Titel: | Polytechnische Rundschau. |
Fundstelle: | Band 324, Jahrgang 1909, S. 493 |
Download: | XML |
Polytechnische Rundschau.
Polytechnische Rundschau.
Erdströme bei elektrischen Straßenbahnen.
Um die senkrecht von einer Rohrleitung aus nach der Erde abfließenden Ströme zu
messen, verwendet Haber zwei in einen Holzrahmen
eingepreßte Kupferplatten, die durch eine Isolierschicht getrennt sind. Ueber die
Kupferplatten wird außen eine Paste von Kupfersulfat gestrichen, darüber ein
Pergamentblatt gedeckt, und der Rahmen beiderseits voll mit Erde ausgestrichen. Wird
diese Vorrichtung im Erdboden senkrecht zur Richtung des aus den Rohren austretenden
Stromes eingebettet, so gibt ein Stromzeiger von hoher Empfindlichkeit und niedrigem
Widerstände den die aktive Fläche des Stromdichtemessers durchsetzenden Strom an.
Allerdings können Ungenauigkeiten dadurch entstehen, daß die Auflockerung des
Erdbodens an der Meßstelle den Stromverlauf in der Erde ändert. Auch kann es
besonders bei dünnen Rohren Schwierigkeiten bieten, diejenige Fläche am Rohre zu
bestimmen, aus welcher der in den Stromdichtemesser eintretende Strom kommt.
Ein anderes Mittel besteht darin, Elektroden zu verwenden, die möglichst aus dem
gleichen Stoffe wie das Rohr bestehen, und vermöge entsprechender Formengebung sich
möglichst eng an das Rohr anschmiegen können. Werden die von dem Rohre isolierten
Elektroden und das Rohr durch eine Leitung miteinander verbunden, so wird ein in die
Verbindung eingeschalteter Stromzeiger die Stromdichte für die Fläche der Elektrode
angeben. Eine etwas größere Genauigkeit kann noch erzielt werden, wenn der geringe
Spannungsabfall zwischen Rohr und Elektrode mittels einer Hilfsspannung kompensiert
wird. (Michalke). (Elektrische Kraftbetriebe und Bahnen
1909 S. 226).
Pr.
Hochspannungsvoltmeter.
Die Messung hoher Gleichstromspannungen bietet wesentlich größere Schwierigkeiten,
als die von Wechselstromspannungen, da Transformatoren, zur Umwandlung der Spannung,
sowie Kondensatoren zur Spannungsteilung nicht benutzt werden können. Selbst die
Verwendung von Vorschaltwiderständen kann nicht in Betracht kommen, da ein Meßstrom
von selbst geringer Stärke bei hohen Spannungen einen wesentlichen Energieverlust
darstellt. Auch die Isolierung bietet Schwierigkeiten, da bei der Verwendung von
Luft als Isoliermittel beispielsweise für eine Spannung von 200000 V ein
Spannungsmesser sehr groß und unhandlich werden würde. Es kann daher nur Oel oder
Druckluft in Frage kommen, von denen Oel wiederum ausscheidet, da sein Verhalten bei
Gleichstromspannungen nicht einwandfrei ist. Versuchsweise wurde zuerst ein
Instrument für 40000 V gebaut, dessen Innenraum mit Luft von 7½ Atmosphären Druck
gefüllt wurde. Der feststehende und der bewegliche Teil des Instrumentes hatten
dabei die übliche Bauart.
Für 200000 V ist das bewegliche System aus einem in besonderer Weise gekrümmten
Kupferblech hergestellt worden, um Bürstenentladungen zu vermeiden. Der feststehende
Teil ist gleichfalls aus Kupferblech angefertigt und derart ausgebildet, das
sich eine nahezu gleichförmige Teilung ergibt. Zwischen beiden ist ein
Luftzwischenraum von 20 mm vorhanden. Das Ganze ist in ein gußeisernes Gehäuse
eingeschlossen, dessen Fugen mit Nuten versehen sind, um das Ausblasen der
eingelegten Dichtungsstoffe zu hindern. Zur Isolierung ist Druckluft von 15
Atmosphären Spannung verwendet. Bei dieser Spannung wird ein 10 mm weiter Luftraum
erst bei einer Spannung von etwa 400000 V durchschlagen. (Watson). (The Electrican 1908/1909 S. 937–938).
