Titel: | Die bei der Turbinenregulierung auftretenden sekundären Erscheinungen, bedingt durch die Massenträgheit des zufließenden Arbeitswassers. |
Autor: | A. Utard |
Fundstelle: | Band 324, Jahrgang 1909, S. 518 |
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Die bei der Turbinenregulierung auftretenden
sekundären Erscheinungen, bedingt durch die Massenträgheit des zufließenden
Arbeitswassers.
Von Dipl.-Ing. A. Utard,
Straßburg i.E.
(Schluß von S. 508 d. Bd.)
Die bei der Turbinenregulierung auftretenden sekundären
Erscheinungen, bedingt durch die Massenträgheit usw.
IV. Der Einfluß der Elastizität auf die Wirkungsweise der
Wasserträgheit.
Im voraufgehenden Abschnitt haben wir bereits die Abweichungen zwischen den nach
beiden Methoden erzielten Ergebnissen berücksichtigt. Es soll nun der eigentliche,
im Wesen beider Methoden beruhende Unterschied näher betrachtet werden, da uns nur
dieser einen endgültigen Aufschluß gibt über den Einfluß der Elastizität auf die
Wirkungsweise der Wasserträgheit und uns zeigt, ob und unter welcher Bedingung die
Elastizität günstig oder ungünstig wirkt. Zugleich wird dadurch erreicht werden, daß
die nach der ziemlich komplizierten Methode von Alliévi
erzielten Ergebnisse verständlicher werden und zum Teil sogar direkt greifbare
Gestalt annehmen.
Zu dem Zwecke stelle man sich statt der Wassersäule eine ebensolange Reihe von
gleichweit voneinander entfernten Metallkugeln vor. Betrachten wir hierbei das
Analogon des Schließvorganges, so muß die mit der Geschwindigkeit c = a . c1 gleichmäßig bewegte Reihe in ihrer Geschwindigkeit
vermindert, event. sogar entsprechend dem völligen Schluß zum Stillstand gebracht
werden.
Nach Pfarr müßten wir uns nun die Kugeln starr
miteinander verbunden vorstellen. Es ist somit klar, daß in jedem Augenblick die
ganze Massenwirkung aller Kugeln zur Geltung kommt und der hierdurch bedingte Druck
auf die unterste, d.h. die in ihrem Lauf gehemmte Kugel ausgeübt wird.
Nach Alliévi müßten wir uns die Kugeln elastisch z.B.
durch Spiralfedern von gegebener Spannung (H0 entsprechend) verbunden denken. Analog dem
Schließvorgang müßte der bis dahin überall gleichförmige Zustand derart verändert
werden, daß die unterste Kugel, die wir als Kugel 1 bezeichnen, in ihrem Laufe
gehemmt werde; und zwar müßte die Verzögerung den in Fig.
13 gezeichneten q ≌ c Linien entsprechen. An jeder Stelle der Kugelreihe wird dann der
augenblicklich daselbst herrschende Drück angezeigt durch die Entfernung zweier
benachbarter Kugeln, da dieser Abstand in eindeutiger Weise den von der Spiralfeder
ausgeübten Druck anzeigt.
Sobald wir nun die Kugel 1 verzögern, wird die darauffolgende Kugel 2 sich der ersten
nähern und eine entsprechende Druckerhöhung verursachen. Diese Druckerhöhung wird
aber anderseits wieder das Bestreben haben, die beiden Kugeln voneinander zu
entfernen, somit Kugel 2 zu verzögern. Im nächsten Zeitteilchen wird die Kugel 1
wieder eine neue Verringerung der Geschwindigkeit de
von außen her erfahren, also eine neue Verkleinerung des Zwischenraumes zwischen den
Kugeln 1 und 2 und somit ein neuer Ueberdruck. Es hat sich mittlerweile die
dritte Kugel der zweiten genähert, die vierte der dritten usw. Anderseits haben aber
auch schon, als Rückwirkung des Ueberdruckes, die ersten Kugeln die
dahinterkommenden zurückzustoßen versucht, wenn dies auch äußerlich nicht zum
Vorschein kommt, wegen der noch größeren Wirkung des stets neu hinzukommenden de. Wird z.B. Kugel 4 zurückgedrängt, so wird der durch
Verringerung der Entfernung zwischen 4 und. 5 bedingte Ueberdruck auch Kugel 5
zurückzustoßen suchen. Dies ist die Tatsache der Druckfortpflanzungsgeschwindigkeit
i.
