Titel: | Polytechnische Rundschau. |
Fundstelle: | Band 323, Jahrgang 1908, S. 765 |
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Polytechnische Rundschau.
Polytechnische Rundschau.
Eine 2700-pferdige Pelton-Doppelturbine
Textabbildung Bd. 323, S. 765
Fig. 1.
für 300 Umdrehungen i. d. Minute und 125 m Betriebsgefälle hat
die Maschinen- and Armaturenfabrik vorm. H. Breuer
& Co. in Höchst a. M. vor kurzem für ein großes
überseeisches Licht- und Kraftelektrizitätswerk erbaut. Die aus einem 900 mm weiten
Druckrohr gespeiste Turbine ist mit zwei Laufrädern von 1330 mm Durchm. versehen,
auf deren Umfangen je elf Pelton-schaufeln von rund 500
mm Breite und 86 kg Gewicht angeordnet sind. Das Kraftwasser tritt gegen diese
Laufräder durch je zwei Düsen von 114 qmm Austrittsquerschnitt, welche gleichzeitig
von Voll- bis Nullöffnung gesteuert werden können. Je zwei übereinander liegende
Düsenzungen sind zu diesem Zwecke innerhalb der Einströmungen durch Hebel verbunden,
während die beiden nebeneinander liegenden unteren Düsenzungen durch eine Welle
verbunden sind. Diese Welle tritt seitlich aus dem Gehäuse heraus und wird hier von
dem einfachen Fliehkraftregulator beeinflußt. Um den Regulierwiderstand zu
vermindern, sind die auf den Düsenzungen ruhenden Wasserdrücke außerdem für je zwei
übereinander befindliche Düsen durch einen Druckwasserkolben ausgeglichen, dessen
Kolbenstange nach oben hinaustritt und als Zeiger für die Stellung der Düsenzungen
dient. Die beiden Turbinenräder sind auf einer Welle aufgekeilt, die beiderseits in
je einem Lager von 220 mm Durchm. und 620 mm Lauflänge ruht. Diese Lager (s. Fig. 1) kennzeichnen sich dadurch, daß die Sicherung
der Welle gegen Verschieben in wagerechter Richtung durch einen mittleren Bund der
Welle erfolgt, so daß die Anlaufstellen gut geschmiert werden und die Welle sehr
genau eingepaßt werden kann. Dieser Mittelbund ist zugleich als Schmierring
ausgebildet. Außerdem haben die Lager auch Wasserkühlung. Der Austritt von Wasser
aus dem Gehäuse wird durch zwei Spritzringe verhindert, welche die Verwendung
von Stopfbüchsen entbehrlich machen. [Zeitschr. f. d. gesamte Turbinenwesen 1908, S.
341 – 344.]
H.
Betongelenke im Brückenbau.
Durch Anwendung von drei Gelenken wird der Bogen einer massiven Brücke statisch
bestimmt, da die Drucklinie durch die Gelenke gehen muß. Es läßt sich daher mit
größerer Sicherheit als bei dem eingespannten Bogen die Spannungsverteilung in den
einzelnen Gewölbequerschnitten ermitteln und daher eine größere Beanspruchung und
bessere Ausnutzung des Materials ermöglichen. Außerdem wird das Bauwerk von
Wärmeschwankungen und von Formänderungen und Setzungen im Widerlager und Fundament
unabhängig.
Die Gelenke aus Beton sind Wälzgelenke, d.h. zwei nach verschiedenen Halbmessern in
gleichem Sinne gekrümmte Betonkörper, die sich in einem schmalen Streifen berühren
und aufeinander abrollen können. Ihre Berechnung geschieht nach Formeln von Köpke, Barkhausen oder Herz, nach denen die Größe des Radius aus der zulässigen Pressung in den
Berührungsflächen bestimmt wird.
Da jedoch der Bruch eines Gelenksteines infolge der Ueberwindung der Zugfestigkeit
durch die Inanspruchnahme auf Zug aus der Querdehnung eintritt, so ist der zulässige
Gelenkdruck am besten unmittelbar aus Versuchen zu bestimmen.
Die größte Ausführung mit Gelenken aus Beton hat die Moselbrücke bei Moulin, deren
Mittelöffnung 44 m Spannweite und 5,7 m Pfeilhöhe hat, während dieselben in den
Seitenöffnungen 40 m bezw. 4,78 m betragen.
