Titel: | Polytechnische Rundschau. |
Fundstelle: | Band 324, Jahrgang 1909, S. 541 |
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Polytechnische Rundschau.
Polytechnische Rundschau.
Elektrische Lokomotiven.
Beim Betriebe des Simplontunnels werden Personenzüge bis zu 350 t und Güterzüge bis
zu 650 t Anhängegewicht mit 70 oder 35 km/Std. Geschwindigkeit befördert. Die größte
vorhandene Steigung beträgt 7 v.T. und wird bei der Bergfahrt auch seitens der
Personenzüge nur mit der geringeren Geschwindigkeit befahren. Die bisher für den
Betrieb verwendeten Lokomotiven besitzen fünf Achsen. Hiervon werden drei, die
untereinander gekuppelt sind, durch zwei Motoren angetrieben. Die beiden neuen von
der A.-G. Brown Boveri & Co. in Verbindung mit der
Schweizerischen Lokomotiv- und Maschinenfabrik in
Winterthur gelieferten Lokomotiven besitzen vier Achsen, die sämtlich
untereinander, sowie mit zwei Antriebsmotoren gekuppelt sind. Der Achsdruck ist auf
17 t bemessen. Mit Rücksicht auf das Durchfahren von Krümmungen sind die beiden
äußersten Triebachsen nach der Bauart Klien- Lindener
radial und seitlich einstellbar gelagert. Der Radstand der mittleren Triebachsen
beträgt 4600 mm, der äußeren Achspaare 1700 mm. Zur Erleichterung des Einfahrens in
Krümmungen ist ferner der Triebraddurchmesser auf 1250 mm bemessen, während er bei
den älteren Lokomotiven 1640 mm betrug. Um die unabgefederten Gewichte möglichst zu
verringern, sind die Motoren fest im Lokomotivrahmen gelagert. Die Kuppelung
sämtlicher Triebachsen und damit der Motoren untereinander ist erfolgt, damit bei
Beschädigung eines Motors mit dem verbleibenden Motor das volle Reibungsgewicht der
Lokomotive ausgenutzt werden kann.
Die feststehenden Teile der Motoren besitzen zwei Wicklungen, eine 12polige und
eine 16polige, die mit Hilfe einer Umschaltung je in eine sechs- und achtpolige
verwandelt werden können. Die umlaufenden Teile, die Rotoren, sind mit einer
Kurzschlußwicklung versehen. Infolge der beiden umschaltbaren Ständerwicklungen
können vier Fahrgeschwindigkeiten 26, 35, 52 und 70 km/St, innegehalten werden.
Ferner können zur Erzielung großer Drehmomente beim Anfahren die beiden
Ständerwicklungen jedes Motors parallel geschaltet werden. Da die bei den älteren
Lokomotiven übliche Einschaltung von Widerstand in den Rotorstromkreis bei der
Kurzschlußwicklung nicht ausführbar ist, so müssen zum Anfahren besondere
Anlaßtransformatoren verwendet werden, die an den Enden der Lokomotive je in einem
Vorbau vor dem Führerstand untergebracht sind.
Die elektrische Ausrüstung der Lokomotive wird durch vier Polumschalter, einen
Umsteuerschalter, die sämtlich durch Luftmotoren betätigt werden, zwei
Motorkompressoren mit zugehörigen Transformatoren, einem
Drehstromgleichstromumformer nebst einer Batterie für Beleuchtung, zwei
Stromabnehmern und den zugehörigen Nebenapparaten vervollständigt. Die
Stromabnehmer, welche zur Ueberbrückung stromloser Stücke in den Oberleitungsweichen
nach entgegengesetzten Seiten von dem Wagendache ausladen, tragen je auf einem
längeren Unterrahmen zwei voneinander isolierte Schleifbügel, die von der
doppelpoligen Oberleitung zwei Phasen des Drehstomes abnehmen, während die dritte
Phase durch die Fahrschienen zugeführt wird. Die Schaltung- der elektrischen Ausrüstung der
Lokomotive ist in der Weise erfolgt, daß zwei möglichst voneinander unabhängige
Teile vorhanden sind, so daß bei irgend einer Beschädigung noch ein Motor allein
weiter betrieben werden kann. Der Wirkungsgrad der Motoren beim Anfahren bewegt sich
zwischen rund 60 und 85 v.H., die Phasenverschiebung zwischen, 0,5 und 0,8 (Thomann). (Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure
1909, S. 607–615).
Pr.
Akkumulatoren-Grubenlokomotiven.
Wegen ihrer Betriebs- und Schlagwettersicherheit, der freien Beweglichkeit auf jedem
Gleise, sowie ihrer steten Betriebsbereitschaft und einfachen Bedienung haben
Akkumulatoren-Lokomotiven große Verbreitung in Grubenbetrieben gefunden, so daß
zurzeit auf 18 Gruben etwa 85 Lokomotiven mit einer Gesamtleistung von 1400 PS
laufen. Derartige Lokomotiven sind bisher für Leistungen von 8 bis 24 PS gebaut
worden. Durch Vereinigung zweier Maschinen zu einer Doppellokomotive kann die
Leistung noch über den angegebenen Wert erhöht werden.
