Titel: | Polytechnische Rundschau. |
Fundstelle: | Band 324, Jahrgang 1909, S. 94 |
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Polytechnische Rundschau.
Polytechnische Rundschau.
Schlüpfungsmesser für Wechselstrom-Motoren.
Es ist eine bei den Elektroden von Aluminiumzellen bekannte Erscheinung, daß nach der
Erhöhung der Spannung über einen bestimmten Betrag kleine über die Elektrodenfläche
verteilte Funken auftreten. Wird eine Legierung verwendet, die außer Aluminium noch
Zusätze von Kupfer, Zinn, geringe Mengen Mangan, Eisen und Zink, sowie Spuren von
Silizium im Gesamtbetrage 10 v.H. enthält, so tritt die Lichterscheinung bei 250
Volt auf, ohne daß größere Ströme fließen. Sie hat hier ein etwas anderes Aussehen
und zwar kann ihre Erscheinung am besten als „Glühen“ bezeichnet und mit
einem soeben in Wasser getauchten Stück weißglühenden Eisens verglichen werden. Zu
den Versuchen wurde als Elektrolyt eine Boraxlösung verwendet; jedoch auch andere
alkalische Lösungen zeigten die Erscheinung.
Wird die Aluminiumzelle an eine Wechselstramspannung angelegt, so tritt die
Lichterscheinung an jeder der Elektroden nur während der Hälfte einer Periode und
zwar an beiden Elektroden abwechselnd auf. Diese Erscheinung wird zur
Schlüpfungsmessung von Induktionsmotoren in der Weise benutzt, daß durch eine von
dem zu untersuchenden Motor angetriebene Stroboskopscheibe hindurch eine Elektrode
einer derartigen Aluminiumzelle beobachtet wird. Diese Scheibe besitzt in
verschiedenen Kreisen ein, zwei und drei Löcher, die verwendet werden, je nachdem es
sich um die Untersuchung eines zwei-, vier- oder sechspoligen Motors handelt. Die
Häufigkeit des durch die Stroboskopscheibe sichtbaren Aufleuchtens der Elektrode in
einem bestimmten Zeitraum gibt dann ein Maß für die Schlüpfung. Der Versuchsapparat
besaß eine Scheibe von 120 mm mit 6 mm großen Löchern. Die Elektrode hatte
eine Fläche von etwa 25 qmm und war in einem Reagenzglas von 13 mm Weite
untergebracht. Trotz dieser geringen Abmessungen konnten mit diesem Instrument
Schlüpfungen bis zu 200 in der Minute genau festgestellt werden. (Johnstone.) [Electrical World 1908, Bd. II, S.
343–345].
Pr.
Messung hoher Selbstinduktion von Spulen mit
Eisenkernen.
Werden in Telegraphenleitungen mit großer Kapazität gemäß dem Vorschlage von Oliver Heaviside Selbstinduktionsspulen eingeschaltet,
so kann nach den Versuchen der Eastern Telegraph
Company die Selbstinduktion einzelner dieser Spulen Werte bis zu 100 Henry
erreichen. Derartige Spulen werden im allgemeinen mit nahezu geschlossenem
Eisenkreis gebaut und der Luftschlitz im Eisenkern zur Regelung der Selbstinduktion
einstellbar gemacht. Nun bereitet die Messung der Selbstinduktion dieser Spulen nach
den üblichen Verfahren sehr große Schwierigkeiten und erfordert einen großen
Zeitaufwand, wenn die Stromstärke des Wechselstromes nur 10– 4 bis 10– 5
Amp. beträgt.
Zur Erleichterung der Messung wurde ein neues Galvanometer konstruiert, dessen
Elektromagnet ein regelbares Feld liefert, welches bis auf 8000 C.G.S.-Einheiten
verstärkt werden kann. Der Kraftlinienweg in dem Instrument ist bis auf die kleine
Aussparung, in der das System angeordnet ist, durch Eisen geschlossen. Die Meßspule
besitzt etwa 500 Windungen und ist auf einen leichten Aluminiumrahmen von 4 cm Länge
und 0,5 cm Breite gewickelt. Der Spulenausschlag wird mittels Spiegels und
Lichtstrahles gemessen. Der Spiegel ist jedoch nicht in der üblichen Weise mit der
Spule selbst starr verbunden, sondern mittels Fäden zwischen zwei Armen um eine
wagerechte Achse drehbar aufgehängt. An der Oberkante und Unterkante des Spiegels
sind Fäden befestigt, die zu den Enden eines mit der Meßspule verbundenen
doppelarmigen Hebels führen. Durch diese Anordnung, die der Steuerung des Hebers bei dem bekannten
Heberschreiber (Siphonrecorder) der Kabeltelegraphie nachgebildet ist, wird eine
Vergrößerung- der Ausschläge erreicht. Die Dämpfung- der Spule wird hauptsächlich
durch die in dem Aluminiumrahmen bei der Bewegung- induzierten Wirbelströme
bewirkt.