Die Scheitelgelenke sind 0,95 m die Kämpfergelenke 1,15 m stark. Die
Krümmungshalbmesser sind bei der hohlen Fläche 3,25 m, bei der erhabenen Fläche 2,8
m, der Kämpferdruck ist für 1 m Länge 271 t.
Gelenkprobesteine von ½ m Länge, in einer Mischung 1: 2: 2 und vier Monat alt zeigten
folgende Ergebnisse:
Versuch
Gewicht
Belastung beim Beginnder
Rissebildung
Bruch nochnichterreicht bei
Konkav
konvex
123
i, Mittel1110 kg
404800 kg404800 „364200 „
ohne Riß584500 kg457400 „
590300 kg592500 „599800 „
Da die ausgeführten Gelenksteine für ½ m Tiefe nur mit 135 t beansprucht werden,
so ist bis zur Rissebildung etwa dreifache Sicherheit vorhanden.
Die Berührungsflächen wachsen mit zunehmendem Druck derart, daß der Druck auf die
Flächeneinheit nur im Anfang zunimmt und später nahezu konstant bleibt. Durch
Einlagen von Eisenstäben, die die aus der Querdehnung entstehenden Zugspannungen
aufnehmen, läßt sich, wie durch Versuche festgestellt ist, die Bruchlast bis 50 v.
H. erhöhen.
Auch bei kleinen Bauwerken, die häufig einer fachmännischen Aufsicht und sachgemäßen
Unterhaltung entzogen sind, empfiehlt sich wegen der großen Sicherheit gegen
Rissebildung die Anwendung von Gelenken. Hierbei genügen häufig schon keilförmige
Asphaltfilzplatten an den Laibungen des Scheitels und der Kämpfer, während der Beton
des Gewölbes und der Widerlager zwischen diesen Streifen durch eine Zwischenlage
Papier getrennt wird.
Ueber den Gelenken sind durchgehende Fugen anzuordnen, die nachträglich zu dichten
sind. Die offene Scheitelfuge wird an der Rückseite mit Teerstrick ausgestemmt, mit
Goudron vergossen und durch ein Zinkblech abgedeckt. Die Kämpferfugen werden an der
Rückseite durch Zink- und Asphaltfilzstreifen geschützt.
Nach der Ausführung zu erwartende Senkungen können bei der Herstellung des Gewölbes
berücksichtigt werden, indem man die Berührungsflächen im Scheitel nach unten und in
den Kämpfern nach oben verlegt. Bei der Senkung des Gewölbes tritt ein Abrollen ein,
bei dem die Berührungsflächen nach der Mitte der Gewölbeflächen rücken, so daß
womöglich der günstigste Spannungszustand bei der zu erwartenden Senkung eintritt.
(Köhler.) [Deutsche Bauzeitung 1908, S. 283 ff. und
S. 303]
Dr.-Ing. P. Weiske.
Spezialeinrichtungen in den Werkstätten einer elektrischen
Bahn.
In der Radsatzwerkstatt der Chicago City Railway Company
ist die interessanteste Arbeitsmaschine die Drehbank, die ein eigener 25 PS-Motor
unter Zwischenschaltung eines Zahnrädergetriebes antreibt. Das inmitten der Drehbank
angeordnete Antriebszahnrad ist mit einem Sektorausschnitt versehen, der zum
Einbringen eines Radsatzes herausgenommen und hierauf mittels Schrauben wieder
befestigt werden kann. Die Bank ist so tief in den Fußboden der Werkstatt
eingelassen, daß die auf ihren Achsen sitzenden Räder ohne Verwendung von Hebezeugen
unmittelbar vor die Lagerungsvorrichtungen gerollt werden können. Die letzteren
besitzen genau über die Lager passende Futter, so daß die Radumfänge zentrisch zu
den Lagerstellen der Achse gedreht werden. Zur Bearbeitung dienen vier
Schnelldrehstähle: ein Schrubstahl für die Lauffläche und den Spurkranz, ein
Nachdrehstahl für die Innenseite des Spurkranzes, ein zweiter für dessen Außenseite
und ein Schlichtstahl für die Lauffläche. Die Werkzeuge sind nach Lehre geschliffen.
Als Rotationskörper ausgebildete Lehren für das Bandagenprofil sind gemeinsam mit
einer Schublehre zum Prüfen der Raddurchmesser über der Drehbank aufgehängt. Diese
Einrichtungen ermöglichen es, mit dieser Bank täglich zehn Radsätze
nachzudrehen.
