für Feuchtigkeit, und der
Ueberschuß hieran wird in Form von feinen Wassertröpfchen als Nebel
abgeschieden.
Die Beseitigung dieser Nebel ist nun deshalb so erwünscht, weil ihr Vorhandensein
naturgemäß nicht nur die Hantierung und die Ueberwachung des Arbeitsprozesses
erschwert, sondern weil infolgedessen auch Maschinen und Arbeitskräfte nicht voll
ausgenutzt werden können.
Die Frage der Entnebelung ist nach Meinung der beiden Berichterstatter vor allem so
schwierig zu lösen, weil es nie gelingen dürfte, eine für alle Betriebe gültige
Lösung zu finden. Diese hängt vielmehr bei jedem Betriebe von anderen örtlichen und
wirtschaftlichen Eigenheiten ab. Als ausschlaggebend werden in dieser Beziehung
besonders folgende Umstände angeführt:
1. Die Art der zu bearbeitenden Stoffe und des
Arbeitsprozesses. (Strang- oder Stückfärberei, kochende oder nur warme
Färbeflotten, geschlossene oder offene Apparate u.a.).
2. Die Art des Gebäudes. (Diese ist von besonderer Wichtigkeit.
Vor allem ist auf gute Dichtung des Daches Wert zu legen. Doppelte Dächer, wie
sie häufig vorgefunden wurden, sind sehr zu empfehlen, jedoch teuer. Eisen und
Zementdachkostruktionen begünstigen die Kondensation der Nebel und verursachen
das sehr lästige Abtropfen des verflüssigten Nebels. Holzdächer sind in dieser
Beziehung besser.)
3. Die vorhandenen technischen und finanziellen Hilfsmittel,
auf die in letzter Linie alles ankommt.
Mit welchen Mengen Wasserdampf man mitunter zu rechnen hat, geht aus einem Beispiel
hervor, das die Verfasser angeben.
In dem Trockenraum einer Bleicherei befinden sich fünf Doppeltrockenmaschinen und
zwei Spannrahmen. Die Gewebe laufen auf diesen Maschinen mit einer Geschwindigkeit
von etwa 40 m i. d. Minute. Das ergibt für alle zwölf Maschinen i. d. Minute 12 × 40
– 480 m oder für die Stunde 28800 m Gewebe. Ein Stück Stoff von 100 m enthält
durchschnittlich 5 kg Wasser, so daß in dem besagten Raum stündlich etwa 1440 kg
Wasser verdampft werden.
In dem eben angeführten Falle ist der Nebel infolge der hohen Temperatur im Raum
wenig sichtbar und daher das geringere Uebel. Lästiger waren die Niederschläge an
dem kühlen Zementdach und man war daher gezwungen, dicht unter demselben eine
präparierte Leinwand zu spannen, die das Herunterfallen von Tropfwasser auf die Ware
verhinderte. Durch alljährliches Anstreichen der Leinewand mit einem
Imprägniermittel blieb sie für eine Reihe von Jahren haltbar und die Besitzer waren
mit dem so geschaffenen Ausweg zufrieden.
Die Beseitigung der Nebel kann nun im Prinzip auf vierfache Weise erfolgen:
1. durch natürliche Ventilation (Dachaufsätze, kaminartige
Abzüge u.a.),
2. durch künstliche Ventilation (Absaugen mittels
Ventilatoren),
3. durch Einführung warmer, trockener Luft zwecks Absorbierung
der Feuchtigkeit,
4. durch Einführung warmer, trockener Luft bei gleichzeitiger
Ventilation.
Die erste Methode ist wohl die einfachste und billigste und früher vielfach
angewendet worden. Später hat man jedoch erkannt, daß ihren Vorteilen auch ganz
erhebliche Nachteile gegenüberstehen. Die Wirkung dieser sogen. Laternenaufsätze und
ähnlicher Einrichtungen ist an und für sich schon meist unzureichend, sie sinkt aber
ganz herab im Winter, wo diese Einrichtungen durch die Möglichkeit des Eindringens
kalter Luft grade das Gegenteil hervorrufen können.
