Titel: | Die Lentz-Ventilsteuerung an Lokomotiven. |
Autor: | Max Osthoff |
Fundstelle: | Band 324, Jahrgang 1909, S. 145 |
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Die Lentz-Ventilsteuerung an
Lokomotiven.
Von Dr.-Ing. Max Osthoff, Reg.-Baumeister
in Duisburg.
Die Lentz-Ventilsteuerung an Lokomotiven.
Die vorliegende Arbeit behandelt die Einführung der dem Zivilingenieur H. Lentz in Berlin patentierten Ventilsteuerung in den
Lokomotivbau.
Lokomotiven mit Ventilsteuerung werden seit einiger Zeit von der Hannoverschen Maschinenbau-Aktien-Gesellschaft (H.M.A.G.) vorm. Georg
Egestorff in Linden vor Hannover gebaut. Näheres hierüber findet sich in
dem Aufsatz von Metzeltin in der Zeitschrift des
Vereins Deutscher Ingenieure (Z.d.V.D. Ing.) 1906, No. 17,21 u. 22.
Bei dem Entwurf für mit Ventilsteuerung neu zu bauende Heißdampflokomotiven mit
Zwillingswirkung der preußischen Staatsbahnen und zwar für die D (4/4 gek.Es ist hier die neue Bezeichnungsweise der
Räder- bezw. Achsenanordnung gewählt, weil dieselbe nicht nur über die
Anzahl, sondern auch die Stellung der Lauf- bezw. Treibachsen Aufschluß gibt
also vollständig eindeutig ist.) Heißdampf-Güterzuglokomotive von
der Gattung G8 wurde in
Linden die gesamte Ventilsteuerung einer eingehenden Untersuchung unterzogen, welche
im ersten Teil der Arbeit dargestellt ist.
Textabbildung Bd. 324, S. 145
Fig. 1. Kolbenschieber.
Bei dieser Gelegenheit zeigte es sich, daß das rein zeichnerische Verfahren zur
Ermittelung der Ventilbewegungsverhältnisse äußerst unzuverlässig ist. Es wurde
daher von mir, teilweise unter Benutzung der Veröffentlichungen von Prof. W. Hartmann in Berlin das im zweiten Teil der Arbeit
entwickelte kinematische Verfahren ausgearbeitet, welches für die verschiedenen
Arten des Ventilantriebes die Ventilbeschleunigung und damit die erforderliche
Federspannung leicht und genau bestimmen läßt.
1. Allgemeine Beschreibung der D (4/4 gek.) Heißdampf-Güterzuglokomotiven
mit Kolbenschieber- und Lentz-Ventilsteuerung.
Für den Entwurf der Heißdampflokomotiven mit Lentz-Ventilsteuerung war von der preußischen Staatseisenbahnverwaltung
vorgeschrieben, daß mit Rücksicht auf die bereits in großer Zahl mit
Kolbenschieber ausgeführten Heißdampflokomotiver möglichst wenig Aenderungen an
diesen Lokomotivgattungen vorgenommen werden sollten.
Die heutige Ausführung der D (4/4 gek.) Heißdampf-Güterzuglokomotiven mit Schmidtschen Rauchkammerüberhitzern von der Gattung G8 zeigt folgende
Hauptabmessungen:
Zylinderdurchmesser
600 mm
Kolbenhub
660 mm
Raddurchmesser
1350 mm
Dampfdruck „p“
13 atm. abs.
Ueberhitzung
350° Celsius
Heizfläche
132,3 m2
Ueberhitzerheizfläche
31,7 m2
Gesamtheizfläche
164,0 m2
Rostfläche
2,25 m2
Radstand
4500 mm
Größte Geschwindigkeit Vmax
50 km/St.
Dienstgewicht
54950 kg
Diese Lokomotiven besitzen Heusinger-Steuerung in
Verbindung mit dem bekannten Schmidtschen
KolbenschieberNeuerdings werden von
Schmidt auch Kolbenschieber mit federnden
Ringen gebaut., welcher sich ohne federnde Dichtungsringe in
geheizten Büchsen bewegt. In Fig. 1 ist der
Kolbenschieber zur Hälfte dargestellt. Er besitzt innere, doppelte Einströmung und
einfache Ausströmung. Sein Durchmesser beträgt bei allen Gattungen der preußischen
Heißdampflokomotiven 150 mm.
Für die Heißdampf-Ventillokomotiven wurde die Heusinger-Steuerung mit einigen Abänderungen als Umsteuerung beibehalten.
