Titel: | Neuerungen auf dem Gebiete der elektrischen Maschinen. |
Autor: | Bujes |
Fundstelle: | Band 324, Jahrgang 1909, S. 385 |
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Neuerungen auf dem Gebiete der elektrischen
Maschinen.
Von Dipl.-Ing. Bujes,
Charlottenburg.
(Fortsetzung von S. 380 d. Bd.)
Neuerungen auf dem Gebiete der elektrischen Maschinen.
2. Elektromotoren.
A. Allgemeines.
Bevor wir die Elektromotoren in Bezug „auf ihre Stromart, Gleichstrom oder
Wechselstrom, jede für sich, der Betrachtung“ unterziehen werden, wollen
wir zunächst die den beiden Motorarten gemeinsamen konstruktiven Neuerungen
behandeln.
Als Verbindungsarten zwischen Elektromotor und anzutreibender Maschine kamen
bisher folgende vier Antriebsweisen in Betracht: direkte Kupplung, Zahnrad- oder
Schneckenrad-Uebersetzung, Riemen, endlich Friktionsräder.
Während einerseits der Anwendung der letzten drei Betriebsarten durch ein
bestimmtes, nicht zu überschreitendes Uebersetzungsverhältnis, Rücksichten auf
den Wirkungsgrad, die Platzfrage usw. von vorherein eine gewisse Grenze gezogen
war, konnte anderseits die direkte Kupplung nur dann in Frage kommen, wenn die
Umdrehungszahlen der Wellen des Elektromotors und der anzutreibenden Maschine
genau übereinstimmten, eine Bedingung, die jedoch bei den bedeutenden
Geschwindigkeiten, besonders bei kleineren Motoren, nur für wenige
Maschinengruppen zutrifft.
Durch die sogenannte Zentratorkupplung, Fig. 16, von Hilger &
Co., ein patentiertes Reduktionsgetriebe, dessen Wirkungsweise im
folgenden beschrieben werden soll, ist nun ein Bindeglied zwischen Elektromotor
und Arbeitsmaschine geschaffen, welches die volle Ausnutzung der Vorteile des
elektrischen Einzelantriebes auch bei solchen Arbeitsmaschinen ermöglicht, bei
denen bisher die direkte Kupplung, durch Verschiedenheit der Umdrehungszahlen,
von treibender und getriebener Welle, ausgeschlossen war.
Die Firma Felten & Guillaume-Lahmeyerwerke
benutzt nun diese Kupplung zur Verbindung ihrer Kleinmotoren (bis 7 PS) mit den
zugehörigen Arbeitsmaschinen.
Zur Erläuterung der Wirkungsweise der zur Verminderung der Motorgeschwindigkeit
dienenden Zentratorkupplung diene folgende Beschreibung: Die schnellaufende
Welle des Elektromotors trägt die Laufrolle a
Fig. 16. Um diese Laufrolle gruppieren sich
drei, bezw. vier Ringe b (je nach Größe der
Uebersetzung). Den zur Uebertragung der Umfangskraft notwendigen Flächendruck
zwischen a und b
vermitteln der aus Stahlguß gefertigte und schräg aufgeschlitzte Klemmring e und der gußeiserne Druckring d. Die Berührungsfläche dieser Ringe ist konisch.
Vermittels der am Umfange verteilten Druckschrauben e kann daher der Klemmring- c mehr oder
weniger gegen die Laufringe b gepreßt werden,
je nachdem der Druckring d seitlich verschoben
wird. Durch das Rotieren der Ringe b nehmen die
Leitrollen f unmittelbar an der Bewegung teil;
gleichzeitig verhindert das Ineinandergreifen von b
und f ein seitliches Verlaufen der Ringe b. Die Uebertragung von Kraft und Bewegung, mit
nunmehr verminderter Umlaufgeschwindigkeit durch die Mitnehmerbolzen g und durch die Mitnehmerscheibe h auf die langsamlaufende Achse i, ergibt sich ohne weiteres aus der Zeichnung. Das
ganze System wird getragen durch den allseits geschlossenen und somit staub- und
wasserdichten Lagerkörper k. Die Zufuhr von
Schmiermaterial aus dem Hauptlager erfolgt automatisch durch die Schleuderkraft.
Die vorgeschriebene Bahn ist aus der Zeichnung ersichtlich.
Textabbildung Bd. 324, S. 385
Fig. 16. Zentrator-Kupplung von Hilger & Co.
