Titel: | Zur Frage des Urheberrechtsschutzes an Konstruktionszeichnungen. |
Autor: | Hans Wettich |
Fundstelle: | Band 323, Jahrgang 1908, S. 773 |
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Zur Frage des Urheberrechtsschutzes an
Konstruktionszeichnungen.
Von Dipl.-Ing. Hans Wettich,
Halle a. S.
Zur Frage des Urheberrechtsschutzes an
Konstruktionszeichnungen.
Die Frage des Urheberrechtsschutzes an Konstruktionszeichnungen, Modellen und
technisch-literarischen Erzeugnissen, wie Beschreibungen, Kostenanschlägen und
dergl., zieht neuerdings die Aufmerksamkeit weiterer Kreise auf sich, nachdem einige
gerichtliche Entscheidungen bekannt geworden sind, denen zufolge der bestehende
Rechtsschutz für diese Gruppe literarischer Erzeugnisse nicht ausreicht. So erschien
unter der Ueberschrift „Zur Frage des Urheberrechtsschutzes an
Konstruktionszeichnungen“ im letzten Maiheft der Zeitschrift „Technik und
Wirtschaft“ eine Mitteilung von Herrn Dipl.-Ing. E.
Eichhoff, die von der Ablehnung der Strafverfolgung einer offensichtlich zu
unlauteren Zwecken vorgenommenen Nachbildung von Konstruktionszeichnungen und
Modellen Kenntnis gab. Herr Eichhoff bittet dann an der
genannten Stelle um weitere Veröffentlichungen von Entscheidungen in ähnlicher
Sache. Auch von anderer Seite ist die Frage neuerdings häufiger angeschnitten
worden, so in der „Denkschrift über mißbräuchliche Benutzung von Zeichnungen und
anderen Ingenieurarbeiten“ von Herrn Baurat HerzbergVergl. die
Verbandsmitteilungen des Hannoverschen B. V. d. I. Nr. 34, Jahrg.
IV., wo gegen die Weiterbenutzung von Zeichnungen und anderen
Ingenieurarbeiten durch die Empfänger auf das Urheberrecht vom 19. Juni 1901 und 9.
Januar 1907 und hinsichtlich der Vergütung für Projekte auf §§ 631 und 632 B. G. B.
hingewiesen wird. Eine weitere Auslassung findet sich in den Mitteilungen des
Fränkisch-Oberpfälzischen B. V. d. I. vom 8. November 1907: Oberingenieur Geiger,
„Der strafrechtliche Schutz gegen den Nachdruck illustrierter Preiskataloge“
unter Benutzung einer von Dr. Landgraf in Glasers Annalen vom 15. August 1907, S. 76,
veröffentlichten Sammlung von Gerichtsentscheidungen in dieser Sache. Schließlich
kommen neuerdings die Herren Patentanwälte F. Riechers
und Jul. Küster, Berlin, in einem Aufsatz: Welchen
Schutz genießen technische Zeichnungen?D. p.