Dieselbe hebt die nebeneinander befindlichen vier Ventile mit lotrechter Achse (in
Fig. 2 ist eine derjenigen der
Güterzuglokomotive ganz ähnliche Steuerung dargestellt) vermittels einer wagerecht
hin- und herbewegten, mit Hubkurven versehenen Stange, der sogenannten Nockenstange.
Geschlossen werden die Ventile durch eine darüber befindliche Schraubenfeder. Da die
Auslaßventile nicht unabhängig von den Einlaßventilen bewegt werden können, so ist
hier dieselbe Abhängigkeit zwischen Vorausströmung und Kompression einerseits und
Voreinströmung und Expansion andererseits, genau wie bei einern gewöhnlichen
Schieber vorhanden. Wollte man für alle Füllungen gleich große Vorausströmung und
Kompression, wie bei ortsfesten Dampfmaschinen, so müßte noch eine zweite
Nockenstange mit besonderem Antrieb angebracht werden, wodurch eine sehr verwickelte
und demgemäß für eine Lokomotivsteuerung unzulässige Bauart entstehen würde.
Man erkennt aus Fig. 2 ohne weiteres, daß die
Ventilsteuerung sich äußerst einfach gestaltet und nicht mehr Platz beansprucht als
eine gewöhnliche Schiebersteuerung. Dies ist einer der größten Vorzüge der Lentz-Ventilsteuerung.
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Fig. 2. Anordnung der Ventilsteuerung.
2. Untersuchung der Heusinger-Kolbenschiebersteuerung mit Hilfe von Schieberellipsen.
Um für den Neubau der D (4/4 gek.) Heißdampf-Güterzuglokomotive mit
Ventilsteuerung die nötigen Unterlagen zu erhalten, wurde zunächst die
Kolbenschiebersteuerung (Fig. 3) mit Hilfe des Zeuner-Diagramms einer Untersuchung unterzogen. Dieses
Diagramm wurde deshalb gewählt, weil es sich mit Hilfe des Zeunerschen Schieberkreises äußerst einfach für ganz bestimmte Füllungen,
wie dieselben am Steuerungsbock mit einer Abstufung von 10 zu 10% eingeschlagen
sind, verzeichnen läßt.
Aus den bekannten Größen, dem linearen Voreilen v und
der äußeren Deckung a findet man den halben Ausschlag
rk des Kreuzkopfes
bzw. der Hauptkurbel am Schieber gemessen. Derselbe ist konstant, rk
= a + v. Durch die beiden Endpunkte von rk und die jeweiligen
Punkte des äußeren Deckungskreises (Fig. 4b), durch welche
die den betreffenden Füllungen entsprechenden Strahlen, welche gegen die
Kolbenweglinie um ganz bestimmte Winkel geneigt sind, hindurchgehen, sind unter
Voraussetzung unendlich langer Schubstange die Zeunerschen Schieberkreise bestimmt. Die Kolbenweg-Linien sind für alle
Füllungen die lotrechten Durchmesser in Richtung von rk. Die Konstruktion
des Füllungsstrahles ist weiter unten auf Seite 148 angegeben.
Ein derartiger Schieberkreis, wie solche für 25, 40, 50 und die größte Füllung von
70% in Fig. 4b
angegeben sind, schneidet auf dem zu rk lotrecht stehenden Halbmesser eine Strecke rc ab. In Fig. 4b ist dieselbe
für 40% Füllung mit rc40 bezeichnet. Da der Kreuzkopf bzw. die Hauptkurbel, und die Kulisse
bzw. Gegenkurbel um 90° gegeneinander versetzt sind, so stellt rc den am Schieber
gemessenen wagerechten Ausschlag des Kulissensteines dar. Auch wenn, wie in Fig. 5 angegeben, die Hauptkurbel und Gegenkurbel um
einen Winkel 90-γ gegeneinander versetzt sind, so ist der Winkel zwischen rk und rc im Diagramm Fig. 4b doch stets
90°, weil die Kulissenmittellage (Fig. 5) lotrecht
zu den Hauptkurbeltotlagen Tv
– Th ist, und in diesem
Augenblick die Gegenkurbel lotrecht zu ihren Totlagen Tv' – Th' steht.