Man ist daher auch weiter gegangen und hat über jedem Färbetrog eine Abzugshaube
angebracht, die zwar die Nebel im Augenblick des Entstehens nach Art der
Kaminwirkung abziehen läßt und den Raum ziemlich nebelfrei erhält, jedoch viel Licht
fortnimmt und der Bequemlichkeit des Arbeitens in gewisser Beziehung hinderlich ist.
Einzelne Firmen lassen die Hauben sogar bis auf den Erdboden herabgehen, so daß jede
Farbbarke gewissermaßen in einem kleinen Haus für sich innerhalb des ganzen Gebäudes
steht. Damit wird allerdings erreicht, daß der große Färbereiraum fast ganz
nebelfrei bleibt; im Inneren des Farbbarkenumbaues ist der Nebel dafür aber um so
dichter und die Ueberwachung der Färbearbeit daher schwieriger. Auch ist bei dieser
orginellen Behandlung der Frage noch zu erwägen, ob die Kosten für die Unterhaltung
der Baracken nicht zu groß sind und die Platzfrage keine Schwierigkeiten
bereitet.
Die zweite Methode – Entfernung der Nebel durch Absaugen mittels Ventilatoren –
hat sich als unrationell erwiesen, da die dem Raum hierbei entzogene Luft natürlich
von selbst durch die von außen nachdringende kalte Luft ersetzt wird. Im Sommer, wo
die Unterschiede zwischen Außen- und Innentemperatur nicht so große sind, geht das
wohl an, anders dagegen in der kalten Jahreszeit. Hier treten dann die bereits oben
bei den Dachaufsätzen erwähnten Uebelstände auf.
Umgekehrt verhält es sich bei der dritten Möglichkeit. Bei dieser würde im Sommer
durch die Zuführung von warmer Luft eine sehr unerwünschte Steigerung der Temperatur
des Arbeitsraumes stattfinden. Das Arbeiten in einer so heißen, feuchten
Treibhausatmosphäre würde nicht nur höchst unangenehm sein, sondern auch
gesundheitliche Schädigungen für die Arbeiter zur Folge haben können.
Die relativ besten Erfolge sind bisher durch die Kombinierung der beiden letzteren
Verfahren erreicht worden, und überall da, wo die Hilfsmittel es erlauben, wird man
sich wohl daher der Methode 4 in verschiedenen, der betreffenden Anlage angepaßten
Variationen bedienen.
Neben den Apparaten für künstliche Ventilation ist bei dieser Methode also auch eine
Einrichtung zur Erzeugung einer genügenden Menge warmer Luft erforderlich.
Interessant sind die Mittel, deren man sich in den verschiedenen Betrieben zu
letzterem Zwecke bedient, da naturgemäß versucht wird, bei diesem Punkt so viel als
möglich zu sparen. Vielfach wird die überschüssige Wärme der Schornsteingase zur
Erwärmung der benötigten Luft herangezogen, sofern erstere nicht schon zur
Vorwärmung des Kesselspeisewassers benutzt wird. In anderen Betrieben fanden die
Berichterstatter in einem den Kesselräumen benachbarten Orte, der eine Wärme von
etwa 35° C aufwies, eine Röhrenbatterie aufgestellt, durch die Luft zirkulieren und
sich dabei erwärmen soll. Dieselbe wird dann durch einen Ventilator angesaugt und in
die anstoßende Färberei getrieben. An anderer Stelle hatte man an einen Heizkanal
der Kesselanlage einen Raum angebaut, der mit jenem durch zwei am Boden angeordnete
Klappen in Verbindung gebracht werden konnte. Durch Röhrenbatterien, die nun hier
aufgestellt waren, ließ man Luft streichen, die auf diese Weise erwärmt und dann an
die Verwendungsstelle weitergeleitet wurde. Auch auf die für den ersten Augenblick
verlockend erscheinende Idee ist man gekommen, die Ausstrahlungswärme der
Dampfkessel für die Erwärmung der Luft auszunutzen, indem man die oberhalb der
Dampfkessel sich sammelnde warme Luft absaugt und in die nebeligen Räume leitet. Die
Verfasser warnen indessen vor der Anwendung dieses Prinzips, da durch die
fortwährende Erneuerung der Luft über dem Dampfdom eine nicht unwesentliche
Abkühlung desselben hervorgerufen wird, die nach ihrer Meinung mit etwa 10 v. H. der
im Kessel erzeugten Wärmemenge in Rechnung zu stellen ist. Dagegen kommt es zuweilen
vor, daß sich in nächster Nähe der Färberei heiße Räume zum Sengen, Trocknen u.a.