Die großen Zahnräder werden auf die Radsätze hydraulisch aufgepreßt, und zwar
unabhängig davon, ob sie aus einem Stück bestehen oder geteilt sind; denn es hat
sich herausgestellt, daß das Aufpassen der Zahnräderhälften dreimal länger dauert
als das Aufpressen.
Motoren und Anker, die zur Reparatur in die Werkstatt gelangen, werden zuerst unter
einer Staubabsaugevorrichtung mit Preßluft gereinigt. Beträgt der Durchmesser
einer Ankerwelle an den Lagerstellen 1½ mm weniger als der normale Durchmesser, so
wird ein kalt gezogenes Rohr aufgeschrumpft und das letztere dann auf den normalen
Durchmesser abgedreht.
Zum Ausbohren der Lagerschalen für die Motortraglager dient eine besondere Bank, auf
deren Bett ein Schlitten mit zwei zur Aufnahme der Lagerschalen geeigneten
Lagerböcken gleitet. Durch die eingespannten Schalen hindurch führt eine Welle, in
der an vier Stellen je vier um den Umfang verteilte Sehnelldrehstähle sitzen. Je
einer der paarweise zusammengehörigen Sätze dient zum Vordrehen, der andere zum
Schlichten. Auf dieser Bank können während einer neunstündigen Arbeitszeit 50 Paar
Lagerschalen von etwa 130 mm Durchm. und 230 mm Länge ausgebohrt werden. [Electric
Railway Journal 1908, II, S. 262-268.]
Pr.
Elektrischer Wellenfernschalter.
Einen etektr. Wellenfernschalter haben Wirth und Beck
konstruiert. Mit demselben ist es möglich, durch Vermittlung elektrischer Wellen,
die auf einige 100 km noch wirksam sind, eine Reihe von elektr. Apparaten einzeln
oder in verschiedenen Gruppen in beliebiger Reihenfolge ein- oder auszuschalten.
Ferner gestattet der Apparat ganz nach Willen Räder (Hähne) nach rechts oder links
zu drehen, Hebel vor- oder rückwärts, nach oben oder unten, rechts oder links zu
stellen. Welche mannigfaltige Verwendung des Apparates sich daraus ergibt, zeigte
Wirth an einigen Beispielen anläßlich eines
Experimentalvortrages, den derselbe in der Naturhistorischen Gesellschaft zu
Nürnberg vor kurzem hielt. Auf dem Experimentiertisch stand ein Wellenauffänger, mit
dem der nur etwa 10 kg schwere Wellenfernschalter verbunden war, sowie einige
Nebenapparate. Der Wellensender, welcher am anderen Ende des Saales sich befand,
bestand aus einem Oszillator, ähnlich wie er bei der drahtlosen Telegraphie
verwendet wird, und einem Zeigerapparat, welcher Wellenlänge, Zeit und Zahl der
ausgesandten Wellenfolgen selbsttätig regelt. Wurde beim Sendapparat der Hebelzeiger
auf irgend eine Nummer gebracht, so geriet der mit dieser Nummer korrespondierende
Nebenapparat beim Empfänger in Tätigkeit. So wurde eine Reihe von 110 Voltlampen in
beliebiger Reihenfolge oder Gruppen ein- und ausgeschaltet; Elektromotore und Laut
werke kamen in Tätigkeit; ein Modell einer Dampfmaschine wurde durch elektr.
Wellenvermittlung in Gang gebracht, umgesteuert und außer Betrieb gesetzt. Zum
Schluß wurde eine kleine elektr. Pulvermine entzündet. Besondere Bedeutung wird der
Verwendung des Apparates für Kriegszwecke z.B. in folgenden Fällen
zugeschrieben:
Soll ein wertloses Schiff in einer feindlichen Hafeneinfahrt versenkt werden, um die
Ausfahrt der Schiffe zu hindern, so mußten bis jetzt sich einige Mannschaften dem
fast sicheren Tode widmen, um unter den Augen des Feindes das Schiff an den
gewünschten Platz zu bringen und dort zu sprengen. Mit dem Wellenfernschalter soll
es möglich werden, ein unbemanntes Fahrzeug durch
elektr. Wellen an das Ziel zu lenken und dort zu versenken.