Da nur rollende Reibung in der Kupplung vorhanden ist, kann der Wirkungsgrad
ziemlich hoch sein; auch der geringe Raumbedarf fällt ins Gewicht gegenüber
anderen Antriebsweisen unter denselben Verhältnissen. –
Eine konstruktive Neuerung stellen auch Motoren der sogenannten
„Durchzugstype“ dar, die von verschiedenen Firmen jetzt auf den Markt
gebracht werden und auch bei ortsfesten Motoren immer mehr Verwendung
finden.
Fig. 17 zeigt das äußere Bild dieser Type, wie
sie z.B. von den Siemens-Schuckertwerken ausgeführt
wird. Motoren dieser Art besitzen ein vollständig gekapseltes Gehäuse, dessen
gedrungener und stabiler Bau eine große Widerstandsfähigkeit gegen mechanische
Beanspruchungen gewährt und sowohl die Wicklungen, wie auch die Schleifringe,
resp. Kollektor und Bürsten gegen äußere Verletzungen schützt. Beide
Lagerschilder sind als kräftige Gußkappen ausgeführt. Durch Oeffnungen in
denselben, die mittels in Charnieren drehbaren Klappen geschlossen werden,
sind die Schleifringe resp. Bürsten zugänglich. Damit die Leistungsgrenze dieser
Motoren infolge ihrer Einkapselung nicht auf ein geringes Maß sinkt, sitzt auf
der Rotorwelle ein Ventilator, der durch den entsprechend konstruierten Anker,
resp. auch Kommutator, während des Betriebes einen kräftigen Luftstrom treibt
und so die gewünschte Abkühlung der im Gehäuse eingeschlossenen Teile
erzeugt.
In Räumen mit starker Staubentwicklung oder säurehaltigen Dämpfen können diese
ventiliert gekuppelten Motoren Verwendung finden, wenn man deren Gehäuse mit
Anschlußflanschen versieht und an diese Rohrleitungen anschließt, die reine, für
die Wicklung unschädliche Luft zuführen und der erwärmten den Austritt in einen
Raum gestatten, aus dem auch bei stillstehendem Motor Staub oder schädliche
Dämpfe in ihn nicht eindringen können.
Textabbildung Bd. 324, S. 386
Fig. 17. Ventiliert gekapselter Drehstrom-Motor Modell R der
Siemens-Schuckertwerke.
Motoren dieser Art finden auf Grund der beschriebenen Konstruktion mit Recht
immer weitere Verbreitung, und zwar in allen denjenigen Betrieben, bei denen ein
sorgfältiger Schutz der Wicklungen, Schleifringe, resp. Bürsten und des
Kollektors in Frage kommt.
B. Gleichstrom.
Die Einführung von Wendepolen im Dynamomaschinenbau hat nicht nur den Vorteil mit
sich gebracht, daß die Spannung der mit Wendepolen ausgerüsteten Generatoren
ohne Bürstenverschiebung und bei funkenlosem Gang der Maschine beliebig
gesteigert werden kann, solange es natürlich ihre magnetische Charakteristik
erlaubt, sondern auch daß diese Maschinen unter dem Einfluß der Wendepole sogar
bei starken Belastungsstößen ruhig und funkenlos arbeiten. Aber auch die
elektrischen Antriebsmotoren verdanken ihre neue weitere Verbreitung den
Wendepolen, denn die letzteren erlauben ihnen bei konstanter Netzspannung eine
Tourenregulierung in weiteren Grenzen bei praktisch konstanter Leistung und ohne
wesentliche Regulierverluste und vor allen Dingen bei funkenlosem Gang. Diese
Eigenschaft gibt ihnen das Recht der Verwendbarkeit als Antriebsmotoren von
Arbeitsmaschinen, besonders von Werkzeugmaschinen, für die es unerläßliche
Bedingung ist, die Umdrehungszahlen entsprechend den verschiedenen zu
bearbeitenden Werkstücken in weiten Grenzen verändern zu können. Die bekannten
mechanischen Hilfsmittel, wie Stufenscheiben, Differentialgetriebe usw. konnten
dieser Bedingung nur mit verhältnismäßig hohen Zeit- und Energieverlusten
genügen.
Erlaubte auch vor der Einführung der Wendepole der Nebenschlußmotor seine
Tourenzahl ohne wesentliche Energieverluste zu regulieren, so war dennoch der
Aenderung seiner Umdrehungszahlen in weiteren Grenzen durch die Funkenbildung am
Kollektor eine bestimmte Schranke gesetzt; erst das Einbauen von Wendepolen, die
ja stets vom Hauptstrom erregt sind und ein entsprechendes Wendefeld erzeugen,
ermöglicht dem Motor anstandlos verschiedene, der Arbeitsmaschine entsprechende
Tourenzahlen anzunehmen. Auch die Möglichkeit, die Drehrichtung des Motors
beliebig zu ändern, ohne auch die Bürsten in demselben Sinne verstellen zu
müssen, erzielen die Nebenschlußmotoren vermittelst der Wendepole.