Die Messung- findet in der Weise statt, daß die Selbstinduktionsspule mit einem
besonderen kleinen Wechselstromerzeuger bekannter Frequenz in Reihe geschaltet und
der Ausschlag des Galvanometers beobachtet wird. Hierauf wird an Stelle der
Selbstinduktion ein regelbarer induktionsfreier Widerstand eingeschaltet und so
eingestellt, daß derselbe Ausschlag erreicht wird. Sind M und L Widerstand und
Selbstinduktionskoeffizient der zu messenden Spule und R' der induktionsfreie Widerstand, der den gleichen Ausschlag
hervorbringt, so besteht die einfache Beziehung
R'=\sqrt{R^2-p^2\,L^2}; und da R
im allgemeinen klein gegenüber pL ist, so ergibt sich
L = R'/p, wo p die bekannte Wechselzahl des kleinen Stromerzeugers
ist.
Zur Vergrößerung des Meßbereiches kann dem Galvanometer ein induktionsfreier
Widerstand parallel geschaltet werden. (Lodge und Davies.) (The Electrician 1908 S. 835–837.).
Pr.
Elektrische Stadt- und Vorortbahn Blankenese-Ohlsdorf.
Schon im Jahre 1894 hatte die Eisenbahndirektion Altona
die Einführung elektrischen Betriebes auf dem Hamburger Stadt- und Vorortbahnen
erwogen. Sie war jedoch wieder davon abgekommen, da weder die verlangte
Leistungsfähigkeit noch die Ausführbarkeit der Steuerung sämtlicher Triebwagen von
einem Punkte aus nachgewiesen werden konnte. In den Jahren 1901/1902 wurde die Frage
der Elektrisierung den elektrotechnischen Großfirmen vorgelegt, die daraufhin die
Verwendung von Gleichstrommotoren in den Fahrzeugen, Stromzuführung durch dritte
Schiene und Drehstrom zur Energieverteilung an die Unterwerke vorschlugen. Die hohen
Anlagekosten für die Unterwerke und die Leitungsanlagen einerseits und die günstigen
Ergebnisse der Union-Elektrizitätsgesellschaft mit dem
Winter-Eichberg-Motors. D. P. J. 1907 Bd. 322 S. 759.
anderseits veranlaßten die Staatseisenbahnverwaltung vorerst die Versuche auf der
Vorortstrecke Niederschöneweide-Spindlersfeld mit dem
neuen Motor abzuwarten. Nach dem günstigen Ausfall dieser Versuche wurden im Jahre
1904 abermals Kostenanschläge eingefordert, die die Verwendung von einphasigem
Wechselstrom von 25 Perioden und 6000 Volt Spannung und Stromentnahme aus einer
Oberleitung vorsehen sollten. Auf Grund dieser Kostenanschläge wurden den Siemens-Schuckertwerken die Bahnstromerzeuger, die
Schaltanlage des Kraftwerkes, die Kessel-, Rohrleitungs-, Kohlenförderungs- und
Rückkühlanlage des Kraftwerkes, der Bau der gesamten Oberleitung, sowie die
Lieferung einiger Trieb Wagenausrüstungen übertragen. Die Allgemeine Elektrizitätsgesellschaft wurde mit der Lieferung des größten
Teiles der elektrischen Triebwagenausrüstungen, Lahmeyer mit der Lieferung der Anlagen zur Erzeugung von Lichtstrom und
Gleichstrom und Brown, Boveri & Co. in Mannheim mit
der Lieferung der Dampfturbinen betraut.