Pr.
Einphasenwechselstrommotoren.
Bei einem Einphasenkommutatormotor gehen in jeder Periode des zugeführten
Wechselstromes unter einer Bürste eine verhältnismäßig große Anzahl von
Kommutatorlamellen hindurch, sodaß einzelne die Bürste verlassen, wenn der Strom
seinen Höchstwert besitzt, der etwa 40 v.H. über dem mittleren oder effektiven Werte
des Stromes liegt. Neben dem Arbeitsströme ist jedoch noch ein weiterer Strom zu
kommutieren, der durch das pulsierende Hauptfeld in der jeweilig kurz geschlossenen
Ankerspule erzeugt wird. Dieser sogenannte Kurzschlußstrom ist etwa drei bis zehnmal
so stark, wie der Arbeitsstrom. Das Bestreben der Konstrukteure von
Einphasenwechselstrommotoren war und ist hauptsächlich darauf gerichtet, den
Kurzschlußstrom zu verringern oder gar zu beseitigen. Bei den bisher zur Ausführung
gelangten Wechselstrommotoren ist im allgemeinen der Kurzschlußstrom nur in solchem
Maße verringert, daß er gerade noch in befriedigender Weise kommutiert werden kann;
denn auf keine Weise ist es bisher möglich gewesen, den Kurzschlußstrom bei allen
Betriebszuständen zu beseitigen. Einige der bekannten Hilfsmittel vernichten ihn
nahezu vollständig bei einer bestimmten Geschwindigkeit oder innerhalb eines
bestimmten Geschwindigkeitsbereiches, haben jedoch bei anderen Geschwindigkeiten nur
eine geringe oder gar keine bessernde Wirkung. Andere Hilfsmittel beseitigen bei
keiner Drehzahl den Kurzschlußstrom vollständig, haben jedoch bei allen Drehzählen
und allen Belastungen eine verhältnismässig gute Wirkung. Um bei Stillstand oder
geringen Geschwindigkeiten den Kürzschlußstrom wesentlich zu beschränken, ist als
einziges Mittel bisher die Anordnung von Widerständen zwischen den
Kommutatorlamellen und der Ankerwicklung (die sogenanten Widerstandsverbindungen)
bekannt geworden. Den Kurzschlußstrom durch Verringerung der Stärke des Hauptfeldes
herabzusetzen, wie es auf den ersten Blick vielleicht möglich scheint, geht
keineswegs an, da hierdurch die Leistung des Motors herabgesetzt werden würde. Bei
den Widerstandsverbindungen ist zu beachten, daß der Arbeitsstrom von einer Bürste
aus parallel durch diejenigen Verbindungen hindurchgeht, welche an die unter der
Stromzuführungsbürste befindlichen Kommutatorlamellen angeschlossen sind, daß der
Strom dann innerhalb der Wicklung verläuft und erst beim Austritt zu den
Kommutatorlamellen, auf dem die Stromzuführungsbürste aufliegt, wieder mehrere
parallel liegende Widerstandsverbindungen durchströmt. Jeder Kurzschlußstromkreis setzt sich
dagegen aus Kommutatorlamellen, Widerstand, Ankerwindung, Widerstand und Bürste
zusammen, sodaß in jedem zwei in Reihe geschaltete Widerstandsverbindungen liegen.
Da bei der Drehung des Ankers die Bürsten immer auf zeitweilig nicht benutzte
Kommutatorlamellen kommen, so ist entsprechend jede Widerstandsverbindung nur
während eines Teiles der Umdrehung des Ankers eingeschaltet.
