Titel: | Polytechnische Rundschau. |
Fundstelle: | Band 324, Jahrgang 1909, S. 415 |
Download: | XML |
Polytechnische Rundschau.
Polytechnische Rundschau.
Der Schiffbau im Jahre 1908.
Die nachstehende Tafel I gibt eine Uebersicht der in den verschiedenen Ländern in den
Jahren 1907 und 1908 gebauten Schiffe. Im allgemeinen läßt sich daraus für das
vergangene Jahr ein starker Rückgang feststellen, da sowohl das gesamte Tonnenmaß,
wie die Maschinenleistung 30 v.H. weniger wie 1907 betragen. Für Großbritannien mit
seinen Kolonien ist dieser Rückschritt noch größer, und zwar 40 v.H. für das
Tonnenmaß und 35 v.H. für die Maschinenleistung. Davon fällt der größte Teil England
selbst zu, nämlich 49 v.H. für das Tonnenmaß und 47 v.H. für den
Schiffsmaschinenbau. Deutschland, die Niederlande und Belgien sind die einzigen
Länder, bei denen hier ein geringer Fortschritt zu verzeichnen ist. Großbritannien
lieferte 1906 60 v.H. und 1907 57 v.H. sowohl des gesamten Tonnenmaßes wie der
Maschinenleistung und ist 1908 auf 49 bezw. 54 v.H. zurückgegangen. Deutschland
gewinnt was Großbritannien verliert, da seine Produktion sich von 9 v. 11. auf 15
v.H. gesteigert hat.
Tafel I.
Textabbildung Bd. 324, S. 415
Anzahl Schiffe; ind. PS;
Großbritannien und Kolonien; Deutschland; Vereinigte Staaten von Amerika;
Niederlande; Frankreich; Japan; Norwegen; Italien; Oesterreich-Ungarn; Belgien;
Dänemark; Schweden; China; Spanien; Rußland; Griechenland; Zusammen
Tafel II gibt eine Uebersicht der in den letzten vier Jahren gebauten Kriegsschiffe
von über 100 t, wobei Deutschland für 1908 obenan steht. Rechnet man die Schiffe
unter 100 t Wasserverdrängung nicht mit, so wurden 1908 im ganzen 127 Kriegsschiffe
mit zusammen 309689 t oder etwas mehr wie 14 v.H. der gesamten Schiffsproduktion vom
Stapel gelassen.
Von den in Großbritannien gebauten Kriegsschiffen wurden in den betr. Jahren bezw.
33296, 22750, 1070 und 24626 t nach dem Auslande geliefert.
Von den neun Schiffsbaufirmen mit der größten Produktion sind die Nummern 2 und 8 in
der Reihenfolge amerikanische, 7 und 9 deutsche („Vulcan“ und
„Weser“), die übrigen britische.
Der Anteil der Segelschiffe (vergl. Tafel III) an der Gesamtproduktion stieg
gegen das vorherige Jahr von 4,5 auf 7 v.H., während der Bau hölzerner Schiffe jetzt
4,65 v.H. ausmachte gegen 3,75 v.H. im Jahre 1907.
Tafel II.
Textabbildung Bd. 324, S. 415
Anzahl; Wasserverdrängung;
Deutschland; Vereinigte Staaten von Amerika; Großbritannien; Italien;
Frankreich; Rußland; Japan; Andere Länder; Zusammen
Tafel III.
Textabbildung Bd. 324, S. 415
Anzahl Schiffe; jedes Schiff im
Mittel; Gesamter Schiffbau; Dampfer; Segelschiffe; Stahlschiffe;
Holzschiffe
Die geringe Beschäftigung der Werften im vergangenen Jahre muß wohl teilweise der
gewaltigen Zunahme der Handelsflotte in den letzten Jahren zugeschrieben werden. Von
1903 bis 1908 stieg das verfügbare Tonnenmaß z.B. für die Häfen in Britisch-Indien
um 21 v.H., für Quebec und Montreal 46 v.H., für Java und China 52 v.H., für
Australien 82 v.H.