Land- und Seeminen wurden auch jetzt schon häufig durch Elektrizität zur Explosion
gebracht; doch mußten dieselben mit dem Sendeapparat durch elektr. Drähte in langen
Kabelleitungen in Verbindung stehen. Jetzt kann in ganz kurzer Zeit eine Reihe von
Minen in der Erde oder im Wasser versenkt werden. Durch elektr. Wellen werden sie
von einem Schiff, Berg oder Fesselballon usw. zur Entzündung gebracht. Dies wird
sich besonders da bewähren, wo ein aus taktischen Gründen veranlaßtes rasches Zurückgehen keine
Zeit zum Legen von Kabeldrähten läßt.
Mit dem Wellenfernschalter soll es möglich werden, ein lenkbares unbemanntes
Luftschiff über eine feindliche Stellung zu steuern, dort photographische Aufnahmen
zu machen, Sprengkörper fallen zu lassen, um dann das Luftschiff wieder an den Ort
seines Aufstieges zurückzulenken. Die Stellung des Luftschiffes kann durch
Winkelmessungen von zwei oder drei telephonisch miteinander verbundenen Punkten
innerhalb weniger Sekunden ziemlich genau festgestellt werden. Außerdem zeigt die
Explosion der ersten abfallenden Geschosse, ob das Luftfahrzeug schon die richtige
Stellung eingenommen hat.
Wenn auch vorläufig der „Wellenfernschalter“, welcher auf die gleiche
Entfernung wie die drahtlose Telegraphie wirkt, hauptsächlich als Mittel der
Landesverteidigung erscheint, so ist doch nicht ausgeschlossen, daß er auch in der
Industrie und im Verkehrswesen eine Rolle zu spielen geeignet ist, da Maschinen,
Signale, Bremsvorrichtungen usw. durch ihn mittels elektr. Wellen zur Wirksamkeit
gebracht werden können.
ε.
Verflüssigung von Helium.
Am 10. Juli 1908 ist es dem holländischen Professor Kamerlingh Onnes endlich gelungen Helium, das
letzte Gas, das bisher nicht verflüssigt werden konnte, in größeren Mengen zu
verflüssigen. Durch Erhitzen von Monazitsand wurden 200 l Heliumgas hergestellt, das
nach dem Prinzip der Lindeschen
Luftverflüssigungsmaschine durch Entspannen von höherem auf niederen Druck immer
weiter abgekühlt wurde. Vor dem Expansionsventil betrug der Druck 95 at, hinter ihm
40 at. Vorgekühlt wurde mit flüssigem Wasserstoff, den man unter 60 mm Druck
verdampfen ließ; dadurch ward eine Temperatur von – 258° erzeugt. Der flüssige
Wasserstoff wurde seinerseits mit flüssiger Luft gekühlt. Das zu verflüssigende
Helium muß durch entgaste poröse Kohle, die durch flüssige Luft gekühlt wird,
sorgfältig von jeder Spur Luft befreit werden, da schon wenige ccm Luft genügen, um
die engen Röhren, durch die das Helium kreist, zu verstopfen. Die Kompressionspumpe
wirkt zunächst auf Quecksilber, um das Helium nicht zu verunreinigen. Nachdem am 9.
Juli 75 l flüssige Luft hergestellt waren, wurden am 10. Juli von morgens 6 Uhr bis
1½ Uhr nachmittags 20 l flüssiger Wasserstoff hergestellt; um 4 Uhr begann dann die
eigentliche Arbeit. Gegen 7 Uhr abends zeigte sich flüssiges Helium in dem
röhrenförmigen Dewarschen Vakuumgefäß von etwa 5 cm
lichter Weite, das unterhalb des Reduzierventils befestigt war. Die Temperatur des
flüssigen Heliums, die ein eintauchendes Thermoelement angab, betrug 5° der
absoluten Skala (deren Nullpunkt bei – 273°C liegt). Auffällig war, daß die
Oberfläche des Heliums messerscharf gegen die Wände abschnitt. Als die Oberfläche so
weit gesunken war, daß noch etwa 60 ccm flüssiges Helium vorhanden waren, wurde das
verdampfende Helium getrennt aufgefangen und gasanalytisch wie spektroskopisch auf
seine Reinheit geprüft; es erwies sich als völlig rein. Um 8½ Uhr war die
Flüssigkeit bis auf 10 ccm verdampft; ein Versuch, sie durch Druck verminderung bis
auf 1 cm zum Gefrieren zu bringen, gelang nicht; die Flüssigkeit war hierbei noch
sehr leicht beweglich. Der Siedepunkt des Heliums liegt bei 4,5° abs.; die Dichte
beträgt beim Siedepunkt 0,15; die kritische Temperatur liegt wahrscheinlich über 5°
abs.; der kritische Druck wahrscheinlich etwas über 2,3 at, ist also viel deiner als
bei anderen Stoffen. Für die Größe a in der Gleichung
von van der Waals ergibt sich für Helium der Sehr
kleine Wert 0,00005. [Chemikerzeitung 1908, S. 901 bis 903.]