Die Widerstandsverbindungen werden zweckmäßig so bemessen, daß die Verluste in den
Kurzschlußstromkreisen und im Arbeitsstromkreise etwa gleich groß sind. Eine
Abweichung von 20 bis 30 v.H. hat allerdings noch keine wesentliche Erhöhung der
Verluste zur Folge. Als Faustregel kann gelten, daß bei gewöhnlichen mittelharten
Bürsten der Widerstand der Verbindungen etwa vier- bis fünfmal so groß wie der
Widerstand der Bürsten und der Spulen sein muß, oder daß von dem insgesamt
erforderlichen Widerstände des Kurzschlußstromkreises etwa 70 bis 80 v.H. in die
Widerstandsverbindungen gelegt werden muß. Selbst mit Hilfe dieses Mittels kann als
Lamellenspannung jedoch nur etwa 6 bis 8 V verwendet werden und dies ist zugleich
der Grund dafür, daß Einphasenmotoren durchweg für die verhältnismäßig niedrige
Ankerspannung von 200–250 V gebaut werden.
Außer der Kommutierung spielt beim Einphasenwechselstrommotor der Leistungsfaktor
eine wesentliche Rolle. Zu der auch bei Gleichstrom vorhandenen
gegenelektromotorischen Kraft des Ankers und des Ohmschen Spannungsabfalls in der Maschine tritt bei Wechselstrommotoren noch
der induktive Spannungsabfall in den Anker- und Feldwicklungen hinzu, dessen Wert
wesentlich den Ohmschen Spannungsabfall übersteigt. Die
Selbstinduktion der Ankerwicklung wird bei sämtlichen neueren Motoren durch die
sogenannte Kompensationswicklung beseitigt. Ihre Verwendung vernichtet mit dem
Querfeld des Ankers zugleich die Feldverzerrung und erleichtert hierdurch die
Kommutierung. Die Kompensationswicklung ist im Ständer untergebracht und wird
entweder in sich kurz geschlossen oder mit dem Anker in Reihe geschaltet. Es bleibt
alsdann für die Selbstinduktion des Ankers nur ein kleiner Streukraftfluß übrig. Der
Hauptsitz der Selbstinduktion ist infolgedessen die Erregerwicklung. Eine
Verringerung der Selbstinduktion derselben könnte anscheinend durch Verminderung der
Windungszahl der Erregerwicklung erzielt werden. Da jedoch mit der Verminderung der
Windungszahl die Stärke des Motorhauptfeldes, und damit die Anzugskraft des Motors
sinkt, ist dieses Mittel nicht anwendbar. Dagegen können mittels Aenderung der
Frequenz unter Beibehaltung der einmal gewählten Induktion die Feldwindungen in
demselben Verhältnis vermehrt werden, als die Frequenz vermindert wird. Die
Verwendung einer Frequenz von 15 Perioden anstelle einer solchen von 25 Perioden
ermöglicht somit die Feldwindungen um 67 v.H. zu steigern oder die Selbstinduktion
in entsprechendem Maße herabzusetzen. In welchem Maße die Verhältnisse günstiger
werden, erhellt am besten daraus, daß für eine Schnellzugslokomotive mit Achsmotoren
bei gleichem Triebraddurchmesser und 15 Perioden ein 700 PS Motor in denselben Raum
hineingebaut werden kann, den bei 25 Perioden ein 500 PS Motor ausfüllt. Ebenso kann
ein 500 PS 15 Periodenmotor in einem Radsatz mit den gleichen Triebrädern
untergebracht werden wie ein 300 PS 25 Periodenmotor. Ausserdem haben die 15
Periodenmotoren noch den wesentlichen Vorteil, daß die charakteristischen Kurven für
Wirkungsgrad, Leistungsfaktor, Drehmoment, Kommutierung bei Ueberlastung usw.
wesentlich günstiger verlaufen.