Benutzt man noch (Fig. 3) die Beziehungen: 1.
r_k=a+v=R\cdot \frac{n}{m+n}, 2. wagerechter Ausschlag des
Kulissensteines 2\,p=2\,r\cdot \frac{u}{c}, 3. senkrechter
Ausschlag des Kulissensteines 2\,u=28\cdot \frac{g}{h}\cdot
\frac{k}{0}, worin 2s gleich dem Hub der
Steuerschraube, k = BE und o =
BD ist, so lassen sich die äußeren geometrischen Abmessungen eine neu zu
entwerfenden Heusinger-Steuerung leicht ermitteln,
sobald man in die obige Formeln die Werte einsetzt, welche der größten Füllung
entsprechen.
Vereinigt man rk und rc nach dem
Parallelogramm der Bewegungen (Fig. 4b), so hat man
in r_r=\sqrt{r_k^2+r_e^2} den Halbmesser des resultierenden
Exzenters. Ein einfaches Exzenter mit diesem Halbmesser rr, welches unmittelbar am Schieber
angreift, ersetzt für die betreffende Füllung die ganze Steuerung.
Das Zeuner-Diagramm wird (Fig. 4b) in der
bekannten Weise vervollständigt. Da der Kolbenschieber für Einlaß doppelte
Einströmung besitzt, so werden die Strahlen, welche die Einstömöffnungen darstellen,
mit 2 multipliziert, wie dies in Fig. 4b z.B. für die
größte Füllung geschehen ist.
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Fig. 3. Steuerungsschema der D (4/4 gek.) Güterzug-Heißdampflokomotive.
Im Zeuner- und ebenso im Müller-Diagramm sind die Schieberöffnungen auf den Kurbelwinkel bezogen
dargestellt. Um die Dampfgeschwindigkeiten in den Steuerungsorganen zu berechnen,
müssen wir entweder die Kolbengeschwindigkeiten auch auf den Kurbelwinkel beziehen,
oder besser und übersichtlicher, die Schieberöffnungen auf den Kolbenweg
beziehen.
Sobald die Schieberöffnungen, deren Kurve man nach bekanntem Verfahren punktweise
konstruieren kann, für mehrere Füllungen, wie in unserem Falle, zu ermitteln sind, ist es
zweckmäßig, dieselben mit Hilfe der vollständigen Schieberellipsen nach dem im
folgenden dargestellten Verfahren zu bestimmen.
Die Konstruktion der Schieberellipse, z.B. für 40% Füllung, möge an den Fig. 6a und 6b erläutert werden.
Durch die Punkte A und B
der Fig. 6a, welche
den Kolbenendstellungen entsprechen und welche von dem wagerechten Durchmesser den
konstanten Abstand rk
= a + v besitzen, gehen sämtliche Ellipsen, da bei
konstantem linearen Voreilen v die Scheitelkurve der
Heusinger-Steuerung eine Gerade ist. Die Gerade AB, welche die Projektion sämtlicher resultierenden
Durchmesser und zugleich die Ellipse für Null-Füllung darstellt, ist also ein allen
Ellipsen gemeinsamer Durchmesser.
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Fig. 4a u. 4b. Heusinger-Kolbenschiebersteuerung.
Die Richtung der zu AB konjugierten Durchmesser aller
Ellipsen ist C'D', weil die Tangenten in A und B parallel C'D' sind. Betrachten wir 2rr
= EN (Fig. 6b) als
Kolbenweglinie, so stellt AB (Fig. 6a) die
Projektion von EN dar. Drehen wir EN um einen Viertelkreis = 90° nach rechts, so daß OE nach OP gelangt, so
rückt der Kolben nach links in die Mitte seines Hubes, in Stellung C'D'. Die Projektion m von
OP liefert die Länge 2m
= 2O'D = CD des konjugierten Durchmessers für
die betreffende Füllung. Nach Hütte 1902, S. 97, finden
wir die Brennpunkte der Ellipse, indem wir m von A aus auf dem Lot AM nach
H und G abtragen, den
Winkel HO'G halbieren, auf der Halbierungslinie
(Richtung der großen Achse) in O' das Lot (Richtung der kleinen Achse) errichten,
bis zum Schnittpunkt J mit dem Lot in A und von J aus mit JG = JH einen Kreisbogen
schlagen. Dieser schneidet die große Achse in den Brennpunkten F und F'. Mit Hilfe eines
lose zu einer Schleife geknoteten Fadens, welche sich noch leicht auseinanderziehen
bzw. mit Hilfe der überstehenden Enden zusammenziehen läßt, zieht man die Ellipsen
um F und F'.
