Titel: | Untersuchung einer Abwässerpumpstation. |
Autor: | Maercks |
Fundstelle: | Band 324, Jahrgang 1909, S. 339 |
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Untersuchung einer
Abwässerpumpstation.
Von Betriebsingenieur Maercks,
Dipl.-Ing. Braunschweig.
(Schluß von S. 327 d. Bd.)
Untersuchung einer Abwässerpumpstation.
8. Der Lieferungsgrad der
Pumpen.
Die Pumpe auf der Hochdruckseite hat eine nutzbare Kolbenfläche von F1 = 784 qcm, auf der
Niederdruckseite von F2
= 781 qcm die mittlere Kolbengeschwindigkeit ist c =
1,684 m. Daraus berechnet sich das sekundliche Kolbenvolumen der Pumpen zu
A0 =
(F1
+ F2) . c
= (7,84 + 7,81) . 16,84
= 263 l.
Die wirklich geförderte Wassermenge war A = 214 l./Sek., woraus sich der Lieferungsgrad
berechnet zu
\varphi=\frac{214}{263}=0,816
Textabbildung Bd. 324, S. 339
Fig. 5. Hochdruckpumpe vorn.
Textabbildung Bd. 324, S. 339
Fig. 6. Hochdruckpumpe hinten.
Textabbildung Bd. 324, S. 339
Fig. 7. Niederdruckpumpe vorn.
Textabbildung Bd. 324, S. 339
Fig. 8. Niederdruckpumpe hinten.
Daß der Lieferungsgrad bei einer Pumpe mit gesteuerter Schlußbewegung der Ventile
nicht besser ist, ist auffallend. In den Fig. 5 bis
8 sind die Pumpendiagramme wiedergegeben. Die
Diagramme zeigen, daß beim Saugbeginn auch auf keiner Pumpenseite die Saugspannung
sofort erreicht ist, sondern daß der Uebergang von Druckspannung auf Saugspannung
erst beim Beginn des Saughubes ansetzt und dann nach einem mehr oder weniger großen
Kolbenweg erst beendigt ist. Das läßt auf zu spätes Schließen der Druckklappen
schließen, wodurch natürlich der Lieferungsgrad der Pumpe verschlechtert wird. Beim
Beginn des Druckhubes ist dasselbe mehr oder weniger langsame Ansteigen der
Druckspannung zu beobachten, eine Folge von zu spätem Schluß der Saugklappen, so daß
auch hier das zurückfließende Druckwasser den Lieferungsgrad herabsetzt. Auch
entsteht infolge des verspäteten Oeffnens der Druckklappen durch die Beschleunigung
der Drucksäule ein Kolbenstoß, der sehr heftig wird, weil die Kolbengeschwindigkeit
schon einen großen Wert erreicht hat, ehe die Druckklappen sich öffnen. Diese Stöße
wurden auch am Versuchstage beobachtet. Zum Teil mag auch der schlechte
Lieferungsgrad davon herrühren, daß die Klappenventile durch die vom Kanalwasser
mitgeführten Fremdkörper, die sich zwischen Ventil und Sitz setzen, undicht werden.
Was für Fremdkörper mit durch die Pumpe gehen, das zeigt eine Sammlung von Gegenständen, die
gelegentlich der Reparaturen in den Pumpenzylindern gefunden wurden, nämlich Nägel,
Geldbörsen, Steine, Münzen, Federhalter, Schlüssel, Knochen, Schirmgriffe,
Glasscherben usw. Auch der zu 0,686 gefundene mechanische Wirkungsgrad der Pumpe ist
schlecht, und läßt auf große hydraulische Widerstände in der Pumpe schließen.
Textabbildung Bd. 324, S. 340
Fig. 9.
Textabbildung Bd. 324, S. 340
Fig. 10. Hochdruckzylinder vorn.
Textabbildung Bd. 324, S. 340
Fig. 11. Hochdruckzylinder hinten.
Textabbildung Bd. 324, S. 340
Fig. 12. Niederdruckzylinder hinten.Fig. 13. Niederdruckzylinder
vorn.
