Titel: | Neuerungen auf dem Gebiete der elektrischen Maschinen. |
Autor: | Bujes |
Fundstelle: | Band 324, Jahrgang 1909, S. 404 |
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Neuerungen auf dem Gebiete der elektrischen
Maschinen.
Von Dipl.-Ing. Bujes,
Charlottenburg.
(Fortsetzung von S. 389 d. Bd.)
Neuerungen auf dem Gebiete der elektrischen Maschinen.
C. Wechselstrom.
Auf dem Gebiete der Wechselstromtechnik ist in der letzten Zeit wenig-prinzipiell
neues erschienen, außer der weiter unten beschriebenen Regelungs- und Anlaßmethode
für Drehstrommotoren von Heyland; dennoch fanden manche
schon früher theoretisch erkannte Tatsachen erst jetzt ihre Verwendung in der
Praxis. So war das Prinzip des Repulsionsmotors schon seit Elihu Thomson bekannt, praktisch brauchbare Ausführungen sind aber erst
den letzten Jahren zu verdanken, als man besonders den Mangel eines
Wechselstrommotors mit ökonomisch regulierbarer Tourenzahl immer stärker empfunden
hat.
Textabbildung Bd. 324, S. 404
Fig. 23.
Wegen der großen Bedeutung des Repulsionsmotors für manche Betriebe wollen wir auf
das bekannte PrinzipE.T.Z. 04. Dr. Eichberg. Einphasenkollektormotoren und ihre
Regelung. Kapp. Dynamomaschinen für Gleich- und
Wechselstrom. 4. Aufl. S. 557. seiner Wirkungsweise hier kurz
eingehen und auf seine sich daraus ergebende Verwendbarkeit hinweisen.
Der Ständer eines Repulsionsmotors ist gewöhnlich mit einer in Nuten untergebrachten
Spulenwicklung und mit ausgeprägten Polen versehen. Der Rotor hat eine gewöhnliche
Gleichstromwicklung mit Kommutator, dessen Bürsten (B)
(Fig. 23) kurzgeschlossen sind und einen Winkel
mit der Statorachse einschließen.
Der Stator erzeugt hier vermittels des Rotors das Querfeld F und zwar kann man sich das Entstehen des letzteren auf folgende Weise
erklären:
Die Gesamtwirkung der Amperwindungen des Rotors denkt man sich in zwei Komponenten
zerlegt: in die X- und Y-Achse, so daß ihre geometrische Summe gleich der Resultierenden in der
Bürstenachse ist. Fließt nun im Rotor ein Strom J2, dann wird die Rückwirkung der Amperwindungen auf
den Stator in der Y-Achse durch die Primärwindungen
kompensiert, es bleibt hiernach nur die Wirkung der stromdurchflossenen
Rotorwicklung in der X-Achse, die das Feld F erzeugt.
Dieses Feld F ist in Phase mit dem Rotorstrom J2 und ihm proportional
und bildet mit ihm ein starkes Drehmoment, solange keine anderen störenden Einflüsse
in Betracht kommen, wie es der Fall beim ruhenden Motor ist. Mit wachsender
Geschwindigkeit des Rotors entsteht aber unter den kurzgeschlossenen Bürsten eine
neue elektromotorische Kraft – der Rotation – infolge der Drehung des Rotors im
Felde F. Sie ist wiederum dem Felde proportional und
mit ihm in Phase, und ist mit der gegenelektromotorischen Kraft eines
Gleichstrommotors identisch; sie schwächt also den Ankerstrom und damit das
Drehmoment. Damit hat der Repulsionsmotor bei konstanter Bürstenstellung das
Verhalten eines Serienmotors. Durch Verstellen der Bürsten und die dadurch
veränderte Wirkung der Amperwindungen in der Richtung der X-Achse, kann man zwischen bestimmten Grenzen jedes Drehmoment und damit
auch jede beliebige Tourenzahl erzielen. Auch die Umkehrung der Drehrichtung kann
durch entsprechende Veränderung des positiven Bürstenwinkels (a) in einen negativen
erreicht werden.
Textabbildung Bd. 324, S. 404
Fig. 24.
Das Bürstenfeuer eines Repulsionsmotors kann leicht durch eine entsprechende Wahl der
Große des Hauptfeldes Φ zum Querfelde F vermindert
werden. Die günstigsten Verhältnisse treten auf, wenn die Bedingung erfüllt ist:
\frac{F}{\Phi}=\frac{n}{v},
wobei n die sekundliche
Umdrehungszahl des Motors und v = Periodenzahl des
zugeführten Wechselstromes darstellt. Hieraus folgt, daß man bei jeder Tourenzahl
durch Erfüllen der obigen Bedingung ein funkenfreies Arbeiten des Motors erzielen
kann.
