Titel: | Polytechnische Rundschau. |
Autor: | P. Weiske |
Fundstelle: | Band 323, Jahrgang 1908, S. 798 |
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Polytechnische Rundschau.
Polytechnische Rundschau.
Die weitere Entwicklung der Zoelly-Turbine.
Seit dem Jahre 1903, in welchem die erste Zoelly-Turbine
in die Oeffentlichkeit getreten ist, hat der Bau dieser Turbinen eine große
Ausdehnung angenommen. Die ursprüngliche Ausführung in zwei Gehäusen für größere
Maschinen ist jetzt verlassen; seit zwei Jahren werden die Turbinen auch bis zu den
größten Leistungen eingehäusig ausgeführt; das mittlere Lager fällt dabei fort und
die Baulänge der Maschine wird kleiner. Bei den neueren Ausführungen ist der
Abdampfraum vom Gehäuse getrennt und mit diesem verschraubt; das Gehäuse wird
dadurch ein einfaches Gußstück. Dadurch, daß das Gehäuse in den Abdampfraum
hineingezogen ist, verringert sich die Baulänge der Turbine. Das in der wagerechten
Mittelebene geteilte Gehäuse ist auf vier Gleitfüßen gestützt; in der Nähe des
Abdampfraumes ist ein Anschlag, welcher die Wärmedehnungen begrenzt, die sich nach
der Hochdruckseite hin ausbilden können und dort von der Dampfleitung aufgenommen
werden, während die Verbindung mit dem Kondensator auf diese Weise von den
Wärmedehnungen unbeeinflußt bleibt.
Die Lager haben eine reichliche Oelzufuhr unter Druck; das Oel gelangt zunächst in
einen Ring in der Lagerschalenmitte und wird von dort durch allmählich in der Tiefe
abnehmende Nuten auf die Schalenfläche verteilt. Das Oel wird durch eine
Kühleinrichtung in der Grundplatte gekühlt, so daß eine besondere Lagerkühlung
entbehrlich ist.
Die Turbinenwelle aus geschmiedetem Stahl wird ausgebohrt, um ihr Gewicht zu
verringern und um ihre innere Beschaffenheit zu untersuchen, ferner um sie von
Spannungen frei zu machen, die sie bei Erwärmung verbiegen können. Ihre kritische
Tourenzahl liegt immer unter der Betriebstourenzahl. Damit beim Durchgang durch die
kritische Tourenzahl keine zu starken Erschütterungen und Verbiegungen entstehen,
müssen die Radscheiben aufs genaueste ausbalanziert sein.
Die Laufradscheiben sind aus Stahl geschmiedet und tragen am Umfang Schaufeln aus
Nickelstahl, die durch ein außen herumgelegtes Band einen geschlossenen Kanal
bilden. Zur Ausgleichung des Druckunterschiedes, der infolge der ejektorartigen
Wirkung des Dampfstrahles beim Durchströmen durch die Schaufeln vor und hinter der
Scheibe auftritt, sind die Laufradscheiben mit Löchern versehen.
Die Leiträder werden jetzt durchwegs aus Gußeisen hergestellt und die Leitschaufeln
aus Nickelstahl eingegossen, eine Arbeit, die an die Gießerei hohe Anforderungen
stellt. Die Abdichtung der einzelnen Druckräume untereinander erfolgt an den Naben
der Laufräder, bis zu denen die Leitradscheiben heranreichen. Durch eingedrehte
Rillen in den Naben wird eine Art Labyrinthdichtung erzielt.
Die Abdichtung der Welle erfolgt durch eine Reihe mehrteiliger Ringe, welche zwischen
sich und der Welle einen kleinen Spielraum lassen und durch herumgelegte
Schraubenfedern zusammen gehalten werden. Der durchtretende Dampf, dessen Druck
sich von Ring zu Ring vermindert, wird zu einer Niederdruckstufe geleitet, wo er
noch Arbeit leistet.
Die Regelung geschieht durch Drosselung des Dampfes mit Hilfe eines
Druckölservomotors. Das doppelsitzige Regelventil ist nicht ganz entlastet, sondern
erfährt noch einen Ueberdruck, der auf Schließen des Ventiles wirkt, im normalen
Falle aber durch den Servomotor überwunden wird. Im Falle aber die Pumpe für die
Druckölförderung und Lagerschmierung versagt, schließt sich unter dem Ueberdruck das
Regelventil und stellt die Maschine ab. Ein besonderer Sicherheitsregler schließt
außerdem das Hauptabsperrventil bei Ueberschreitung der normalen Tourenzahl um 10 v.