Um mit einer möglichst geringen Anzahl Erregerwindungen auszukommen, ohne den
Luftzwischenraum zwischen Anker und Feld mit Rücksicht auf die Erfordernisse des
Bahnbetriebes zu sehr zu verringern, empfiehlt sich die Verwendung halbgeschlossener
Nuten. Diese haben sich besonders bei großen, langsam laufenden Motoren bewährt.
Bezüglich des Einflusses eines niedrigen Leistungsfaktors auf den
Einphasenbahnbetrieb sei darauf hingewiesen, daß er die Ursache für die Verringerung
des größten Drehmomentes bei Verringerung der zugeführten Spannung ist. Dies ist um
so nachteiliger, als anormale Belastungen eine Verringerung der Fahrleitungsspannung
zur Folge haben, sodaß die letztere gerade dann verkleinert wird, wenn eine gute
Spannung am nötigsten gebraucht wird. Um diese Erscheinung ihrer Größe nach
beurteilen zu können, sei zuerst ein Motor angenommen, der bei Vollast einen
Leistungsfaktor von 90 v.H. besitzt, dessen wattlose Komponente der Spannung demnach
etwa 44 v.H. beträgt. Sieht man von dem Widerstände des Motors ab, so würde eine
zugeführte Spannung im Betrage von 44 v.H. der normalen Spannung gerade imstande
sein, durch den stillstehenden Motor den normalen Strom zu schicken und somit das
normale Drehmoment zu erzeugen. Nimmt man den ungünstigsten Fall an, daß in den
Stromzuführungsleitungen ein Spannungsabfall von 30 v.H. auftritt, so würde die
verbleibende Spannung nur genügen, das zweieinhalb bis dreifache normale Drehmoment
zu erzeugen. Zieht man zum Vergleich einen Motor mit einem Leistungsfaktor von 70
v.H. heran, so würde dieser bei demselben Spannungsabfall gerade noch das einfache
normale Drehmoment hergeben und selbst bei einem Spannungsabfalle 15 v.H. könnte er
nur etwa den eineinhalbfachen Betrag leisten. Da ein derartiger Spannungsabfall
leicht eintreten kann, so würde ein Motor mit so geringem Leistungsfaktor nur eine
sehr unsichere Betriebsführung gestatten.
Bezüglich der Arbeitsweise der Wechselstrommotoren im Betriebe verweist der Verfasser
darauf, daß bei der New York-New Haven Eisenbahn, die als erste Elektrisierung einer
Vollbahn in Amerika betrachtet werden kann, die anfangs sehr häufig auftretenden
Störungen, im Bahnbetriebe nur selten durch den Motor verursacht wurden. Die Motoren
sind von der Westinghouse Electric Company gebaut und,
wie vorstehend angegeben, mit Widerstandsverbindungen im Anker versehen. Als Maß für
die Schnelligkeit, mit welcher sich Einphasenmotoren im Bahnbetriebe eingeführt
haben, führt der Verfasser die Tatsache an, daß, nachdem die ersten brauchbaren
Einphasenbahnmotoren erst vier bis fünf Jahre im Betriebe sind, seitdem in Europa
und Amerika insgesamt Motoren mit einer Leistung von 200000 bis 250000 PS verkauft
wurden, und daß ein beträchtlicher Teil hiervon bereits in Betrieb genommen ist. Im
übrigen ist im schweren Eisenbahnbetriebe, dem eigentlichen Arbeitsfelde der
Einphasenwechselstrommotoren, kaum erst mit deren Einführung begonnen worden, und
sie werden infolgedessen in der bevorstehenden Zeit in noch weit höherem Maße zur
Verwendung gelangen. (Lamme.) (Electric Journal 1909 S.
7–19.)
Pr.
Eisenbetonschwellen.