Außer den Kriegsschiffen, die vielfach mit Turbinen ausgerüstet wurden, erhielten nur
drei Schiffe Turbinenantrieb mit zusammen etwa 16000 ind. PS und 6153 t, von denen
die „Munich“ der Hoek van Holland–Harwich-Linie allein 8000 PS und 2410 t beanspruchte.
Außerdem wurden zwei Schiffe mit je zwei Kolbenmaschinen und einer
Niederdruck-Dampfturbine versehen. Rechnet man die Kriegsschiffe mit ein, so beträgt
die Leistung der 1908 gebauten Schiffsturbinen 324000 ind. PS gegen 423400 im
vorhergehenden Jahre.
Vierfach-Expansionsmaschinen finden kaum mehr Anwendung. Für das Jahr 1907 werden
noch fünf solche mit zusammen 19300 PS angeführt, für 1908 nur eine mit 5500 PS. (De
Ingenieur 1909, S. 343 bis 352).
Ky.
Benzinelektrischer Motorwagen für
Eisenbahnbetrieb.
Ein elektrischer Triebwagen, der seine aus einem Benzinmotor und einer Dynamo
bestehende Stromerzeugungseinrichtung mit sich führt, ist auf der Strecke
Miekiten–Tilsit der Ostdeutschen Eisenbahn-Gesellschaft
in Königsberg zur Verwendung gelangt. Diese Strecke ist bei einer größten Steigung
von 11‰ 5,7 km lang. Das 45 t nicht übersteigende Zuggewicht soll in der größten
Steigung mit einer Geschwindigkeit von 15 km/St. befördert werden. Der dreiachsige
Wagen enthält 8 Sitzplätze I. und 17 Sitzplätze II. Klasse. Die Wageneinrichtung
besteht aus dem Benzinmotor mit Schwungrad, der mit einer Gleichstromdynamo mittels
einer elastischen Kupplung gekuppelt ist, aus den Rohrleitungen des Benzinmotors,
den Leitungen und Apparaten der Gleichstrommaschine, zwei Gleichstrombahnmotoren und
der Regelungsvorrichtung. Der Benzinmotor ist ein Westinghousscher Viertaktbenzinmotor der Vierzylindertype, der bei 925
Umdrehungen in der Minute eine Dauerleistung von 50 PS abgibt. Jeder Zylinder hat
bei einer Hublänge von 155 mm eine Bohrung von 135 mm. Die Motorwandungen und
Ventilsitze sind mit doppelten Wandungen für den Umlauf des Kühlwassers ausgeführt,
das einen am Führerstande befindlichen Behälter von 130 1 Fassungsvermögen entnommen
wird. Daneben befindet sich der Benzinbehälter von gleichem Inhalte. Die mit dem
Benzinmotor gekuppelte Nebenschlußdynamo ist vierpolig und hat eine Leistung von 32
KW bei 925 Umdr./Min. und 500 V. Jeder der beiden Bahnmotoren besitzt eine Leistung
von 25 PS bei 380 Umdr./Min. Ihre Bewegung wird mittels eines Zahngetriebes auf je
eine Triebachse übertragen. Nach den Angaben der Arad
Csanáder Eisenbahngesellschaft, bei der dieses Traktionssystem seit Jahren
in Verwendung steht, verbraucht ein benzinelektrischer, mit einem 30 PS-Benzinmotor
ausgerüsteter Wagen bei einer Geschwindigkeit von durchschnittlich 32 km/St. 0,398
kg Benzin für das km. Für aus dem Triebwagen und einem Beiwagen bestehende Züge
betrugen die Gesamtkosten für das Zugkilometer 15,23 Pf. bei einem Totalgewicht des
Zuges von 25,4t einschließlich der Fahrgäste. Bei den aus einem mit einem 40
PS-Motor ausgerüsteten Triebwagen und zwei Beiwagen bestehenden Zügen wurde bei
einem Zuggewicht von 35 t für ein Zugkilometer 0,466 kg Benzin verbraucht und die
Gesamtkosten stellten sich auf 20,607 Pf. Hiergegen betragen die Kosten der
Motorzüge für 1 tkm bei Personenzügen mit Dampflokomotiven 0,91 bis 0,94 Pf., bei
Triebwagenzügen 1,16 bis 1,27 Pf. einschließlich Gleisunterhaltung und Verwaltung.