Nach der Zeit t=\frac{L}{i} ist der Verzögerungsdruck am anderen
Ende der Kugelreihe angelangt, die letzte Kugel wird auch zurückgedrängt, da sie
aber gegen keine andere Kugel stößt, übt sie rückwärts gegen die vorletzte einen Zug
aus. Dieser ist so groß als vorher der Verzögerungsdruck, er pflanzt sich im
entgegengesetzten Sinne fort, muß also davon abgezogen werden. Wieder nach einer
Zeit \frac{L}{i} also nach insgesamt
t=\frac{2\,L}{i} ist er bei der ersten, d.h. untersten Kugel
angelangt und erst von diesem Zeitpunkt ab kann sich Kugel 2 von Kugel 1 wieder
entfernen. Sobald also t\,>\,\frac{2\,L}{i}, ist auch an
der untersten Schicht der dann noch herrschende Ueberdruck gleich der Differenz
zwischen zwei Druckgrößen. Wenn aber a \cdot
T\,<\,\frac{2\,L}{i}, haben wir
H\,\mbox{max}=\frakfamily{H}_0 als größten erreichbaren
Ueberdruck, d.h. denjenigen Wert von \frakfamily{H}, welcher nach
Gl. (49) dem vorhandenen ac1 entspricht. Nehmen wir z.B. sogar einen momentanen völligen Schluß an,
so werden die Kugeln nur nacheinander gegen die jeweilsvorhergehenden stoßen können
und hierbei die ihrer lebendigen Kraft entsprechende Druckerhöhung
hervorbringen.
Somit ist es auch einleuchtend, daß bei momentanem Abschluß des Leitapparates an
allen Stellen der Kugelreihe derselbe maximale Druck in zeitlicher Aufeinanderfolge
plötzlich auftritt; nur dauert der Ueberdruck verschieden lange an. Die vorletzte
Kugel ist während \frac{2\,L}{i} Sek. gegen die letzte
angedrückt. Je mehr man sich aber dem oberen Endpunkte der Reihe nähert, um so
später setzt die Druckerhöhung an und um so früher hört dieselbe auch auf, da die
Rückwelle ϕ den betreffenden Querschnitt früher
erreicht.
Es ist somit auch bei meßbarer Schlußzeit, die aber kleiner sein muß als
\frac{2\,L}{i}, mit andern Worten bei
a\,T\,<\,\frac{2\,L}{i} Sek. die Länge von L nicht für die Höhe von Hmax maßgebend, sondern nur für die Dauer, während welcher dieser maximale
Druck auftritt (siehe Fig. 15).
Daß für den Grenzfall a \cdot T=\frac{2\,L}{i} die Wirkung der
Elastizität am ungünstigsten ist, indem statt Gl. (74a) der Ausdruck: z = 1 + 2 m (76a) Gültigkeit hat, findet auch leicht
seine Erklärung. Infolge der durch die Elastizität bewirkten Nachgibigkeit kann in
den ersten Zeitteilchen nur ein Teil der bewegten Masse verzögert werden, so daß in
den letzten Augenblicken noch mehr Energie in ΔH . dt umgesetzt werden muß, als beim starren Körpersystem.
Es übte also, wie nebenstehende Figur 23 zeigt, in
diesem Falle die Elastizität anfangs eine hinausschiebende Wirkung aus, die bei der
H-Kurve und noch besser bei der q ≌ c-Kurve klar zum
Ausdruck gelangt. Sobald: a\,<\,\frac{2\,L}{i\,T} wird
H =\frakfamily{H}_a wieder kleiner (s. Gl. (49)), da die
Bewegungsgröße Mc = M . a
. c1 einer jeden Kugel
auch kleiner wird.
Diese soeben vorausgeschickten Erläuterungen haben bereits die hauptsächlichsten
Punkte zur Beurteilung des Einflusses der Elastizität vorweggenommen. Die völlig dem
Gefühl entsprechende Ansicht, als würde sich die Elastizität nur ausgleichend und
druckmildernd bemerkbar machen, bewahrheitet sich leider keineswegs. Denn wenn auch
bis zu einer durch Gl. (122) bestimmten Grenze der Anfangsstellung a des Leitapparates die Wirkung der Elastizität kaum
fühlbar ist, so hat sie mit abnehmendem a eine
wesentlich ungünstigere Gestaltung der Verhältnisse zur Folge, und leistet uns aus
gleichem Grunde dieselben schlechten Dienste wie ein Windkessel.
