Titel: | Polytechnische Rundschau. |
Fundstelle: | Band 324, Jahrgang 1909, S. 237 |
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Polytechnische Rundschau.
Polytechnische Rundschau.
Kerchove-Dampfmaschinen mit
Kolbenventilsteuerung.
Die Sächsische Maschinenfabrik vorm. Richard Hartmann
A.-G. in Chemnitz hat seit einigen Jahren den Bau von Dampfmaschinen nach
dem System van den Kerchove aufgenommen und damit einen
neuen Schritt in dem von ihr schon seit 70 Jahren betriebenen Dampfmaschinenbau
getan. Welchen hervorragenden Anteil die Sächsische
Maschinenfabrik an der Entwicklung des Dampfmaschinenbaues genommen hat,
ist bekannt. Ende der vierziger Jahre ging die Firma von der einfachen
Schiebermaschine zur Ventilmaschine über, deren Ventile noch seitlich am Zylinder
saßen. Gleichzeitig begann sie auch mit der Einführung des Verbundsystems. Statt der
unrunden Scheiben zur Bewegung der Ventile wurde Anfang der siebziger Jahre eine
auslösende Steuerung nach Art der Corliß-Steuerung
eingeführt, welche Anfang der achziger Jahre durch die zwangläufige Höffner-Steuerung ersetzt wurde. Mit dieser Steuerung
wurden bis in die letzten Jahre etwa 700 Maschinen ausgerüstet.
Textabbildung Bd. 324, S. 237
Fig. 1.
Die scharfe Konkurrenz, welche der Kolbendampfmaschine durch die Dampfturbine gemacht
wurde, zwang zur Steigerung der Tourenzahl, der Ueberhitzung und des Dampfdruckes;
die bisherige Bauart der Steuerung konnte diesen Forderungen nicht nachkommen. Die
Sächsische Maschinenfabrik hat zwar auch den Bau
von Dampfturbinen aufgenommen, aber in richtiger Erkenntnis, daß der
Kolbendampfmaschine für viele Betriebe und namentlich für Leistungen unter 1000 PS
wegen der höheren Dampfökonomie ein weites Anwendungsgebiet bleibt, sich nach einer
Maschine umgesehen, welche höhere Tourenzahl, Ueberhitzung und Dampfspannung zuließ.
Diesen Bedingungen entspricht die Kerchove-Maschine,
welche seit etwa zehn Jahren von der Sté an. van den
Kerchove in Gent gebaut wird und heute mit einer Gesamtleistung von etwa
330000 PS in Betrieb ist.
Die Besonderheiten dieser Bauart liegen hauptsächlich in dem Steuerorgan und seiner
Anordnung. Statt des gewöhnlichen doppelsitzigen Rohrventils wird eine Art
Kolbenschieber mit federnden Dichtungsringen angewendet (Fig. 1). Ventile können nicht vollständig entlastet werden, wenn nicht
etwa die Sitze geteilt werden, um bei gleichem Durchmesser des oberen und unteren
Sitzes das Ventil einbringen zu können. Das mit Dichtungsringen versehene
Kolbenventil bietet eine vollständige Entlastung vom Dampfdruck; zu seiner Bewegung
ist außer den Trägheitskräften nur die Reibung in der Büchse zu überwinden. Es ist
ferner eine größere Gewähr für Dichtheit vorhanden, wenn durch hohe Temperaturen und
ungleiches Material ein Verziehen eintritt. Es ist ferner keine Gefahr vorhanden,
daß das Ventil, wenn es rasch geschlossen wird, mit einem harten Schlag auf den
Sitz trifft, da es sich über die Schlußkante hinaus bewegten kann. Die
Kolbenventile, je eines auf jeder Seite für Ein- und Auslaß getrennt, werden bei
größeren Maschinen, wie Fig. 2 zeigt, in den
Zylinderkopf eingebaut.
Textabbildung Bd. 324, S. 237
Fig. 2.