Textabbildung Bd. 324, S. 340
Fig. 14. Hochdruckcylinder vorn mit Niederdruckcylinder hinten.Fig. 15.
Hochdruckcylinder hinten mit Niederdruckcylinder vorn.
A Sättigungskurve für den
Niederdruckzylinder; B Sättigungskurve für den Hochdruckzylinder; C Linie pv =
konst.
Berücksichtigt man, daß die auf 60 Touren maximal berechnete
Pumpe mit 63,14 Touren lief, und daß bei einer mittleren Kolbengeschwindigkeit von
1,684 m die maximale Kolbengeschwindigkeit 1,6 . 1,684 = 2,8 m ist, so tritt in den
Ventilen, deren Querschnitt =\frac{1}{1,6} der Kolbenfläche ist,
die sehr hohe Wassergeschwindigkeit wmax = 4,5 m auf, woraus sich die großen
hydraulischen Widerstände erklären. Ein Beweis hierfür ist auch die Gestalt der
Sauglinie der Hochdruck-Pumpe (Fig. 6), wo die
angesaugte Flüssigkeitssäule scheinbar beim Saugbeginn abreißt, und später wieder
mit großer Beschleunigung auf den Kolben stößt.
Zum Vergleich sind in nachstehender Tabelle die Lieferungsgrade und mechanischen
Wirkungsgrade der Maschinen aus den einzelnen Versuchsjahren zusammengestellt.
Jahr
Ma-schineNo.
Touren-zahln
Förder-höhem
Pumpe
Dampf-maschinemech.Wrk.-Grad
Gesamtermechan.Wirkungs-grad
Lieferungs-grad
mech.Wirk.-Grad.
1908190218991903
IIII
63,1450,5250,0048,90
14,5613,1913,6112,04
0,820,790,810,88
0,690,660,620,68
0,730,790,790,76
0,500,520,490,52
190718981901
IIIIII
61,2053,3044,60
13,5511,2212,41
0,830,920,97
0,670,740,80
0,600,730,74
0,540,550,60
190618971895
IIIIIIIII
61,8553,9450,60
13,3713,8612,64
0,920,800,92
0,720,670,75
0,760,740,77
0,550,500,58
In welcher Weise die Reibungsverluste in der langen Druckrohrleitung, welche einen
Durchmesser von 0,80 m hat, mit der Wassergeschwindigkeit zunehmen, darüber geben
die Versuchsresultate der einzelnen Jahre auch einigen Aufschluß. Trägt man für die
ganzen Jahre die gemessenen sekundlichen Wassermengen als Abszissen und die
zugehörigen Druckhöhen als Ordinaten auf, so erhält man zwar eine ganz unregelmäßig
verlaufende Kurve. Das ist aber auch erklärlich; denn der Druckwiderstand ist ganz
von der Art der Schieberöffnung auf dem Rieselfeld abhängig. Will man also
Vergleiche ziehen, so müßten bei den Versuchen dieselben Schieberstellungen auf dem
Rieselfeld beibehalten werden. Das konnte aber praktisch nicht durchgeführt werden.
In den Versuchsjahren 1908, 1907, 1901 und 1900 müssen aber annähernd dieselben
Verhältnisse vorgelegen haben; denn aus diesen Resultaten ergibt sich eine stetig
verlaufende Kurve, wie sie die Fig. 9 zeigt. Die
Versuchsresultate hierfür sind:
Versuchs-jahr
SekundlicheWassermengel.
Sekundl. Wasser-geschwindigkeitm
Saughöhem
Druckhöhem
1908
214,55
0,42
4,25
10,31
1907
204,00
0,41
4,39
9,16
1900
187,80
0,37
4,45
7,96
1901
174,60
0,35
5,63
7,56
Bildet man das Verhältnis der Wassergeschwindigkeiten z.B.
\frac{0,42}{0,37}=1,14
und das zugehörige Verhältnis der Druckhöhen
\frac{10,31}{7,96}=1,3,
so ist 1,142 = 1,3, d.h. die
Druckhöhen nehmen mit dem Quadrat der Wassergeschwindigkeiten zu.
