Titel: | Polytechnische Rundschau. |
Fundstelle: | Band 324, Jahrgang 1909, S. 43 |
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Polytechnische Rundschau.
Polytechnische Rundschau.
9700-pferdige Hochdruck-Francisturbine.
Die California Gas and Electric Corporation nutzt die am
unteren Lauf des Sacramento-Flusses verfügbaren Wasserkräfte der in der waldreichen
Sierra Nevada entspringenden Nebenflüsse in einer größeren Anzahl von Kraftwerken
aus, deren Stromverteilung sich nördlich von San Francisco auf eine Entfernung von
400 km erstreckt. Die hohen Gefälle und großen Wassermengen, um welche es sich
hierbei handelt, ermöglichen die Anlage von Kraftwerken in Stufen übereinander,
derart, daß die obersten Stufen die größten Gefälle ausnutzen und daher vorzugsweise
mit Pelton-Turbinen ausgerüstet sind, während die
unteren Stufen verhältnismäßig geringere Gefälle und das Abwasser der oberen
Kraftwerke ausnutzen. Die eigenartigen Wasserverhältnisse von Kalifornien, das von
April bis November so gut wie regenlos ist, bedingen, daß alle Wasserkraftwerke in
den oberen Stufen mit umfangreichen Sammelbecken versehen werden müssen, deren
Inhalt für die Kraftabgabe der oberen Werke sowie auch der mit dem gleichen
Kraftwasser gespeisten unteren Werke maßgebend ist. Infolgedessen wird auch die
Anpassung der Gesamtleistung der Kraftwerke an den jeweiligen Bedarf in erster Linie
nur in den obersten Stufen durch Verminderung oder Erhöhung des Wasserzulaufes
bewirkt, während die unteren Stufen, gewissermaßen nacheilend, ihre Leistung
jederzeit so einrichten, daß sie das ihnen zulaufende Kraftwasser vollständig
ausnutzen.
Die Hochdruck-Francis-Turbine, um welche es sich im
vorliegenden Falle handelt, ist in einem solchen Abwasserkraftwerk bei Centerville
aufgestellt worden, etwa 16 km unterhalb einer mit 475 m Gefälle und je zwei 1500
und 5500 KW-Löffelrad-Einheiten arbeitenden Zentrale.
Das Abwasser dieses Werkes ergießt sich zunächst frei in den Fluß, wird aber
unmittelbar nachher durch eine Talsperre aufgehalten, und in einem 16 km langen,
teils ausgesprengten, teils als Holzgerinne ausgeführten Oberwassergraben bis zu den
beiden 610 mm weiten Druckleitungen geführt, welche die für die neue Turbine
bestimmte, 1060 mm weite Rohrleitung speisen. Die Turbine ist eine einfache Francis-Turbine mit wagerechter Welle und Finkscher Drehschaufelregulierung, deren Leitring außerhalb
des Gehäuses liegt. Das Laufrad der Turbine ist aus Stahlguß hergestellt und hat
einen äußeren Durchmesser von 1620 mm und eine lichte Breite von 85 mm. Die
Umdrehungszahl ist mit Rücksicht auf den vorhandenen Stromerzeuger auf 400 i.d.
Minute festgesetzt. Die Turbine ist mit einem Lombard-Regulator ausgerüstet, bei welchem die elektrisch betriebene
Druckpumpe und der Servo-Motor getrennt sind. Der
Steuerkolben des Servo-Motors wird durch ein
Vorsteuerventil vom Regulator aus in Gang gesetzt, dessen Fliehkraftpendel aus
zweiseitig eingespannten Blattfedern und darauf befestigten Kugeln gebildet werden.
Da der Regulator für die größte Leitradöffnung keine beliebige Begrenzung gestattet,
also bei einem Kurzschluß das Durchgehen der Turbine nicht verhindern kann, so ist
außerdem noch eine Handabstellvorrichtung vorhanden, welche auf die Rückführung
einwirkt. (Pfau.) [Schweizerische Bauzeitung 1908, II,
S. 111–119 und 121–127.]
H.
Einphasen-Wechselstrombetrieb in England.
Im April dieses Jahres hat die Midland
Eisenbahn-Gesellschaft zwischen den Stationen Heysham, Morecambe und Lancaster einen
Versuchsbetrieb mit Einphasenwechselstrom, dem ersten in England, eröffnet.