Die Gesamtlänge der Bahn beträgt 26,67 km. Hiervon entfallen auf die eigentliche
Stadtbahn Altona-Hasselbrook 10,67 km und 8,9 bezw.
7,1 km auf die als Vorortstrecken anzusehenden Außenstrecken Altona-Blankenese und Hasselbrook-Ohlsdorf. An
der Gesamtstrecke liegen 17 Stationen in Abständen von 0,6 bis zu 4,1 km. Das
Längenprofil der Strecke ist wegen der starken Krümmungen und der bis 1 : 80
betragenden Steigungen für Dampfbetrieb besonders ungünstig. Auch die Ausbildung des
Hauptbahnhofs Altona als Kopfstation ist für den Dampfbetrieb von Nachteil.
Zur Bemessung der Kraftwerksleistung mußte zunächst der voraussichtliche Strombedarf
ermittelt werden. Hierzu wurde ein Fahrplan aufgestellt, dem zur Festsetzung der
Fahrzeiten eine höchste Fahrgeschwindigkeit von 50 km/Std., eine
Anfahrbeschleunigung von etwa 0,5 m/Sek. und eine Bremsverzögerung von 0,66 m/Sek.
zugrunde gelegt wurden. Als Aufenthaltszeit wurde für den Bahnhof Altona 1 Minute,
für die übrigen Bahnhöfe je 30 Sekunden festgesetzt. Hieraus ergab sich eine
Gesamtfahrzeit von 52 Minuten gegen 66 Minuten beim Dampfbetriebe. Die ungünstigste
Belastung des Kraftwerkes wurde im Sonntagsfahrplan (Sommer) für den Zeitraum von 3
Uhr 50 Minuten bis 4 Uhr nachmittags ermittelt, wo die Durchschnittsbelastung bei
einem cos ϕ von 0,75 etwa 3000 KW beträgt und die höchste Belastungsspitze bis zu
5100 KW ansteigt. An Werktagen fällt die Hauptbelastung des Kraftwerkes in die
Vormittagsstunden von 7 bis 9 Uhr; sie bleibt jedoch hinter der Belastung an
Sommersonntagen zurück, selbst wenn der erhebliche Stromverbrauch für die Heizung
der Wagen im Winter in Betracht gezogen wird.
Das am Nordende des Hauptbahnhofes Altona errichtete Kraftwerk zerfällt in die
unmittelbar am Zufuhrgleis gelegene Kohlen- und Aschenforderungsanlage, das
Kesselhaus mit anschließenden Pumpen- und Vorwärmerräumen, den Maschinenraum, das in
vier Stockwerken erbaute Schalthaus und die Rückkühlanlage. Das 35,6 m × 24 m große
Kesselhaus enthält in zwei Reihen neun Dampfkessel und Raum für drei weitere Kessel.
Die von A. Borsig in Tegel
gelieferten als Wasserrohrkessel ausgebildeten Dampfkessel sind mit Ueberhitzern und
Kettenrosten, Bauart Babcock & Wilcox versehen.
Ihre Heizfläche beträgt je 300 qm, die des Ueberhitzers 130 qm. Die Gesamtrostfläche
eines Kessels beträgt 7,82 qm. Der Dampf erhält einen Betriebsdruck von 15 Atm. und
kann bis auf 350° C. überhitzt werden. Die Kohlen- und Aschenförderung erfolgt
mittels elektrisch angetriebener Becherketten und Förderbänder und ist von Unruh & Liebig in Leipzig-Plagwitz hergestellt.
Die aus den Kesseln abziehenden Rauchgase gelangen zu den von den Economiserwerken in Düsseldorf gelieferten beiden Vorwärmern, die stündlich 15 cbm Wasser von
40° auf 105° C. erwärmen. Der an den Rohren dieser Vorwärmer sich absetzende Ruß
wird durch elektrisch angetriebene Schaber entfernt. Schließlich gelangen die
Rauchgase in die beiden Schornsteine, die je 71 m hoch sind und 2,7 m obere Weite
besitzen. Für die Speisung der Dampfkessel sind im Pumpenraum zwei Dampfpumpen für
je 75 cbm und zwei für je 20 cbm stündlicher Leistung aufgestellt. Zur Deckung der
Verluste an Speisewasser wird das benötigte Frischwasser einem Wasserreiniger,
Bauart Breda, von 10 cbm stündlicher Leistung
entnommen.