J. 1908, S. 541. auf die Frage zurück.
Das große Interesse, das diesen Fragen entgegengebracht wird, rechtfertigt demnach
eine eingehendere Darstellung der bezüglichen rechtlichen Grundlagen und
richterlichen Auffassungen über den Urheberrechtsschutz an technischen schriftlichen
Mitteilungen und Zeichnungen, die im nachstehenden unter Berücksichtigung eines
besonderen, bis zur äußersten Instanz durchgefochtenen Falles an der Hand des
Aktenmaterials gegeben werden soll. Dabei sollen die Mängel des Gesetzes, soweit sie
sich für den industriellen Verkehr herausgestellt haben, die notwendige Beleuchtung
unter Vorschlägen zur Abhilfe finden. Die juristischen Interpretationen sind unter
Benutzung von O. Lindemann, das Urheberrecht, Guttentagsche Sammlung deutscher Reichsgesetze, Nr. 60,
und Dr. Schlittgen, desgl., Sammlung Göschen, Nr. 361, gegeben. Eine Begrenzung mögen die
Darlegungen insofern erfahren, als sie sich nur auf die Nachbildung von
Schriftsätzen technischen Inhalts und Ingenieurzeichnungen jeder Art, wie
Informations-, Projekt- und Konstruktionszeichnungen beschränken sollen, wie solche
von Firmen, Zivilingenieuren oder Erfindern zur Erlangung eines Auftrages oder zur
Erzielung eines Verkaufs an andere Firmen eingereicht werden. Ausgeschlossen von der
Betrachtung sind demnach Schriftsätze von literarisch-ästhetischer Bedeutung und
Zeichnungen, Bildwerke, Vorlagen, Modelle, Bauten von künstlerischem,
kunstgewerblichem oder rein architektonischem Werte. Für diese letzte Gruppe würde
das Gesetz über das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie
vom 9. Januar 1907 in Frage kommen, während die technisch-literarischen und
technisch-zeichnerischen geistigen Erzeugnisse mit den Schriftwerken aller Art ihre
Berücksichtigung in dem Urheberrecht an Werken der Literatur und der Tonkunst vom
19. Juni 1901 finden. Es möge ferner nur der Fall betrachtet werden, daß das oben
gekennzeichnete Schrift- und Zeichenwerk, das im nachstehenden kurz mit dem Worte:
„Unterlagen“ bezeichnet werden soll, eine Nachschrift, Nachbildung oder
Kopie, wie auch eine Weitergabe an dritte Personen unter Umgehung oder Verletzung
der Rechte des Eigentümers bezw. Verfassers durch den Empfänger oder durch
Angestellte des Empfängers findet. Die Unterlagen im Sinne dieser Untersuchung
bestehen aus handschriftlichem oder maschinenschriftlichem Schriftwerk, wie auch aus
Handzeichnungen, daneben finden sich Erläuterungen und Beschreibungen in Typen- und
Steindruck und Zeichnungen, die auf verschiedenstem mechanischem Wege hergestellt
sind. Kennzeichnend ist der Umstand, daß sie, selbst wenn sie eine Vervielfältigung
erfahren haben, der Oeffentlichkeit nicht mitgeteilt
werden, also im Sinne des Gesetzes nicht „veröffentlicht“ werden und nicht
„erscheinen“. Es trifft demnach der Begriff: „Manuskript“ oder
„als Manuskript gedruckt“ auf sie zu. Nun geht die juristische Auffassung
dahin, daß der Fall der rechtswidrigen Verfügung über ein Manuskript oder ein als
Manuskript gedrucktes Werk selten praktisch wird.Vergl. Schlittgen, Urheberrecht, S. 14. Dagegen ist es in
Ingenieurkreisen eine offenkundige Tatsache, die als Krebsschaden allgemein
empfunden wird, daß derartige Unterlagen wie Berichte, Anschläge, Zeichnungen usw.
nur zu oft vom Empfänger durch Lichtpausen, Photographie, Handschrift,
Kopierverfahren jeder Art und schließlich in der Form von Notizen und Skizzen, die
das Wesentliche festhalten, unter Durchbrechung der Rechte des eigentlichen
Eigentümers zurückbehalten und häufig zu einer wirtschaftlichen Schädigung des
Einsenders benutzt werden. Die große Schwierigkeit, die sich hier der Handhabung der
einschlägigen Gesetzesbestimmungen entgegenstellt, und die die verhältnismäßig
geringe Zahl bekannt gewordener Entscheidungen erklärt, liegt darin, daß das
Vergehen der unerlaubten Nachbildung nur in den seltensten Fällen und dann nur durch
Zufall (vergl. z.B. Technik und Wirtschaft, I. Jahrgang, S. 183) zur Kenntnis des
Geschädigten gelangt. Selbst wenn ein Angestellter einer Firma zu der Ueberzeugung
kommt, daß die von ihm oder einem anderen verlangte Abschrift oder Nachbildung
eingesandter Unterlagen eine Rechtsverletzung darstellt, so wird er doch aus den
verschiedensten, nur zu verständlichen Gründen von einer Mitteilung an den Einsender
absehen. Auf anderem Wege gelangt aber selten eine Mitteilung über die Nachbildung
und die Verwendung der Nachbildung aus dem geschlossenen industriellen Betriebe an
den häufig von diesem räumlich weit getrennten Einsender der Unterlagen. Hier kann
also Abhilfe nur durch das sittliche Empfinden jedes Einzelnen erhofft werden, wenn
das Bewußtsein durchdringt, daß mit der Nachbildung der Unterlagen ohne Einwilligung
des Berechtigten eine strafbare, mit hohen Geldstrafen, zum Teil mit Gefängnis
bedrohte, zu Schadensersatz und Buße verpflichtende Handlung vorgenommen wird.