Vorläufig sind drei Züge vorhanden, von denen zwei von den Siemens Bros Dynamo Works und einer von der British Westinghouse Company ausgerüstet wurden. Jeder Zug besteht aus
einem Motorwagen und zwei Anhängewagen und kann 310 Personen bei 186 Sitzplätzen
fassen. Ein Zug soll auf der Strecke Heysham Morecambe
einen 20 Minutenverkehr und ein zweiter auf der Strecke Morecambe Lancaster einen 15 Minutenverkehr mit einer Fahrgeschwindigkeit
von 40 km/Std. aufrechterhalten, während der dritte als Reserve dient. Die 2,74 m
breiten Motorwagen bind 18,2 m lang und ruhen auf zwei zweiachsigen Drehgestellen,
die Radstände von 2,58 m und Räder von etwa 1,1 m besitzen. Jeder Motorwagen
wird durch zwei Motoren angetrieben, die in demselben Drehgestell untergebracht
sind.
Zur Stromabnahme von der Oberleitung besitzen die von Siemens ausgerüsteten Motorwagen zwei Paar Stromabnehmer, von denen jedes
aus einem großen und einem kleinen Stromabnehmer mit Aluminiumschleifstücken
besteht. Die die Bügel an die Fahrleitung anpressenden Federn werden durch Speisen
von Vakuumzylindern gespannt. Westinghouse drücken
ihren Parallelogrammbauart besitzenden Stromabnehmer durch Federn an die Fahrleitung
an und bewirken das Niederlegen durch einen Druckluftzylinder. Das Schleifstück
dieses Stromabnehmers ist ein 150 mm breites und 1,6 mm dickes verzinktes
Flacheisenstück, welches nach unten gebogene Enden und zur Aufnahme von
Schmiermittel eine Längsnut von halbkreisförmigem Querschnitt besitzt. Es wiegt 3,5
kg und ist nach Zurücklegung von 5000 Wagenkilometern noch im Betriebe. Bei
sämtlichen Stromabnehmern sind die unter Spannung stehenden Teile durch
Porzellanisolatoren isoliert. Zur Sicherung der Fahrzeuge bei Drahtbruch dient ein
geerdetes Drahtnetz, welches über das Wagendach gelegt ist.
Beim Westinghouse-Wagen wird der der Oberleitung
entnommene Strom von dem Parallelogramm-Stromabnehmer durch ein mit Gummi isoliertes
Bleikabel zu einem Hauptschalter geleitet, dessen unter Oel arbeitende Kontakte
elektropneumatisch gesteuert werden können. Dieser Schalter dient gleichzeitig als
selbsttätiger Höchststromunterbrecher und kann nur eingelegt werden, wenn sich der
Steuerschalter auf der ersten Fahrstellung befindet. Der Strom gelangt dann an die
Hochspannungsklemme des mit Oel isolierten Spartransformators, dessen andere
Klemme sorgfältig geerdet ist. Die sechs Niederspannungsanschlußklemmen des
Transformators sind mit ebensoviel elektropneumatisch gesteuerten Schaltern
verbunden, die eine kräftige Funkenlöschung besitzen und zur Vermeidung von falschen
Schaltungen mit Hilfskontakten für den Steuerstrom zur elektrischen Verriegelung
versehen sind. Der Sekundärstrom fließt von diesen Schaltern über Drosselspulen, die
beim gleichzeitigen Einlegen zweier Schalter den Kurzschlußstrom der
Transformatorspulen begrenzen, zu dem Fahrtrichtungsschalter, dessen Kontakte auf
einer elektropneumatisch gesteuerten Walze liegen. In bezug auf den
Fahrtrichtungsschalter sind die Einzelschalter derart verriegelt, daß sie nur
geschlossen werden können, wenn sich der erstere in einer seiner Einschaltstellungen
befindet. Von dem Fahrtrichtungsschalter gelangt der Strom schließlich in die
Motoren, die gemäß der üblichen Bauart von Westinghouse
Hauptstrom-Kollektormotoren mit Kompensationswicklung sind. Jeder Motor leistet bei
künstlicher Lüftung 150 PS und kann einen Strom- von 1200 Amp. ohne übergroßes
Bürstenfeuer aushalten. Um die Neigung zur Funkenbildung am Kommutator zu
verringern, ist die Glimmerisolation zwischen den Kommutatorlamellen bis zu einer
Tiefe von etwa 1½ mm entfernt.