9. Die
Dampfmaschinen-Diagramme.
Die Indikatordiagramme zeigen, daß die Dampfmaschine trotz der übermäßig hohen
Wassermenge von 12,84 cbm/Min. (maxim. Wassermenge = 11,7 cbm/Min.), welche die
Pumpen zu heben haben, mit verhältnismäßig kleiner Füllung arbeitet, daß also die
Dampfmaschine trotz überlasteter Pumpe noch kaum ihre normale Belastung hat. Der
Grund hierfür ist in der geringen Förderhöhe, mit welcher die Pumpen arbeiten, zu
suchen. Während die Dampfmaschine so berechnet ist, daß sie die maximale Wassermenge
auf eine Förderhöhe von 37 m heben kann, erreicht man im Betriebe höchstens eine
Förderhöhe von 15 m. Die Dampfmaschine ist also zu stark und wird noch nicht mit
ihrer normalen Leistung beansprucht. Um das Verhalten des Dampfes in der
Dampfmaschine kennen zu lernen, sind die Diagramme Fig.
10–13
rankinisiert, und zwar sind zusammengelegt das mittlere Diagramm der
Hochdruckkurbelseite mit dem der Niederdruckdeckelseite, Fig. 14, bzw. das der
Hochdruckdeckelseite mit dem der Niederdruckkurbelseite, Fig. 15, da die
vorliegende Maschine eine Verbundmaschine mit um 90° versetzten Kurbeln ist. Die
schädlichen Räume wurden ermittelt beim
Hochdruckzylinder zu s0 = 6,2%
Niederdruckzylinder zu S0 = 7,4%
Das Volumenverhältnis der Zylinder ist
\frac{S}{s}=2,44.
In den Fig. 14 u. 15 sind durch die
Endpunkte a der Hochdruckexpansionslinien die Kurven
p . v = konst.
gezogen, wodurch man die Hilfsdiagramme abcdefa
gewinnt. Bildet man das Verhältnis der Diagramm-flachen zur Fläche des gewonnenen
Hilfsdiagramms ab
cadefa, so. erhält man den Völligkeitsgrad k, dessen numerischer Wert
für Fig. 14
k = 0,515
für Fig. 15
k = 0,555
–––––––––
im Mittel also
= 0,535 ist.
Zur Beurteilung- der Dampffeuchtigkeit sind noch die Sättigungskurven eingezeichnet
worden, deren Berechnung hier kurz angedeutet werde. Am Ende der Kompression soll
der Dampf vollkommen trocken sein, so daß beim Beginn der Voreinströmung im
Hochdruckzylinder ein Dampfvolumen V0 = 0,006536 cbm von 4 Atm. abs. Spannung und dem
spezifischen Gewicht γ0
= 2,1625 kg/cbm ist. Das Dampfgewicht des schädlichen Raumes ist also
Textabbildung Bd. 324, S. 341
Fig. 16.
Textabbildung Bd. 324, S. 341
Fig. 17. a Füllung; b Kolbenweg.
Textabbildung Bd. 324, S. 341
Fig. 18. a Füllung.
Textabbildung Bd. 324, S. 341
Fig. 18. b Kolbenweg.
G0= V0 . γ0 = 0,006536 . 2,1625
= 0,01412 kg.
Aus dem gemessenen stündlichen Dampfverbrauch
Gstd.