Bei der Straßenbahn von Dresden–Mickten nach Kötzschenbroda hat die Verlegung von
Rillenschienen auf Betonlangschwellen sich namentlich bei größeren
Fahrgeschwindigkeiten nicht bewährt. Neben Riffelbildung auf den Fahrschienen zeigen
sich Zerstörungen der Schwellenoberfläche, die meist von den Stößen ausgehen, sich auf eine
Länge von mehreren Metern und auf Tiefen bis zu 20 mm erstrecken. Anscheinend ist
die Betonlangschwelle zu stark und hat den bei der Belastung- auftretenden
Durchbiegungen der Schiene nicht folgen können. Die Schwäche der Schienen, die
geringe Breite des Schienenfußes, sowie Spielräume zwischen Schiene und Schwelle
haben wahrscheinlich die Zerstörung begünstigt. Man entschloß sich, zur Abhilfe zu
Querschwellen überzugehen und wegen der Unempfindlichkeit gegen chemische Einflüsse,
sowie mit Rücksicht auf die Möglichkeit der gleichmäßigen Herstellung auch für diese
als Stoff Eisenbeton zu verwenden. Zur Probe wurden im Jahre 1908 850 m und im Jahre
1909 750 m Gleis mit dem neuen Oberbau ausgerüstet. Die neuen Schwellen sind denen
der italienischen Staatsbahnen nachgebildet und besitzen bei einer Länge von 1800 mm
Auflagerflächen für die Schienen von 130 × 200 mm Querschnitt. In der Mitte und an
den Enden ist zur Gewichtsersparnis der Querschnitt trapezähnlich ausgebildet. Die
Eisenbewehrung besteht oben aus vier, unten aus sieben Rundeisen von 6 mm ,
die an entsprechenden Stellen durch U-formige Scherbügel miteinander verbunden sind.
Die Eiseneinlagen wiegen etwa 4,7 kg, die ganze Schwelle 95 kg. Die zur Befestigung
der Schienen dienenden beiden Schraubenpaare in jeder Schwelle sitzen in Dübeln aus
Buchenholz, die bei 100 mm Höhe oben 40 und unten 60 mm im Geviert messen. Zwischen
Schiene und Schwelle sind 80 mm hohe mit fäulniswidrigen Stoffen getränkte
Eichenklötze eingefügt. Die Schwellen sind nach mindestens dreimonatlicher
Erhärtezeit auf einer 220 mm hohen mit der Dampfwalze eingewalzten Bettung verlegt,
die aus einer 160 cm starken Packlage und einer 60 cm starken Lage Klarschlag
besteht. Die Enfernung der Schwellen voneinander beträgt 1 m; ihre Höhenlage wurde
nicht durch Unterstopfen, sondern durch Aufbringung schwacher, gut gerammter
Sandschichten auf die Bettung geregelt. Der Schienenstoß ist schwebend angeordnet,
Zu Anständen hat der Versuchsoberbau nicht Anlaß gegeben; ein abschließendes Urteil
kann indes erst nach längerer Beobachtungszeit gegeben werden. (Bloß). (Elektrische Kraftbetriebe und Bahnen 1909, S.
230–231).
Pr.
Schienen aus Manganstahl.