Im Maschinenhause sind zur Erzeugung des Bahnstromes vier Maschinensätze aufgestellt,
die bei einem Leistungsfaktor von 0,75 normal je 1250 KW liefern; eine halbe Stunde
lang können sie je 1560 KW und etwa ½ Minute lang bis zu 1700 KW abgeben. Die
Maschinenspannung des erzeugten Einphasen-Wechselstromes beträgt 6300 Volt und die Periodenzahl
25 in der Sekunde. Jeder Satz besteht aus einer Dampfturbine und einem durch eine
etwas bewegliche Kupplung verbundenen Stromerzeuger. Die beiden Wellen eines Satzes
laufen in je zwei Lagern, und zwar sind die beiden mittleren in einem
gemeinschaftlichen geschlossenen Lagerbock untergebracht. Die Schmierung der Lager
erfolgt durch Drucköl, welches der Pumpe aus einem durch eine Kühlschlange gekühlten
Oelbehälter zufließt. Die Drehzahl der Maschinen beträgt 1500 in der Minute. Die
Regelung der Turbinen erfolgt durch ein Doppelsitzventil, dessen Oeffnen und
Schließen sich regelmäßig in der Zeiteinheit wiederholt. Die Menge des eingelassenen
Dampfes wird durch Aenderung der Zeit, während der das Ventil offen ist, in bezug
auf die Zeit, während der es geschlossen ist, geregelt. Diese Vorrichtung begrenzt
bei plötzlicher Ent- oder Belastung einer Turbine die Aenderung der Umdrehungszahl
auf höchstens 2 v.H. Der Abdampf gelangt aus der Turbine zu einem im Keller neben
dem Turbinenfundament aufgestellten Oberflächenkondensator. Die das Kühlwasser
liefernde Kreiselpumpe und die zur Förderung des Kondensats dienende zweistufige
Naßluftpumpe werden durch Gleichstrommotoren angetrieben.
Die Bahnstromerzeuger sind als Innenpolmaschinen gebaut. Ihr feststehender Teil
besitzt 84 Längsnuten, von denen 56 die Wechselstromwicklung aufnehmen. Der
zweipolige umlaufende Feldmagnet besitzt keine ausgeprägten Pole, sondern ist wie
ein Gleichstromanker mit einer in Nuten liegenden geschlossenen
Gleichstrom-Schleifenwicklung versehen. Die Kühlung des wirksamen Eisens und der
Wicklung bewirken an den Stirnseiten des Läufers angebrachte Ventilatoren. Zur
Erregung ist mit dem Stromerzeuger unmittelbar eine 20 KW-Gleichstrommaschine
gekuppelt, deren Magnete von einer nach dem Prinzip von Danielson geregelten Hilfserregermaschine gespeist werden, die eine
möglichst gleichbleibende Klemmenspannung des Stromerzeugers trotz der großen
Spannungsschwankungen liefert.
Für die elektrische Beleuchtung der Bahnhöfe erzeugt eine besondere 600
KW-Turbodynamo einphasigen Wechselstrom von 50 Perioden und 6300 Volt. Als Reserve
für diese Lichtmaschine dienen zwei Dreiankerumformer, die gleichzeitig den für die
Hilfsmaschinen im Kraftwerk nötigen Gleichstrom zu liefern haben. Jeder Umformer
besteht aus drei auf einer Welle sitzenden Maschinen, von denen eine einphasigen
Wechselstrom von 25 Perioden, die zweite solchen von 50 Perioden und die dritte
Gleichstrom verbraucht oder erzeugt. Mit diesem Umformer kann daher jede Stromart in
eine der beiden anderen Stromarten umgewandelt werden. Zum Anlassen des Umformers
wird eine Akkumulatorenbatterie von 814 Amp./Std. Leistung benutzt, die gleichzeitig
als Pufferbatterie für den Gleichstrombetrieb dient.
Bezüglich der Schaltanlage, deren Schema infolge, der drei Stromarten und Umformer
sehr verwickelt ist, sei erwähnt, daß durch Drosselspulen, Hörnerblitzableiter,
sowie Funkenstrecken mit Oelwiderständen und Wasserstrahlerdern eine sorgfältige
Sicherung gegen Ueberspannungen bewirkt ist. Zwei 650 KVA-Transformatoren setzen die
Spannung eines Teiles des Bahnstromes auf 30000 Volt hinauf, der mittels zweier
besonderer zweipoliger Speiseleitungen einem Unterwerk auf Bahnhof Barmbeck zugeführt und dort wieder durch Transformatoren
auf 6300 Volt umgeformt wird.
