Titel: | Neuerungen in der Ziegelindustrie. |
Autor: | Gustav Benfey |
Fundstelle: | Band 324, Jahrgang 1909, S. 199 |
Download: | XML |
Neuerungen in der Ziegelindustrie.
Von Gustav Benfey,
Lauban.
(Fortsetzung von S. 187 d. Bd.)
Neuerungen in der Ziegelindustrie.
Zu den ältesten Formgebungsmaschinen in der Ziegelindustrie gehören diejenigen
mit einem rotierenden Tische, in dessen Platte eine Anzahl Hohlräume in den Maßen
des künftigen Formung eingelassen sind. Der Boden ist beweglich. Ihre Füllung
geschieht von oben durch einen Tonschneider, Stempel oder Druckwalze. Während des
Füllens ist der mit einem Stempel in Verbindung stehende Boden etwas tiefer
hinabgezogen, als der Dicke des Steines entspricht, damit die Form hinreichend voll
wird. Dann steigt der Bodenstempel so weit aufwärts, daß die Tiefe der Form der
Dicke des Steines entspricht, währenddessen die Form unter eine Druckplatte tritt,
unter welcher sich die Pressung des Ziegels vollendet. Nachdem die Form die
Druckplatte verlassen hat, wird der Formung durch weiteres Steigen des Bodenstempels
dadurch aus der Form emporgehoben, daß der Stempel mit einer kleinen Laufrolle
versehen ist, welche auf einer steigenden oder fallenden Schiene läuft, je nachdem
der Bodenstempel sich auf- oder abwärts bewegen soll. Nach Einführung der
Strangpressen kamen die Pressen jener geschilderten Bauart in der eigentlichen
Ziegelindustrie wieder außer Gebrauch und wurden nur dort verwendet, wo es sich um
die Pressung besonderer Gemenge handelte, die sich nicht zur Strangbildung eigneten.
Erst die Herstellung von Ziegeln aus halbtrockenen oder vollkommen trocken en Tonen
oder Stoffen, die ein dem Ziegel ähnliches Produkt geben sollten, wie in erster
Linie die Kalksandsteine, veranlaßte die Maschinenfabriken, auf jene Art Pressen
wieder zurückzugreifen und sie jener Herstellung anzupassen. Die vollkommen glatten
Flächen und scharfen Kanten, die der Formung durch dieses Pressen erhielt, der
starke Druck, dem er dabei unterlag und welcher für seine künftige
Leistungsfähigkeit besonders wichtig war, schaffte den Pressen wieder gesteigerte
Beachtung und ließ den Gedanken entstehen, sie auch wieder für die Massenherstellung
besserer Ziegel heranzuziehen. Von diesem Gesichtspunkt aus verdient die Drehtischpresse der Firma
Brück, Kretschel & Cie. in Osnabrück (Fig. 8) größte Beachtung. Wie die Abbildung zeigt,
ist der Antrieb doppelseitig und vollkommen gleichmäßig. Von der Antriebswelle wird
die Kraft durch zwei Zahnradpaare auf die Hauptkurbelwelle übertragen, welche
vermittels eines Hebels den über der Preßform hängenden Preßstempel gegen eine
äußerst kräftige Traverse drückt und so die Pressung des Steines verursacht. Nach
jeder Pressung dreht sich der Tisch, der 8 Preßformen enthält, um 45°, die Stempel
gleiten mittels Rollen auf einer zunächst ansteigenden Kurve und drücken so den
Stein zum Abheben aus der Preßform heraus. Darauf senkt sich die Kurve und der
Stempel gleitet so tief in die Preßform zurück, daß. wenn sich diese unter dem
Füllkasten befindet, das erforderliche Material für die Pressung eines Formlings
hineinfällt. Diese Füllungshöhe ist verstellbar und daher dem jeweiligen Preßgut
leicht anzupassen.
Textabbildung Bd. 324, S. 200
Fig. 8. Drehtischpresse von Brück, Kretschel & Cie.
Textabbildung Bd. 324, S. 200
Fig. 9. Pneumatisch-hydraulische Drehtischpresse von Brück, Kretschel &
Cie.