Schienen aus Bessemerstahl von 0,45 v.H. Kohlenstoffgehalt zeigten auf der Boston Elevated Railroad bei einer Verlegung als äußere
Kurvenschienen in 44 Tagen eine Abnutzung von 20 mm in senkrechter Richtung, sodaß
sie nach durchschnittlich 60 Tagen ausgewechselt werden mußten. Das laufende Meter
der Schiene wog 41,5 kg und kostete 5,37 M. Die Fahrgeschwindigkeit der Züge betrug
13–16 km/St. Versuchsweise wurde in eine Krümmung von 25 m Halbmesser eine Schiene
aus Manganstahl verlegt, deren Abnutzung in 2291 Tagen nur 14 mm betrug, trotzdem
der Verkehr im Laufe der Jahre um mehr als 70 v.H. zugenommen hatte. Allerdings
kostete die Manganstahlschiene 68,85 M. für das laufende Meter, was damit
zusammenhängt, daß die Schiene gegossen wurde. Versuche, derartige Schienen zu
walzen, werden neuerdings angestellt. Der großen Widerstandsfähigkeit der
Manganstahlschiene gegen senkrechte Abnutzung steht jedoch eine ziemliche
Empfindlichkeit gegen seitliche Abnutzung gegenüber. Mittels einer Leitschiene auf
der Innenseite der Kurve kann man jedoch den Radflansch von der äußeren Schiene
fernhalten, und durch Schmieren der Leitschiene, deren Abnutzung vermindern. Auch
gegen Stöße ist die Manganschiene empfindlich, sodaß sie sich nicht für
Lokomotivbahnen eignen dürfte. Die Stöße würden bei schweren Lokomotiven bald
niedergefahren sein, und es würde eine Auswechslung der Schienen mit Rücksicht
hierauf eher, als wegen der Abnutzung nötig sein. (Zeitung des Vereins Deutscher
Eisenbahnverwaltungen 1909 S. 588).
Pr.
Benzol-Lokomotiven.
Unter den neuen Motor-Lokomotiven haben die Benzol-Lokomotiven, ausgezeichnet durch
große Leistungsfähigkeit und Rentabilität, Eingang bei großen Unternehmungen für
Hoch- und Tiefbauten, bei Tunnel- und Bahnbauten und bei den verschiedensten
industriellen Betrieben gefunden.
Eine solche 10 PS-Motorlokomotive fördert 16 Kippwagen mit zusammen 31 t Bruttolast
auf einer Steigung von 1 : 80. Die Brennstoffkosten sind äußerst gering; in 10–11
Stunden werden etwa 22 kg Benzol verbraucht, wobei sich die Brennstoffkosten für den
Tag auf 4 bis 4.50 M. stellen. Die ruhige Arbeitsweise einer solchen Lokomotive
macht sie für ihre Zwecke besonders geeignet und die Bedienung ist leicht und
bequem. Benzol-Lokomotiven sind jederzeit betriebsfertig, erfordern geringe Wartung,
arbeiten sehr sparsam, unterliegen keiner Revision und sind sehr
betriebszuverlässig, auch das Anlagekapital ist verhältnismäßig gering. (Glasers
Annalen f.d. gesamte Bauwesen 1909, S. 164).
W.
⅖ gekuppelte Schnellzuglokomotiven.
Durch die Betriebsordnung von 1904 ist das zulässige Gewicht der Schnellzüge bis 460
t gestiegen und die Grundgeschwindigkeit vieler Schnellzüge auf 90 km erhöht worden.
Dementsprechend mußten auch stärkere Lokomotiven beschafft werden. Die preußische
Staatsbahn hat sich deshalb zur Einführung der vierzylindrigen ⅖ gekuppelten
Schnellzuglokomotive, Hannoverscher Bauart, entschlossen. Die Hochdruckzylinder
haben 380, die Niederdruckzylinder 580 mm , der Hub beträgt 600 mm.
Da bei den früheren ⅖ gekuppelten Schnellzuglokomotiven über das Mitreißen von Wasser
durch den Dampf geklagt wurde, so ist hier die Höhe des Dampfraumes im Dampfkessel
vergrößert worden. Der Dampfdom ist bis an die Grenze des Normalprofiles
herangeführt. Um das trotzdem mitgerissene Wasser sicher absondern zu können, ist im
Dom ein Wasserabscheider eingebaut. Durchlochte Blechplatten sind hier wenig
wirksam. Bei dem Wasserabscheider dieser neuen Lokomotiven muß der Dampf seine
Strömungsrichtung plötzlich ändern; das hierbei an den Prallflächen gut
abgeschiedene Wasser wird, ohne daß es wieder mit dem nachströmenden Dampf in
Berührung kommt, in den Kessel zurückgeführt.