A.
Schmelzpunkte von Sulfiden.
W. Blitz in Clausthal fand
folgende Schmelzpunkte bezw. Sublimationstemperaturen von reinen Metallsulfiden mit
einer Genauigkeit von ± 2°:
Bleisulfid 1112° – Eisensulfid 1197° – Nickelsulfid 797° – Kobaltsulfid > 1100°.
Zinksulfid begann, ohne zu schmelzen, bei 1182°, Kadmiumsulfid bei 980° und
Quecksilbersulfid bei 446° zu sublimieren.
Zinnsulfid (Sn S) schmilzt bei etwa 870°; die Schmelze
wird zwischen etwa 1000° und 1100° zäh und dann völlig starr; bei etwa 1120° wird
die Substanz von neuem flüssig. Das Zinnsulfid sublimiert über 1100° sehr stark. [Z.
f. anorgan. Chemie 1908, 59, S. 273 – 284.]
A.
Die englische Patentgesetzgebung und die deutsche chemische
Industrie.
England verlangt bekanntlich neuerdings, daß solche Firmen, die in England
Patentschutz genießen wollen, das Patent in England ausüben müssen. Der Vorsitzende
des Vereins deutscher Chemiker, Professor Dr. C.
Duisberg, machte auf der diesjährigen Hauptversammlung zu Jena, als die
Sache zur Verhandlung kam, unter anderem etwa folgende interessante
Mitteilungen:
Eine Kommission aus Chemikern, Ingenieuren und Kaufleuten ist in England gewesen und
hat sich unter meiner Führung über die gesamte chemische Industrie Englands zu
unterrichten gesucht. Eine Menge Fabriken sind uns für unsere Zwecke angeboten
worden; denn alle englischen Fabrikanten sehen ein, daß es für sie vorteilhafter
sein würde, wenn wir ihnen ihre alten Fabriken abkauften und darin unsere neuen
Produkte herstellten. Wir haben das nicht getan, sondern nur die Gelegenheit
benutzt, sie uns gründlich anzusehen. Wir haben aber dabei nichts gelernt.
Wir haben es für richtiger gehalten, wenigstens soweit die beiden großen, in unserer
Industrie bestehenden Interessengemeinschaften in Frage kommen, jede für sich neue
Fabriken zu bauen. Speziell die Interessengemeinschaft
Elberfeld-Ludwigshafen-BerlinElberfelder
Farbwerke, Badische Anilin- und Sodafabrik, Aktiengesellschaft für
Anilinfabrikation. hat ein großes Gelände in wundervoller Lage
bei Liverpool angekauft, das geeignet ist, nicht nur
die Farbenindustrie, sondern auch die Herstellung aller anorganischen
Zwischenprodukte und selbst die Teerdestillation aufzunehmen. Die Kohle ist
wesentlich billiger als bei uns; die Arbeitslöhne betragen in Liverpool für Handarbeiter etwa 3 Schilling täglich für
den guten Arbeiter, während wir zurzeit durchschnittlich 3,50 – 4 M. bezahlen
müssen. Besteuerung und die sonstigen offiziellen Lasten sind dort erheblich
niedriger, aber die Frachten teurer.
Wir wollen vorerst nur die Patente in England ausführen, die zurzeit wichtig und
bedeutungsvoll für uns sind. Wir kommen dort für den Anfang mit zwei Chemikern und
etwa 50 Arbeitern aus.. Was bedeutet das gegenüber den 500 Chemikern und 18000
Arbeitern, die wir im ganzen beschäftigen.
Zurzeit ist gegen die ablehnende Haltung der englischen Regierung nichts zu machen,
aber wir müssen durch einen Druck auf die englische mechanische Industrie ein
Gegenseitigkeitsabkommen zwischen Deutschland und England zu erreichen suchen.
Vielleicht könnten auch gegen die englischen Inhaber deutscher chemischer Patente
Gegenmaßregeln vorbereitet werden. [Zeitschrift für angewandte Chemie 1908, 21,
1964.]
A.
Der Kondenstopf Monopol.