Welche rechtlichen Grundlagen bieten nun unsere Gesetze für den Schutz derartiger,
für kaufmännisch – technische Handelsgeschäfte gelieferter Unterlagen?
Zunächst sei bemerkt, daß in bezug auf die schriftlichen Unterlagen der Eigentums-
und Rechtsvorbehalt in der Regel Aufnahme im Begleitschreiben findet, während
Zeichnungen und dergl. durch einen Stempel geschützt werden, der auch heute noch
meist lautet: „Diese Zeichnung ist unser Eigentum und darf ohne unsere
Genehmigung weder kopiert, noch dritten Personen oder Konkurrenzfirmen
mitgeteilt werden (§ 43 des Gesetzes vom 11. Juni 1870)“. Wenngleich das
hier zum Schütze angeführte Gesetz durch das Gesetz betr. das Urheberrecht an Werken
der Literatur und der Tonkunst vom 19. Juni 1901 aufgehoben ist, so ist der Hinweis
auf das ältere Gesetz doch als klare Willensäußerung anzusehen und wird ausnahmslos
auch von Gerichten und der Staatsanwaltschaft als deutliches Verbot des Nachdruckes
nach jeder Richtung hin betrachtet. Der Fehler im Schutzstempel ist also
bedeutungslos, indem in die Stelle des älteren Gesetzes ohne weiteres das neue
einrückt.§ 43 des Gesetzes
vom 11. Juni 1870 lautet: „Die Bestimmungen in den §§ 1 – 42 finden auch
Anwendung auf – architektonische, technische und ähnliche Zeichnungen
und Abbildungen, welche nach ihrem Hauptzwecke nicht als Kunstwerke zu
betrachten sind“. Die Bezugnahme im Schutzstempel müßte heißen:
„§ 1 Z. 3 des Gesetzes vom 19. Juni 1901,“ die lautet: „Nach
Maßgabe des Gesetzes werden geschützt – die Urheber von solchen
Abbildungen wissenschaftlicher oder technischer Art, welche nicht ihrem
Hauptzwecke nach als Kunstwerke zu betrachten sind. Zu den Abbildungen
gehören auch plastische Darstellungen“. Es sei das
ausdrücklich bemerkt gegenüber der gegenteiligen Auffassung von Riechers und Küster (D. p.
J., S. 541 d. Bd.).
Der Schutz der Unterlagen, die meist im Besitze des Verfassers bleiben, ist
hauptsächlich begründet durch das angeführte Gesetz betr. das Urheberrecht an Werken
der Literatur und der Tonkunst vom 19. Juni 1901,§§, die im Weiteren ohne Nennung des Gesetzes
angeführt werden, beziehen sich auf dies Gesetz. das nach § 1 Z.
1 die Urheber von Schriftwerken und nach § l Z. 3 die Urheber von solchen
Abbildungen technischer Art schützt, die nicht ihrem Hauptzwecke nach als Kunstwerke
zu betrachten sind. Hierbei gehören zu den Abbildungen auch plastische
Darstellungen, also Modelle. Ausgeschlossen sind Zeichnungen und Modelle, sofern sie
gewerbliche Muster, beispielsweise für Stoffe, Tapeten, Gebrauchsgegenstände und
dergl. darstellen, da diese unter das Gesetz betr. das Urheberrecht an Mustern und
Modellen vom 11. Januar 1876 fallen.