Um den Reglerschieber möglichst klein und leichtbeweglich zu halten, wurden die
Querschnitte nach der Formel von Langrod berechnet:
F=0,011\,\frac{D}{p^{9,97}}\,\sqrt{\frac{100-\varepsilon}{\varepsilon}}
F = Reglerquerschnitt in qm
D = Dampfmenge in kg/Sek.
p = Kesseldruck in Atm.
ε = Füllungsgrad.
Diese Formel gilt für Zwillingslokomotiven, eine Vierzylinderlokomotive verhält sich
aber betreffs Dampfentnahme wie eine Zwillingslokomotive.
Um die Leistung dieser ⅖gekuppelten Lokomotiven noch mehr zu vergrößern, würde
die Vergrößerung des Kolbenhubes in Frage kommen. Bis jetzt hat man
Kolbengeschwindigkeiten von über 6 m/Sek, vermieden. Dies entspricht bei einem
Raddurchmesser von 2 m und der Geschwindigkeit von 100 km/St, einem Kolbenhub von
600 mm. Im Auslande verwendet man aber immer größere Kolbenhube:
Bahn
Lokomotivform
Treibrad-Durchm.mm
Kolben-hubmm
Kolbenge-schwindig-keit beiV = 100
km
Preuß. Staatsbahn
2/4 S.L. Heißdampf
2100
630
5,33
Oesterr. Staatsbahn
⅖ S.L.
2140
680
5,65
North British (Eng- land)
⅖ S.L.
2057
711
6,15
Belgische Staatsbahn
⅗ S.L.
1800
680
6,72
Chicago Burlington
⅗ S.L.
1753
711
7,20
Diese ⅖gekuppelten Lokomotiven haben sich in jeder Beziehung
bewährt. Die eigentliche Dampfmaschine der Lokomotive arbeitet außerordentlich
sparsam. Der Dampfverbrauch ist im Winter bei schlechtem Wetter (mit Heizung der
Wagen) bis 320 t Wagengewicht auf der Strecke Hannover-Berlin und zurück (530 km)
etwa 53 cbm Wasser; im Sommer sinkt der Wasserverbrauch für die Strecke
Berlin-Hannover auf 24 cbm. Aufenthalt für Wassernehmen fällt nunmehr auf dieser
Strecke fort. Bis jetzt ist es möglich gewesen, mit diesen Lokomotiven alle
Verspätungen einzuholen. Der große Rost (4 qm) kann während der langen Fahrt ohne
Ruhepausen kaum von einem Heizer bedient werden. Doch ist es noch wirtschaftlicher,
einen zweiten Heizer beizugeben, als die Züge mit Vorspann zu fahren. (Zeitschr. d.
Vereins deutsch. Ingenieure 1909, S. 641–648 und 725–734.)
W.
Die Ausnutzung der Wasserkräfte und die Eisenbahnen.
Im Verlaufe des letztvergangenen Jahrzehntes sind insbesondere in den Westalpen und
in den schweizerischen Alpen mächtige Wasserkraft-Elektrizitätsanlagen entstanden,
welche elektrische Energie in großen Massen und mit so niedrigen Gestehungskosten
erzeugen und verteilen, daß sie innerhalb ihrer Leitungsnetze die motorischen
Einzelbetriebe allenthalben verdrängt haben. Die Fortleitung des elektrischen
Stromes nach entfernten Absatzgebieten ist dabei um so lohnender, je stetiger die
Hochspannungsfernleitungen belastet werden und je größer die fortgeleiteten
Energiemengen sind. Bei täglich 18stündiger Belastung der Leitung mit 20000 KW
kosten die Uebertragung einer KW/St. auf eine Entfernung von 400 km ungefähr 0.85
Pf. Die Uebertragung des elektrischen Stromes auf so große Entfernungen und in
großen Mengen ist nun für die österreichischen Alpenländer von besonderer Bedeutung,
weil nur unter diesen Verhältnissen auf niedrige Gestehungskosten zu rechnen ist.