Bei den Siemens-Wagen wird der Strom von den
Stromabnehmern, die durch eine blanke auf Isolatoren verlegte Leitung miteinander
verbunden sind, mit Ausnahme eines kurzen Stückes durch den Wagen, wo ein mit Papier
isoliertes Bleikabel verwendet ist, gleichfalls mittels blanker Leitungen zu einer
Hochspannungskammer geführt. Die Tür dieser Kammer ist mit den Stromabnehmern derart
verriegelt, daß sie nur nach deren Niederlegen geöffnet werden kann, und umgekehrt
die Stromabnehmer erst nach Schließen der Tür wieder aufgerichtet werden können. Die
Ausrüstung der Siemens-Wagen besteht außer den beiden
Antriebsmotoren und dem Ventilatormotor aus einem Haupttransformator, einem
Hilfstransformator, einem Kommutierungstransformator, einem Hochspannungsschalter
und einer Anzahl Einzelschaltern. Sicherungen liegen auf der Hochspannungsseite des
Haupttransformators und des Hilfstransformators, vor den Motoren, den
Steuerleitungen und dem Ventilatormotor. Die vor den Motoren liegenden Sicherungen
dienen gleichzeitig zum Abschalten beim Unfall eines Motors. Der Hilfstransformator
speist die Wagenbeleuchtung und ist nur aus dem Grunde vorgesehen, daß beim Auslösen
des Höchststromausschalters infolge eines Kurzschlusses oder einer Ueberlastung der
Motoren die Wagenbeleuchtung nicht beeinflußt wird. Er bietet außerdem den Vorteil,
daß bei längeren Aufenthalten auf Stationen der Hauptstromschalter auch abends und
nachts geöffnet und somit durch Abschalten des Magnetisierungsstromes des
Haupttransformators Energie gespart werden kann.
Für die Betriebsbremsungen ist eine Vakuumbremse vorgesehen. Das Vakuum wird mittels
Pumpe erzeugt, die unter Zwischenschaltung einer in Oel laufenden Schnecke durch
einen Einphasenmotor angetrieben wird. In die Stromzuführung zu dem Pumpenmotor ist
keine Niederspannungssicherung eingelegt, damit beim Versagen dieses Motors
(Kurzschluß) und somit beim Versagen der Bremseinrichtung die Hochspannungssicherung
durchschmelzen muß und hierdurch der weitere Betrieb des Wagens unmöglich gemacht
wird.
Die Motorwagen wiegen ohne elektrische Einrichtung 24,3 t. Hierzu kommen bei der Siemens-Ausrüstung für die Motoren 6,25 t, für die
Schaltapparate und die Transformatoren 8,5 t hinzu. Das Gewicht der Westinghouse-Motoren beträgt 5,5 t und das der
zugehörigen Schaltapparate und Transformatoren 7,65 t.
Der Betriebsstrom wird von den Fahrzeugen aus der Fahrleitung mit einer Spannung von
6600 Volt und 25 Wechseln i.d. Sekunde entnommen. Die Bauart der Oberleitung
entspricht im wesentlichen der normalen Bauart der Firma Siemens Bros bis auf eine besondere Aufhängung des Tragseiles. Das
letztere ist nämlich doppelt vorhanden; beide Seile bestehen aus je sieben Stahl
drahten und sind auf ihrer ganzen Länge miteinander verbunden bis auf die
Aufhängepunkte, vor denen sie sich in einer Entfernung- von einem Meter trennen,
dann zu beiden Seiten des Isolatorkopfes, auf dem sie in den Nuten eines Paßringes
gelagert sind, vorbeigehen und sich dann nach einem Meter wieder vereinigen. Durch
fünf Hängedrähte zwischen je zwei Aufhängepunkten ist an den Tragseilen ein
Hilfstragdraht befestigt, an dem denn mittels etwa 100 mm langer Schlaufen der
8-förmige Fahrdraht von 70 qmm Querschnitt aufgehängt ist. Die Schlaufen sind an dem
Fahrdraht durch Klemmen befestigt und können sich auf dem Hilfstragdraht leicht
verschieben. Um den Durchhang des Fahrdrahtes auch bei Wärmeschwankungen
gleichbleibend zu erhalten, ist derselbe in Längen von 700–900 m eingebaut, die an
einem Ende fest verankert und am anderen Ende unter Benutzung einer entsprechenden
Rollenführung durch Gewichte von je 500 kg belastet sind. Die Verankerung der
Fahrdrähte ist derart erfolgt, daß die Stromabnehmer sie in Richtung nach den
gewichtsbelasteten Enden hin bestreichen, damit auch die Reibung des Stromabnehmers
im Sinne einer Spannung des Drahtes wirkt. Um eine doppelte Isolation der
Oberleitung gegen Erde zu erhalten, sind die Tragisolatoren, die aus zwei Teilen
zusammengekittet sind, auf Hartgummi umpreßten Stützen gelagert.