Daß die Größe von i keinerlei Einfluß auf den Wert der
maximalen Druckhöhe ausübt, ist bereits in Kapitel III 2a hervorgehoben worden und
hat dort seine Erklärung gefunden [vergl. die Gleichungen 76, 88, 95, in denen der
Wert von i nicht vorkommt]. Trotzdem macht sich die
Elastizität selbstredend auf den Verlauf der Druckkurven bemerkbar; denn je kleiner
die Elastizität, um so größer ist die Druckfortpflanzungsgeschwindigkeit i, um so kleiner ist somit nach der Betrachtung in
Kapitel III 3 Gl. (122) die Beaufschlagung a, bei der
sich eine wesentliche Abweichung von der Pfarrschen,
d.h. ideellen Kurve einstellt. Wenn somit
T\,>\,\frac{2\,L}{i} und wir gegen das Eintreten eines
plötzlichen Schlusses völlig sicher gestellt sind, ist eine möglichst geringe
Elastizität erwünscht, da hierbei trotz des größeren
\frakfamily{H} die Abnahme der Druckperioden
\frac{2\,L}{i} eine günstigere Gestaltung der Druckkurve bei
großen und mittleren Füllungen bewirkt. Was die Berechnung der Rohrstärke anbelangt,
müssen wir somit die ohnehin sehr einfache Gl. (76) eventl. sogar Gl. (88) u. (95)
berücksichtigen, müssen ferner durch Nachrechnen nach Gl. (81) der Eventualität
eines zu großen Unterdruckes begegnen.
Wenn wir jedoch die noch wichtigeren Arbeitskurven in Vergleich ziehen, so finden wir
eine im allgemeinen genügende Uebereinstimmung. Bei kleineren Leitschaufelöffnungen
kann infolge des langsam ansteigenden Verlaufes der Druckkurve die A-Kurve nach der Methode von Alliévi sofort dem Anstoß des Reglers Folge leisten, während bei großen
Füllungen die Elastizität die unerwünschte, zuerst entgegengesetzte Bewegung der A-Kurve nicht zu verhindern vermag. Die Grenze mit
anfänglich horizontalem Verlauf liegt bei a=\frac{g \cdot H_0}{i \cdot
c_1}.
Ueber einen Punkt ließe sich noch diskutieren, ob nämlich die Methode von Alliévi den tatsächlichen Verhältnissen ganz gerecht
wird, oder ob ein Mittelweg zwischen dieser Methode und derjenigen von Pfarr eingeschlagen, besser der Wirklichkeit sich
anpaßt. Da nun beide Methoden unter den dabei getroffenen Annahmen mit gleicher
mathematischer Konsequenz durchgeführt sind, müssen wir diese Voraussetzungen auf
ihre allgemeine Gültigkeit hin prüfen. Darüber im folgenden Teil.
V. Der allgemein gültige voraussetzungslose
Verstellungsvorgang.
Um zu einem allgemein und vorbehaltlos gültigen Resultat zu gelangen, müssen wir vor
allem die bisher getroffenen Annahmen auf ihre unbedingte Zuverlässigkeit hin prüfen
und uns dann, wenn nötig, von allen bisher zugelassenen Einschränkungen frei
machen.
1. Die Art der Turbinen.
Da fast ausschließlich bei langen Rohrleitungen ein größeres Gefälle und somit
auch Strahlturbinen in Frage kommen, hätte es keinen Zweck, wollte man diese
Annahme fallen lassen. Wir können somit unbehindert die Beziehung:
v=\sqrt{2\,g\,H} beibehalten.
Textabbildung Bd. 324, S. 519
Fig. 23.
2. Elastizität.
Alliévi mußte, um überhaupt die Verhältnisse
mathematisch fassen zu können, die Elastizität als eine vollkommene in Rechnung
ziehen. Dies entspricht zwar, was die Elastizität des Rohrmaterials anbelangt,
nicht ganz den tatsächlichen Verhältnissen, dürfte aber kaum bemerkenswerte
Unterschiede hervorrufen, um so mehr, als die Volum-Elastizität der
Flüssigkeiten eine vollkommene ist. Trotzdem ist wohl kaum anzunehmen, daß im
allgemeinen der Uebergang von den einzelnen Druckperioden ein so scharf
markierter ist, wie sich aus der Rechnung ergibt und wie Fig. 13, 14 und
20 es darstellen. Es dürften somit die
Kurven mehr abgerundete Ecken aufweisen.
