Titel: | Amerikanische u. moderne deutsche Kesselhaus-Bekohlungen. |
Autor: | J. Petersen |
Fundstelle: | Band 324, Jahrgang 1909, S. 465 |
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Amerikanische u. moderne deutsche
Kesselhaus-Bekohlungen.
Von J.
Petersen-Berlin.
Amerikanische und moderne deutsche
Kesselhaus-Bekohlungen.
Eine Dampfkesselanlage, welche modernen Ansprüchen genügen soll, verlangt zur
Beförderung der Kohle zweckentsprechende, mechanische Einrichtungen, welche
leistungsfähiger sind als die menschliche Hand, und welche durch ihre
Leistungsfähigkeit in erster Linie den Dauerbetrieb verbilligen.
Textabbildung Bd. 324, S. 465
Umlaufendes Kratzer-Becherwerk.
Zweitens soll durch den Transport mittels derartiger Anlagen das Fördergut geschont
werden, d.h. die Transportmittel müssen so gewählt werden, daß nicht ein Teil der
Kohle durch unnötiges Schlagen und Reiben in Pulverform an den Orte der Bestimmung
anlangt, da der feine Kohlenstaub durch den Luftzug unter dem Kessel fortgeblasen
wird, ohne seinen vollen Zweck erfüllt zu haben. Drittens sind automatische Wagen
vorteilhaft, durch welche die Zufuhr nach Möglichkeit für jeden Kessel besonders
bestimmt werden kann.
Die Rentabilität dieser Anlagen selbst für kleinere Betriebe ist durch die Erfahrung
genügend bewiesen worden; auch in solchen Ländern, in denen die menschlichen
Arbeitskräfte noch verhältnismäßig billig sind wie z.B. in Japan.
Die nachstehenden Anlagen sind vornehmlich amerikanischen Ursprungs. Da der Verfasser
längere Jahre als Konstrukteur auf dem Gebiete des Transportwesens in den
Vereinigten Staaten tätig war, so soll bei der Beschreibung dieser
Einrichtungen auch auf konstruktive Eigenheiten Rücksicht genommen werden.
In Nord-Amerika ist die Anwendung von mechanischen Fördermethoden zuerst in größerer
Verbreitung entstanden, die dort die allgemeine Bezeichnung „Elevating und
Conveying plants“ haben. Vielfach werden in Deutschland gewisse Anlagen als
„Conveyor“ bezeichnet. Die Anwendung dieser Bezeichnung ist eine den
Gegenstand nicht genau kennzeichnende Benennung, zum mindesten eine unvollkommene
Uebertragung aus der englischen Sprache, deren Richtigstellung hier eingeschaltet
werden mag. „Conveyor“ ist im Englischen nur eine allgemeine Bezeichnung für
Fördereinrichtung, vornehmlich horizontaler Art. Zur genaueren Kennzeichnung der
umlaufenden Becherwerke z.B. sind die Bezeichnungen „Pivoted Bücket Carrier, oder
Pivoted- oder Gravity-bucket Conveyor“ gebräuchlich.
Für umlaufende Becherwerke kommen in Amerika für Kesselhausbekohlungen hauptsächlich
zwei Systeme zur Anwendung und zwar solche, bei denen die Becher starr mit den
Ketten verbunden sind; sog. Kratzer-Becherwerke, und andere, bei denen die Becher
mittels: Bolzen pendelnd, an den Ketten angebracht werden.
Die erstere Art hat sich in Deutschland bisher wenig eingeführt. Fig. 1 u. 2 veranschaulichen
eitle derartige Anlage. Im Wesen ist diese Ausführung eine Vereinigung- eines gewöhnlichen
senkrechten Becherwerkes mit horizontaler Förderung. Die Hauptvorzüge bestehen in
der Möglichkeit, das Fördergut an allen beliebigen Punkten des unteren Stranges
aufzugeben und im oberen Strang nach Wunsch in die verschiedenen Behälter zu
verteilen. Es sind keine besonderen Füllvorrichtungen nötig. Die Befestigung ist
bedeutend billiger als wie bei den pendelnden Bechern. Diesen Hauptvorzügen stehen
folgende Nachteile gegenüber: Diese Anlagen sind nur verwendbar zur Förderung einer
Materialsorte; es können nicht gleichzeitig Kohle und Asche befördert werden. Das
Fördergut wird weniger geschont, weil es im Troge durch die Becher geschoben wird.
Die hiermit verbundene Reibung ist einem Arbeitsaufwande gleich, so daß mehr Kraft
für den Betrieb aufgewendet werden muß.
Die Anfuhr der Kohlen erfolgt an der Außenseite der Kesselhausmauer, woselbst sich
auch das Becherwerk befindet. Die Kohle wird an verschiedenen Stellen des unteren
Stranges aufgegeben und in Richtung des Pfeiles nach oben bewegt. Die Verteilung
erfolgt durch Schieber mittels Zahnrad und Zahnstange, welche an dem Boden des
oberen Troges zweckentsprechend verteilt sind.