Die Drehung des Tisches erfolgt durch eigenartig konstruierte Schlitze, in die ein
Daumenhebel eingreift, welcher durch konische Zahnräder von der Hauptwelle aus
angetrieben wird. Dieser Antrieb dient gleichzeitig zur Bewegung der im Füllkasten
angebrachten Flügel. Die Preßstempel erhalten außer der Führung in dem Tisch selbst
eine zweite Führung, wodurch jedes Ecken und Schiefstellen vermieden wird. Die
Einsatzstahlplatten der Preßformen sind derart konstruiert, daß sie nach teilweisem
Verschleiß viermal gewendet werden können. Bei einer Leistung von 1200 St. Formlinge
stündlich beansprucht die Presse 6 PS und übt einen Druck von 80 t auf den Formung
aus. Eine neuere Presse der gleichen Firma wird sogar für 125 t gebaut, doch machten
sich für diesen gesteigerten Druck einige Aenderungen an der Presse erforderlich.
Zunächst ein zweiter Kolben als besondere Ausstoßvorrichtung. Weiter
Sicherheitsvorrichtungen, um die Druckschwankungen und Ueberlastungen, welche durch
verschiedene Füllungen der Formkasten hervorgerufen wurden, auszugleichen. Diese
Frage wurde auf eine ganz neue und einfache Weise gelöst, wie aus Fig. 9 ersichtlich ist. a ist der Formung, der sich in einer der 12 Preßformen des Drehtisches b befindet und durch den Preßkolben c infolge der Drehung der Kurbel d zusammengepreßt wird. Diese Pressung wird von der
Kurbel d vermittes des großen Hebels e bewirkt, welcher sich um die Achse f dreht. Die Achse f ist
nicht starr an dem Rahmen g der Presse befestigt,
sondern mit dem Plungerkolben h verbunden, welcher in
den Zylinder i taucht, in dem sich Oel unter einem
Druck von 135 Atm. befindet. Dieser Druck wird bewirkt und konstant gehalten durch
komprimierten Stickstoff k in der Flasche l. Letztere hat die Form einer gewöhnlichen
Kohlensäureflasche von etwa 40 l Inhalt und wird etwa 1 m-höher als der Zylinder
i in der Nähe der Presse beliebig an eine Wand oder Säule aufgehängt, so daß der
Stickstoff, weil er leichter ist als das Oel, stets oben in der Flasche bleibt. Das
Oel wird in solchem Maße zugeteilt, daß es den unteren Teil der Flasche ausfüllt, so
daß alle Verbindungsstellen von Oel bedeckt sind und dicht gehalten werden können!
Tritt ein vergrößerter Druck durch Hineinfallen von mehr Preßmaterial in die
Preßform ein, als der normalen Füllung entspricht, so wird in einem bestimmten
Augenblick, bevor der Preßkolben seinen höchsten Stand erreicht, bereits der normale
Druck von 125 Atm. erzielt und im nächsten Augenblick überschritten. Damit wird der
auf den Plungerkolben h vermittels des komprimierten
Stickstoffs lastende Druck überwunden und die weitere Bewegung des Druckhebels auf
den Plungerkolben übertragen. Dieser bewegt sich nach unten und verdrängt somit eine
entsprechende Menge der Druckflüssigkeit aus dem Zylinder i durch die Rohrleitung n in die Flasche l. Hierdurch tritt eine geringe, durchaus zulässige
Kompression des Gases ein, welche bei dem tatsächlich gewählten Verhältnis etwa 2%
entspricht. Beim Nachlassen des Drukkes auf den Plungerkolben wird dieser natürlich
wieder durch den Gasdruck in seine ursprüngliche Lage gebracht. Von dem Gas geht
dabei nichts verloren und hält dementsprechend die Füllung einer Flasche auf
unbegrenzte Zeit. Schaltet man noch einen Manometer m
in die Druckleitung n ein, so kann man jeden Hub der
Presse kontrollieren. Eine weitere Ausbildung jenes Manometers zum Registrieren oder
durch Versehen mit elektrischen Kontakten, um optische oder akustische Signale zu
geben, damit jeder einzelne Druck und damit auch jeden einzelnen Formling
registriert, steht nichts im Wege. Auf diese Weise kann man mit der neuen Presse
stets den gleichen und den der Konstruktion der Presse tatsächlich entsprechenden,
zulässigen Druck erreichen. Dieser Druck der Presse kann durch Veränderung des
Druckes des Stickstoffes in der Flasche mit Leichtigkeit innerhalb beliebiger
Grenzen bis zum höchstzulässigen Druck reguliert und eingestellt werden.