Fig. 18 zeigt z.B. ein vertikales Bohr- und
Drehwerk, das ursprünglich für Geschwindigkeitsänderungen mittelst
Stufenscheiben eingerichtet, später für den elektrischen Antrieb umgebaut wurde.
Der Antrieb erfolgt jetzt durch einen Gleichstromnebenschlußmotor der Firma Felten & Guillaume-Lahmeyerwerke, der 7,5 PS
leistet und dessen Umdrehungszahlen zwischen 410 und 1650 veränderlich sind. Die
Platzersparnis durch den Fortfall der Stufenscheiben, deren Raumbeanspruchung-
deutlich ersichtlich ist – ist ohne weiteres anzuerkennen.
Der Fortschritt bei Anwendung von Wendepolmotoren zum Antrieb von
Werkzeugmaschinen liegt also erstens in der großen Raumersparnis, zweitens im
Zeitgewinn, da dabei das lästige Auflegen des Riemens fortfällt, und an dessen
Stelle tritt die ebenso einfache wie bequeme Handhabung der Hebel am Anlasser
und Regulierwiderstand. Ferner ist auch nicht die Bequemlichkeit außer acht zu
lassen, die sich allgemein beim Einzelantrieb der Arbeitsmaschine dadurch
ergibt, daß die Maschine ohne große Mühe und Zeitverlust versetzt werden kann.
Schließlich wird durch den Fortfall der Transmissionsstränge dem Kran volle
Bewegungsfreiheit geschafft und dadurch das Transportieren und Aufspannen der
Werkstücke auf die Werkzeugmaschine erleichtert. –
Auch bei schwierigeren Arbeitsmaschinen, wie z.B. Walzwerk- und Fördermaschinen
tritt immer mehr der elektrische Antrieb in den Vordergrund, da sich ja derselbe
schon im Antrieb von Kranen und anderen Hebezeugen längst bewahrt hat. So wird
es wohl nicht ohne Interesse sein, auf die elektrischen und mechanischen
Betriebseigenschaften der elektrischen Walzen-zugs- und Fördermotoren hier etwas
näher einzugehen.
Da der Antrieb einer Walzenzugstraße oder eines Förderkorbes im allgemeinen einer
großen Leistung bedarf und dadurch die Verluste, die in einem Anlasser bei
gewöhnlichen Motoren entstehen, nicht in Kauf genommen werden können, mußte man
bei einem derartigen Betrieb zu einer anderen Methode schreiten, die durch die
Leonardsche Schaltung gegeben ist. Die
Ankerspannung wird dabei dem Motor nicht erst durch Abdrosseln der Netzspannung
in den Anlaßwiderständen zugeführt, sondern von einer besonderen, sogenannten
Anlaß- oder Steuerdynamo geliefert, die von einem Steuermotor angetrieben wird.
Durch Veränderung der Erregung der Steuermaschine kann man bei einer konstanten
Drehzahl des Steuermotors jede beliebige Spannung an der Anlaßdynamo herstellen,
und so den Arbeitsmotor, dessen Erregung eine konstante Größe stets beibehält,
mit jeder Tourenzahl laufen lassen, und durch Umschalten der Erregung in der
Dynamo ihm einen Rechts- oder Linkslauf erteilen.
Fig. 19 zeigt die Leonardsche Anordnung, bei der aus weiter unten angegebenen Gründen
der Arbeitsmotor und die Steuerdynamo mitgeteilten Ankern ausgeführt sind.
Wie beim Walzenzugs-, so auch beim Fördermotor, gibt es zu Anfang jeder Stich-
resp. Förderperiode einen Belastungstoß, der eine Folge der
Beschleunigungsarbeit, nicht nur des Walz- resp. Fördergutes, sondern auch der
bewegten Teile der Antriebsmaschine ist. Im die Beschleunigungsarbeit der
Maschinenteile klein zu halten, werden die Anker im allgemeinen aus zwei
Teilen ausgeführt. Damit sich ferner; die Belastungstöße nicht auf das Netz
übertragen, wird mit dem Steuermotor ein entsprechend schweres Schwungrad
gekuppelt, welches während der Bremsperioden die vom Arbeitsmotor abgegebene
elektrische Energie in mechanische umwandelt und aufspeichert, um sie nachher
als elektrische Energie beim Anlassen dem Arbeitsmotor abzugeben. So eine, mit
Schwungrad ausgerüstete Steuermaschine, stellt einen Ilgner-Umformer dar (Fig. 19). Durch
die ausgleichende Wirkung des Schwungrades entnimmt der Steuermotor dem Netz
beinahe eine gleichmäßige Leistung.