H.
Das Sinken des Oeldruckes in der Druckleitung für die Lagerschmierung wird dem
Maschinenführer durch ein Läutwerk angezeigt. Die Ausführung der Zoelly-Turbine durch die verschiedenen Firmen, welche
diese Maschine bauen, ist abgesehen von geringen Aenderungen von Zubehörteilen und
in der Form dieselbe wie hier beschrieben.
Nachstehend sind Versuchs werte einiger neuerer größerer Zoelly-Turbinen mitgeteilt. Nr. 1 ist eine Turbine von 5 – 6000 KW für das
Rheinisch-Westfälische Elektrizitätswerk in Essen
mit 20 Druckstufen und 1000 Umdreh. i. d. Minute und mit einer größten
Umfangsgeschwindigkeit der Laufräder von 120 m/Sek. Nr. 2 ist eine Turbine von 3500
KW für die Società Anonima Elettricità „Alta
Italia“ in Turin mit 16 Druckstufen und 1500 Umdreh. i. d. Minute und
einer größten Umfangsgeschwindigkeit der Laufräder von 145 m/Sek. Nr. 3 ist eine
Turbine von 1500 KW für die Société Lilloise d`Eclairage
Electrique in Lille mit der gleichen Stufen- und Umdrehungszahl wie Nr. 2,
aber mit einer größten Umfangsgeschwindigkeit der Laufräder von 132 m/Sek. Die drei
Maschinen sind mit Drehstromgeneratoren gekuppelt. Die Versuche Nr. 1 wurden im
normalen Betrieb des Elektrizitätswerkes vorgenommen.
Textabbildung Bd. 323, S. 798
Fig. 1.a Dampfverbrauch für die KW/Std., b Dampfverbrauch für die
PSe/Std., c Gesamtdampfverbrauch i. d. Stunde.
In der Aufstellung sind die Dampfverbrauchszahlen, welche sich unter den erreichbaren
besseren Verhältnissen von 13 at Anfangsspannung, 350° Dampftemperatur und 96 v. H.
Luftleere durch Umrechnung ergeben, aufgeführt.
Fig. 1 zeigt eine graphische Darstellung der
Versuchswerte von Nr. 2, bei denen besonders die geringe Aenderung des spezifischen
Dampfverbrauchs mit der Leistung bemerkenswert ist.
Nr. 1
Nr. 2
Nr. 3
Leistung KW
5118
3540
1583
Umdrehungen i. d. Minute
1025
1485
1505
Wirkungsgrad d.
Stromerzeugersv. H.
95,3
94,3
94,0
Nutzleistung der Turbine
PSe
7345
5100
2286
Dampfdruck
vor demerstenLeitrad
at abs.
9,4
10,9
10,8
Temperat.
°C
287
243
282
Luftleere im
Turbinenausström-röhr v. H.
92,1
94,3
92,7
gemessener
Dampf-verbrauch
für KW/Std.
6,89
6,86
6,99
für PSe/Std.
4,79
4,76
4,84
Für 13 at vor
derTurbine, 350° und96,5 v. H. Luftleereumgerechnet
für KW/Std.
5,33
5,53
5,97
für PSe/Std.
3,73
3,83
4,13
(Weishäupl.) [Zeitschr. d. Ver.
deutsch. Ing. 1908, 52, S. 1429 – 1438.]
M.
Bahnmotoren mit Wendepolen.
Für besonders schwere Bahnbetriebe und für solche, bei denen ausgiebiger Gebrauch von
der elektrischen Bremse gemacht wird, haben Dick, Kerr
& Co. eine Reihe von Wendepolmotoren gebaut, die
unter allen praktisch vorkommenden Belastungen funkenlos arbeiten, deren Erwärmung
in mäßigen Grenzen bleibt und die ölsicher sind. Die funkenlose Kommutierung wird
durch die Wendepole erhalten, die eine Ueberlastung bis zu 100 v. H. ermöglichen.
Ferner wird durch die Wendepole die Abnutzung des Kommutators und der Bürsten
verringert und ein Herumschlagen des Bürstenfeuers um den Kommutator ausgeschlossen.
Es wird behauptet, daß Wendepolmotoren noch unter Bedingungen arbeiten können, denen
gleich starke Motoren ohne Wendepole in keiner Weise gewachsen sind.