Zur billigen Massenanfertigung der in meinem vorigen Bericht (D. P. J. 1908, Heft 38,
S. 602 ff.) geschilderten einfarbigen Steinzeugplatten hat sich die hydraulische
Presse (Fig. 10) der Firma Gebr. Pfeiffer in Kaiserslautern bewährt. Hier ist die Preßform in den
auf- und absenkbaren Senktisch niedergelassen, um den zeitraubenden Transport der
Preßformen zu vermeiden. Die Presse wird durch ein nebenstehendes Pumpwerk mit
Druckwasser versehen, der eine Arbeiter steuert mittels Steuergestänge Pumpe und
Presse. Behufs leichter Handhabung sind alle Teile ausbalanziert, der bewegliche
Oberstempel ist ausschwenkbar an einem Anker befestigt. Die besondere Bauart dieser
Presse ergibt sich am besten aus einer Schilderung des Arbeitsvorganges, wozu ich
noch kurz bemerken will, daß die einfarbigen Steinzeugplatten, wie sie hier
hergestellt werden sollen, aus zweierlei Gemengen, die Füllmasse und die
dünnere, wertvollere und färbende Deckmasse, zusammengepreßt werden. Der Arbeiter,
der die Steuerung besorgt, hat auf dem senkbaren Preßtische einen Kasten ohne Boden,
der mit Füllmasse gefüllt ist. Nach Einstellung des Preßtisches fährt er mit jenem
Kasten über die leere Form, die dadurch gefüllt und beim Zurückfahren oben
abgestrichen wird. Dann hebt der gleiche Arbeiter den Tisch um die Stärke der
Deckmasse, worauf ein zweiter, am anderen Ende des Tisches stehender Arbeiter mit
einem gleichen Kasten ohne Boden, der mit Deckmasse gefüllt ist, in der gleichen
Weise über die vorgefüllte Form fährt. Auf diese Weise wird durch einfaches
Ueberfahren der Form diese schnell mit zweierlei Material gefüllt. Nun schwenkt der
zweite Arbeiter den Oberstempel ein, bis er über der Preßform steht, worauf der
erste. Arbeiter die Pressung in der angedeuteten Weise besorgt. Nach diesem schwenkt
der zweite Arbeiter den Oberstempel wieder aus, der erste Arbeiter gibt Druckwasser
und stößt dabei den Formung aus, den der zweite Arbeiter abnimmt. Dieser
Arbeitsvorgang spielt sich so schnell ab, daß zwei eingeschulte Arbeiter stündlich
bis 400 Formlinge gemacht haben sollen.
Textabbildung Bd. 324, S. 201
Fig. 10. Hydraulische Presse von Gebr. Pfeiffer.
In den Kreisen der Ziegeleibesitzer wurde es, besonders im geschäftlichen Verkehr mit
den Lieferanten ihrer Maschinen, wie in vielen Fällen der elektrischen Kraft, schon
langte als schwerer Uebelstand empfunden, daß es keine handliche Vorrichtung gibt,
die es ermöglicht, leicht festzustellen, wie groß der augenblickliche Kraftverbrauch
der einzelnen Maschine ist. Es gibt zwar derartige Kraftmesser, doch gehört zu ihrer
Bedienung ein Ingenieur, während ein Apparat erwünscht ist, der es dem gewönlichen
Arbeiter ermöglicht, den Kraftverbrauch abzulesen, ähnlich wie die Zeit auf der Uhr
und die Zugstärke
am Zugmesser. Für die Ziegelindustrie ist ein solcher Kraftmesser besonders wichtig,
da hier je nach der Aufbereitung des Tongemenges und seinen Verunreinigungen eine
sehr rasch wechselnde Kraft beansprucht wird. Starke Kraftbeanspruchung- und rascher
Wechsel derselben wird in den meisten Fällen auf mangelhaft vorbereitetes Gemenge
hinweisen, es würde deshalb ein handlicher Kraftmesser wesentlich zur Besserung
jener so wichtigen Verhältnisse beitragen.
