Titel: | Neuerungen auf dem Gebiete der elektrischen Maschinen. |
Autor: | Bujes |
Fundstelle: | Band 324, Jahrgang 1909, S. 377 |
Download: | XML |
Neuerungen auf dem Gebiete der elektrischen
Maschinen.
Von Dipl.-Ing. Bujes,
Charlottenburg.
(Fortsetzung von S. 356 d. Bd.)
Neuerungen auf dem Gebiete der elektrischen Maschinen.
Eine besondere Schwierigkeit bildet bei Unipolarmaschinen die Ankerrückwirkung,
die von den Schleifringen und dem Anker herrührt. Fig.
7 zeigt deutlich, daß bei der Rotation des Ankers, nicht die Richtung,
wohl aber die Stärke des Stromes sich in beiden Teilen eines eines jeden
Schleifringes ändert, und da die Ringe von magnetischem Material umgeben sind,
werden die in ihnen fließenden Ströme magnetomotorische Kräfte wechselnder Größe und
Richtung hervorrufen, was Hysteresis- und Wirbelstromverluste in den massiven
Stahlgußteilen und der Armatur zur Folge hat. Diese nachteiligen Wirkungen werden
jedoch durch eine sinnreiche Verteilung der Bürsten B
und der Anschlußpunkte P auf dem Umfang der einzelnen
Schleifringe, wie die Praxis zeigt, vollständig beseitigt: Bei einer größeren Anzahl
von Schleifringen, die bei dieser Art Maschinen mit höherer Spannung stets vorhanden
sind, liegen die Anschlußpunkte P auf einer Spirale von
einer oder mehr Umgängen, während die Auflagepunkte der Bürsten B eine entgegengesetzt laufende Spirale von ein oder
mehr Windungen bilden. Bei dieser Anordnung ist in jedem Augenblick die Summe der
magnetomotorischen Kräfte und damit die Hysterese, gleich Null.
Fig. 6 zeigt wieder die
Ausbildung des Ankerfeldes und gegenseitige Neutralisierung der Ankerkraftlinien
innerhalb des Ankers, ferner das Querfeld, das im Magnetgestell verläuft und
selbstverständlich bei Belastungen zu großen Spannungsabfällen führen würde. Damit
eine wirkliche Neutralisierung der Kraftlinien innerhalb des Ankers eintritt, legt
Noeggerath flache Kupferleiter recht dicht
nebeneinander am Ankerumfang (Fig. 6 unten rechts);
damit auch die Rückleiter im Verein mit den Ankerströmen keine Ungleichförmigkeit im
Hauptfeld, und damit Ummagnetisierungsverlust verursachen, werden die Rückleiter an
die Außenseite des Magnetgestells angelegt (Fig. 8);
die stromdurchflossenen Rückleiter neutralisieren vollständig das vom Anker
hervorgerufene Querfeld.
Zu berücksichtigen sind noch die Ohmschen- und Bürstenreibungsverluste. Die
Ohmschen Verluste sind bei der kleinen Anzahl von Leitern verschwindend kleine, so
daß der Hauptverlust einer Unipolarmaschine in der Bürstenreibung zu suchen ist. Da
zu jedem Ankerleiter zwei Schleifringe gehören, würden dann zu einer 1000
RW-Maschine bei 1200 Touren/Min, und 600 Volt Spannung 22 Leiter und 44 Schleifringe
gehören. Bei J = 1670 Amp. und 4 qmm Bürstenfläche für
1 Amp. und 900 qmm Auflagefläche für jede Bürste, sind etwa 8 Bürsten f.d.
Schleifring, 8 × 44. = 352 Bürsten für die Maschine notwendig. Das ist auf den
ersten Blick eine ungemein hohe Zahl, dennoch würde eine Kommutatormaschine unter
denselben Verhältnissen etwa 600 Kommutatorlamellen und ebenfalls etwa 300 Bürsten
brauchen!
Textabbildung Bd. 324, S. 377
Fig. 8. Feste Leiter der Unipolarmaschine, die an der Außenseite des Gehäuses
befestigt sind.