Dadurch wird der schädliche Raum und dessen Oberfläche aufs
äußerste beschränkt und die Ausführung des Gußstückes sehr vereinfacht. Die
Zylinderköpfe sind als besondere Stücke ausgeführt und mit dem eigentlichen Zylinder
verschraubt, der bei seiner einfachen Rohrform auch bei hohen Temperaturen keine
Neigung haben wird, sich zu verziehen. Aus Figur 2
geht auch die Abdichtung der Ventilspindeln hervor. Die äußere Steuerung ist eine
einfache Ausklinksteuerung, deren Klinke vom Regulator verstellt wird. Bei Störung
des Regulatorantriebs wird die Klinke selbsttätig abgehoben, so daß eine Bewegung
der Kolbenventile aufhört. Der Schluß der Einlaßöffnungen erfolgt unter der Wirkung
einer Feder; sollten die Kolbenventile einmal hängen bleiben, so werden sie durch
einen Nocken an der Steuerstange zwangläufig niedergedrückt. Weil Kolbenventile im
Gegensatz zu gewöhnlichen Ventilen mit Ueberdeckung der Einströmkanten arbeiten
können, so kann die Klinke mit dem Ventilhebel auch bis Nullfüllung herab in
Eingriff bleiben; für die Lebensdauer der auslösenden Teile ist dies von
Wichtigkeit. Ferner kann durch die Ueberdeckung das Anheben des Kolbenventils bei
geringerer Geschwindigkeit, das Oeffnen des Einlaßquerschnittes bei höherer
Geschwindigkeit erreicht werden. Die Auslaßsteuerorgane werden durch zwangläufigen
Exzenterantrieb
bewegt. Besonderer Wert ist auf die Zugänglichkeit von Kolben und Steuerorganen
gelegt. Wie Fig. 3 erkennen läßt, kann der hintere
Zylinderkopf, dessen Füße auf einer gehobelten Führung aufsitzen, mittels eines
Triebwerks zurückgezogen werden, wobei seine zentrische Lage zum Zylinder gewahrt
bleibt. Der Ausbau des Kolbens ist auf diese Weise ohne besondere Vorrichtungen
ermöglicht und kann vom Maschinisten allein vorgenommen werden. Bei Tandemmaschinen
ist die Zugänglichkeit des vorderen Zylinders durch Teilung des Zwischenstücks in
einer Ebene durch die Maschinenachse erleichtert. Bei kleineren Maschinen sind die
Kolbenventile für den Einlaß in der üblichen Weise über die Zylinder gelegt; für den
Auslaß liegen sie in einer Ebene senkrecht zur Zylinderachse.
Textabbildung Bd. 324, S. 238
Fig. 3.
Versuchsergebnisse von Kerchove-Dampfmaschinen.
No.
Bauart
Normal-leistungPSi
Ver-suchs-leistungPSi
Anfangs-druckkg/qcmabs.
Anfangs-tempe-ratur°C
MittlererGegen-druck
imDia-grammkg/qcmabs.
Dampfverbrauch in kgpro PSi u.
Stunde
Versuchs-ergebnis
Auf 300°u. 0,15 kgGegen-druck
um-gerechnet
1
Ein-kurbel-verbund
250
220
10,5
306
0,19
4,5
4,2
2
„
135
145
9,0
248
0,12
4,9
4,5
3
„
455
445
11,5
240
0,16
4,9
4,4
4
„
600
361
10,2
225
0,165
4,8
4,1
5
Zwei-kurbel-verbund
490
440
8,0
Gesättigt
0,16
5,7
4,3
6
„
410
170
12,0
„
0,16
5,2
4,4
7
„
1400
700
12,5
236
0,15
4,8
4,4
8
Einzyl.
235
190
11,5
238
1,0
6,9
6,1
Im übrigen weisen die neuen Maschinen der Sächsischen
Maschinenfabrik in ihren Einzelheiten die bewährten Formen und
Einrichtungen moderner Dampfmaschinen auf und stehen hinsichtlich Betriebssicherheit
mit den besten heute gebauten Dampfmaschinen in einer Reihe. Ihre ausgezeichnete
Dampfökonomie geht aus den nachstehenden Versuchsergebnissen hervor, die in
regelmäßigem Betrieb an Maschinen von kürzerer und längerer Laufzeit gewonnen worden
sind. Mit Ausnahme von No. 1, die von der Firma van den
Kerchove in Gent gebaut und von Prof. Schröter
eingehend untersucht worden ist, stammen die Maschinen aus den Werkstätten der Sächsischen Maschinenfabrik. Es scheint nach diesen
Ergebnissen die Betriebszeit von keinem erheblichen Einfluß auf den Dampfverbrauch
zu sein, ebenso die Große und die Belastung der Maschinen. Die Ursache der hohen
Dampfökonomie liegt in der günstigen Anordnung der Steuerorgane, wodurch die
schädlichen Räume und Flächen sehr verringert werden, ferner in ihrer guten und
dauernden Dichtheit und in den raschen Oeffnungs- und Abschlußbewegungen der
Steuerung.