Sollen die Unterlagen den Schutz des Gesetzes genießen, so muß auf sie der Begriff
des „Schriftwerkes“
und der „technischen Abbildung“ im Sinne des Gesetzes zutreffen, d.h.
beide müssen das Erzeugnis selbständigen Denkens, also individueller geistiger
Tätigkeit sein. Der literarische Wert, und das ist für unseren Fall wesentlich, ist
bedeutungslos. Daher ist zur Begründung des Rechtsschutzes weder die
Verlagsfähigkeit, noch nach § 54 der Umstand notwendig, daß das Werk, also hier die
Unterlagen, im Drucke erschienen ist, so daß auch handschriftliche Ausarbeitungen (Manuskripte und als Manuskript gedruckte
Unterlagen) den Schutz des Gesetzes genießen. Das Maß der aufgewandten geistigen
Tätigkeit spielt keine Rolle, indem beispielsweise eine Aenderung in der Anordnung
und Einteilung vorhandenen Stoffes (Adreßbuch) unter Umständen schon Schutzfähigkeit
des Schriftwerkes bedingen kann, vorausgesetzt, daß zu den Aenderungen eine gewisse
Summe geistiger Tätigkeit notwendig war. Diese Entscheidung des
Reichsgerichtes,Entsch. d. R.-G. in
Strafsachen, Bd. 17, S. 195. wenngleich in Sachen eines
Adreßbuches gefallen, ist wertvoll im Hinblick auf den Nachdruck von Preislisten, der demnach nicht gestattet wäre, sofern
der Hersteller eine nicht nur mechanische Umordnung des an sich vielleicht allgemein
bekannten Stoffes vorgenommen hat. Nach der Auffassung juristischer Kreise stehen
Preislisten jedoch außerhalb jeglichen gesetzlichen Schutzes, da sie lediglich
Tatsachen geschäftlicher Natur wiedergeben.Vergl. Schlittgen, Urheberrecht, S.
16. Es ist aber nicht recht verständlich, warum hier ein
Unterschied zwischen den lediglich geschäftlichen Angaben eines Adreßbuches und
einer Preisliste gemacht wird, da beide zu ihrer Herstellung eine gewisse Summe
geistiger Tätigkeit verlangen. So hat denn auch das Reichsgericht in der in Glasers Annalen 1907, S. 76 mitgeteilten Entscheidung
betreffend den Nachdruck aus einer Preisliste ausdrücklich die Schutzfähigkeit der
Preislisten betont und festgestellt, daß Katalogtexte als Schriftwerke anzusehen
sind, und daß die selbständige geistige Produktion durch die mit einem Preiskatalog
verbundene Reklame nicht ausgeschlossen ist und wird. Abgewiesen wird hierbei die
Ansicht des Untergerichtes, daß Kataloge nur dann unter den Schutz des Gesetzes
fielen, wenn sie Ausführungen belehrenden Inhaltes brächten. – Freilich muß,
insbesondere hinsichtlich der Preislisten zugegeben werden, daß in der Beurteilung
des Maßes der aufgewandten geistigen Tätigkeit der persönlichen Auffassung des
Richters ein großer Spielraum gelassen ist, und daß sich eine klare Feststellung der
Höhe der aufgewandten geistigen Tätigkeit bei der Dehnbarkeit des Begriffes kaum
erzielen läßt.
Einfache Briefe, deren körperlichen Besitzes sich der
Verfasser begibt, werden im allgemeinen nicht Gegenstand des Urheberrechtsschutzes
sein können, da sie in der Regel nur geschäftliche Mitteilungen tatsächlicher Natur
enthalten. Selbst wenn die Briefe Erläuterungen und andere Berichte oder
Berechnungen geistig höherer Natur, beispielsweise mit Bezugnahme auf zeichnerische
Unterlagen, enthalten, wird man ihnen in der technischen Praxis die Schutzfähigkeit
absprechen müssen, da der Einsender sie in den dauernden Besitz des Empfängers
übergibt, so daß dieser die Mitteilungen jederzeit benutzen kann, ohne zu einer
Nachbildung veranlaßt zu sein. Allenfalls käme die Weitergabe an dritte Personen in
Frage, die jedoch im Urheberrecht vom 19. Juni 1901 nicht bedroht wird, da sie nicht
als Bekanntgabe an einen größeren Personenkreis, also nicht als Veröffentlichung
betrachtet wird. Unter Umständen kann hier, wie später gezeigt wird, das Gesetz zur
Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbes angezogen werden. Eine Veröffentlichung und
Herausgabe derartiger Briefe in Zeitungen oder Buchform ohne Genehmigung des
Verfassers liegt jedoch außerhalb des Rahmens dieser Untersuchung, da sie für
praktische Fälle nicht eintritt.