An der Längswand des Kesselhauses ist noch ein besonderer Vorratsraum vorgesehen. Die
hier aufgespeicherte Kohle wird ebenfalls von dem Becherwerk an die verschiedenen
Bestimmungsorte gebracht.
Die Einzelheiten der Konstruktion für das
Kratzer-Becherwerk sind folgende: Die Ketten und Becher laufen unten wie
oben in einem Holztroge, der zur Hälfte, d.h. soweit dieser mit der Kohle in
Berührung kommt, mit dünnem Eisenblech ausgeschlagen ist. Für die Laufbahn der
Rollenkette ist ein Flach- oder Winkeleisen vorgesehen. Besondere Sorgfalt ist auf
die Ausführung der Umführungsecken des Troges zu verwenden. Infolge der
langgliedrigen Ketten, welche auf dem Kettenrade die Bahn eines Vieleckes zu
beschreiben haben, verändert sich je nach der Stellung des Kettenrades der Abstand
des Bechers von dem Drehpunkt der Welle. Die Form des Troges ist aus diesen Gründen
zweckentsprechend auszubilden, um einerseits den Trogboden bei dem größten Radius
der Kettenmitte von der Welle nicht mit den Becherkanten zu berühren, anderseits bei
dem kleinsten Radius sowenig wie möglich Spielraum zu haben, damit nicht zuviel
Kohle unten durchgleitet. Erreichen läßt sich dieser Zweck durch Anwendung von
Umführungskurven aus Eisenkonstruktion, bei der der Becherabstand an den Ecken
konstant vom Wellenmittel gehalten werden kann. Die Anordnung verursacht jedoch
einen größeren Kraftbedarf. Die am häufigsten vorkommende Anwendungsform ist
diejenige mit Eckrollen oder Scheiben, welches als Beweis gelten kann, daß
Betriebserfahrungen sich zugunsten der Eckrollen entschieden haben.
Die vertikalen Stränge benötigen eine seitliche Führung durch Winkeleisen, besonders
in solchen Fällen, wo die Höhe bedeutend ist, um einem Pendeln der Becherkette
vorzubeugen. Dieses Pendeln ist wieder eine Ursache der Vieleckigkeit der
Umführungsrollen infolge der stetig wechselnden Abstände der Kette von dem
Wellenmittel und wird sich um so mehr bemerkbar machen, je größer die
Kettengliedlänge bei relativ kleinem Rollenradius gewählt wird. Im allgemeinen
genügt eine kurze Führung in halber Höhe des Stranges. Den ganzen Strang durch Eisen
zu führen, hat jedoch noch den Vorzug, daß, wenn ein Kettenbruch erfolgen sollte,
die um die Eckrollen gleitende Kette mit Bechern nicht aus der ganzen Höhe
herunterfällt und eventuell zerstört wird, sondern sich in den vertikalen
Führungen stützt.
An dem oberen horizontalen Troge können an beliebigen Stellen Oeffnungen mit
Schiebern oder Klappen vorgesehen werden, durch welche die Verteilung der Kohle in
die Behälter des Vorratsraumes erfolgt.
Die billigste Verteilung ist, im Troge nur Oeffnungen vorzusehen ohne besondere
Anwendung von Schiebern und dergleichen, wie Verfasser dieses bei einer Anlage in
Amerika beobachtete. In diesem Falle wurde damit gerechnet, daß der erste Behälter
so weit gefüllt wurde, bis die Kohle sich an die Unterseite des Troges angehäuft
hatte. Hierdurch verschloß die Kohle selbst die Oeffnung und das nachfolgende
Material wurde durch die Becher nach der nächsten Entladestelle weitergeschoben.
Empfehlen wird sich diese Sparsamkeit jedoch kaum, ausgeschlossen ist sie in allen
den Fällen, wo jeder Behälter nach Wunsch gefüllt oder entleert werden soll.
Für größere Anlagen, bei denen zugleich Asche und Kohle gefördert werden sollen, hat
die Anwendung von umlaufenden Becherwerken mit pendelnden Bechern im In- und
Auslande größere Verbreitung gefunden. In Deutschland haben in den letzten Jahren
verschiedene Firmen diesen Fabrikationszweig aufgenommen, z.B. die Firma Pohlig A.-G. in Cöln, welche das Ausführungsrecht der
Firma C.W. Hunt & Co. New York besitzt.