Was den Aufbau der Motoren anbetrifft, so sind die Stahlgußgehäuse in der üblichen
Weise zweiteilig ausgeführt und die Paßflächen zur Sicherung des magnetischen
Schlusses, und um das Eindringen von Wasser und Staub zu verhindern, sauber
gehobelt. Am Oberteile des Gehäuses sitzen die die Fahrzeugachse umfassenden
Traglager; ferner ist an demselben das Gehäuseunterteil angelenkt. Die Ankerlager
sind in besonderen, in die Gehäuseseiten eingepaßten Lagerschildern untergebracht.
Da die Schilder aus einem Stück bestehen, ist das Eindringen von Oel in das
Motorinnere nahezu ausgeschlossen. Die Hauptpole sind aus gestanzten Blechen
zusammengesetzt und durch Bolzen in den Gehäusen festgeschraubt. Sie dienen
gleichzeitig zum Festhalten der Feldspulen, indem sie die Widerlager für kräftige
Stahlfedern bilden, die unter Zwischenschaltung einer Druckplatte aus Messing die
Feldspulen an die Innenwand des Gehäuses anpressen. Die Kerne der Wendepole bestehen
aus massivem Eisen und sind mittels Bolzen im Gehäuse festgeschraubt. Die
zugehörigen Erregerspulen werden durch besondere Schrauben festgehalten. Sämtliche
Spulen sind nach dem Einbau in das Gehäuse mit kräftigen Anschlußklemmen
versehen.
Der Anker ist in der üblichen Weise aufgebaut. Eine besonders gute Lüftung ist durch
die zur ventilatorartigen Ausbildung aus Flachkupfer hergestellten Verbindungen
der Ankerwicklung mit den Kommutatorlamellen erreicht. Die Verbindungen wirken
als Zentrifugalventilator, so daß ihre Tätigkeit von der Drehrichtung unabhängig
ist. Die auf diese Weise erzeugte Kühlung ist so wirksam, daß sie die Erwärmung um
25 v. H. herhabsetzt. Die besonderen Verbindungen zwischen Kommutator und Wicklung
gestatten ferner ein leichtes Auswechseln des Kommutators, da an der Wicklung
hierbei keine Arbeiten auszuführen sind. Für die Ankerlager ist Ringschmierung
angewendet; das aus den Lagern ablaufende Oel fließt durch große Ablaufkanäle wieder
in das Sammelgefäß zurück, so daß dauernd ein Oelstrom sowohl kühlend als auch
schmierend die Welle umspült. Besondere Spritzringe dienen zum Abschleudern des
Oeles, welches die Welle entlang nach dem Anker hin geflossen ist. Diese Lager
sollen mit einer Füllung 14 Tage laufen können, jedoch wird eine wöchentliche
Bedienung empfohlen. Für die Motortraglager ist gleichfalls Oelschmierung jedoch
unter Verwendung von Kissen vorgesehen. Jedes Kissen wird zur größeren Sicherheit
mittels zweier Federn an die Achse angepreßt. Die Ankerlagerschalen sind aus einer
Spezialbronze hergestellt, während die aus Bronze oder Temperguß bestehenden
Ankerlagerschalen mit Weißmetall ausgegossen sind. Zum Schütze des Zahnradvorgeleges
dient ein zweiteiliger Kasten aus Temperguß, der besonders widerstandsfähig gegen
Stöße ausgebildet und an drei Punkten aufgehängt ist. [The Electrician 1908, S. 792
bis 793.]
Pr.
Hochofen mit länglich rundem Querschnitt.
Um die Leistung eines Hochofens ohne gleichzeitige Erhöhung des Gebläsedrucks
steigern zu können, wurde in den Newport Ironworks in
Middlesbrough ein Hochofen mit länglich rundem Querschnitt gebaut, durch welche Form
der Abstand der Windzuführungsrohre von der Ofenmitte bei gleichem Fassungsvermögen
verringert wird, oder umgekehrt bei gleichem Abstand ein größeres Fassungsvermögen
erzielt werden kann. Bei manchen Anlagen sind die Gebläsemaschinen nicht im Stande
einen höheren als den bisherigen Luftdruck zu liefern, wohl aber eine größere
Luftmenge durch Erhöhung der Umlaufzahl dieser Maschinen. Durch Einführung des Ofens
mit länglichem Querschnitt wird es oft möglich sein die Leistung auch mit den alten
Maschinen in der angegebenen Weise zu erhöhen.