Das Verfahren ist so genau, daß die Ellipse durch die sieben schon bekannten Punkte
(A, B, D, C, Ex und die beiden Berührungspunkte der
wagerechten Tangenten) scharf hindurchgeht. Nicht berücksicht sind hierbei die
Fehler, welche durch die endlichen Stangenlängen hervorgerufen werden. Doch
weichen bei zweckmäßiger Lage (die in der Regel am Steuerungsmodell in natürlicher
Größe ermittelt wird) des Angriffspunktes J (Fig. 3 u. 5) der
Exzenterstange an der Kulisse die wirklichen Schieberellipsen von den mathematischen
nur unwesentlich ab. Man vergleiche den Aufsatz von Pfitzner in Z.d.V.D. Ing. 1905, S. 483. Es sollten eigentlich von jeder
Steuerung Schieberellipsen von 10 zu 10% Füllung steigend am Modell aufgenommen
werden. Dieselben geben ein viel übersichtlicheres Bild als die sogenannten
Steuerungsresultate in Form von Tabellen und ersetzen dieselben vollständig.
Der mittlere Kanalumfang des Kolbenschiebers (Fig. 1)
beträgt \frac{\pi}{2}\,(15+12,_6)-\frac{6\cdot 0,_6}{2}=41,_6 cm.
Der freie Einlaßquerschnitt ist also: Oeffnungsordinate mal Kanalumfang. Statt diese
Multiplikation auszuführen, betrachten wir die Oeffnungsordinaten in Fig. 4a gleich als
freie Querschnitte. Der Maßstab ergibt sich dann wie folgt. Bei der Kanalbreite e = 1,3 cm ist der größte Einlaßquerschnitt fsmax = 2 . 1,3 . 41,6 = 108 cm2, dargestellt in Fig. 4a, deren
Original im Maßstab 2 : 1 gezeichnet ist, durch 2 . 2 . 1,3 = 5,2 cm. Also ist der Maßstab: 1 cm
Ordinate =\frac{108}{5,_2}=20,_8 cm2 Einlaßquerschnitt.
Textabbildung Bd. 324, S. 147
Fig. 5.
Die Dampfgeschwindigkeit vs in der üblichen einfachen Betrachtungsweise findet man aus der Formel
F c = fs . vs . F bedeutet den Kolbenquerschnitt, c die Kolben-Geschwindigkeit. Der mittlere
Kolbenquerschnitt beträgt 2782 qcm. Die Umfangsgeschwindigkeit U des Kurbelzapfens ergibt sich bei Vmax = 50 km/st, dem
Kurbelhalbmesser R = 0,33 m und dem Treibraddurchmesser D = 1350 mm
zu
U=\frac{88,_5\cdot V}{D}\cdot \pi\cdot R=6,_{77}\mbox{ m/Sek.}
U ist auch, gleich R . w, wo w die Winkelgeschwindigkeit der Kurbel bedeutet.
w=\frac{U}{R}=\frac{6,_{77}}{0,_{33}}=20,_{57}.
Unter der Voraussetzung unendlich langer Schubstange ist die Kolbengeschwindigkeit
c = U . sin α = R . sin α . w. Wir
benutzen als Geschwindigkeitsdiagramm einfach den Halbkreis über dem Kolbenweg als
Durchmesser und multiplizieren nach der Gleichung c = R
. sin α . w die Ordinaten R . sin α desselben mit w.
Textabbildung Bd. 324, S. 148
Fig. 6a u. 6b. Schieberellipsenkonßtruktion.
Für α = 90° und sin α = 1 ist:
cmax =
R . w = 0,33 .
20,57 = 6,77 =
U.
Dieses cmax wird dargestellt in Fig. 4a, deren
Original im Maßstab 2 : 1 gezeichnet ist, durch 13 cm. Also ist der Maßstab:
1 cm Halbkreisordinate
=\frac{6,_{77}}{13}=0,_{513} m/Sek. Kolbengeschwindigkeit c.
Die zusammengehörenden Einlaßquerschnitte fs und Kolbengeschwindigkeiten c liegen in Fig. 4a sehr
übersichtlich untereinander und ergeben, mit den betreffenden Maßstäben
multipliziert und in die Formel v_e=\frac{F\cdot c}{f_s}
eingesetzt die Einlaßdampfgeschwindigkeiten vs in m/Sek. Man vergleiche übrigens den Aufsatz von
Prof. J. Obergethmann in Z.d.V.D. Ing., 1903, Seite
300, wo die Dampfgeschwindigkeiten einer ähnlichen Lokomotive in Form einer Tabelle
angegeben sind.