M.
Einführung des elektrischen Zugbetriebes auf
Vollbahnen.
Wird der Kessel einer Dampflokomotive für das Quadratmeter Heizfläche mit 70 kg Dampf
beansprucht, so gibt eine moderne Schnellzugslokomotive, die eine Heizfläche von 250
qm besitzt, 17500 kg Dampf in der Stunde und damit eine Leistung von 1500 PS. Eine
solche Maschine wiegt betriebsfertig 130 t, von denen 48 t auf die drei
angetriebenen Achsen entfallen. Eine gleichwertige elektrische Lokomotive mit vier
angetriebenen Achsen wiegt dagegen nur 70 t. Neben diesem Gewichtsunterschied kommt
als weiterer Vorzug in Betracht, daß, wie durch Versuche mit einer
Wechselstromlokomotive in Murnau in Bayern festgestellt wurde, für das Anfahren und
das höchst erreichbare Drehmoment nur etwa 70 v.H. der auf die Triebräder
entfallenden Last bei der Dampflokomotive, dagegen für die elektrische Lokomotive
das volle Gewicht in Rechnung gestellt werden können. Von besonderer Wichtigkeit ist
diese Feststellung für die bei Vollbahnen in Betracht kommenden großen Leistungen.
Beispielsweise müssen für die Gotthardbahn, bei der ein Zug von 400 t eine Steigung
von 26 a.d. Tausend mit 60 km stündlicher Geschwindigkeit befahren soll, eine Zug-
und eine Schiebelokomotive von insgesamt 2001 Gewicht also 50 v.H. des Nutzgewichtes
bei Dampfbetrieb vorgesehen werden, während eine sechsachsige elektrische Lokomotive
von 1001 Gewicht mit sechs 500 PS-Motoren dasselbe leisten würde. Wenn auch zurzeit
in der Ebene so bedeutende Anforderungen nicht gestellt werden, so ergibt doch das
Anwachsen der Verkehrsleistungen, daß auch hier mit Rücksicht auf die, schwereren
Züge und die erhöhten Fahrgeschwindigkeiten, welche zur besseren Ausnutzung der
Bahnstrecken erforderlich werden, in Zukunft mit größeren Lokomotivleistungen
gerechnet werden muß. Ein besonders großer Vorzug der elektrischen Lokomotive
besteht ferner darin, daß bei ihr die durch Aufnahme von Wasser und Kohle, sowie
durch das Ausschlacken und Auswaschen notwendigen kleineren und größeren
Betriebsunterbrechungen, welche bei Dampflokomotiven nötig sind, entfallen. Die von
den letzteren auf den deutschen Eisenbahnen durchschnittlich geleisteten 40000 km im
Jahre werden infolgedessen von den elektrischen Lokomotiven, vorausgesetzt, daß der
Fahrplan eine entsprechende Ausnutzung ermöglicht, um mindestens 30 v.H. übertroffen
werden. Als Beleg für diese Zahl kann die elektrische Hoch- und Untergrundbahn in
Berlin und die Köln-Bonner Kreisbahn dienen, deren l Motorwagen 70000 und 100000 km
jährlich leisten.
Bezüglich der konstruktiven Durchbildung- der elektrischen Lokomotiven ist schon
mit Rücksicht auf die zurzeit vorhandenen verschiedenen Bauformen anzunehmen, daß
noch mehrfache Umänderungen erfolgen werden. Jedenfalls liegt jedoch kein Grund
dagegen vor, daß dieselbe Vervollkommnung- wie bei den Dampflokomotiven erzielt
wird. Eine Steigerung des Wirkungsgrades ist dagegen kaum zu erwarten. Die Steuerung
der bisher gebauten Lokomotiven ist teils mechanisch, teils rein elektrisch. Welche
von diesen Ausführungen die beste ist, kann erst auf Grund längerer Erfahrungen
entschieden werden.