befinden, deren oft 40 – 45° C warme Luft sich mit Vorteil für die Zwecke der
Entnebelung benutzen läßt.
Sind solche schon vorhandene Wärmequellen nicht verfügbar, so müssen
Heizvorrichtungen irgend welcher Art geschaffen werden. In Betrieben, in denen Dampf
in überschüssiger Menge nicht vorhanden war, fanden die Berichterstatter
geschlossene, sogen, belgische Oefen aufgestellt, die in 24 Std. etwa 100 kg Koks
verbrauchen und eine sehr reichliche Ausstrahlungswärme ergeben. Die
Rauchabzugsrohre sollen dabei, um möglichst alle Wärme auszunutzen, noch eine
Strecke in dem betreffenden Raum entlang geführt werden. Ist aber Dampf vorhanden,
so ist das Einfachste und Zweckmäßigste die Anbringung von Rippenheizkörpern in Höhe
von etwa 2–3 m über dem Fußboden, das ist diejenige Höhe, in der die Nebelbildung meist am dichtesten
ist. Glatte Heizrohre sind wegen ungünstigerer Wärmeabgabe weniger zu empfehlen. Sie
werden trotzdem manchmal verwendet, wenn die auf den Rippenrohren in höherem Maße
stattfindende Ablagerung von Staub usw. möglichst vermieden werden soll.
Was nun die Einführung der erwärmten Luft in den nebligen Raum betrifft, so soll dies
zweckmäßig nicht nur an einer Stelle, sondern durch Verteilung mittels Kanälen an
mehreren Stellen in dem betreffenden Raum erfolgen. Der Querschnitt der Kanäle ist
für die Wirksamkeit derselben von Wichtigkeit insofern, als die für die Bewegung der
zugeführten Luft aufgewendete Arbeit bei wachsendem Durchmesser des Kanals mit der
zweiten Potenz abnimmt. Ueber ein gewisses Maß wird man bei den Abmessungen der
Kanäle indeß nicht hinausgehen dürfen, da man dann mit zu großem Lichtverlust zu
rechnen hat. Die Oeffnungen in den Kanälen für den Austritt der warmen Luft können
verschiedenartig angeordnet sein. Entweder sind es einfache Oeffnungen, die durch
Klappen regulierbar sind, oder auch Ansätze, die zweckmäßig in Richtung der
Luftbewegung schräg gestellt sind. Grade Ansätze wirken ungünstiger, da leicht eine
Stauung der Luft eintritt. Auslaßbrausen, wie solche mitunter an den Enden der
Ansätze angebracht sind und die eine bessere Verteilung der warmen Luft bewirken
sollen, haben ebenfalls höheren Kraftbedarf für die Luftbewegung nötig.
Ueber die Einrichtungen zum Absaugen der warmen Luft, nachdem dieselbe sich mit den
im Raum vorhandenen Nebeln gesättigt hat, machen die Verfasser keine speziellen
Angaben. Es scheinen daher für diesen Zweck die bekannten Ventilatoren und
Exhaustoren benutzt zu werden. Im letzten Kapitel des Berichtes werden noch einige
Gesamtanordnungen von Entnebelungsanlagen beschrieben, die nach Ansicht der
Berichterstatter von den besichtigten Anlagen die besten Resultate gaben. Die
Verfasser unterscheiden fünf verschiedene Anordnungen, die zwar alle nach demselben
Prinzip (Methode 4) arbeiten, in Ausführung und Zweckmäßigkeit jedoch je nach den
Eigenheiten des betreffenden Betriebes variieren.