Die entsprechenden Einnahmen betragen für 1 tkm bei Personenzügen mit
Dampflokomotiven 0,78 Pf., bei benzinelektrischen Triebwagenzügen 2,50 Pf. Das
günstige Ergebnis der Triebwagenzüge erklärt sich aus dem Fortfall der schweren
Dampflokomotiven bei den Motorzügen und aus der dadurch bedingten Verminderung des
toten Gewichts. (Elektrotechnische Zeitschrift 1909, S. 124).
J.
Lagerung von Steinkohle unter Wasser.
Bekanntlich ist Kohle nach ihrer Lösung aus dem Zusammenhange des Gebirges einem
Rückbildungsprozeß unterworfen, dessen Wesen Sauerstoffaufnahme bildet und der eine
Aenderung der Zusammensetzung der Kohle, sowie ihrer physikalischen und chemischen
Eigenschaften bewirkt, wobei gleichzeitig gewöhnlich ein Entgasungsprozeß
stattfindet. Hierdurch wird eine Verringerung des Heiz- und Vergasungswertes der
Kohle bedingt, die sich besonders bei der Lagerung von Kohlenvorräten an der Luft
bemerkbar macht. Hierin liegt auch die Ursache der Erwärmung und schließlichen
Selbstentzündung der Bestände. Das einzig wirksame Mittel hiergegen ist möglichst
vollkommener Luftabschluß, der sich im großen in praktisch brauchbarer Weise durch
Lagerung der Kohle unter Wasser durchführen läßt. Die Betriebsverwaltung der
Stettiner Gasanstalten hat zu diesem Zweck die Erbauung eines Behälters in
Eisenbetonkonstruktion veranlaßt, der bei 24000 cbm Inhalt eine Tiefe von 6 m und
eine Grundfläche von 6066,5 qm hat. Um den vorgeschriebenen Höchstbestand von 20000
t zu fassen, beträgt die Schütthöhe für die Kohle 5 m. Das Bassin ist zur Hälfte im
Erdboden eingebettet, zur Hälfte ragt es daraus hervor. Die obere Hälfte ist bis zur
halben Höhe durch angeschüttete und festgestampfte Erdmassen von dem nach außen
wirkenden Drucke teilweise entlastet. Die Behältersohle ist 0,20 m stark und
entsprechend der zu erwartenden Durchbiegung auf der Unterseite mit Eisen armiert.
Die Seitenwände sind als sogenannte Stützmauern ausgebildet und bestehen aus einer
dünnen Wand von oben 0,08 und unten 0,20 Meter Stärke, die von einzelnen mit 1 m
Abstand aufeinanderfolgenden Pfeilern abgestützt ist. Die 0,40 m starken Pfeiler
verbreitern sich von 0,50 m am Kopf auf 1,50 m am Fußende. Sie setzen auf einem 2,60
m breiten Fundament auf, dessen Innenwand zum Teil noch unter die Behältersohle
greift. Die 600 m landeinwärts liegende Gasanstalt ist mit dem unmittelbar an der
Oder befindlichen Lagerplatz durch eine Drahtseilbahn verbunden. Zwei senkrecht zum
Ufer angeordnete und parallel dazu bewegbare Verladebrücken überspannen den gesamten
quadratischen Lagerplatz von etwa 5000 qm Fläche. Für die Ergänzung des im Behälter
verdunstenden Wassers dient eine kleine Pumpe. Um eine durch hohen Gehalt der Kohle
an grober Feuchtigkeit bedingte Erhöhung der Betriebskosten in Gestalt von
schlechterem Gasausbringen und stärkerem Verschleiß der Retorten zu vermeiden, ist
eine Kohlentrockenvorrichtung errichtet worden. Im Vergleich zur Lagerung an der
Luft ergeben sich bei dieser Lagerung der Steinkohle unter Wasser jährliche
Ersparnisse an Betriebskosten von 13000 Mark. Hierbei sind die Ersparnisse nicht
berücksichtigt, die sich aus dem Fortfall des Brandrisikos (Prämie), sowie aller der
Maßregeln ergeben, die der Ueberwachung und Beobachtung der Bestände bei der
Lagerung an der Luft dienen. (Glückauf, 1909, S. 37 u. ff.)
J.