Für den Vollbahnbetrieb von größter Wichtigkeit ist die Stromzuführung zu dem
Fahrzeuge, für das aus naheliegenden Gründen Akkumulatorenbetrieb nicht in Betracht
kommt. Die bekannte Stromzuführung durch eine dritte Schiene erscheint dem
Eisenbahnfachmann auf den ersten Blick wohl am geeignetsten. Bei ihr ist jedoch die
Betriebsspannung auf höstens 800 Volt begrenzt; sie erschwert ferner die
Unterhaltung der Gleisanlage, ist wegen der vielen Isolatoren kostspielig und
schließlich nur für Gleichstrom anwendbar, weil für Wechselstrom der Widerstand zu
hoch ausfällt. Es bleibt somit nur die bei Straßenbahnen seit langem bewährte über
dem Gleise angeordnete Kupferleitung, bei der es sich empfiehlt, die abzunehmende
Stromstärke in denselben Grenzen zu halten, die bei Straßenbahnen erprobt wurden.
Die von dem Vollbahnbetriebe verlangte höhere Energie zwingt infolgedessen zur
Anwendung einer wesentlich erhöhten Spannung. Ferner kann bei den höheren
Geschwindigkeiten der gewönliche Stromabnehmer den von dem Durchgang herrührenden
Unregelmäßigkeiten in der Lage des Fahrdrahtes nicht folgen. Zur Abhilfe kann man
entweder die Masse des Stromabnehmers verringern, wie es von Siemens & Halske bei den Schnellbahnversuchen Marienfelde-Zossen
ausgeführt wurde, oder es kann eine möglichst wagerechte Lage der Fahrleitung durch
Vermehrung der Aufhängepunkte erzielt werden. Dieser Zweck wird durch die
Vielfachaufhängung oder Kettenlinienaufhängung erreicht.
Vielfachaufhängungen mit einem Tragdraht sind in Amerika bereits für eine
Fahrdrahtlänge von rund 1500 km ausgeführt. Auf der Vollbahnstrecke von New York
nach New Haven hat Westinghouse mit Rücksicht auf
etwaige Seitenschwankungen zwei seitlich auseinander gezogene Tragdrähte verwendet,
die untereinander sowie mit dem Fahrdraht durch starre Spreitzen fest verbunden
sind. Die Siemens-Schuckertwerke haben auf der
Hamburger Vorortbahn einen einfachen Tragdraht verwendet, jedoch den Fahrdraht nicht
unmittelbar daran, sondern unter Zwischenschaltung eines wagerechten
Hilfstragdrahtes aus Stahl aufgehängt. Bemerkenswert ist, daß diese Aufhängungsart
auf der Schweizerischen Vollbahnstrecke Seebach-WettingenS. D, p.J. 1907., Bd. 322, S. 218.
mit Spannweiten von 100 m Länge ausgeführt wurde. Zur Stromabnahme eignet sich am
besten eine Bauart, deren bewegliche Massen möglichst klein sind, so daß ein
Anpressungsdruck von 4–5 kg ausreicht. Es läßt sich alsdann eine große Lebensdauer
der Fahrleitung sowie der Schleifstücke erreichen. Damit der Stromabnehmer durch den
Luftwiderstand nicht vom Fahrdraht abgehoben wird und Stromunterbrechungen hierdurch
herbeigeführt werden, muß seine Fläche möglichst gering sein: ferner empfiehlt es
sich für sehr hohe Geschwindigkeiten durch Windflügel, welche auf der anderen Seite
der Drehachse sitzen, den Luftwiderstand auszugleichen. Als höchste
Fahrleitungsspannung ist im Versuchsbetriebe auf der schwedischen Strecke
Tompteboda-Vaertan 20000 Volt, im regelmäßigen Betriebe auf der Strecke
Seebach-Wettingen 15000 Volt verwendet worden. Da mit der Höhe der Spannungen die
Schwierigkeit der Isolation der Leitung besonders bei der Unterführung unter
Brücken, sowie in Tunnels wächst, so empfiehlt es sich nicht, die angegebenen
Spannungswerte zu verwenden, Zwingend für die Höhe der Spannung ist nur, daß die für
einen Zug erforderliche Höchststromstärke noch, ohne Schwierigkeiten abgenommen
werden kann- Der eingangs erwähnte Zug der Gotthardbahn würde rund 3000 KVA
brauchen, so daß bei 10000 Volt Spannung die Stromstärke 300 Ampere beträgt. Da zwei
Bügelstromabnehmer zur Abnahme und ein Kupferdraht von 100 qmm Querschnitt zur
Zuführung dieses Stromes ausreichen, so sollten 10000 Volt als normale Spannung für
Vollbahnen angenommen werden. Als günstigste Periodenzahl ist mit Rücksicht auf den
induktiven Spannungsabfall, sowie auf die Kommutierungsverhältnisse der
Wechselstrombahnmotoren zu empfehlen, noch unter die in Amerika und zum Teil auch in
Europa (Hamburg-Altona) verwendete Periodenzahl 25 herabzugehen und die in
Seebach-Wettingen und Wien-Baden bereits erprobte Periodenzahl 15 einzuführen.