3. Reibung und
Wirbelung.
Daß wir von der bisher völlig unberücksichtigt gebliebenen Reibung keine
merkliche Modifikation der Verhältnisse zu erwarten haben, geht schon aus der
Ueberlegung hervor, daß die Reibung bei Flüssigkeiten eine von
Fließgeschwindigkeit und benetztem Umfang abhängige, dagegen vom Drucke
unabhängige Größe ist; somit ist an und für sich der Reibungskoeffizient für den
Beharrungszustand und für die Verstellperiode jeweils bei gleicher
Beaufschlagung derselbe.
Allerdings, wenn auch durch die Tatsache des Oeffnens und Schließens keine
Beeinflussung der Reibungsverhältnisse selbst hervorgerufen wird, so können die dabei
auftretenden Wirbelungen etwas den Verlauf der Druckkurve beeinflussen, ohne
jedoch auf Hmax einwirken zu können, da dieser
maximale Wert bei c = 0 eintritt.
Uebrigens sei, um Mißverständnissen vorzubeugen, noch bemerkt, daß sowohl die
unvollkommene Elastizität als auch die Reibungsgrößen sich fast durchweg in
unerwünschter Weise geltend machen. Ersterer Faktor schwächt für beide
Verstellrichtungen die ausgleichenden reflektierenden Druckwellen ab, während
beim Schließen die Reibungsverluste und Wirbelungen fast ausschließlich in der
Turbine selbst, also hinter dem Austrittsquerschnitt, eintreten, was eher eine
Erhöhung des Druckes zur Folge hat.
4. Konstanz der
Verstellgeschwindigkeiten.
Die bei allen bisherigen Auseinandersetzungen getroffene Annahme konstanter
Verstellgeschwindigkeiten lehnt sich nur zum Teil an die tatsächlichen in der
Praxis vorkommenden Verhältnisse an. Es wird aber das verschiedene Verhalten
beider Methoden bei beliebiger f-Kurve in einer
demnächst erscheinenden Behandlung über Seitenauslässe Beachtung finden.
Textabbildung Bd. 324, S. 520
Fig. 24.
5. Die geradlinige
Rohrleitung.
Eine weitere Einschränkung, die wir fallen lassen müssen, ist die Auffassung, als
wäre bei großem L das Zuleitungsrohr in gerader
Linie unter der Neigung \mbox{sin}\,\alpha=\frac{H_0}{L}
geführt. Solche Ausführungen kommen in der Praxis selten vor, da die Leitung der
Berglehne entlang herabgeführt werden muß. Meist haben wir es bei langen
Rohrleitungen den natürlichen Verhältnissen entsprechend, mit einem oben zuerst
weniger geneigten, fast horizontalen Stück zu tun (s. Fig. 24), und erst von einer bestimmten Stelle P an wird das Rohr in
ziemlich steiler Richtung zu Tal geführt.
Im allgemeinen hat diese Art der Anlage keinerlei Anstände und in der Nähe der
Turbine bleiben die Druckverhältnisse die gleichen, so lange nämlich wir im Rohr
keine Diskontinuität haben. Aber gerade dieses ist der wunde Punkt dieser
Bauweise, denn es kann sehr leicht an der Stelle P Unterdruck erfolgen, der
soweit gehen kann, daß die nur für inneren Druck konstruierten Rohre durch den
atmosphärischen Druck zusammengepreßt werden. Somit ist eine Untersuchung über
die durch diese Rücksicht auferlegten Grenzen doppelt angebracht. Diese
Untersuchung ist im nachstehenden zuerst ohne und nachher mit Berücksichtigung
der Elastizität durchgeführt.
a) Untersuchung nach der
Methode
Pfarr.
Wenn an der Stelle P (Fig. 24) eine Diskontinuität entsteht, d.h. wenn der absolute
Druck = 0 herrscht, so wird die Wassermasse oberhalb P in L2 beschleunigt
durch den Druck \left[h_2-\frac{c^2}{2\,g}+1\mbox{
Atm.}\right]. Der untere Teil in L1 durch den Druck [h1 – 1 Atm.].