Zwecks feinerer Tourenregulierung führt die Firma Brown,
Boveri & Co. die Repulsionsmotoren mit 4 Bürsten f.d. Polpaar (Fig. 24), nach dem Vorschlag von DériE.T.Z. 05.
Danielson:
„Die günstigste Anordnung von Wicklung und Bürstenstellung bei
kompensierten Repulsionsmotoren.E.T.Z. 07. „Regulierung von Repulsionsmotoren durch
Bürstenverschiebung.“ aus.
Textabbildung Bd. 324, S. 405
Fig. 25. Stator und Rotor eines Einphasen-Kollektor-Motors von Brown, Boveri
& Co. 10 PS, 1000 Touren, 500 Volt.
Textabbildung Bd. 324, S. 405
Fig. 26.
Das eine Bürstenpaar B1B1 bleibt
stets in der YY-Achse, während das andere Bürstenpaar
B2B2 um gleiche Winkel,
nach beiden Seiten von dieser Achse aus gerechnet, um den Kollektor verschiebbar
ist. Da der Anker stets zwischen zwei benachbarten Bürsten B1B2 stromlos ist, so werden für kleine Winkel a, wenn
die Bürsten B2B2 z.B. um die Breite
einer Ankerspule in der Drehrichtung- verschoben werden, die Querwindungen um zwei
Spulen vergrößert, die Gegenwindungen um ebensoviel verkleinert, während beim
gewöhnlichen Repulsionsmotor bei gleicher Bürstenverschiebung die Querwindungen um
vier Spulen vergrößert, die Gegenwindungen um vier verkleinert werden. Beim Dm-Motor
kann also die Tourenzahl, bzw. das Drehmoment mit etwa der doppelten Genauigkeit
durch Verschiebung der Bürsten eingestellt werden, als beim gewöhnlichen
Repulsionsmotor. Eine Ausführung dieses Motors zeigt Fig.
25.
Auf Grund seiner beiden Eigenschaften, der idealen Regulierungsfähigkeit der
Tourenzahl bei hohem Anzugsmoment und des funkenfreien Arbeitens, hat der
Repulsionsmotor Verwendung im Antrieb von Ringspinnmaschinen mit periodisch
veränderlicher Tourenzahl gefunden. Die Wichtigkeit der Regulierfähigkeit der
Tourenzahl von Ringspinnmaschinen soll im folgenden auseinandergesetzt werden:
Die Ringspinnmaschine hat bekanntlich eine dreifache Aufgabe zu erfüllen: Sie soll
das Vorgarn auf die nötige „Feinheit,“ das heißt auf den endgültigen
Durchmesser des Fadens verziehen, sie soll dem Faden eine bestimmte Verdrehung,
„den Draht,“ erteilen, damit er zugfest wird, und sie soll ihn in
geeigneter Weise aufspulen.
Der Läufer, das c-förmig gebogene Häkchen, das auf einem schienenartigen Bordring
umlaufen kann, ist das Regulierwerk der Ringspinnmaschine. Von der Differenz:
„Spindelumläufe minus Läufer umlaufe“ und vom jeweiligen Durchmesser der
aufgewickelten Spule ist die Menge des aufgewickelten Garns abhängig.
Textabbildung Bd. 324, S. 405
Fig. 27. 10 PS-Einphasen-Kollektormotor von Brown, Boveri & Co. 500 Volt,
50 Perioden, 700–1100 Touren.
Die Fadenspannung, die sich eventuell bis zum Fadenbruch steigern kann, wird nun beim
Aufwickeln auf kleinere Durchmesser größer sein, als unter denselben Verhältnissen
bei größeren Durchmessern und deshalb gibt es für jede Ringspinnmaschine mit
konstanter Tourenzahl einen kleinsten Durchmesser der Spule, der praktisch noch
besponnen werden kann; je größer der Durchmesser der aufzuwickelnden Spule, umso
höher die mit Rücksicht auf die Fadenspannung zulässige Drehzahl.
Textabbildung Bd. 324, S. 406
Fig. 28. Spinnsaal mit elektrisch angetriebenen Ringspinnmaschinen, ausgeführt
von Brown, Boveri & Co.
Am unteren Ende der Hülse werden kegelförmige Fadenschichten aufgesponnen, indem das
Ringband sich auf und ab bewegt, und zwar in den unteren Lagen langsamer. Auf solche
Weise entsteht ein nach oben kegelförmig- begrenzter „Aufsatz.“ Die
Ausbildung- des „Ballons,“ das ist der zwischen Oese und Läufer befindlichen
Fadenlänge, wirkt infolge der Zentrifugalkraft günstig auf das Zustandekommen der
Komponente zur Bewegung des Läufers. In oberen Schichten der Spule dagegen fällt
diese Wirkung fort, und der Faden wird wiederum mehr gespannt. Auch hier kann man
die Spannung durch Herabsetzung der Spindel- und damit der Läuferdrehzahl
vermindern.