Die Stromrückleitung erfolgt durch die Fahrschienen. Hierzu sind die äußeren Schienen
jedes Gleises durch je zwei Kupferbügel, die unter den Stoßlaschen angeordnet sind,
leitend miteinander verbunden. An Kreuzungen und Weichen stehen sämtliche Schienen
untereinander durch Kupferkabel in Verbindung. Ferner ist auf eine sorgfältige
Erdung der Schienen Bedacht genommen. In Heysham sind
zu diesem Zweck zwei Kupferplatten im Hafen versenkt; in Morecambe hat man Kupferplatten am Ende der Landungsbrücke angebracht und
schließlich in Lancaster die Schienen an eine Brücke
angeschlossen, deren eiserne Pfeiler bis in das Flußbett hinabgehen. [The
Electrician 1908, S. 324–327, S. 363–371 und S. 404–409.]
Pr.
Güterzug-Verbundlokomotive.
Für die Hedschasbahn (Damaskus–Mekka) hat Henschel &
Sohn, Kassel, eine kurvenbewegliche sechsachsige
Geschwindig-keit
Umlauf-Sek.
Kessel-leistung
Größte Zugkraft ermittelt aus
Widerstand inder Ebene
fürLokomotiveund Tender
Beförderte Wagenlast
inSteigung von
Reibungsgewicht46000 × ⅙
den
Zylindern0,45\,p\,\frac{h}{2\,D}\,d\,n^2\,.\,2
derHeizfläche
km/Std.
PS/qm
kg
kg
kg
kg/t
1 : 20
1 : 50
1 : 100
1 : 200
10
0,84
3,3
7666
7350
13260
4,1
58
251
537
1000
20
1,67
4,3
7666
7350
8638
4,8
57
246
523
965
30
2,47
4,9
7666
7350
6642
5,6
42
208
445
817
40
3,30
5,4
7666
7350
5473
6,5
–
149
333
608
50
4,13
5,5
7666
7350
4452
7,7
–
97
234
430
Lokomotive für 1050 mm Spurweite gebaut. Diese Bahn führt auf
lange Strecken durch wasserarme Gegenden, hat lange Steigungen bis zu 22 v.T. und
zahlreiche Krümmungen bis zu 90 mm Radius. Die Lokomotive soll erhebliche Zuglasten
fördern, geringen Wasser- und Kohlenverbrauch besitzen und einen großen Kohlen-
und Wasservorrat mit sich führen können. Der Raddruck dürfte 5 t nicht
überschreiten. Die geforderte Zugkraft bedingte ein Reibungsgewicht von 50 t und bei
der geringen Spurweite und den vielen Krümmungen war die Ausführungsform der Mallet-Lokomotive mit zwei Dampftriebgestellen sehr
zweckmäßig. Die Lokomotive besitzt eine vordere Laufachse, so daß eine 3/3 + ⅔ gekuppelte
Bauart entstanden ist. Das gewählte Verhältnis der Heizfläche (150 qm) zur
Rostfläche (2,5 qm) ist für Güterzugslokomotiven sehr günstig. Der Bodenring der
Feuerbüchse besteht aus Flußeisenformguß, der neuerdings für diesen Zweck häufig
Verwendung findet. Im Kessel sind 200 flußeiserne Rauchröhren mit 50 auf 45 mm
, die am hinteren Ende kurze Kupferstützen haben. Die Rauchkammer ist sehr
lang gehalten, um ein gleichmäßiges Anfachen des Feuers zu erhalten. Da die Mallet-Lokomotive einen festen Hauptrahmen und ein frei
bewegliches Vordergestell besitzt, so ist der Kessel mit dem hinteren Rahmenteil
fest verbunden. Unter der Rauchkammer befinden sich die Niederdruckzylinder und
treiben die beiden gekuppelten Achsen des Vorderdrehgestelles an. Die
Hochdruckzylinder wirken auf die drei gekuppelten Achsen des Hauptrahmens. Dieser
Rahmen ist mit dem vorderen Drehgestell durch eine Gelenkkupplung verbunden, die das
Durchfahren von Krümmungen bis zu 80 mm Radius gestattet. Die Laufachse ist zur
Erleichterung des Einfahrens in Krümmungen um 10 mm seitlich verschiebbar.