Nach Untersuchungen von NoeggerathE.B. 1908, Heft 28. hat eine
300-KW-Unipolarmaschine bei 3000 Umdreh. einen Wirkungsgrad von 91 v.H. Auch ihre
Betriebssicherheit und Ueberlastungsfähigkeit ist nicht zu unterschätzen.
Nach Angaben von Noeggerath soll eine
2000-KW-Maschine einen Kurzschluß bei voll erregter Maschine anstandslos ausgehalten
haben; die bei derselben Maschine beobachteten Laststöße, ± 200 über normal sollen
auf sie ohne Einfluß gewesen sein.
Textabbildung Bd. 324, S. 378
Fig. 9a. Prinzipskizze einer Unipolarmaschine.
Durch Verstellung der Bürsten mittels einer Bürstenbrücke kann man auch ohne weiteres
ein Kompoundierung bei Generatoren herbeiführen, und die Geschwindigkeit und
Zugkraft bei Motoren verändern.
Allerdings kann die Unipolarmaschine nach den heutigen Erfahrungen nur für größere
Einheiten, insbesondere bei höheren Spannungen, wirtschaftlich gebaut werden; für
kleinere Leistungen wird sie in den meisten Fällen zu schwer sein. Für 600 V. würde
die untere Grenze 1000 KW. sein, für niedrigere Spannungen können allerdings auch
kleinere Einheiten noch gut gebraucht werden. Das Anwendungsgebiet der
Unipolarmaschinen wäre demnach: Antrieb von großen Ventilatoren, Schleuderpumpen,
ferner als Generatoren, gekuppelt mit Dampfturbinen und schnelllaufenden
Wassermotoren.
Textabbildung Bd. 324, S. 378
Fig. 9b. Unipolarmaschine für 6 Volt und 8000 Amp., direkt gekuppelt mit einem
Gleichstrommotor.
Den konstruktiven Aufbau zeigt Fig. 9a u. 9b. Der Fortfall des Kommutators, die Einfachheit der
Felderregung, der massive Ankerkörper und das nicht unterteilte Eisen des
Magnetgestells, die Ausnutzung der Zentrifugalspannungen (infolge der hohen
Tourenzahlen) zur Verbesserung der Bürstenauflageverhältnisse, die geringe Anzahl
von Ankerleitern, der gute Wirkungsgrad, all das sind Gesichtspunkte, die der
Unipolarmaschine in den oben angegebenen Grenzen wohl auch in Europa Bahn brechen
werden; überall dort, wo die Kommutatormaschine mit der Schwierigkeit bei der
Kommutation auf Grund hoher Geschwindigkeit zu kämpfen haben wird, wird sie
wahrscheinlich durch eine Unipolarmaschine ersetzt werden können.
Jedoch hat unzweifelhaft die Einführung der Wendepole jetzt die Verbreitung mancher
Spezialmaschinen erst recht gefördert. Und so findet immer mehr Verwendung die umkehrbare Zusatzmaschine, System Pirani, auf Grund verbesserter Wirkungsweise der Gleichstrommaschinen,
insbesondere in Betrieben mit stark wechselnder Belastung. Sie hat den Zweck, bei
starker Netzbelastung die übermäßige Inanspruchnahme der Hauptmaschinen zu
verhindern, und dafür die Pufferbatterie zur Entladung zu zwingen; bei geringem
Netzstrom dagegen fällt ihr die Aufgabe zu, die Hauptmaschinen zum Laden der
Batterie heranzuziehen. Das Schaltungschema einer solchen Anlage zeigt Fig. 10.
Textabbildung Bd. 324, S. 378
Fig. 10.