Der Kondenstopf Monopol mit selbsttätiger Entlüftungsvorrichtung, von dem wir unten
eine Abbildung bringen, bewirkt ein selbsttätiges Ausscheiden des Kondenswassers,
das sich in Dampfleitungen, Heizapparaten, Trockenzylindern usw. bildet. Die
Wirkungsweise sei in Folgendem kurz beschrieben.
Der Topf ist so aufzustellen, daß sich der Eingangsstutzen links in Höhe der tiefsten
Stelle der Abflußleitung befindet, das Kondenswasser also freien Fall in den Topf
hat. Im Innern befindet sich ein oben offener Kupferschwimmer, welcher in seiner –
in der Mitte angebrachten – Führungsstange oben ein Doppelventil trägt, das – durch
die Schwimmerbewegung betätigt – den Abgang des sich jeweilig im Schwimmer
befindlichen Kondenswassers bewirkt.
Textabbildung Bd. 323, S. 768
Der Vorgang hierbei ist folgender:
Im gewöhnlichen Zustand, also wenn der Schwimmer im Innern nicht gefüllt ist,
befindet sich der Schwimmer selbst, durch das außen um ihn herum befindliche Wasser,
in die Höhe gehalten in seiner höchsten Stellung, – die Ventile sind also
geschlossen. Tritt jetzt das Wasser durch den Stutzen links ein, so steigt es im
Innern des Kondenstopf es so hoch, bis es den oberen Schwimmerrand erreicht hat und
ihn anfüllt. Er füllt sich dem jeweiligen Betriebsdrucke entsprechend so voll, bis
das Gewicht des Wassers den Schwimmer nach unten zieht. Gleichzeitig werden durch
die Abwärtsbewegung des Schwimmers die Ventile von ihren Sitzen losgerissen und der
im Topf herrschende Druck bewirkt ein Herausdrücken des sich im Schwimmer
befindlichen Kondenswassers durch die mittlere Führungshülse in den oberen
wagerechten Kanal, der mit dem rechtsseits sitzenden Austrittsstutzen in Verbindung
steht. Hier kann das Kondenswasser entweder in die Höhe gedrückt werden oder
frei abfließen; die Höhe, bis zu welcher das Wasser gedrückt werden kann, richtet
sich nach dem Betriebsdrucke.
Ist der Schwimmer entleert, so wird er durch den Auftrieb wieder gehoben und die
Ventile schließen sich so lange, bis wieder genügend Wasser zum Oeffnen vorhanden
ist. Das oben am Topfe rechts angebrachte Ventil hat den Zweck, den Topf dann und
wann auszublasen, bezw. zu reinigen. Hierdurch wird der sich mit der Zeit im Topf
ablagernde Schlamm direkt durch den Umleitungskanal ins Freie geführt. Ferner dient
es dazu, bei Inbetriebsetzung, oder bei sich plötzlich stark ansammelnden großen
Mengen Kondenswassers, letzteres schnell abzulassen. Beim etwaigen Versagern des
Topfes, Schadhaftwerden des Schwimmers oder Verstopfung der Ventile kann man sich
helfen, indem man das Ventil ein wenig öffnet, jedoch nicht soweit, daß ein
beträchtlicher Dampfverlust entsteht.
Es empfiehlt sich wegen Reparaturen in der Zuleitung des Kondenstopfes einen Hahn
oder ein Ventil einzuschalten, damit man auch während des Betriebes den Kondenstopf
aus der Leitung entfernen kann. Man kann dann das Absperrorgan so weit öffnen, daß
nur das Kondenswasser aus der Leitung entfernt wird. Dieses ist jedoch nur ein
primitives Hilfsmittel und daher nicht ausgeschlossen, daß bei unregelmäßigem
Betrieb entweder zu wenig Wasser abfließt oder teilweise Dampf mit entflieht.
Beim Entleeren der Ausflußleitung – falls diese in die Höhe geht – und des Topfes ist
die unten rechts angebrachte Verschlußschraube zu entfernen und das Ventil rechts
oben zu öffnen.
Bei dem Einbauen oder Reinigen des Topfes durch Losschrauben des Deckels ist
besonders darauf zu achten, daß alle Dichtungen bestens in stand sind und daß
keinerlei Schmutz oder sonstige Fremdkörper in den Topf gelangen können. Eine
möglichst genaue wagerechte Lage des Topfes ist unerläßlich, weil sonst der
Schwimmer nicht arbeiten kann. Der Apparat wird von der Firma Keller & Co. in
Chemnitz gebaut.