Der Tender hat einen für die geringe Spurweite sehr großen Fassungsraum von 18 cbm.
Wasser und 6 t Kohle. Er ruht auf zwei Drehgestellen nach der amerikanischen
Diamond-Bauart, die seitlich genügend versteift ist und geringes Eigengewicht hat.
Die Hochdruckzylinder haben 320, die Niederdruckzylinder 510 mm . Der
Kolbenhub beträgt 560 mm. Der Dampfüberdruck ist 12 at. Das Dienstgewicht der
Lokomotive beträgt 52,5 t, das Reibungsgewicht 46 t.
Diese Lokomotive hat allen Erwartungen entsprochen. Ihre Leistungen stimmen überein
mit den in der untenstehenden Tabelle rechnerisch bestimmten Zugleistungen. Das
Einfahren und die Bewegungen in Krümmungen geschehen sicher und ruhig. [Zeitschr. d.
Ver. deutsch. Ing. 1908, S. 1630–1634.]
W.
Heißdampflokomotiven.
Infolge der Vorführung von Heißdampflokomotiven auf der Ausstellung in Mailand 1906
bestellte die italienische Staatsbahn bei der Berliner
Maschinenbau-Gesellschaft Schwarzkopff solche ¾ gekuppelte
Zwillingslokomotiven mit Rauchröhrenüberhitzern System Schmidt. Es wurde dabei verlangt, daß die Gesamtanordnung und alle Teile
der schon vorhandenen ¾ gekuppelten Zweizylinder-Verbundlokomotiven sowenig als
möglich geändert werden sollen.
Diese Lokomotiven sind dazu bestimmt, leichte Schnellzüge von rd. 280 t Wagengewicht
über ebene Strecken
(Mailand–Turin und Verona–Venedig) zu befördern. Deshalb ist der Kessel für eine
dreifach gekuppelte Lokomotive mit einer verhältnismäßigkleinen Rostfläche versehen
(2,46 qm). Das Verhältnis der normalen Heizfläche zur Ueberhitzerfläche wurde unter
Berücksichtigung der Erfahrungen der preußischen Staatsbahn so gewählt, daß dasselbe
fast ¼ der gesamten Heizfläche ist (33,5 : 141,8). Bei den Zylinderabmessungen wurde
darauf Rücksicht genommen, daß das Reibungsgewicht für das Anfahren und Nehmen
kurzer Steigungen ausgenutzt werden kann, daß aber anderseits bei Fahrten in der
Ebene nicht mit zu kleinen Füllungen gefahren werden muß. Die Charakteristik einer
Heißdampflokomotive nach Garbe
\frac{d^2\,l}{T\,D} ist je
\frac{54^2\,\times\,70}{44,5\,\times\,185}\,\times\,24,8
bestimmt, wobei d der Zylinderdurchm., l der Kolbenhub, T das
Reibungsgewicht und D den Treibraddurchm. bedeutet. Bei
einer größten Zugkraft von Z = 9275 kg ergibt sich eine
Adhäsionsziffer 1 : 4,77, die für eine dreifach gekuppelte Lokomotive nicht
unterschritten werden soll.