Die Pufferbatterie B ist mit der Zusatzmaschine ZD stets in Serie geschaltet. Die Erregung der Piranimaschine wird von einer besonderen
Erregermaschine ED gespeist, die mit den Zusatzdynamo
und Antriebsmotor ein Aggregat bildet (Siehe Schaltungschema) und nach Art von
Compoundmaschinen gebaut ist. Das Nebenschlußfeld NF
wird von der Batteriespannung beeinflußt, das Hauptschlußfeld dagegen, welches dem
ersteren entgegenwirkt, ist durch den Shunt W vom
Netzstrom abhängig. Auf diese Weise kann die Erregermaschine in die Erregung der
Zusatzdynamo in zwei entgegengesetzten Richtungen Strom schicken, und damit einmal
eine positive, das andere Mal eine negative Spannung der Zusatzmaschine bewirken,
wodurch die Batterie sich entladet, resp. von den Hauptmaschinen und der
Zusatzmaschine geladen wird. Die beiden Wicklungen werden so gewählt, daß sie bei
mittlerer Belastung der Hauptmaschinen sich das Gleichgewicht halten, d.h. die
Batterie wird weder geladen, noch entladen. Damit man es noch in der Hand hat, je
nach dem Ladungszustand der Batterie eine stärkere Ladung, als Entladung, oder auch
umgekehrt, zu erzwingen, verwendet man im Stromkreis der Erregerdynamo ein
Elektrolytisches Ventil (Aluminium-Eisenzelle), parallel geschaltet mit einem
regulierbaren Widerstand. Damit erreicht man bei zwei gleichen, aber dem Vorzeichen
nach entgegengesetzten Erregungen der Erregerdynamo, zwei verschiedene Erregungen
der Zusatzdynamo, und damit verschiedene Wirkungen im Lade- resp. Entladezustand der
Pufferbatterie.
Zum vollen Aufladen der Batterie werden die beiden Kommutatoren der Piranimaschine in Serie geschaltet (Fig. 11), was natürlich nach Betriebsschluß
geschieht: im Betrieb arbeiten beide Kommutatoren parallel, der höheren
Entladestromstärke wegen.
Der schwierigen Kommutation wegen sind Zusatz -und Erregerdynamo mit Wendepolen
versehen.
B. Wechselstrommaschinen.
Nicht so vielseitig- waren die letzten Neuerungen auf dem Gebiete der Wechselstrom-,
wie diejenigen der Gleichstrommaschinen; wir wollen deshalb hier nur auf eine
interessante Erfindung zur Konstanthaltung der Spannung bei Wechselstromgeneratoren
etwas näher eingehen.
Textabbildung Bd. 324, S. 379
Fig. 11. Umkehrbare Zusatzmaschinen, System Pirani, der
Siemens-Schuckert-Werke.
Die neue Vorrichtung scheint dem allgemeinen Bedürfnis zu entsprechen, sie ohne große
Kosten an jeder Maschine, ohne Rücksicht auf Pol- und Drehzahl anbringen zu können.
Die bisher bekannteste und am weitesten verbreitete „inhärente,“ d.h. nur
durch die magnetischen und elektrischen Eigenschaften der Maschine bedingte Methode
wird aus wirtschaftlichen Gründen immer unzulänglicher, denn bei einer
Spannungsregulierung von 15 bis 25% muß man schon mit höheren Sättigungen im Eisen,
und damit mit einem größeren Kupferaufwand in den Magnetwicklungen rechnen, wenn man
nicht gewillt ist, die Leistungsfähigkeit der Maschine noch mehr herabzudrücken.
Läßt man aber höhere Spannungsdifferenzen bis 35% zu, dann wird auch das Eisen
weniger gesättigt und auch der Kupferaufwand der Magnetwicklung auf ein Minimum
reduziert; damit werden die Selbst- und Betriebskosten der Maschine entsprechend
verringert.
Textabbildung Bd. 324, S. 379
Fig. 12. Charakteristik eines Eisenwiderstandes.
Um aber in diesen weiten Grenzen regulieren zu können, muß man einen automatischen
Regler der Erregung zur Hilfe nehmen, und dazu scheint die oben erwähnte Methode von
Seidner sehr geeignet zu sein (E.T.Z. 08. S. 450).
Seidner benutzt die bekannte Eigenschaft eines
Eisenwiderstandes, daß er zwischen bestimmten Grenzen sich proportional mit der
Spannung ändert (Fig. 12). Zwischen 8–15 Volt bleibt
die Stromstärke konstant.