Aus dem Kraftwerk und dem Unterwerk wird der Bahnstrom den Fahrleitungen durch
Speiseleitungen zugeführt, die unmittelbar auf den, die Ausleger oder
Querträger für die Aufhängung der Fahrleitung tragenden Masten gelagert sind. Die
Mastentfernung beträgt im Mittel 45 m. Bahnspeise- und Fahrleitungen sind einpolig;
die Rückleitung geschieht durch die Fahrschienen, welche an den Stößen durch
Kupferstreifen leitend mit einander verbunden sind. Die Fahrleitung liegt im
allgemeinen 5,2 m, unter Brücken meist 4,81 m über S.O. Sie besteht aus einem
Kupferdraht von 90 qmm Querschnitt und ist in Abständen von 3 m mittels Oesen an
einem verzinkten Stahldraht von 6 mm aufgehängt, der wiederum in Abständen
von 6 m mittels Hängedrähte und Klemmen von einem Stahldrahtseil von 35 qmm
Querschnitt getragen wird. Dieses Tragseil ist mittels Porzellanisolatoren und
hartgummiumpreßten Stützen auf Auslegern oder Jochen unter Vermittelung von
schmiedeeisernen Böcken gelagert. Zur Vermeidung von Seitenschwankungen in der
Geraden und zur Abspannung in Krümmungen sind Fahrdraht und Hilfstragdraht durch
isolierte, am Ausleger oder Joch befestigte Rohrstreben gehalten. Um die
Stromabnehmerbügel gleichmäßig abzunutzen, ist die Fahrleitung in bekannter Weise im
Zickzack verlegt. (Schluß folgt.) (Röthig.) (Glasers
Annalen für Gewerbe und Bauwesen 1908 Bd. II S. 41–48 und 61–70).
Pr.
Mittels Federdruckes angepreßte Schienenbremse.
Bei der insbesondere für elektrische Bahnen bestimmten Schienenbremse von Freund wird das Anpressen der Bremsbacken an die
Fahrschienen durch eine oder mehrere Spiralfedern bewirkt, welche um die im
Untergestell gelagerte Bremswelle angeordnet sind. Das Spannen dieser Federn
geschieht durch ein auf einer Wagenachse sitzendes Exzenter, mittels dessen ein
Hebel in schwingende Bewegung, sowie ein hierdurch gesteuerter Sperrkegel an dem
zugehörigen Sperrade hin und her bewegt und das letztere jedesmal um einen
entsprechenden Winkelbetrag mitgenommen wird. Mit dem Sperrade ist ein kleines
Zahnrad gekuppelt, welches in ein mit dem einen Ende der Spiralfedern verbundenes
großes Zahnrad eingreift. Das andere Ende der Spiralfedern ist mit zwei Zahnrädern
verbunden: ein kleineres, welches unter Vermittelung von drei Planetenrädern mit der
Bremswelle gekuppelt ist; ein größeres, in das ein mit einem Bremsrade gekuppeltes
kleines Zahnrad eingreift. Die Planetenräder kämmen außerdem mit einem fliegend
ausgesetzten Rade mit Innenverzahnung zusammen, dessen Kranz als Bremsrad
ausgebildet ist, um das sich ebenso wie um das bereits erwähnte Bremsrad je ein
Bremsband legt. Der hin und her bewegte Sperrkegel wird durch ein Schneckengetriebe
derart gesteuert, daß er nach einer Anspannung der Spiralfedern um eine bestimmte
Anzahl Umdrehungen außer Eingriff mit dem Sperrade gebracht wird; infolgedessen
unterbleibt trotz der auch weiterhin fortgesetzten hin und her gehenden Bewegung
eine weitere Anspannung der Federn. Eine Bewegung des Wagens um etwa 80 m genügt zum
völligen Spannen der letzteren. Alsdann sind die Federn imstande, vier Bremsungen
nacheinander auszuführen, ohne daß inzwischen ein Wiederspannen erfolgt. Das
Anstellen und Lösen der Bremse geschieht in einfacher Weise durch Lüften je eines
der Bremsbänder.