Wie ersichtlich, ist es also notwendig, bei einer Ringspinnmaschine während einer
Spinnperiode die Tourenzahl verändern zu können, denn beim Antrieb mit einer
konstanten Drehzahl wird dieselbe dem kleinsten Spulendurchmesser und der
höchsten Spulenlage entsprechend eingerichtet; auf diese Weise wird die
Ringspinnmaschine in bezug auf ihre Leistungsfähigkeit nicht vollständig ausgenutzt.
Ist aber die Tourenzahl veränderlich, dann läßt man die Spindel beim „Ansatz“
und gegen Ende der Spinnperiode langsamer laufen, auch während des Spulens auf
kleinere Durchmesser kann man von Hand oder automatisch die Tourenzahl der Spindel
verringern.
Wenn man noch bedenkt, daß man auch je nach der Garnsorte und Baumwollqualität, bei
alten und neuen Maschinen, gern die Drehzahl veränderlich einrichtet, wird man auch
das Bedürfnis eines regelbaren Motors zum Antrieb von Ringspinnmaschinen einsehen.
Deshalb ist der Repulsionsmotor mit seinen regelbaren Tourenzahlen und starkem
AnlaufmomentErfahrungsgemäß
erfolgen umso weniger Fadenbrüche, je gleichmäßiger der Motor anläuft und
wenn er das 2 bis 2,5-fache seines normalen Drehmomentes
entwickelt. eine willkommene Antriebsmaschine von Ringspinnmaschinen
in elektrischen Wechselstromanlagen (in Gleichstromanlagen wird der Nebenschlußmotor
verwendet).
Fig. 26 zeigt nun deutlich die Veränderung der
Tourenzahlwährend einer Spinnperiode, die verminderte Drehzahl während des
„Ansatzes“ und gegen Ende der Spinnperiode, aber auch das Spulen auf
kleinen und auf großen Durchmesser mit verschiedenen Tourenzahlen ist aus der Figur
ersichtlich.
Einen Repulsionsmotor der Firma Brown, Boveri & Co.
mit automatischer Bürstenverstellung zeigt Fig.
27.
Die Motoren sind stets mit den Spinnmaschinen direkt gekuppelt und als Durchzugstype
ausgeführt (s. S. 354), sie sind also gegen den Spinnsaal abgeschlossen (Fig. 27), saugen selbst die zur Kühlung nötige Luft
aus ins Freie führenden Kanälen an und stoßen die erwärmte in andere Kanäle ab. Die
letzteren dienen gleichzeitig zur Aufnahme der Stromzuführungskabel, so daß im
Spinnsaal selbst kein unter Spannung stehender Teil sich befindet. Das Fehlen der
geräuschlosen und nicht ungefährlichen Riemen verleiht dem Spinnsaal ein ruhiges und
übersichtliches Aussehen (Fig. 28).
Auch das Prinzip der Reihenschlußkollektormotoren für Wechselstrom ist schon lange
bekannt und ist auch an anderer Stelle in dieser ZeitschriftD. P. J. 1908, S. 9. erwähnt
worden; sind dagegen dort die Hauptrepräsentanten der Reihenschlußmotoren behandelt,
so möchte ich hier auf eine Motortype hinweisen, die durch eine verbesserte
Methode
der Kompensierung der Segmentspannung die Aufmerksamkeit auf sich lenktD.R.P. No. 162781..
Würde man durch einen gewöhnlichen Gleichstrom-Hauptschlußmotor mit lamellierten
Statoreisen Wechselstrom durchschicken, so müßte unter den Bürsten ein heftiges
Feuer auftreten. Die Ursache dieses Feuers ist eine E.M.K., die bei stillstehendem Motor als Folge der transformatorischen
Wirkung des Hauptwechselfeldes in der durch die Bürsten kurzgeschlossenen Spule
entsteht. Setzt sich nun der Anker in Bewegung, dann kommt noch zu der eben
erwähnten E.M.K., die im allgemeinen Kurzschluß-E.M. K. genannt wird, eine durch die Rotation der
kurzgeschlossenen Windung- in dem vom Anker erzeugten Felde hervorgerufene E.M.K. hinzu, die den Namen der Rotations-E.M. K. führt. Diese beiden E.M.K.K. erzeugen nun einen Strom, der sich über die Bürste schließt und
so das Feuern verursacht. Um das zu verhüten, werden zwischen den Hauptpolen, wie
bei Gleichstrommaschinen mit Wendepolen, Hilfspole in der Richtung der Bürstenachse
eingebaut, die den Zweck haben, eine E.M.K. in der
kurzgeschlossenen Windung zu erzeugen, die die beiden anderen E.M.K.K. aufheben soll.