Mit den erwähnten Hochöfen in Middlesbrough wurden in den ersten drei Monaten
wöchentlich im Mittel 1344 t Cleveland-Eisen erblasen, wobei das günstigste über
vier Wochen gerechnete Mittel 1447 t betrug. Der Betrieb fand sehr regelmäßig statt
ohne irgendwelche Störungen. Die Längen und Breiten der inneren Querschnittsellipsen
betragen unterhalb der Windzuführungsrohre 5,49 und 3,05 m, an der weitesten Stelle
7 und 4,56 m, an der Mündung 5,8 und 3,2 m, die Gesamthöhe des Ofens ist 24,78 m.
Der Gebläsedruck beläuft sich auf 0,4 at. Zur Verhinderung einer Ausbauchung infolge
der dem inneren Druck weniger Widerstand bietenden länglichen Form ist der Ofen
sowohl durch senkrechte Säulen wie durch wagerechte Eisenkonstruktionen versteift.
Letztere sind an der kurzen Ellipsenachse 1,41 m breit. Die Gichtglocke hat
ebenfalls eine länglich runde Form, zur Erreichung einer gleichmäßigen Verteilung
des Materials. [The Engineer 1908, II, S. 225.]
Ky.
Gelenkquader aus Beton.
In Lothringen sind in den letzten 10 Jahren fünf Brücken aus Stampfbeton mit
Spannweiten von 29 – 44 m und Pfeilhöhen von 1/10 – ⅛ der Spannweite als Dreigelenkbögen
hergestellt worden.
Bei der Siercker Brücke wurden als Gelenke Bleiplatten von ⅓ Fugenbreite
zwischen harten Sandsteinquadern eingelegt, bei den übrigen neueren Brücken wurden
Gelenkquader aus Beton verwendet.
In der folgenden Zusammenstellung bezeichnet R den
Krümmungsradius im hohlen, r im gewölbten Gelenkstein,
h seine Höhe, c seine
Länge und b seine Tiefe senkrecht zur Gewölbeansicht.
Die Scheiteldrücke beziehen sich auf 1 m Gewölbetiefe.
Brücke bei
Spannweitem
Scheiteldruckt/m
Abmessungen in cm
Mischung
AlterTage
Sicherheitgegen Risse
Sicherheitgegen Bruch
R
r
h
t
b
Haucoucourt
33
159
300
238
70,0
61,0
50
1: 2½: 2½ 1)
150
2,6 – 3
–
Mallingen
40
228
325
280
94,5
91,0
50
1: 2: 2 1)
400
3,1
–
Moulins
44
233,4
325
280
96,5
94,5
50
1: 2: 2 2)
115
3,3 – 3,4
–
Sauvage
36
130
327
250
65,0
70
50
1: 2: 2 3)
210
4,7
9,1
1) Quarzitkleinschlag, 4 cm Korn. 2) Dolomitkleinschlag, 4 cm Korn. 3) Dolomitkleinschlag, bis 3,5 cm Korn.
Bei den Festigkeitsprüfungen für die drei ersten Brücken reichten die
Prüfungsmaschinen nicht aus, um die Bruchfestigkeit festzustellen. Da jedoch die
Mischungen und Baustoffe bei allen Versuchen ziemlich gleichmäßig sind, kann man aus
dem letzten Versuche schließen, daß die Bruchsicherheit ungefähr doppelt so groß ist
als die Sicherheit gegen Rißbildung. Die Risse treten in der Richtung des größten
Druckes infolge Ueberwindung der Querzugspannungen auf. Es wurden daher bei dem
Bau der Mallinger Brücke Probequader mit 16 eingelegten Eisenstäben von 72 cm Länge
und 100/10 mm Querschnitt geprüft. Da die hohlen Quader zuerst Risse gezeigt hatten,
wurde der eine Quader eben, der andere mit einem Radius von 12000 mm gewölbt
hergestellt. Die Probekörper hatten nach 60 Tagen eine 3,4 fache Sicherheit gegen
Rissebildung. Trotz dieses günstigen Ergebnisses wurde von Eiseneinlagen bei der
Ausführung abgesehen, um eine größere Gleichmäßigkeit der Stampfarbeit zu erzielen.
Es wird empfohlen für Drücke bis 230 cm Betongelenke an Stelle von Stahl- oder
Granitgelenken zu verwenden, da die ersteren billiger sind und sich in natürlicher
Weise in das Bild des Gewölbebogens einfügen. (Blumhardt.) [Zentralblatt der Bauverwaltung 1908, S. 395 ff.]
Dr. Ing. P. Weiske.