Es ist demnach, wenn für den Inhalt der schriftlichen Unterlagen der Schutz des
Urheberrechtsgesetzes in Anspruch genommen wird, notwendig, alle Mitteilungen,
Berechnungen und dergl. als selbstständige Schriftstücke unter Vermeidung der
Briefform zu halten.
Wie das Schriftwerk, so genießen auch technische Abbildungen, Zeichnungen und
plastische Darstellungen nach § 1 Z. 3 des Gesetzes Rechtsschutz, sobald zu ihrer
Herstellung ein gewisses Maß geistiger Tätigkeit notwendig war, während
Darstellungen allgemein bekannter Gegenstände, die als Gemeingut der Industrie zu
bezeichnen sind, nicht unter den Schutz des Gesetzes fallen. Nach der Entscheidung
des V. Strafsenats des Reichsgerichts vom 25. September 1906,Glasers Annalen
1907, S. 76. die des weiteren den unberechtigten Nachdruck von
Zeichnungen bezw. Abbildungen aus einem Pumpenkatalog behandelt, ist es, gegenüber
der Auffassung des Vorderrichters, nicht notwendig zur Schutzbegründung von
Abbildungen technischer Art, daß diese zum Zwecke der Belehrung zu dienen geeignet
sind, da aus den Gesetzesmaterialien nachgewiesen ist, daß der Schutz des
Urheberrechtes solchen Abbildungen gewährt werden soll, bei denen mehr ein wissenschaftlicher, als ein künstlerischer
Zweck obwaltete, indem sie dazu bestimmt seien zu belehren, sich aber ihrer inneren
Natur nach nicht als Werke der Kunst darstellten. Daß die Abbildungen dabei einen
besonders hohen Grad geistiger Tätigkeit zu ihrer Herstellung erfordern, ist nicht
nötig, da sie den Schutz des Gesetzes auch dann genießen, wenn sie auf einer auch
nur geringeren geistigen Tätigkeit des Urhebers beruhen, von dem nur die
Verwirklichung eines darstellerischen Gedankens gefordert wird. Außerdem kommt es
nicht in Betracht, ob die Zeichnungen selbst richtig sind, oder ob sie dauernd ein fachwissenschaftliches Interesse besitzen,
da diese Einschränkungen weder im Gesetz noch in seiner Auslegung eine Stütze
fänden. Es war demnach auf eine Verurteilung des Beschuldigten zu erkennen, dem
nicht das Recht abgesprochen wird, seine eigenen Maschinen abzubilden, selbst wenn
sie mit den Maschinen des Strafklägers übereinstimmen, wohl aber das Recht, die
Zeichnungen des Klägers zu vervielfältigen, insbesondere um die eigene Abbildung
seiner Maschinen zu sparen.