Der Verf. hält die Möglichkeit des elektrischen Vollbahnbetriebes für erwiesen. Ob
der Betrieb, auch witschaftlich ist, kann zuverlässig erst entschieden werden, wenn
eine Anzahl Dampfbahnen in elektrischen Betrieb umgewandelt sein werden. Da
anderseits die Umwandlung einzelner Linien bereits beträchtliche Geldsummen
erfordert, so empfiehlt sich ein schrittweises Vorgehen, und zwar zuerst Linien mit
hohen Dampfkosten oder solche, für deren Betrieb elektrischer Strom besonders billig
zu haben ist, umzuwandeln.
Bezüglich der Betriebssicherheit bei Verwendung der Elektrizität an Stelle des
Dampfes wird unter Berücksichtigung der einzelnen in Betracht kommenden Fälle
ausgeführt, daß wesentliche Nachteile mit der Umwandlung nicht verbunden sind.
Allerdings leistet die Militärverwaltung noch Widerstand, die diesen jedoch aufgeben
dürfte, nachdem die Sicherheit eines elektrischen Vollbahnbetriebes durch Tatsachen
erwiesen ist. (Frischmuth) (Elektrische Kraftbetriebe
und Bahnen 1908 S. 597–613).
Pr.
Wasserkraft-Elektrizitätswerk der Uncas Power Company am Shetucket River bei Scotland, Connecticut.
Zur Lieferung von etwa 1200 KW an die Stadt Norwich, Connecticut, nutzt die Uncas Power Company ein Gefälle von 7,5 m des Shetucket
River in der Nähe von Willimantic mit Hilfe eines 8,1 m hohen und insgesamt 141 m
langen eigenartigen Staudammes aus. Der Staudamm, welcher ursprünglich in seiner
vollen Ausdehnung als Ueberfallwehr in Stampfbeton erbaut werden sollte, ist wegen
ungenügenden Baugrundes nach Beginn der Bauarbeiten abgeändert worden und besteht
aus einem 51 m langen als Erddamm mit Kernmauer aus Eisenbeton hergestellten Teil,
einem durch 5 Tainter-Schützen abgeschlossenen
Hochwasser-Schleusenteil von 34,8 m Länge, einem zum Teil als hohles Bauwerk aus
Eisenbeton ausgeführten Ueberfallwehr von insgesamt 30 m Länge und dem 21 m langen,
quer in den Fluß hineingebauten Maschinenhaus. Der erwähnte Schleusenteil des Dammes
enthält 5 Segmentschützen von je 9 m Breite und 3,9111 Höhe, welche nach Zylindern
von 4,2 m Halbmesser gekrümmt sind und deren Drehzapfen in den 1,2 m dicken
Zwischenpfeilern
aus Eisenbeton gelagert sind. Diese Schützen können jeder für sich mit Hilfe
von fahrbaren Winden mit Handbetrieb oder elektrischem Antrieb an Ketten hochgehoben
werden, um Hochwasser hindurchzulassen. Zum Abdichten an der Unterkante dienen
Holzbalken, die sich gegen entsprechende in den Beton eingelassene anlegen. An den
Seiten sind die Schützen durch kräftige Kautschukstreifen abgedichtet. Das unter den
Schützen hiridurchfließende Wasser wird nicht unmittelbar in den Flußlauf
abgelassen, sondern um Ausspülungen zu verhindern, in kleinen mit Sperrdämmen
versehenen Becken gesammelt, deren Sohle aus einem I m dicken Betonklotz besteht.
Auch unterhalb dieser Becken ist die Flußsohle durch Betonplatten gegen die Wirkung
des Wassers gesichert. Der an den Schleusenteil des Staudammes anschließende hohle
Dammteil aus Eisenbeton ist 24 m lang und bei 18,45 m Sohlenbreite 10,8 m hoch über
der Gründung. Er ruht auf wasserführendem Kiesgrund und ist daher zum Schütze gegen
den Druck von aufsteigendem Wasser mit reichlichen Entwässerungseinrichtungen
versehen. Gegen Fortschwemmen unter dem Einfluß des angestauten Wassers ist dieser
Dammteil ferner durch stählerne Spundwände an den beiden Unterkanten gesichert. Das
21 m lange und insgesamt 9 m breite Maschinenhaus ist ganz aus Stampfbeton gemauert.