Die erste Anlage benutzt zur Erwärmung der einzuführenden Luft die oben erwähnten
belgischen Oefen für Koksfeuerung und bedient sich natürlicher Abzugsvorrichtungen.
Sie eignet sich mit Vorteil indes nur für Gebäude mit beiderseits schräger
Bedachung.
Eine zweite Anordnung, die bei einer Stückfärberei mit einigem Erfolg im Betriebe
war, benutzt für den Abzug der Nebel ebenfalls nur Kamine ohne Exhaustoren. Die
Erwärmung der Luft erfolgt durch Rippenheizkörper, die in Höhe von 2½ m über dem
Boden angebracht sind. An anderer Stelle wurden mit derselben Einrichtung recht gute
Erfolge erzielt, allerdings waren hier die Räume sehr gut gedichtet und mit
doppeltem Dach versehen, auch standen die Farbtröge genügend weit voneinander ab.
Bei der dritten Lösung wird ein warmer Luftstrom in Höhe von 2½ m über dem Fußboden
mittels Ventilatoren durch den nebeligen Raum gesaugt. An einer freien Seite des
Gebäudes ist der ganzen Länge nach eine Doppelreihe von Rippenheizkörpern
angebracht, die mit einer Holzbekleidung umgeben sind. Diese hat nach dem Innern des
Arbeitsräumes hin regulierbare Oeffnungen. Ein Ventilator drückt in die so
hergestellte Heizkammer kalte Luft von außen hinein, die sich hier erwärmt. Auf der
anderen Seite des Gebäudes saugen zwei an verschiedenen Stellen angeordnete
Ventilatoren die warme Luft, die sich auf dem Wege durch den Arbeitsraum mit den
aufsteigenden Dämpfen gesättigt hat, ab. Die Temperatur im Raum erfährt bei dieser
Anlage keine übermäßige Erhöhung, da die Luft ständig in Bewegung ist und der
Zutritt derselben reguliert werden kann.
Hier, wie bei allen Anordnungen, bei denen die Luft durch maschinene Mittel
abgesaugt wird, müssen die Räume sehr gut gedichtet und möglichst mit doppelter
Dachverglasung versehen sein, um das schädliche Nachdringen kalter Luft zu
vermeiden. Das Ergebnis ist bei genügender Dichtung ziemlich sicher, unangenehm aber
der verhältnismäßig hohe Preis der Anlage. Bei der Abdichtung des Daches kann man
nach Ansicht der beiden Sachverständigen auch mit einfacher Verglasung auskommen,
wenn man dicht unterhalb derselben noch die schon weiter oben erwähnte, präparierte
Leinwand spannt; die zwischen Dach und Leinwand befindliche Luftschicht wirkt
alsdann isolierend. Allerdings hat diese Anordnung einen Lichtverlust zur Folge,
weshalb sie nicht immer anwendbar sein wird.
Den vierten Typus repräsentiert eine Anlage, die in Robuaix im Betrieb ist. Der
dortige Färbereiraum besteht aus zehn Shedabteilen; in jedem derselben saugt ein an
der Decke befindlicher Exhaustor die warme, mit Feuchtigkeit gesättigte Luft ab und
drückt sie in die Atmosphäre. Die Erwärmung der Luft wird hier in folgender Weise
vorgenommen. Eine der freien Längsmauern des Arbeitsraumes ist alle 2 m am Boden von
vergitterten Oeffnungen durchbrochen, die etwa 30 cm im Quadrat messen. Im Innern
des Raumes liegt am Boden an dieser Seite entlang ein Heizkörper aus Rippenrohren,
der mit einer Holzverschalung umkleidet ist und mit direktem Dampf geheizt wird. Die
Holzumkleidung besitzt eine geneigte Bedachung mit Löchern, durch welche die warme
Luft austreten kann. Infolge der Wirkung der anfangs erwähnten Ventilatoren bildet
sich ein schräg von unten nach oben aufsteigender Luftstrom, der die Nebel zerteilt,
aufsaugt und fortführt.