Das Schutzrecht auf die Unterlagen steht nach § 2 des Gesetzes dem Verfasser zu, als welcher derjenige anzusehen ist,
dessen geistiger Tätigkeit das Erzeugnis entsprang. In unserem Falle wird also, wenn
die Unterlagen nicht von Privatleuten (Erfindern) hergestellt und weitergegeben
werden, der Angestellte einer Firma oder eines Zivilingenieurs als
„Verfasser“ anzusprechen sein, also z.B. der Konstrukteur oder der
Erfinder selbst, oder der Ingenieur im Projektenbureau, auch dann, wenn andere
Personen nach seinen Angaben das schriftstellerische oder zeichnerische Werk
durchgeführt haben. Das Gesetz enthält aber keine Bestimmung darüber, daß dem
Betriebsunternehmer das Urheberrecht an den Werken seiner Angestellten zustehe,
selbst wenn diese das Werk in seinem Auftrag und während der Dienststunden
ausgeführt haben. Es ist das eine Lücke im Gesetz, die zu Weiterungen führen kann,
indem zur Wahrnehmung der Urheberrechte nicht die Firma als solche, sondern nur der
Verfasser (Angestellte) berechtigt ist. Die Firma könnte hier nur durch besonderen
Vertrag das Urheberrecht an dem literarischzeichnerischen Werke des Angestellten
erwerben, selbst wenn dieser auf besondere Bestellung oder besonderen Auftrag der
Firma das Werk unternahm. Nach einer Entscheidung des Reichsgerichts in
Strafsachen, Bd. 15, S. 405, entkleidet die Tatsache, daß der Angestellte im
Interesse der Firma tätig war, ihn seines Urheberrechts noch nicht, auch dann nicht,
wenn das Werk zunächst in den Besitz der Firma überging und von dieser auch mit
Einwilligung des Verfassers verwertet wurde. Die Firma als solche ist nur dann im
Besitze des Urheberrechts an den Werken ihrer Angestellten, wenn diese im
Anstellungsvertrag oder in ausdrücklichen Erklärungen hierauf zu Gunsten der Firma
verzichtet haben. Hierbei kann allerdings der Besitz der Zeichnung seitens der Firma
das Anzeichen für eine entsprechende Willensrichtung des Verfassers bilden. In der
Regel wird bei der Wahrnehmung des Urheberrechts ein Streit zwischen Firma und
Angestellten nicht entstehen, so daß diese Lücke im Gesetz nur selten praktischen
Wert erlangt. Jedoch sollten die Firmen eine entsprechende Klausel zur Vermeidung
aller Weiterungen in den Dienstvertrag mit ihren Angestellten aufnehmen, etwa in der
Form:
„Technisch – literarische und technisch-zeichnerische Erzeugnisse des Herrn...,
die im Auftrage, Dienst und Interesse der Firma.... hergestellt werden, sind
Eigentum der Firma, und es verzichtet Herr.... bezgl. dieser Erzeugnisse
ausdrücklich auf alle ihm nach dem Gesetz vom 19. Juni 1901 zustehenden Rechte
zugunsten der Firma....“
Außerdem aber mußte die Industrie dahin wirken, daß zu § 2 des Gesetzes ein Zusatz,
etwa in folgender Form Gesetzeskraft erlangt:
„Zur Wahrnehmung des Urheberrechtes an technisch-schriftstellerischen und
technisch – zeichnerischen Erzeugnissen Angestellter sind die die Firma
verantwortlich zeichnenden Personen berechtigt, sofern sich die Anfertigung
dieser Erzeugnisse aus dem Dienstvertrag des Angestellten ergibt.“
Die nächsten Paragraphen des Gesetzes interessieren weniger, da von einer
Veröffentlichung oder Herausgabe der Unterlagen in buchhändlerischem Sinne bei der
vorliegenden Frage keine Rede sein kann. Allenfalls beansprucht nach § 6 in
Verbindung mit § 2 einige Beachtung, der von der Verfassung eines Werkes durch
mehrere handelt. Das trifft bei technischen Unterlagen in der Regel zu, indem an der
Abfassung des schriftlichen Teiles und an der Fertigstellung der Zeichnungen meist
mehrere beteiligt sind, die als Urheber eine Gemeinschaft nach Bruchteilen im Sinne
des B. G. B. bilden (§§ 741 – 758 B. G. B.). Diese Frage würde mit den eben
dargelegten Klauseln ihre Erledigung finden. Von praktischem Werte dürfte sie im
vorliegenden Falle nicht werden, da im Falle eines Nachdruckes der Beschuldigte kein
Interesse daran hat, ob die gesetzlichen Rechte von einem oder mehreren Verfassern
wahrgenommen werden.