Die größtmögliche Beschleunigung des oberen Teiles ist:
\frac{dc}{dt}=\frac{P}{M}=\frac{\gamma \cdot
F\,\left(h_2+10-\frac{c^2}{2\,g}\right)}{\frac{L_2\,F \cdot
\lambda}{g}}=\frac{g\,\left(h_2+10-\frac{c^2}{2\,g}\right)}{L_2}Bei
heberartigen Anlagen ist h2 negativ einzusetzen. .
. (130)
Setze: h2 + 10 ≡ H2 (Fig.
24)
also:
\frac{dc}{dt}=\frac{g\,\left(H_2-\frac{c^2}{2\,g}\right)}{L_2}
. . . . (131)
Damit der absolute Druck o entstehen kann, muß also
diese maximale Beschleunigung des oberen Teiles kleiner oder zum mindesten
gleich sein derjenigen des unteren Teiles. Letztere Beschleunigung wird
erhalten, indem man in Gl. (9) für die veränderten Größen den neuen Wert
einsetzt.
Statt
h ist
zu
schreiben:
\left(h_1-10+\frac{c^2}{2\,g}\right)\equivH_1+\frac{c^2}{2\,g}
„
L
„
„
L
1
Nach der Beschleunigung
\frac{dc}{dt} aufgelöst, ergibt die Gl. (9):
\frac{dc}{dt}=\frac{\left(H_1+\frac{c^2}{2\,g}\right) \cdot
g}{L_1}-\frac{1}{2}\,\frac{F^2}{{f_1}^2}\,\frac{T^2}{L_1}\,\frac{c^2}{(a\,T+t)^2}
. . (132)
Nun ist aber:
\frac{f}{f_1}=\frac{a\,T+t}{T} . . . . .
. (133)
Erhalte somit unter Berücksichtigung von Gl. (16):
c=\frac{v \cdot f_1}{F} \cdot
\frac{a\,T+t}{T} . . . . . (134)
Setze diesen Wert von c
in obige Gleichung ein und erhalte:
\frac{dc}{dt}=\frac{\left(H_1+\frac{c^2}{2\,g}\right) \cdot
g}{L_1}-\frac{1}{2} \cdot \frac{{v_1}^2}{L_1} . . (135)
Wir können nun Gl. (131) und Gl. (135) wesentlich vereinfachen, indem wir die
im Verhältnis zu H1 und H2 kleine Geschwindigkeitsdruckhöhe
\frac{c^2}{2\,g} vernachlässigen. Gleichung (135)
schreibt sich somit:
\frac{dc}{dt}=\frac{g \cdot H_1}{L_1}-\frac{1}{2}
\cdot \frac{{v_1}^2}{L_1}=\mbox{konst.}-\mbox{konst.}\,{v_1}^2
(136)
Das Maximum von \frac{dc}{dt} tritt
also bei vmin einZum selben Resultat gelangen wir
selbstredend auch, indem wir die zweite Ableitung von c gleich o setzen. Dieses ist ohne
weiteres verständlich, denn vmin geht
parallel mit hmin, wobei das fehlende
(H0
– h), das zur Beschleunigung des
Wassers im Zuleitungsrohr L dient, hier
sein Maximum erhält..
v_1\,\mbox{min}={v_1}^0 \cdot
\frac{m_1}{2}\,\left[\sqrt{\frac{4}{m^2}+1}-1\right]
worin: m_1=\frac{c_1\,L_1}{g \cdot
H_1\,T}
also ist:
{v_1}^2\,\mbox{min}=v_{1^0}^2 \cdot
\left[\frac{4}{m_1^2}+1+1-2\,\sqrt{\frac{4}{m_1^2}+1}\right]
(137)
=v_{1^0}^2-\frac{v_{1^0}^2}{2}\,\left[\sqrt{\frac{4}{m_1^2}+1}-1\right]
(137)
Somit lautet Gl. (136), wenn wir den Wert von
v_{1^0}=\sqrt{2\,g\,H_1}
einsetzen:
\frac{dc}{dt}=\frac{g \cdot H_1}{L_1}-\frac{1}{2\,L_1}\,\left[2\,g
\cdot
H_1-g\,H_1\,m_1^2\,\left(\sqrt{\frac{4}{m_1^2}+1}-1\right)\right]
=\frac{g \cdot
H_1m_1^2}{2\,L_1}\,\left[\sqrt{\frac{4}{m_1^2}+1}-1\right]
(138)
Da nun Gl. (131) durch Vernachlässigung von
\frac{c^2}{2\,g} übergeht in:
\frac{dc}{dt}=\frac{g \cdot H_2}{L_2} .