Trotz Vergrößerung der Heizfläche und des Einbaues eines Ueberhitzers ist das
Leergewicht der Heißdampflokomotive um 700 kg geringer als das der
Verbundlokomotive. Die Einzelheiten der Heißdampfeinrichtung sind einfacher gehalten
als bei den preußischen Staatsbahnen üblich ist, um bei dem italienischen
Führerpersonal keine Abneigung gegen diese Neuerung hervorzurufen.
Um sich von der Leistungsfähigkeit dieser Lokomotiven zu überzeugen, wurden auf der
Strecke Berlin–Grunewald Versuchsfahrten ausgeführt. Die Lokomotiven waren dabei mit
Manometer, Fernthermometer und Vakuummeter und mit einem Pyrometer zum Messen der
Temperatur der Feuergase vor der Rauchkammerrohrwand ausgerüstet. Um den
Wasserverbrauch schnell feststellen zu können, wurde der Tenderkasten genau geeicht.
Der Kohlenverbrauch wurde durch Wiegen festgestellt. Die Probefahrten haben dann
ergeben, daß für den von der italienischen Staatsbahn vorgeschriebenen Rost die
leichte schlesische Kohle nicht paßt, daß vielmehr schwerere Kohle und Briketts zu
verwenden sind. Die Verdampfung betrug 6,34 bezw. 6,00 l Wasser für 1 kg Kohle. Bei
Geschwindigkeiten von 80–90 km/Std. gewährleistete das Drehgestell, Bauart Zara, einen sehr ruhigen Gang. Diese Versuchsfahrten
haben ebenfalls ergeben, daß sich heute die Abmessungen einer Heißdampflokomotive
mit Sicherheit im voraus bestimmen lassen.
Auf weiteren Probefahrten in Italien wurde die Ueberlegenheit der
Heißdampflokomotiven gegenüber der Zweizylinder-Verbundlokomotiven festgestellt. Die
Fahrzeiten konnten besser eingehalten werden und Verspätungen wurden leicht
eingeholt, auch bei stärkerer Zugbelastung, indem die Züge schneller auf die
mittlere Fahrgeschwindigkeit kamen. [S. auch D. P. J. 1908, S. 446. Zeitschrift des
Vereins deutsch. Ing. 1908, S. 1301–1307, 1353–1360 und 1386–1391.]
W.
Selbstspannende Kolbenringe.
In der Abhandlung von ReinhardtZ.d.V.d. Ing. 1901, S. 232 und 373.
sind die Grundlagen für die Bemessung der selbstspannenden Kolbenringe gegeben. Doch
sind die Berechnungen danach umständlich, so daß in der Praxis davon wenig Gebrauch
gemacht wird. Auf Grund der Reinhardtschen
Entwicklungen und einer Reihe bewährter Ausführungen werden die nachstehenden
Formeln aufgestellt.
Die Hälfte eines Kolbenringes, als rechteckige Biegungsfeder aufgefaßt, ergibt
bei einer Durchbiegung f die Federkraft
P=\frac{E\,.\,f\,.\,b\,.\,h^3}{12\,r^3\,\pi}
Hierin ist E der Elastizitätsmodul des Ringmaterials:
(Gußeisen), b die Breite und h die Höhe des konstantem rechteckigen Ringquerschnittes, r der mittlere Halbmesser des Ringes. Alle Maße gelten
in Zentimetern.
Wird die Wirkung der Einzelkraft P ersetzt durch die
Wirkung der über den Umfang verteilten, radial wirkenden Belastung p kg/qcm und P = 2πb . p gesetzt, so erhält
man die Pressung des Ringes am Umfang, den Dichtungsdruck,
p=\frac{E\,.\,f\,.\,h^3}{12\,\pi\,r^4}
Dieser so erhaltene Wert weicht von dem durch die genaue
Berechnung- gefundenen nur unwesentlich ab.
Die Formel gestattet die Berechnung der Wandpressung aus den Ringabmessungen; Reinhardt gibt als erfahrungsmäßig zulässigen Wert
hierfür ¼–½ at an; doch kommen bei Hochdruckkompressoren auch Wandpressungen bis zu
3 at vor.