Bedeutend wichtiger ist § 11 des Gesetzes, der Wesen und Umfang des Urheberrechtes
festlegt. Nach ihm besitzt der Urheber als hauptsächlichste Rechte, die sich auf den
vorliegenden Fall beziehen, die ausschließliche Befugnis zur Vervielfältigung und gewerbsmäßigen
Verbreitung des Werkes und die ausschließliche Berechtigung zu einer öffentlichen Mitteilung oder zu einem öffentlichen Vortrag über den Inhalt seines Werkes,
sofern dieser im wesentlichen öffentlich noch nicht mitgeteilt ist.
Beachtenswert ist, daß neben dem Verbot der unerlaubten Vervielfältigung und gewerbsmäßigen Verbreitung dem Empfänger der
Unterlagen nur die öffentliche Mitteilung und der öffentliche Vortrag über den Inhalt, also dessen
Bekanntgabe an einen größeren Personenkreis untersagt
sagt ist. Das
Verbot der Schutzstempel, soweit es sich auf die Bekanntgabe von Zeichnungen oder
Schriftstücken an dritte Personen oder Konkurrenzfirmen bezieht, findet demnach im
Urheberrecht keinen gesetzlichen Rückhalt. Hier tritt §
826 B. G. B. ein, sofern durch eine derartige Mitteilung ein dem Urheber
entstandener Schaden nachgewiesen werden kann, der denjenigen zu Schadensersatz
verpflichtet, der in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen
vorsätzlich Schaden zufügt. Auch § 9, Abs. 2 des Gesetzes zur Bekämpfung des
unlauteren Wettbewerbes, vom 26. Mai 1896, kann hier unter Umständen zur Geltung
gelangen, nach dem mit Geldstrafe bis zu 3000 M. oder Gefängnis bis zu einem Jahr
derjenige bedroht wird, der Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse eines anderen zu
Zwecken des Wettbewerbes unbefugt an Dritte mitteilt. Die Frage der unberechtigten
Mitteilung aus dem Inhalt der Unterlagen an interessierte dritte Personen oder
Firmen – die in der industriellen Praxis gar nicht selten auftritt – dürfte hiernach
ausreichend geregelt sein.
Während in § 11 das Verbot der Vervielfältigung noch an die gewerbsmäßige Verbreitung
des Werkes, also in der Hauptsache auf buchhändlerische Maßnahmen beschränkt ist,
wird in § 15 Abs. 1 ganz allgemein ein Verbot jeglicher Vervielfältigung eines unter
den gesetzlichen Schutz fallenden Werkes ohne Einwilligung des Verfassers
ausgesprochen.
Die Stelle lautet: „Eine Vervielfältigung ohne Einwilligung des Berechtigten ist
unzulässig, gleichviel, durch welches Verfahren sie bewirkt wird; auch begründet
es keinen Unterschied, ob das Werk in einem oder mehreren Exemplaren
vervielfältigt wird“. Die materielle Betonung dieses Verbotes findet sich in
den in §§ 36 bis 39 ausgesprochenen Verpflichtungen zu Schadensersatz und
angedrohten Geld- und Gefängnisstrafen und Bußerlegungen im Falle der Uebertretung,
worauf § 41 festlegt, daß die Straffälligkeit bereits mit der Vervielfältigung,
öffentlichen Mitteilung oder öffentlichem Vortrag auch nur eines Teiles des Werkes
eintritt.
Bedeutungsvoll ist, daß das Verfahren der
Vervielfältigung und die Zahl der Nachdrucksexemplare
vollkommen gleichgültig ist. Das neue Urheberrecht geht demnach bedeutend weiter als
das alte Gesetz vom 11. Juni 1870, das nach § 4 nur eine mechanische
Vervielfältigung verbot und das Abschreiben nur dann als Nachdruck ansah, wenn dies
dazu bestimmt war, den Druck zu vertreten. Vorbehaltlich des Absatz 2 des genannten
Paragraphen, auf den noch einzugehen sein wird, ist es demnach zur Zeit geltendes
Recht, daß jede, auch von Hand hergestellte Pause einer Zeichnung, wenn auch nur in
einem Exemplare ohne Erlaubnis des Urhebers vorgenommen, als Uebertretung des
Gesetzes anzusehen ist und auf Veranlassung des Berechtigten zu verfolgen ist.