. . . . (139)
so lautet entsprechend obiger Auseinandersetzung die
Bedingung dafür, daß in P keine Diskontinuität eintritt:
\frac{g \cdot
H_2}{L_2}\,>\,\frac{c_1^2}{T^2} \cdot \frac{L_1}{2\,g \cdot
H_1}\,\left[\sqrt{\frac{4}{m_1^2}+1}-1\right] . . (140)
worin:
m_1=\frac{c_1\,L_1}{g \cdot H_1\,T}
Hieraus ließe sich das Verhältnis
\frac{L_2}{H_2} berechnen, damit an der Stelle P kein
völliges Vakuum entstehe. Ebenso ergibt sich daraus sofort die Bedingung zur
Vermeidung eines beliebigen Unterdruckes, welcher schon als der Leitung
gefährlich erachtet wird. Man braucht nur in H1 = [h1 – 10] und H2 = [h2 + 10] statt
der ganzen Atmosphäre [= 10 m] die Große des noch zulässigen Unterdruckes
einzusetzen.
b. Untersuchung nach der Methode
von
Alliévi.
Bei Berücksichtigung des Einflusses der Elastizität müssen wir beide
Möglichkeiten einer starken Druckverminderung ins Auge fassen.
Erstens findet Druckabnahme, wie schon oben beachtet, beim Eröffnungsvorgang
statt. Dieselbe ist an der Stelle P dann am
größten, wenn a = 0 und:
b=\frac{2\,L_2}{i\,T} . . . . .
(141)
Dies ist also der Augenblick, wo beim Oeffnen von ganz
geschlossener Turbine aus noch, keine rückschreitende Welle ϕ an dieser Stelle P vorhanden ist (vergl. Gl. 55). Da nun bei dieser Eröffnungsgröße
b der Oeffnungsvorgang unterbrochen wird,
so wandert die direkte Druckwelle Φ nach dem
Einströmende hin und erreicht den Punkt P nach
der Zeit \frac{L_1}{i}. Da für diesen Augenblick noch
keine Rückwelle in Betracht kommt, (infolge der Wahl von b nach Gl. 141), so haben wir an der Stelle P dieselbe Höhe der Druckschwankung wie an der
Mündung; nur tritt sie um geringe Zeit später auf. Infolgedessen wird auch
der niedrigste in P auftretende Druck gleich
sein dem kleinsten Druck an der Mündungsstelle minus dem Niveauunterschied
h1 beider
Punkte.
Den Druck Hmin, der an der Mündungsstelle
auftritt, erhält man durch Einsetzen des Wertes b aus Gl. (141) in Gl. (58):
H^2\,\mbox{min}-2\,H\,\mbox{min}\,\left[\frakfamily{H}+\frac{2\,L_2^2\,c_1^2}{g^2\,T^2\,H_0}\right]+\frakfamily{H}^2=0
(142)
Da nun aber in diesem Falle a = 0, also \frakfamily{H}=H_0 und ferner:
Hmin = hmin + h1 . . . . . . . . . . (143)
[wobei Amin den kleinsten Druck bei P bezeichnet] so
ergibt die Auflösung von Gl. (142) den Ausdruck,
h_{\mbox{min}}+h_1=H_0+\frac{2\,c_1^2 \cdot
L_2^2}{g^2\,T^2\,H_0}-\sqrt{\frac{4\,c_1^2\,L_2^2}{g^2\,T^2}+\frac{4\,c_1^4\,L_2^4}{g^4\,T^4\,H_0^2}}
(144)
Nun können wir setzen:
H0 – h1 = h2 . . . . . . . . . . (145)
Somit ist:
h_{\mbox{min}}=h_2+2\,\frac{2\,c_1^2\,L_2^2}{g^2\,T^2\,H_0}-\sqrt{\frac{4\,c_1^2\,L_2^2}{g^2\,T^2}+\frac{4\,c_1^4\,L_2^4}{g^4\,T^4\,H_0^2}}
(146)
Dieser Ausdruck Gl. (142) für hmin lautet ähnlich wie Gl. (68).
Für Amin ist der zulässige Unterdruck [mit negativem Vorzeichen]
einzusetzen.