Bei der letzten Anordnung endlich wird die erwärmte Luft in Röhren an alle die
Stellen geführt, wo sich reichlich Nebel bildet. Die Erwärmung der Luft erfolgt, wie
die Berichterstatter in einem Betriebe fanden, durch eine gesondert angeordnete
Batterie von Rippenröhren; in einem anderen Falle wurde einfach die trockene, warme
Luft von Trockenkammern in vorteilhafter Weise für diesen Zweck benutzt. Das
Entweichen der wasserdampfgesättigten Luft geschah in dem ersteren Betriebe ohne
Zuhilfenahme von Ventilatoren durch Abzugskamine, im zweiten Falle waren
Saugventilatoren von bestimmtem Effekt vorhanden.
Augenscheinlich ist das an fünfter Stelle angeführte Verfahren das einfachste und
zweckmäßigste von allen. Mit Hilfe der Kanäle kann die warme Luft am sparsamsten und
zweckdienlichsten verteilt werden. Diese Methode ist auch die einzige, welche bei
komplizierter Gebäudeanordnung, wie sie manchmal infolge allmählich notwendig
werdender Vergrößerung des Betriebes zu finden ist, und bei ungleicher Höhe des
Gebäudes Erfolg verspricht.
Die von den Berichterstattern gewonnenen Erfahrungen lassen sich daher wie folgt
zusammenfassen: Eine ausreichende Entnebelung ist in technischer Hinsicht meist
möglich. Die zur Verwendung gelangenden Einrichtungen sind im Prinzip folgende:
Erzeugung eines warmen Luftstromes, dessen Stärke der Größe des zu entnebelnden
Raumes und der Menge der sich bildenden Nebel angepaßt ist. Die Schwierigkeit jeder
einzelnen Lösung liegt aber in der Bestimmung der Eigentümlichkeiten der Anlage. Von
ausschlaggebender Wichtigkeit ist jedoch auch hier, wie immer, die wirtschaftliche
Seite der Angelegenheit, und hier stehen mitunter Schwierigkeiten im Wege, die zu
überwinden oftmals unmöglich ist. Manche Färbereien liegen unmittelbar an Flüssen,
deren Wasser zum Waschen benutzt wird. Das Eindringen von kalter Luft und
Feuchtigkeit ist in diesem Falle bei den beständig offenen Türen gar nicht zu
vermeiden. Häufig kommt es auch, insbesondere bei kleinen Betrieben, vor, daß die Betriebsräume
unter bewohnten Geschossen liegen oder von drei Seiten eingeschlossen sind, während
die vierte Seite nach der Straße zu liegt. Wohin soll da der Nebel abgeführt werden?
Aus diesen wenigen Beispielen ergibt sich ohne weiteres, daß eine vollständige
Entnebelung nicht immer möglich bezw. statthaft ist, es sei denn unter Aufwendung so
großer Umstände und Kosten, daß die Rentabilität des betreffenden Betriebes in Frage
gestellt wird.
Die Schädlichkeit der Nebel beruht nicht etwa, wie man wohl anzunehmen geneigt wäre,
auf einem ungünstigen Einfluß auf den menschlichen Organismus. In dieser Beziehung
wird hier der Gesundheit des Arbeiters bedeutend weniger zugemutet, als in gewissen
anderen Industrien (Bergbau, chemische Fabriken usw.). Die Berichterstatter
haben auch diesem Punkt ihr besonderes Augenmerk zugewendet, jedoch nirgends gehört,
daß sich die Arbeiter über gesundheitliche Schädigungen durch die Nebelbildung
beklagt hätten. Das Maß der Undurchsichtigkeit des Nebels ist allein von Wichtigkeit
und hierin liegt vor allem ihr Schaden, nämlich die dadurch bewirkte Behinderung des
Arbeitsprozesses. Dieser mit der „Geldfrage“ aufs engste verknüpfte Umstand
wird heutzutage wohl von jedem Färber gebührend eingeschätzt. Wenn daher in einigen
Färbereien wenig oder gar nichts für die Entnebelung getan ist, so wird es dort aus
irgend welchen stichhaltigen Gründen schlechterdings nicht möglich sein.
G. Herzog.