Es scheint kaum glaublich, daß selbst Staatsanwälte über diesen klaren Wortlaut des
Gesetzes nicht unterrichtet sind, wie die bereits angeführte, von Dip. -Ing. Eichhoff mitgeteilte EntscheidungVergl. Technik u. Wirtschaft 1908, S.
183. erkennen läßt, die folgenden Wortlaut hat: Das Verfahren
gegen die Modelltischler B. und C. und den Fabrikanten E. wegen Vergehens gegen das
Urheber- und Musterschutzgesetz habe ich eingestellt Selbst wenn man den von Ihnen
(dem Antragsteller) behaupteten Tatbestand zugrunde legt, daß nämlich der Sohn von
E. in den Fabrikräumen von B. und C. von der dort liegenden Zeichnung
eine Kopie genommen und nach dieser für seinen Vater Modelle einer... Maschine
bestellt und erhalten hat, so ist darin eine strafbare Handlung nicht zu erblicken.
– Das Urhebergesetz verbietet die mechanische Vervielfältigung von Schriftstücken
(§§ 1, 4, 19, 43 des Gesetzes). Eine mechanische Vervielfältigung Ihrer Zeichnung
hat nicht stattgefunden, da E. nur eine Kopie der
Zeichnung genommen haben soll, um danach selbst eine derartige Maschine herstellen
zu lassen. Nachweisbar ist sogar nur, daß er nach Besichtigung Ihrer Zeichnung nach
dem Gedächtnis seine Zeichnung angefertigt habe. – Gezeichnet von der
Staatsanwaltschaft zu H.
Wenn hier auch, wie aus der Einführung dieser Entscheidung an der genannten Stelle
hervorgeht, Anzeige auf Grund des § 43 offenbar des älteren Gesetzes vom 11. Juni
1870§ 43 des neuen
Gesetzes vom 16. Juni 1901 würde keine Strafverfolgung bedingen.
erhoben wurde, so mußte die Staatsanwaltschaft § 64 der Schlußbestimmungen des
Gesetzes vom 19. Juni 1901 zur Anwendung bringen, der §§ 1 bis 56 u.s.f. des alten
Gesetzes mit dem 1. Januar 1902 außer Kraft setzt und an ihre Stelle mit demselben
Tage das neue Gesetz einführt. Daß aber der Rechtsfall bereits vor 1902
stattgefunden habe und erst jetzt veröffentlicht sei, ist nicht anzunehmen, denn in
der Entscheidung der Staatsanwaltschaft ist das Datum „1. Juni 1906“
angeführt. Trotz der unrichtigen Bezugnahme auf das alte Gesetz hätte demnach die
Staatsanwaltschaft zu H. nach dem neuen Gesetze entscheiden müssen. Sie geht demnach
von einem bedenklichen Rechtsirrtum aus, wenn sie sich auf das alte Gesetz
beziehtNur unter
Zugrundelegung des alten Gesetzes betr. das Urheberrecht an Schriftwerken
usw. vom 11. Juni 1870 würden die in der mitgeteilten Entscheidung
angeführten §§ 1,4, 19 und 43 sinnentsprechend sein. und in ihrer
Entscheidung ganz allgemein erklärt, daß das Gesetz nur die mechanische Vervielfältigung von Schriftstücken verbiete, während in der
Entnahme einer Kopie keine strafbare Handlung zu erblicken sei. Abgesehen von der
ganz unverständlichen Anwendung eines erloschenen Gesetzes muß ausdrücklich
festgestellt werden, daß nach § 15 Abs. 1 des Gesetzes vom 19. Juni 1901 einer
derartigen Auffassung jede Rechtsgrundlage entzogen ist, da das Verfahren, nach dem
die Vervielfältigung hergestellt ist, überhaupt keine Rolle spielt. Es findet diese
Ansicht eine Bestätigung auch darin, daß nach dem Gesetze das Vergehen des
Nachdruckes bereits vollendet ist, wenn die Vervielfältigung auch nur in einem Exemplar erfolgte, die, wenigstens bei einem
Schriftwerk nicht gut anders als auf nichtmechanischem Wege hergestellt wird.
(Fortsetzung folgt.)