Zweitens: Den ungünstigsten der beiden Fälle
erhalten wir aber wohl durch Berücksichtigung des Einflusses der nach
völligem Schluß eintretenden Druckschwankungen. Wenn infolge derselben sogar
schon an der untersten Stelle des Rohres negativer Druck eintreten kann, so
ist dieses bei dem Knick der Leitung in Punkt P
noch viel eher zu befürchten. Da die Große der maximalen Druckerniedrigung
hierbei von der Höhe des um t=\frac{2\,L_2}{i}
vorangegangenen Ueberdruckes abhängt, müssen wir auch für Stelle P den größten erreichbaren Ueberdruck
ermitteln. Derselbe tritt ein, wenn der Schließvorgang von der
Anfangshüllung:
a_2=\frac{2\,L_2}{i\,T} . . . . .
(147)
ausgegangen ist und bis b
= 0 reicht. Es ergibt für die Rohrlänge L2 die Zeit a2 . T den dem Endwert von Gl. (76a) entsprechenden
gestreckten Verlauf der H-Kurve. Die Rückwelle
ϕ hat nämlich zur Beeinflussung noch keine
Zeit gehabt.
Es ist dann am Austrittsquerschnitt:
H\,\mbox{max}=\frakfamily{H}'=H_0+\frac{i \cdot
a_2\,c_1}{g}=H_0+\frac{2\,L_2\,c_1}{g \cdot T} . (148)
Am Schlusse der nächsten Periode haben wir nach Gl.
(61):
H\,\mbox{min}=\frakfamily{H}'-2\,\varphi
Ferner ist ϕ gleich dem
Werte von Φ am Ende des Schließvorganges,
also:
\varphi=\frakfamily{H}'-H_0
Somit erhalten wir unter Berücksichtigung der Gl.
(148):
H\,\mbox{min}=2\,H_0-\frakfamily{H}'=H_0-\frac{2\,L_2\,c_1}{g
\cdot T} . . (149)
Da aber Punkt P um h1 höher liegt
als der Austrittsquerschnitt, so erhalten wir für P:
h\,\mbox{min}=H_0-h_1-\frac{2\,c_1\,L_2}{g \cdot
T}=h_2-\frac{2\,c_1\,T_2}{g \cdot T} . (150)
Für hmin setzen wir den
gewünschten Wert ein.
Soll überhaupt kein Unterdruck im Rohre herrschen, so muß hmin größer als Null sein, d.h. nicht unter
Atmosphärendruck gelangen. Infolgedessen ist dann:
h_2\,\geq\,\frac{2\,c_1\,L_2}{g \cdot T}
oder:
\frac{L_2}{h_2}\,<\,\frac{g\,T}{2\,c_1} . . .
. . (151)
Gl. (151) gilt, wenn überhaupt kein Unterdrück
auftreten soll. Diese Bedingung kann aber nicht, und braucht auch nicht
erreicht zu werden. Wenn nun ein Unterdruck von x Meter Wassersäule zulässig ist, so setze man in Gl. (151) statt
h2 den Wert
(h2
+ x) ein. Also:
\frac{L_2}{h_2+x}\,<\,\frac{g \cdot
T}{2\,c_1} . . . . . . (152)
Für heberartige Anlagen, wo Unterdruck nicht zu
vermeiden ist, muß dieses besonders beachtet werden.
Durch eine ungünstige Aufeinanderfolge von Oeffnungs- und Schließvorgängen
kann dabei trotzdem noch ein kleiner Unterdruck auftreten (vergl. III, 2b).
Es muß somit \frac{L_2}{h_2} nicht zu groß genommen
werden, d.h. die Leitung soll möglichst in Gefälle liegen. Die Gl. (151)
zeigt, wie vorsichtig man bei Anlagen zu Werke gehen muß, da z.B. bei T = 2 Sek. und bei c1 = 2 m/Sek. ein größerer Wert
als 5 für den Ausdruck \frac{L_2}{h_2} schon sehr
bedenklich werden kann.