Textabbildung Bd. 324, S. 387
Fig. 18. Vertikale Bohr- und Drehwerk, gekuppelt mit einem Wendepolmotor
der Felten-Guillaume-Lahmeyerwerke.
Textabbildung Bd. 324, S. 387
Fig. 19.
Die Steuerdynamo und der Arbeitsmotor sind Gleichstrommaschinen und müssen
wegen der bis 100% der normalen Last auftretenden Stromstöße besonders stark
konstruiert sein; insbesondere muß der Arbeitsmotor den starken mechanischen
Stößen genügenden Widerstand leisten können. Fig.
20 und 21 zeigen eine Ausführung der
Siemens-Schuckertwerke für ein elektrisch
betriebenes Reversierwalzwerk.
Textabbildung Bd. 324, S. 388
Fig. 20. Schwungradsteuermaschine, ausgeführt von den
Siemens-Schuckertwerken.
Textabbildung Bd. 324, S. 388
Fig. 21. Doppelmotor zum Antrieb der Straße.
Außer dieser Ausgleichsmethode mittels Schwungrad-Umformer findet man auch,
gerade in neueren Zeiten und zwar bei Förderanlagen, die Pufferbatterie in
Anwendung. Denn die Schwungradumformer haben immerlin den Nachteil, daß die
zugeführte Energie erst durch den Steuermotor zur Anlaßdynamo gelangt, was dem
Wirkungsgrad des Steuermotors entsprechend einen Verlust bedeutet.
Aus diesem und aus anderen, weiter unten noch angegebenen Gründen, scheint
in manchen Fällen eine Pufferungsanlage für elektrisch betriebene Förderanlagen
von Vorteil zu sein. Das Schaltungschema der Anlage zeigt Fig. 22, wie es auch von den Siemens-Schuckertwerken zur Ausführung gelangt.
Die Steuermaschine wird hier nicht, wie oben, von einem Elektromotor, sondern von
einer Dampfmaschine angetrieben, mit der auch unmittelbar die Puffermaschine M3 gekuppelt ist.
Die letztere zwingt nun auf Grund der besonderen Schaltung die Pufferbatterie in
Augenblicken starker Inanspruchnahme der Dampfmaschine mittelbar durch den
Fördermotor, sich zu entladen und die Puffermaschine selbst als Motor zu treiben
und so die Dampfmaschine zu unterstützen.
Mit dem Fördermotor ist durch eine Zahnradübersetzung die Erregermaschine M4 gekuppelt, so
daß deren Spannung einerseits der Geschwindigkeit und damit der Spannung,
andererseits, wie aus dem Schaltungsschema ersichtlich, der Stromstärke, also
auch dem Produkt dieser beiden Faktoren, der Leistung des Fördermotors,
proportional ist. Die Erregung von M4 ist nämlich von einem Shunt W im Hauptkreis beeinflußt. Die Maschine M4 wirkt nun der
Batterie-Spannung entgegen, und schwächt gleichzeitig die Erregung der Maschine
M3. Sinkt durch
diese Schwächung die elektromotorische Kraft von M3 unter den Wert der
Batteriespannung, dann läuft die Maschine M3 als Motor und unterstützt die Dampfmaschine;
dieser Fall tritt natürlich bei starker Inanspruchnahme des Fördermotors
ein.
In den Förderpausen dagegen kann die Maschine M3 die Batterie laden, da die Schwächung des
Feldes E3
von der Hilfsmaschine M4 nicht erfolgt, hingegen eine Verstärkung von
der Batterie aus auftritt.
Die Batterie wird im allgemeinen so bemessen, daß sie auch ohne Dampfmaschine die
Förderung mit halber Geschwindigkeit vornehmen kann, was nur eine erwünschte
Reserve für Betriebe mit stark schwankender Konjunktur bedeutet.
Mit der Dampfmaschine, deren Leistung auf die beschriebene Weise nur sehr
geringen Belastungsschwankungen unterworfen ist, kann dann ein
Drehstromgenerator für alle anderen Zwecke des Betriebes gekuppelt werden.
Textabbildung Bd. 324, S. 389
Fig. 22. Schematische Darstellung der Schaltung. (M1 Steuermaschine, M2 Fördermotor,
M3
Puffermaschine, M4 Hilfsmaschine, E3 Magnetentwicklung der Puffermaschine, E4
Magnetentwicklung der Hilfsmaschine, w
Abzweigwiderstand).
Die beiden zuletzt erwähnten Gründe sprechen auch manchmal für die Anwendung
dieser Methode. –
(Fortsetzung folgt.)