= 688,3 kg
bestimmt man das pro Kolbenhub in den Zylinder eintretende
Dampfgewicht zu
G=\frac{G_{std.}}{60 \cdot 2 \cdot n}=\frac{688,3}{60 \cdot 2 \cdot
63,14}=0,091\mbox{ kg}
so daß am Ende der Füllung im Zylinder ein Dampfgewicht
vorhanden ist von
G0 +
G = 0,01412 + 0,091 = 0,10512 kg
dessen Spannung nach dem Diagramm p
= 8,3 Atm. abs. ist. Das spezifische Volumen der Dampffüllung ist dann nach
der Dampftabelle v = 0,232 cbm/kg. Demnach würde die
Dampffüllung im trocken gesättigten Zustand ein Volumen von
0,10512 . 0,232 = 0,0244 cbm
einnehmen. Dieses Volumen ist in den Fig. 14 u. 15
als Strecke cg nach dem Zylindervolumenmaßstab eingetragen. Für die
kleiner werdenden Spannungen der Sättigungskurve ergeben sich die zunehmenden
Volumina aus der Dampftabelle. In gleicher Weise ist die Rechnung für den
Niederdruckzylinder durchzuführen, für welchen die Sättigungskurve natürlich einen
anderen Verlauf nehmen muß, da hier der Dampfrest am Ende der Kompression ein ganz
anderer ist wie im Hochdruckzylinder. Die Sättigungskurven liefern nun für jede
Kolbenstellung den Feuchtigkeitsgehalt des Dampfes; will man z.B. für den Punkt a der Hochdruckdiagrammlinie, Fig. 15, die
spezifische Dampfmenge haben, so bildet man das Verhältnis der Abszissen ai und hi, d.h. es ist im
Punkt a die spezifische Dampfmenge
x=\frac{a\,i}{h\,i}.
Die so berechneten Dampfmengen sind für jede Zylinderseite in den Fig. 16–19 graphisch
dargestellt, indem als Abszissen die Kolbenwege und als Ordinaten die zugehörigen
spezifischen Dampfmengen aufgetragen sind. Auffallend ist hier die große Dampfnässe
im Hochdruckzylinder beim Beginn der Expansion. Während der Expansion aber wird der
Dampf stets trockener, so daß am Ende der Expansion die Feuchtigkeit von 60% auf 20%
herabgemindert ist, also eine lebhafte Nachverdampfung stattgefunden hat. Hier zeigt
sich sehr deutlich der Nutzen einer wirksamen Heizung; denn beim Hochdruckzylinder
ist hier eine intensive Mantel- und Deckelheizung tätig. Weniger wirksam ist die
Heizung im Niederdruckzylinder; denn hier findet nur eine Nachverdampfung von 10–15%
statt.
Arbeitsleistung von 1 kg Dampf und 1 kg
Kohle.
Der stündliche Dampfverbrauch betrug 778 kg, mithin ist die Nutzleistung von 1 kg
Dampf
=\frac{Q \cdot H \cdot 3600}{778}
=\frac{214,55 \cdot 14,56 \cdot 3600}{778}
= 14450 m/kg;
Und da die Verdampfungsziffer 8,71 ist, so leistet 1 kg Kohle
8,71 . 14450 = 125300 m/kg.
Zum Vergleich seien die Kohlenleistungen der einzelnen Versuchsjahre mitgeteilt.
Versuchsjahr
StündlicheWassermengecbm
Förderhöhem
Arbeitsleistungvon 1 kg Kohlem/kg
1895
670
12,64
102200
1896
540
9,83
85000
1897
621
13,86
118400
1898
706
11,22
120300
1899
–
–
–
1900
576
13,68
114200
1901
676
12,41
121500
1902
628
13,19
92000
1903
676
12,04
109400
1904
800
11,98
105100
1905
–
–
–
1906
830
13,37
117400
1907
735
13,55
106600
1908
773
14,56
125300
Das Charlottenburger Kanalisations-Pumpwerk hat dieselben Maschinen wie das
Braunschweiger Werk, nur arbeiten hier die Dampfkessel seit einigen Jahren mit
Ueberhitzern. Welcher Vorteil dadurch erzielt worden ist, zeigen die gestiegenen
Arbeitsleistungen von 1 kg Kohle, welche aus der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen
sind.
Charlottenburger
Kanalisationswerke.
Versuchsjahr
StündlicheWassermengecbm
Förderhöhem
Arbeitsleistungvon 1 kg Kohlem/kg
1895
580
38
112100
1896
725
39
121200
1897
900
28,5
117800
1898
950
30
138300
1899
1030
30
143000
1900
1170
32
146000
1901
1340
33
147300
1902
1470
38
163800
1903
1750
42
172100
1904
1754
41
180000
Daraus geht hervor, daß die Kohlenleistung des letzten Jahres
gegenüber 1895 um 60% besser geworden ist.