VI. Schlußfolgerung.
Aus vorstehender Untersuchung geht hervor, daß die Elastizität der Rohrwandungen im
Verein mit der Kompressibilität des Wassers auf die Höhe der Druckschwankungen einen
ganz verschiedenartigen Einfluß ausüben, je nachdem die Verstelldauer T resp. a \cdot
T\,\geq\,\frac{2\,L}{i} oder aber a \cdot
T\,<\,\frac{2\,L}{i}. Meist wirken sie in höchst nachteiliger
Weise auf Hmax ein und nur bei ganz kurzen Schlußzeiten
tritt dasjenige ein, was man von der Elastizität durchweg, aber leider in
ungerechtfertigter Weise, erwartete, nämlich eine ausgleichende und druckmildernde
Pufferwirkung.
Sogar verhängnisvoll kann die Elastizität werden, sobald entgegengesetzt gerichtete
Verstellvorgänge in häufigerer Folge sich ablösen. Infolge der dabei durch die
Elastizität bewirkten Resonanz der Schwingungen, kann der Druck zwischen Grenzen
oszillieren, die bis zu H = 2H0 und H = 0
betragen können. Die hierauf bezügliche nötige Rücksichtnahme läßt sich auf Grund
der Untersuchungen des Abschnittes III, 2b für die Praxis äußerst leicht in folgende
einfachen Angaben zusammenfassen:
1. Es darf unter keinen Umständen der Ausdruck
m\equiv\frac{c_1\,L}{g \cdot H_0\,T} größer oder sogar
gleich 0,5 sein, da sonst Unterdruck entstehen kann,
also:\frac{c_1\,L}{g \cdot
H_0\,T}=m\,<\,0,5.
2. Der maximale Druck, der beim einfachen Schließvorgang
auftreten kann, ist bestimmt durch Gl. (76):
z_1\,\mbox{max}\equiv\frac{H_1\,\mbox{max}}{H_0}=1+2\,moder:H_1\,\mbox{max}=H_0+2\,\frac{c_1\,L}{g\,T}Dagegen
müssen infolge der Resonanz die Zuleitungsrohre mit genügender Sicherheit nach
den durch Gl. (95) bestimmten Druckhöhen berechnet werden:
z3max = 1 + 6m – 8m2
oder:H_3\,\mbox{max}=H_0+6\,\frac{c_1\,L}{g \cdot
T}-8\,\frac{c_1^2\,L^2}{g^2\,T^2\,H_0}
3. Für den speziellen Fall einer von der geradlinigen Führung
stark abweichenden Rohrleitung, muß auf Grund von Abschnitt V. 5b an jeder
Stelle, speziell an den Ecken, die Forderung Gl. (152) beobachtet
werden:\frac{L_2}{h_2+x}\,<\,\frac{g \cdot
T}{2\,c_1} wobei x den noch
zulässigen Unterdruck in Metern bedeutet.
Diese im vorhergehenden abgeleiteten Formeln zeigen, daß infolge der Wasserträgheit
wesentlich größere Druckschwankungen eintreten, als aus den bisherigen für Hmax aufgestellten Formeln sich ergab. Dieses wird
durch Erfahrungsdaten bestätigt.
Wenn nun auch, wie aus Obigem hervorgeht, die Elastizität unbedingt zu
berücksichtigen ist, sobald die Berechnung von Druckhöhe in Frage kommt, so hat
wieder die Methode von Pfarr den Vorteil, daß sich
infolge ihrer größeren Uebersichtlichkeit öfters Untersuchungen der A-Kurve einfacher und schneller nach letzterer Methode
durchführen lassen. Die hierbei erzielte Genauigkeit der A-Kurve ist dabei meist genügend, sobald größere und mittlere Füllungen in
Betracht kommen. Ist eine nachträgliche Kontrolle der Ergebnisse nach der Methode
von Alliévi erwünscht, so läßt sich dieselbe unschwer
durchführen.
Durch die im Abschnitt IV erstrebte Klarlegung des eigentlichen Einflusses der
Elastizität wird uns die analytische Untersuchung von Windkessel,
Sicherheitsventilen und SeitenauslässenDie
demnächstige Veröffentlichung einer diesbezüglichen Abhandlung ist vom
Verfasser in Aussicht genommen. sehr erleichtert werden.
Berichtigung.
1. In Gleichung (8) u. (9) S. 417 muß es statt Schließen: h . dt heißen H0dt – usw.;
Oeffnen: h . dt heißen H0dt –
usw.
2. In der Unterschrift zu Fig.
14, S. 459: L = 200 m statt L = 100 m.
3. In der Gleichung (58), S. 460: H2 – 2H
[ ... statt \frakfamily{H}^2-2\,H] ...