Es enthält drei Doppelturbinen von 838 mm Laufraddurchmesser mit wagerechter Welle,
welche mit je einem Drehstromerzeuger von 400 KW Leistung- und 2300 Volt Spannung
unmittelbar gekuppelt sind. Der Erregerstrom wird von einer ähnlichen Turbine von
305 mm Laufraddurchmesser geliefert. Zur Regelung dienen bei den Hauptturbinen, Lombard-Regulatoren, bei der Erregereinheit ein Woodward-Regulator. Die Turbinen sind in den
wagerechten Einlaufkanälen unmittelbar über den Saugschächten aufgestellt und gegen
den Maschinenraum durch gußeiserne Wände abgedichtet, in welchen die Welle gelagert
ist. Der erzeugte Strom wird in vier wassergekühlten Transformatoren von je 400 KW
auf 23000 Volt gebracht und mit Freileitungen der Stadt Norwich zugeführt. (The
Engineering Record 1908, II, S. 572–576.)
H.
Rohölheizungen in Wohnungen.
Bisher standen der Verwendung des Rohöls zwecks Heizung von Wohnräumen erhebliche
Schwierigkeiten entgegen, da die Heizapparate erhebliche Unvollkommenheiten
aufwiesen. Ein neuerdings erfundener Apparat ermöglicht die Verbrennung von
Rohöl in Zimmeröfen ohne Rauch- und Rußbildung. Er besteht aus einem Topf mit
Brenner, der mit Rohöl angefüllt und in dem Ofen in einem Blechrahmen an Stelle des
vorher entfernten Rostes eingelegt wird. Die zur Verbrennung erforderliche Luft
dringt von unten durch den Aschenraum ein. Infolge der eigenartigen Konstruktion des
Brenners verbrennt das Oel vollständig ohne Rauch und Ruß. Die Flamme wird hierbei
an die Ofenwände getrieben, wodurch der ganze untere Ofenteil sehr rasch erwärmt.
Mit diesem Apparate kann ein Zimmerofen mittlerer Größe mit 1,5 bis 2 kg Rohöl gut
erwärmt werden, entsprechend einem Drittel der nötigen Kohlen- und einem Fünftel der
erforderlichen Holzmenge bei erheblich kürzerer Zeit. Nach der Oelverbrennung kann
der Ofen sogleich geschlossen werden. Vorteilhaft ist ferner der gänzliche Mangel
von Aschenbildung und das leichte Inbrandsetzen. Eine in der Landesversuchsanstalt
für die Naphta-Industrie vorgenommene Rohölheizprobe lieferte durchaus
zufriedenstellende Ergebnisse. (Organ des „Vereins der Bohrtechniker“ 1908 S.
281.)
J.
Eine Zink-Aluminium-Kupfer-Legierung zum Gießen in
Metallformen.
Eine neue Legierung aus Zink, Aluminium und Kupfer ist W.J.
Leddelin Summit, N.J.U.S.A. patentiert worden. Hinsichtlich ihrer
Eigenschaften ist sie mit Messingguß zu vergleichen. Ihr Vorgang besteht darin, daß
sie sich im Gegensatz zu anderen Messinglegierungen, die sich nur in Sandformen
gießen lassen, in Metallformen gießen läßt und hierbei gute und saubere Abgüsse
liefert. Die Herstellungskosten sind dabei nicht höher als bei jeder anderen guten
Messinglegierung. Die Mischung ist für weichen Guß: Zink 90%) Aluminium 5%, Kupfer
5%, für härteren Guß: Zink 87,50%, Aluminium 6,25%, Kupfer 6,25%. Letztgenannte
Legierung besitzt ferner die vorteilhafte Eigenschaft, wenig zu schwinden, und die
Fähigkeit heiß und dünnflüssig und ohne Lunkerbildung in die Metallformen zu
fließen. Sie empfiehlt sich namentlich zur Herstellung von Metall-Nippeln, Hähnen
und anderen ähnlichen Messingguß-Artikeln. Für dünnwandige Gußkorper schlägt der
Erfinder einen geringen Zusatz von Cadmium zu der erwähnten Mischung vor, betont
aber, daß hierbei 1½% oder noch weniger Cadmium vollkommen genügt. (Foundry Trade
Journal & Pattern-Maker 1909, S. 52.)
B.