Nun sind die beiden E.M.K.K. um 90° gegeneinander
zeitlich verschoben und zwar ist die E.M.K. der
Rotation in Phase mit dem Hauptstrom; die aus beiden Resultierende eilt also dem
Hauptstrom um einen Winkel ϕ nach (Fig. 29). Um denselben Winkel muß auch die durch die
Rotation im Hilfsfelde erzeugte E.M.K. dem Hauptstrom
nacheilen; mit anderen Worten, es muß auch der die Hilfspole erregende Strom um
denselben Winkel dem Hauptstrom nacheilen. Zur Aufhebung der Selbstinduktion des
Ankers in der Richtung der Bürstenachse ist am Stator noch eine
Kompensationswicklung in Form einer kurzgeschlossenen Spule angeordnet.
Die Maschinenfabrik Oerlikon, die diese Art Motoren für
Schmalspurbahnen ausführt, erreicht nun die Phasenverschiebung des die Hilfspole
erregenden Stromes auf vierfache Weise (Fig. 30a, b, c, d).
Alle Schaltungen in den obigen Figuren beziehen sich auf eine zweipolige Anordnung,
und die Achsen der Spulen fallen mit den von ihnen erzeugten Feldern zusammen.
In Fig. 30a sind alle
drei Wicklungen: Hauptfeld-, Anker- und Hilfspolwicklung in Serie geschaltet;
parallel zur Hilfspolwicklung ist ein induktionsloser Widerstand gelegt, wodurch die
Phase des Stromes in H gegenüber dem Hauptstrom eine
Verschiebung erleidet.
In Fig. 30b ist
H mit einer Selbstinduktion S in Serie, der Ankerwicklung parallel gelegt; auch hierdurch kann man
eine Phasenverschiebung des Stromes in H gegenüber dem
Hauptstrom erzielen.
Textabbildung Bd. 324, S. 407
Fig. 29.
Textabbildung Bd. 324, S. 407
Fig. 30a, b, c, d. Schaltungen der Wechselstrom-Reihenschlußmotoren System
Oerlikon.
Textabbildung Bd. 324, S. 407
Fig. 31. Ständer und Lagerschild des Wechselstrom-Reihenschlußmotoren System
Oerlikon.
Textabbildung Bd. 324, S. 407
Fig. 32. Anker des Wechselstrom-Reihenschlußmotors.
In Fig. 30c wird die
Spannung der Hilfspolwicklung durch einen Serientransformator erzeugt, der parallel
zum Anker liegt. Und schließlich in Fig. 30d wird
weitgehendste Regulierung der Phasenverschiebung und der Stromstärke in der
Hilfspolwicklung in der Weise erreicht, daß H erstens
mit der Hauptwicklung und dem Anker in Serie, wie in Fig. 30a, geschaltet,
außerdem aber noch Spannung vom Serientransformator bekommt, der parallel zum Anker
liegt. So kann man sich dann stets den Zustand der idealen Kommutierung durch
Veränderung des Uebersetzungsverhältnisses des Transformators herstellen;
wohlgemerkt nur während des Betriebes, da bei Stillstand des Motors die Wirkung der
Hilfspolwicklung überhaupt außer Kraft tritt und die transformatorische
Spannung, die jetzt einzig und allein in den durch die Bürsten kurzgeschlossenen
Windungen auftritt, findet keine G.E.M.K. und trägt so,
falls das Hauptfeld beim Anlaufen stark ist, zur Funkenbildung bei.
Den mechanischen Aufbau dieses Motors stellten Fig.
31 u. 32 dar. Der Stator erinnert an das
Gehäuse der Induktionsmotoren; man sieht auch deutlich die drei verschiedenen
Wicklungen: F, K und H,
die als verteilte Nutenwicklungen ausgeführt sind. Außer dem gelochten Statorblech
fällt auch der reichlich bemessene Kommutator auf, worin ebenfalls eine
Eigentümlichkeit der Kollektormotoren für Einphasenstrom erkennbar ist.
Man kann es als Vorzug- dieser Motorbauart betrachten, daß die Ankerwicklung als
sechspolige Schleifenwicklung mit Ausgleichsleitern ohne irgendwelche besondere
Widerstandsverbindungen mit dem Kommutator ausgeführt wird.
Wird nun noch die Kompensationswicklung nicht als in sich kurzgeschlossen, sondern in
Serie mit der Hauptmagnetwicklung geschaltet, dann sind auch diese Motoren ohne
weiteres für Gleichstrombetrieb brauchbar.
(Schluß folgt.)