Für die eintretende Abnutzung ist die Reibungsarbeit maßgebend, welche dem Produkt
p . c proportional ist, wenn c die mittlere Kolbengeschwindigkeit bedeutet. Nach den
Erfahrungen an Kreuzkopfführungen kann man mit dem Wert p .
c bis auf 5 gehen, ohne erhebliche Abnutzung befürchten zu müssen. Mit
Rücksicht auf die höhere Temperatur im Dampfzylinder und die geringere
Wärmeableitung dürfte hier bei Kolbenringen der Wert p . e
= 1,5 entsprechend sein; dies führt z.B. bei einer Kolbengeschwindigkeit
c = 3 m auf p = ½
at.
Mit der Festlegung des Wertes p können nun die
Ringabmessungen bestimmt werden, wenn wir noch die Festigkeitsgleichung des um f zusammengebogenen Ringes zu Hilfe nehmen. Die
Biegungsbeanspruchung des aufgebogenen Ringes ist danach
\frakfamily{S}=\frac{85000\,.\,h\,.\,f}{r\,.\,r_a} in
kg/qcm,
2ra ist der Durchmesser
des aufgeschnittenen ungespannten Ringes. Man kann erfahrungsmäßig mit
\frakfamily{S} bis zu 1200 kg/qcm gehen. Beim Ueberbringen
des aufgeschnittenen Ringes über die Stirnwand können sehr hohe Beanspruchungen im
Ring auftreten, die für verschiedene Werte von \frac{f}{r_a}
einen nach den genauen Formeln von Reinhardt
berechneten Kurvenblatt entnommen werden können. Danach ergeben sich die Abmessungen
der Ringe. Ihre Anzahl z für einen Kolben richtet sich
nach der Große des Druckes p1, gegen den sie abdichten sollen und welcher ein Vielfaches vom
Anpressungsdruck p der Ringe ist. Man kann die
Beziehung als giltig annehmen
p . b .
z = K.
Für Scheibenkolben kann nach guten Ausführungen
K=0,08-0,12 p_i\,\left(1+\frac{2}{z}\right)
gesetzt werden. (H. Friedmann.)
[Zeitschrift des österr. Ingenieur- und Architektenvereins 1908.]
M.
Die Verwendung von Graphit als Schmiermittel.
Als man vor einigen Jahren dazu überginge in den Zylindern von Dampf- und
Großgasmaschinen statt der gewöhnlichen Schmieröle Graphit als Schmiermittel zu
verwenden, stellten sich bald nach den ersten Versuchen zwei große Schwierigkeiten
heraus, welche die Anwendung des Graphits in größerem Umfange verhinderten. Wohl
hatte man schon bei den ersten Versuchen gefunden, daß ein geringer, etwa 2–3 v.H.
betragender Zusatz zu gewöhnlichem Schmieröl eine bedeutende Oelersparnis, bis zu 50
v.H., erzielen ließ, allein es war schwer, einen genügend reinen, von
Tonbeimengungen freien Graphit, wie man ihn für diese Zwecke braucht, zu beschaffen,
und außerdem schlägt sich der dem Schmieröl beigemengte Graphit sofortnieder, so daß
er nur durch ständig in Betrieb befindliche Rührwerke so fein verteilt erhalten
werden kann, daß er keine Verstopfungen der Schmierleitungen bewirkt.
Der in der Natur frei vorkommende Graphit ist fast ausschließlich mit Ton vermengt,
von dem er nur mit großen Kosten gänzlich befreit werden könnte. Er kommt für
Schmierzwecke auch wegen seines groben Gefüges nicht in Betracht, das sich auch
durch die feinsten Mühlen nicht verfeinern läßt. Der erste Schritt zur praktischen
Ermöglichung der Graphitschmierung war daher die künstliche Herstellung von Graphit
aus Kohle im elektrischen Ofen, die nach dem von Acheson erfundenen Verfahren von der International
Acheson Graphite Co. in Niagara-Falls unter Benutzung des ihr von den
mächtigen Wasserkraft-Elektrizitätswerken am Niagara
zur Verfügung stehenden Stromes ausgeführt wird. Das Verfahren besteht darin, daß
die in Graphit umzuwandelnde Kohle in einem etwa 9 m langen Kanal aufgegeben wird,
der an den Innenseiten mit Karborundumplatten feuerfest ausgekleidet ist. An den
Enden des Kanales sind dicke Kohlenelektroden angeordnet. Die Beschickung besteht
jedesmal aus 3000–3500 kg grobstückigem Anthrazit oder Kunstkohle und diese wird mit
Kohlenstaub oder Kohlengrus eingedeckt. Wenn der Ofen beschickt ist, wird
Wechselstrom von 210 Volt Spannung zunächst mit einer Stärke von 1400–1500 Amp.