Textabbildung Bd. 324, S. 379
Fig. 13. iv
Effektivwert des Wechselstromes; ig Gleichstromstärke; J Effektivwert des resultierenden Stromes.
Wenn man nun diesem Widerstand gleichzeitig dann ist der resultierende Strom
gleich der geometrischen Summe der beiden Komponenten, deren Effektivwerte im
Vektordiagramm senkrecht aufeinander stehen (Fig.
13).
Bleibt der Strom J konstant, wie es bei den
Eisenwiderständen, bei Spannungen zwischen oben erwähnten eine Gleichstrom- und
Wechselstromspannung aufdrückt, Grenzen der Fall ist, dann muß sie bei Vergrößerung
von iv, ig sich verringern und umgekehrt. Auf diese
Weise erhalten wir eine sich automatisch in weiten Grenzen der Belastung
regulierende Felderregung bei Wechselstrommaschinen.
Selbstverständlich muß die Anordnung in der Weise getroffen werden, daß die
Gleichstromstärke in der Magnetwicklung entsprechend dem Ankerstrom steigt, und
ferner, daß durch die Uebereinanderlagerung der beiden Stromarten in ein und
demselben Kreis keine nachteiligen Wirkungen auftreten.
Von diesem Gesichtspunkte aus gelangte Seidner zu der
Anordnung (Fig. 14), bei der bedeuten:
J = Drehstromgenerator,
N = Magnetentwicklung des
Generators,
n = Nebenschlußwicklung von E,
St = Stromtransformator,
Sp = Spannungstransformator,
rc
= Eisenwiderstände,
R = 2re – Induktionsloser Widerstand.
Textabbildung Bd. 324, S. 379
Fig. 14 Schaltungsschema der neuen Spannungsregulierungs-Methode.
Durch eine einfache Ueberlegung kann man sich davon überzeugen, daß die Punkte 2 u. 7 im
Spannungstransformator elektrodynamisches Aequipotential haben, so daß der an diese
Punkte angeschlossene Stromtransformator vom Strom des Spannungstransformators nicht
durchflössen werden kann. Auch die Punkte 10 u. 13 des Stromtransformators haben dynamisches
Aequipotential, so daß kein Wechselstrom in den Erregerkreis fließen kann. Wenn auch
Gleichstrom in die Teile 5–6, 3–4 von Sp und 9–10, 11–12 von St gelangt, durchfließt er je zwei von ihnen in
entgegengesetzter Richtung, so daß auf diese Weise keine Magnetisierung stattfinden
kann.
Textabbildung Bd. 324, S. 380
Fig. 15. AB Spannung des Stromtransformators; AC Spannung des Spannungstransformators.
Die Regulierung selbst geht folgendermaßen vor sich: Die sekundäre Spannung des
Stromtransformators eilt der sekundären Spannung des Spannungstransformators um etwa
120° nach Fig. 15. Bei derselben Phasenverschiebung
und der Stromstärke Null ist AD ein Maximum, d.h. mit
wachsender Stromstärke der Wechselstrommaschine sinkt die Wechselstromspannung
am Eisenwiderstand, die Gleichstromstärke steigt und damit auch die
Kraftlinienzahl der Felderregung. Bei Phasenverschiebung vergrößert sich der Winkel
120° um ϕ, damit sinkt auch die resultierende Spannung,
der Widerstand reguliert dann wieder im Sinne der Phasenverschiebung.
Gegen diese Anordnung, die an jedem schon im Betriebe befindlichen Generator ohne
Rücksicht auf die Klemmenspannung und ohne große Kosten angebracht werden kann,
könnte sich vom theoretischen Standpunkt ein Zweifel geltend machen, ob bei
einseitiger Belastung des Drehstromgenerators alle drei Phasen zur Mitwirkung
herangezogen werden. Bei einphasigen Wechselstrommaschinen müßte die Anordnung etwas
veränderte Gestalt erhalten, um die Phasenverschiebung von über 90° zu erhalten.
(Fortsetzung folgt.)