Die Bremse ist seit vier Jahren im Betrieb, und Versuche, die mit den Wagen der Yorkshire Woollen District Tramways vorgenommen wurden,
haben befriedigende Ergebnisse geliefert, Als wesentlicher Vorteil wird hingestellt, daß die
Freundsche Schienenbremse sowohl von der Handbremse
als auch von der elektrischen Einrichtung- des Wagens unabhängig ist und sich daher
besonders für Bahnen mit schwierigen Steigungsverhältnissen eignet. (The Electrician
1908 S. 830–832.)
Pr.
Eine neue Koksaschefeuerung.
Einen erheblichen technischen Fortschritt weist die seit einiger Zeit auf der Zeche
Preußen I im Oberbergamtsbezirk Dortmund in Betrieb befindliche Dampfkesselfeuerung
für Koksasche u. dgl. minderwertiges Brennmaterial auf, die in das Feuerrohr bezw.
Flammrohr eingebaut wird. Während das derartige, meist mit Dampfstrahlgebläse
betriebene Feuerungen nach oben in bekannter Weise abschließende feuerfeste Gewölbe
bisher unmittelbar auf dem unteren Plattenrost aufsaß, so daß die glühende Koksasche
ein allmähliches Anfressen des Gewölbes verursachte, wird bei der vorliegenden
Ausführung zu beiden Seiten des Plattenrostes noch ein senkrechter, 1,5 m hoher
Seitenrost aufgesetzt, auf dessen oberen, rechtwinklig abgebogenem Ende das oben
abschließende Gewölbe seine Widerlager findet, wodurch eine unmittelbare Berührung
der Koksasche mit den feuerfesten Steinen vermieden wird. Der Wind wird in den
Aschenfall durch einen mit Dampf betriebenen Ventilator gepreßt und gelangt durch
die zu diesem Zweck angebrachten Windlöcher des Plattenrostes und der Seitenroste in
das Feuer. Der Plattenrost ist unten gerillt, so daß er einem Stabrost ähnlich wird.
In diesen Rillen befinden sich die Löcher für den Luftzutritt. Infolge dieser
Anordnung kann der Feuerung gegenüber älteren Einrichtungen fast die dreifache
Windmenge zugeführt werden. Der Aschenfall ist vorne durch eine luftdichte Platte
abgeschlossen, da man mit ziemlich hohem Windüberdruck arbeitet.
Verdampfungsversuche ergaben eine nutzbare Verdampfung von 14,45 kg auf 1 qm
Heizfläche nach Abzug des Eigenverbrauches, während sie bei der früheren
Rostkonstruktion mit Dampfstrahlgebläse nur 7,3 kg betrug. Der Eigenverbrauch ist
von 9,9% vom Speisewasser auf 3,65% zurückgegangen. (Glückauf, 44. Jahrgang, No. 42,
Seite 1506.)
J.
Eine hervorragende Bronze.
Unter dem Namen „Parsons Manganbronze“ wird ein
eisenhaltiges Messing, dem zur Erhöhung seiner Festigkeit noch 0,5% Mangan und 1,0%
Aluminium zugesetzt sind, trotz seines hohen Kaufpreises in Amerika und England
ausgiebig verwendet, z.B. werden wegen seiner Seewasserbeständigkeit sämtliche
Schiffsschrauben der amerikanischen Kriegsschiffe daraus hergestellt. Diese Bronze
beginnt sich für in sandigem oder säurehaltigem Wasser arbeitende, starken
Korrosionen unterworfene Turbinen- und Zentrifugalpumpenräder auch auf dem Festlande
einzubürgern. Es lassen sich mit ihr bei hoher Dehnung leicht Festigkeiten von über
40 kg erzielen. Zwecks Prüfung ihrer Säurebeständigkeit gleichzeitig mit anderen
Legierungen 4 Wochen lang mit 10prozentiger Salzsäure behandelte Stücke zeigten
keine wesentliche Gewichtsabnahme, die bei den andern Bronzen 2% bis 3% betrug. Vor
dem Sandstrahlgebläse zeigte Manganbronze unter verschiedenen
Konstruktionsmaterialien die geringste Gewichtsabnahme. (Metallurgie, 1908, Seite
567.)
J.