durchgeschickt, um den Kanal anzuwärmen. Erst nach einigen Stunden wird die
Stromstärke auf 3600 Amp. erhöht, um die zur Bildung des Graphits erforderliche hohe
Temperatur zu erreichen. Infolge des wachsen den Leitungsvermögens der
Ofenbeschickung sinkt nach etwa 24 Stunden die Spannung allmählich bis auf 80 Volt,
während die Stromstärke auf 9000 Amp. steigt. Im Verlauf dieser Zeit ist auch der
gesamte Inhalt des Kanals in Graphit verwandelt. Die hierbei aufgewendete Leistung
beträgt etwa 1000 PS, ist also immerhin so groß, daß das Verfahren nur in der Nähe
großer natürlicher Kraftquellen wirtschaftlich ausführbar ist.
Das Niederfallen des dem Oel beigemengten Graphits kann nach einem neuen, ebenfalls
von Acheson
herrührenden Verfahren dadurch verhindert werden, daß man dem Gemisch noch
etwas Gerbsäure beimengt, wobei 3–6 v.H. Gerbsäure dem Gewicht nach auf das
verwendete Gewicht von Graphit entfallen. Die Gerbsäure hat nämlich die ganz
merkwürdige Eigenschaft, das Gemisch von Graphit und Schmieröl oder das Gemisch von
Graphit und Wasser in eine Emulsion zu verwandeln, von so feiner Graphitverteilung,
daß selbst ein Filtrierpapier keine Scheidung dieser beiden Stoffe bewirken kann. Es
ist klar, daß in I dieser Form Graphit allen Anforderungen an ein gutes
Schmiermittel zu entsprechen vermag. Versuche haben denn auch ergeben, daß schon ein
Zusatz von 0,5 v.H. Graphit zum Oel die Reibungsziffer wesentlich vermindert und die
Verwendungsdauer des Oeles erhöht. Professor C.H.
Benjamin hat z.B. bei seinen Versuchen an einem Lager von 8,75 kg/qcm und
475 Umdreh. i.d. Minute festgestellt, daß die Anfangsreibung bei einer
Graphitemulsion von 0,5 v.H. Graphitgehalt nur 0,65 derjenigen bei einer
Oelschmierung, die Reibungsziffer nach zweistündigem Betrieb nur 0,55 derjenigen bei
reiner Oelschmierung beträgt. [Zeitschr. d. Bayr. Revisions-Vereins 1908, S.
5–7.]
H.
Stützmauern aus Eisenbeton.
Die Stützmauern bestehen aus einer senkrechten Wand und einer wagerechten
Grundplatte, deren Stärken und Eiseneinlagen von den größten Biegungsmomenten aus
dem Seitenschub bezw. der Bodenpressung abhängig sind. Mit Hilfe der in den
amtlichen Bestimmungen für die Berechnung von Eisenbetonbauten angegebenen Formeln
lassen sich die erforderlichen Querschnittsabmessungen leicht ermitteln.
Die Länge der der senkrechten Wand vorgelagerten Grundplatte x ist von der zugelassenen größten Bodenpressung p, dem Gewicht der Vorlage für die Längeneinheit g, dem Gesamtgewicht der senkrechten Wand G,
dem Standmoment dieser Wand Mv in bezug auf ihre Kippkante ohne Vorlage
und dem Kippmoment Mp
des auf die Stützmauer wirkenden Seitenschubes abhängig nach der Gleichung:
X=-\frac{G}{g}+\sqrt{\frac{G^2}{g^2}+\frac{1,5\,(M_h-M_v)\,.\,p+G^2}{0,75\,p\,g-g^2}}
Hierbei erhält man t in m, wenn man G in t und g in t/m, Mh und Mv in mt und p in t/qm einsetzt.
Liegt die Grundplatte auf der Erdseite, so kann die Erdbelastung der Platte für die
Standsicherheit der Mauer herangezogen werden. [Zement und Beton, 1908, S. 503
ff.]
Dr.-Ing. P. Weiske.