Anderseits kann auf großen Absatz, des Stromes bei der schwach entwickelten
Industrie der österreichischen Alpenländer kaum gezählt werden. Auch die chemische
Industrie, auf deren Ansiedlung in diesen Gebieten man große Hoffnungen gesetzt hat,
insbesondere, was die Durchführung der neuesten Verfahren zur Gewinnung des
Stickstoffes aus der Luft in der Form von Kalkstickstoff anbelangt, wird nur an
vereinzelten Fällen als Abnehmer für den Strom auftreten können, weil die Mehrzahl
der Wasserkräfte in den Alpenländernwegen ihrer kleinen Leistungen während der
Wintermonate für ganzjährige Betriebe, wie es die elektrochemischen sind, nicht
genug billigen Strom liefern können und insbesondere mit den viel günstiger
arbeitenden Anlagen in Skandinavien und Südamerika nicht in Wettbewerb treten
können.
Der berufenste Abnehmer für die aus den österreichischen Wasserkräften gewinnbare
elektrische Energie ist hingegen der Eisenbahnbetrieb, der aus seinen über das ganze
Gebiet der Alpenländer verteilten Wasserkraftwerken die naturgemäß entstehenden
Stromüberschüsse an die Industrie und die Landwirtschaft sowie an die
Beleuchtungsnetze abgeben könnte, wodurch der Bedarf voraussichtlich auf lange Jahre
hinaus gedeckt sein würde. Für die chemischen Fabriken stünden aus den gleichen
Werken während der sechs bis acht wasserreichen Monate bedeutende Strommengen zur
Verfügung, welche zu ganz billigen Preisen abgegeben werden könnten. Ob nun die
Bahnverwaltungen die Anlagen selbst errichten, oder ob sie selbst nur als Abnehmer
auftreten und die Anlage der Werke und den Verkauf des überschüssigen Stromes
Unternehmern überlassen, in Jedem Falle müßten die Eisenbahnverwaltungen daran
gehen, die für ihre Betriebe in Betracht kommenden Wasserkräfte auszuwählen, weil
der Eisenbahnbetrieb mit seinen stark wechselnden Belastungen an die
Wasserkraftanlagen besondere Ansprüche stellt, die nur vom bahntechnischen
Standpunkte aus beurteilt werden können, und denen durch die zweckmäßige Anlage und
Verteilung von Wasserspeichern Genüge geleistet werden kann. Aus diesem Grunde hat
die österreichische Staatsbahnverwaltung eine das ganze Gebiet der Alpenländer
umfassende Aufnahme der größeren Wasserkräfte durchgeführt, in ähnlicher Weise, wie
das in Bayern geschehen ist und die so entstandene Denkschrift ist auch für die
Allgemeinheit von Wert, weil sie einerseits all das Material, welches der Erbauer
einer Wasserkraftanlage braucht, bereits enthält, anderseits die bisher gepflogene
planlose Verbauung der Wasserläufe verhindert. Grundsatz des zukünftigen Ausbaues
von Wasserkräften muß sein, diejenigen Wasserläufe, welche einzeln oder durch
Zusammenziehung, insbesondere aber in Verbindung mit Speicheranlagen die Errichtung
von großen Werken ermöglichen, nicht durch Einbau von kleinen Werken wertlos zu
machen. Konzessionen für solche kleine Werke müssen daher immer mit dem Vorbehalt
erteilt werden, daß an die Stelle der gestatteten Ausnutzung der Wasserkraft die
Lieferung von elektrischem Strom aus einem etwa später zu errichtenden großen Werke
treten kann. Dadurch können ungeheure Ablösungssummen gespart werden. (Zeitung des
Vereins deutscher Eisenbahnverwaltungen 1909 S. 276 bis 277.)
H.