Die mittleren Einlaßdampfgeschwindigkeiten vsm für die verschiedenen Füllungen ergeben sich aus
der Formel v_{zm}=\frac{F\cdot c_m}{f_{zm}}.
cm und fsm sind die
planimetrierten Flächen, multipliziert mit den zugehörigen Maßstäben und dividiert
durch die Länge der Grundlinie oder, was dasselbe bedeutet, die Höhen der in ein
Rechteck verwandelten Flächen.
3. Bestimmung des Beginnes der Vorausströmung und der
Kompression im Zeuner-Diagramm.
Auf eine besondere Eigenschaft des Zeunerschen
Schieberdiagramms möge hier hingewiesen werden.
Es wird gewöhnlich als ein Nachteil des Zeuner-Diagramms gegenüber dem Müller-Diagramm
bezeichnet, daß sich in ersterem (Fig. 4b) die
Vorausströmung V.A. und die Kompression Co nur sehr ungenau bestimmen lassen durch die
Schnittpunkte des i Kreises (Kreis mit der inneren
Ueberdeckung i als Halbmesser) mit dem
AuslaßschieberkreisIn Fig. 4b war
eine genauere Bestimmung von V.A. und Co deshalb überflüssig, weil sich diese Größen
durch die Konstruktion der Schieberellipsen in Fig. 4a ebenso
genau ergaben, wie etwa im Müller-Diagramm..
Betrachten wir nun das Zeuner-Diagramm für 40% Füllung
in Fig. 6b näher, so
stellt die Strecke 2rr
= NE nach Größe und Richtung die Kolbenweg-Linie des
Müller-Diagramms für die betreffende Füllung dar.
Wir ziehen daher im Abstand – i zum wagerechten
Durchmesser die Parallele und loten von ihren Schnittpunkten mit dem Kreis vom
Durchmesser 2rr herab.
Die so gefundenen Abschnitte stellen, bezogen auf 2rr als Kolbenweglinie, die Vorausströmung und
Kompression in Prozenten des Kolbenwegs dar. Jedoch ist für V.A. und Co der Umdrehungssinn: V.E. – Ex. – V.A. – Co dem des Zeuner-Diagramms entgegengesetzt.
Von der Richtigkeit vorstehender Konstruktion überzeugt man sich leicht, wenn man das
Diagramm in Fig. 6 nach Müller weiter vervollständigt. Dies ist in einem dem vorigen ähnlichen
Diagramm mit positivem i in Fig. 7 geschehen. Hier ist auch die Konstruktion des auf Seite 146
erwähnten Füllungsstrahles O-Ex angegeben. Man schlägt
um O einen Kreis mit 100 mm als Durchmesser (in Fig. 7 als Hundertkreis bezeichnet) und trägt auf
seinem wagerechten Durchmesser von links nach rechts die gewünschte Füllung in
Millimetern z.B. 80% Füllung = 80 mm ab. Durch den Schnitt -punkt des im Endpunkt
der Strecke von 80 mm errichteten Lotes mit dem Hundertkreis und dem Mittelpunkt O ist der
Füllungsstrahl bestimmt. Ein solcher hat z.B. für 80% Füllung gegen die
Kolbenweglinie eine Neigung β80 von rund 53°.
Textabbildung Bd. 324, S. 148
Fig. 7. Vereinigtes Zeuner-Müller-Diagramm.
Mit Hilfe eines solchen Diagramms ließen sich sehr schön die Anfahrdiagramme von 2
B 1. (⅖ gek.) 4 zyl. Schnellzug-Verbundlokomotiven,
wo es auf genaue
Kenntnis des Beginnes von V. E, Ex, V. A und Co ankommt, bestimmen. Ein derartiges wie in Fig. 7 vereinigtes Schieberdiagramm hat dem Zeunerschen gegenüber den Vorteil, daß man sehr genau
V.A. und Co ermitteln
kann. Dem Müllerschen Diagramm gegenüber besteht der
Vorteil darin, daß man leicht mit Hilfe des Zeunerschen
Schieberkreises den resultierenden Exzenterhalbmesser rr für eine ganz bestimmte Füllung
(entsprechend der Teilung am Steuerbock, oder der bei neu zu entwerfenden
Steuerungen stets vorgeschriebenen größten Füllung) bestimmen kann. Ueberträgt man
noch V.A. und Co aus dem
Müller- in das Zeuner-Diagramm, so kann man ebenso leicht wie im reinen Zeuner-Diagramm die endliche Länge der Schubstange
berücksichtigen.
(Fortsetzung folgt.)