Die Hauptvorzüge dieser Anlagen für Kesselhäuser bestehen – wie schon oben angedeutet
wurde – in der Möglichkeit, Kohle und Asche mit derselben Fördereinrichtung zu
transportieren. Viele durch andere Transportmaschinen ausgeführte deutsche
Kesselbekohlungen bestehen aus einem gewöhnlichen senkrechten Becherwerk für die
senkrechte Förderung der Kohle. Eine Schnecke, Rinne, Gurtförderer usw. übernimmt
den wagerechten Weitertransport nach den Behältern. Soll auch noch die Asche
maschinell befördert werden, so ist ein eisernes Transportband, eine Schwingrinne
und dergleichen erforderlich, event. auch noch ein Aschenbecherwerk, um die Asche in
die Waggons zu heben. Eine solche Anlage würde demzufolge zwei bis vier verschiedene
Arten Fördereinrichtungen benötigen, für die mehrere Antriebe erforderlich sein
würden. Die Bedienung, Instandhaltung und das richtige Zusammenarbeiten
verschiedener Einrichtungen ist naturgemäß schwieriger, als wenn es sich um eine
einheitlich ausgeführte Anlage handelt.
Fig. 3. u. 4 zeigen eine
Kesselhausbekohlungs-Anlage, wie sie vor einigen Jahren in ähnlicher Weise für eine
amerikanische Brauerei eingerichtet wurde.
Die Anfuhrseite der Kohle befindet sich rechts in der Zeichnung (Fig. 3). Von dem Waggon
wird das Material in einen Fülltrichter geworfen, der durch ein Rundeisensieb
abgedeckt ist, um etwaige größere Holz- oder Kohlenteile abzufangen. Da es sich in
diesem Falle um Becher mit Zwischenräumen handelt, im Gegensatz zu den sich
gegenseitig überdeckenden, sind Füllvorrichtungen vorgesehen, welche jeden Becher
getrennt füllen. Alsdann bewegt sich die Kohle in Richtung des Pfeiles nach oben
über die Behälter entlang.
Durch verstellbare feste und bewegliche Kippvorrichtungen wird der Becher zum Kippen
gebracht und zwar dadurch, daß seitlich angebrachte Rollen gegen eine Schiene
derartig stoßen, daß die Becher sich drehen müssen und zur Entleerung kommen.
Die Kohlenbehälter fassen einen Inhalt von 2001, bestimmt für eine Kraftanlage von
1800 PS.
Die Asche gelangt in die kleineren Fülltrichter an die Vorderseite der Kessel. Die
Füllung und Entleerung der Becher erfolgt in derselben Weise wie bei der Kohle.
Der Aschenbehälter befindet sich in derselben Mittelebene, in der die Anfuhr der
Kohlen erfolgt, so daß ein und derselbe Wagen für den Transport beider Materialien
dienen kann.
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Umlaufendes Becherwerk für Kohle und Asche.
Mit besonderer Sorgfalt ist für beide genannte Arten Becherwerke die Lage des
Antriebes zu bestimmen. Wenn örtliche Bauverhältnisse es gestatten, empfiehlt es
sich stets, den Antrieb so einzubauen, daß die geladenen Becher der beiden
horizontalen Stränge und der eine vertikale Strang durch die Kette gezogen und nicht
gedrückt werden.
Falls eine andere Anordnung gewählt wird, geschieht dies meistens auf die Gefahr hin,
daß eine Stauchung der Kettenstränge auftritt, wodurch sich die Rollen von ihrer
Bahn abheben. Besonders wird sich dieses bemerkbar machen, wenn sich
aufwärtssteigende Kurven in der horizontalen Bahn befinden und wenn das Nachspannen
der Kette wie bei den meisten amerikanischen und englischen Ausführungen zeitweise
durch Schraubvorrichtungen erfolgt, im Gegensatz zu den selbsttätigen
Spannvorrichtungen deutscher Bauart mittels Rollen und Schlitten durch Gewichte
belastet.
Entscheidend für die Lage des Antriebes ist vielfach eine schon vorhandene
Transmission. Falls eine solche in der Nähe der unteren Eckrollen sich befindet oder
leicht zu erreichen ist, kann der Antrieb auch von hier aus erfolgen; jedoch muß
dann für eine stetig gespannte Kette Sorge getragen werden.
Infolge der geringen Kettengeschwindigkeit ist der beste und billigste Antrieb
derjenige mit Riemen oder Kette von einer langsamlaufenden Transmission aus. Fehlt
eine solche, dann kann die Fernübertragung mittels Seiles gewählt werden oder der am
häufigsten vorkommende direkte Antrieb durch einen Elektromotor.
Infolge der hohen Umdrehungszahl des Motors sind für den Antrieb mehrfache
Zahnradübersetzungen erforderlich, falls nicht der Einbau eines Schneckenradtriebes
vorgesehen wird. Die amerikanischen Firmen verwenden hauptsächlich Stirnräder und
zwar direkt von dem Motor ausgehend. Als Material für das Motorzahnrad wird dann
Rohhaut gewählt.
(Fortsetzung folgt.)