Textabbildung Bd. 324, S. 202
Fig. 11. Kraftmesser „Simplex“.
Um ihn zu beschaffen, veranstaltete der „Deutsche Verein
für Ton-, Zement- und Kalk-Industrie“ im Jahre 1907 ein Preisausschreiben
mit annähernd folgenden Bedingungen: Die Vorrichtung soll einfach sein, ohne große
Vorkehrungen mit der Arbeitsmaschine verbunden werden und leicht von einer Maschine
zur anderen versetzt werden können, unbedingt sicher anzeigen, wann und in welcher
Höhe sich der Kraftverbrauch ändert und den Arbeitern einen Wink geben, wenn der
gewöhnliche Kraftverbrauch nicht erreicht oder überschritten wird, sei es dadurch,
daß der Ton zu weich oder zu hart zur Presse kommt, oder daß sonstige
Unregelmäßigkeiten eingetreten sind. Endlich soll es nicht unbedingt notwendig
sein, daß der Kraftverbrauch nach m/kg angegeben wird. Es sollen auch solche
Vorrichtungen zur Preisbewerbung zugelassen werden, welche nur bedingte Angaben
machen, letztere müssen jedoch untereinander vergleichbar sein.
Das Ergebnis dieser Ausschreibung wurde in der Hauptversammlung genannten Vereines im
Frühjahr 1908 der Oeffentlichkeit übergeben. Trotzdem 33 Bewerbungen eingelaufen
waren, die alle mit großem Ernste die Aufgabe behandelt hatten, konnten nach Ansicht
der Prüfungskommission die ersten beiden Preise nicht vergeben werden. Die beste
Lösung der Aufgaben wurde von Ingenieur A. Kersten zu
Großalmerode unter dem Kennwort „Simplex“ gegeben. Der betr. Apparat ist
inzwischen unter D.R.G.M. 336374 gesetzlich geschützt und wird vom Erfinder wie
folgt beschrieben: Auf der sich drehenden Kraftabgabewelle ist statt der
Festriemscheibe eine sogenannte Mitnehmerscheibe B
(vgl. Fig. 11) festgekeilt, neben welcher sich, zum
Teil über die Mitnehmerscheibe B greifend, die
Festriemscheibe A drehbar angeordnet befindet.
Außerhalb der Mitnehmerscheibe B und innerhalb des
Umfanges der Riemscheibe A sind Knaggen angeordnet, und
zwar nach den aufzunehmenden Drücken ein oder mehrere. Zwischen zwei solchen Knaggen
werden Zug- oder Druckfedern vorgesehen, welche zur Aufnahme der Kraft von A nach B dienen. Weiter
ist in der Scheibe B ein drehbarer Winkelhebel 1 vorhanden, welcher durch eine Speiche von A gedreht wird; die erteilte Drehung wird durch das
Gestänge 2 auf eine mit Ringnute versehene
verschiebbare Hülse 3 in eine hin- und hergehende
Bewegung umgeleitet. Die Hülse 3 führt durch ihre
Verschiebung einen Zeiger 4 vor und zurück. Ein
Gradbogen ermöglicht jederzeit das Ablesen des jeweiligen Kraftbedarfes in m/kg oder
in PS entsprechend der Einteilung der Skala 5.
Wird die Zeigerspitze von 5 mit einem Schrillstift
versehen und die Papiertrommel eines rotierenden Registrierapparates dreht ihren
Umfang in bestimmter Zeiteinheit ab, so ist eine jederzeitige Nachkontrolle
vorhanden.
(Schluß folgt.)