Die Lokomotiven bestehen im wesentlichen aus einem federnd auf zwei Radachsen
ruhenden, schmiedeeisernen Untergestell, auf welchem die in einem Holzkasten
befindliche Akkumulatorenbatterie zwischen eisernen Bügeln angeordnet ist. Die
wasserdicht gekapselten Hauptstrommotoren, welche die Laufachsen mit einem Vorgelege
antreiben, sind in der üblichen Weise einerseits auf der Laufachse, anderseits
federnd im Untergestell gelagert. An einem Ende des Fahrzeuges ist ein Führersitz
angebracht und dort sind Fahrschalter, Signalglocke, sowie die Handhebel- oder
Handradbremse vereinigt. Die Pufferbalken und Zughaken an den Fahrzeugenden sind
federnd gelagert, um die beim Betriebe auf die Lokomotive wirkenden Stöße
abzuschwächen. Etwas erhöht über dem Untergestell ist mit ihren Achsen in der
Fahrrichtung eine Reihe von Walzen drehbar gelagert. Auf diesen Walzen ruht der
Batteriekasten. Zur Auswechslung wird die Lokomotive neben einen in der Höhe
verstellbaren Ladetisch gefahren, der in gleicher Weise mit Längswalzen versehen
ist. Werden dann die durch Gallsche Ketten miteinander
gekuppelten Walzen mit Hilfe eines Handrades alle im gleichen Sinne gedreht, so
wandert der Batteriekasten auf den Ladetisch hinüber. In entsprechender Weise wird
eine neu aufgeladene Batterie wieder auf die Lokomotive aufgebracht. Zum
elektrischen Anschlusse der Batterie an das Fahrzeug dient eine besonders gebaute
Steckdose, die gleichzeitig eine Schmelzsicherung enthält. Um die Lokomotiven
dauernd verwenden zu können, sind in der Regel für jedes Fahrzeug- mindestens zwei
Batterien vorgesehen.
Die einzelnen Zellen der Batterie bestehen aus Hartgummigefäßen, in denen die Platten
auf Glasstützscheiben hängen und durch Holzstäbchen und Holzbrettchen voneinander
getrennt sind. Mehrere derartige Zellen sind zusammen in kleinere mit säurefester
Auskleidung versehene Holztröge eingebaut. Die letzteren sind wiederum zusammen in
großen mit starken Eisenbeschlägen versehenen Holzbehältern untergebracht. Die Tröge
sind hierbei voneinander, sowie von dem großen Holzbehälter isoliert. Um bei
Reparaturen leicht einen Trog mit einer beschädigten Zelle ausbauen zu können,
besitzt der große Holzbehälter eine abklappbare Seitenwand; außerdem geschieht die
elektrische Verbindung zwischen den einzelnen Trögen durch Steckkontakte oder
Verschraubungen. Sämtliche Batterieteile sind so fest zusammengebaut, daß sich weder
die Platten in den Hartgummigefäßen, noch die letzteren, sowie die Holztröge
bei Stößen gegeneinander bewegen können.
Die Förderung mittels Akkumulatorenlokomotiven stellt sich auf ½ bis ⅓ der Kosten bei
Pferdebetrieb und ist auch billiger als bei Verwendung von Benzinlokomotiven. Der
Energieverbrauch für den Tonnenkilometer Nutzleistung stellt sich auf etwa ⅓ bis ¼
KW/St. (Elektrische Kraftbetriebe und Bahnen 1909 S. 274–277).
Pr.
100 PS Dampftriebwagen.
Die preußische Staatseisenbahn ist zurzeit beschäftigt, auf Grund eingehender
Versuche mit elektrischen Triebwagen, solchen mit Verbrennungskraftmaschinen und mit
Dampfmaschinen jene Bauart zu finden, die an Zuverlässigkeit und Wirtschaftlichkeit
kleinen Lokomotiven überlegen ist. Die Hannoversche
Maschinenfabrik A.-G. hat zwei 100 PS Dampftriebwagen, Bauart Stoltz, an die Eisenbahndirektion Frankfurt a.M.
abgeliefert, mit denen eingehende Versuche ausgeführt wurden.
Der Wagen dieser Bauart wird von einer doppeltwirkenden, umsteuerbaren
Verbundmaschine von 165 und 300 mm Zylinder-Durchmesser und 320 mm Hub mit
Ventilsteuerung angetrieben. Die Kurbelwelle der Dampfmaschine ist gleichzeitig die
mit 14 t belastete Triebachse des Wagens. Das Triebwerk ist vollständig
eingeschlossen und läuft in einem Oelbad. Durch ein Anfahrventil kann Frischdampf in
den Niederdruckzylinder eintreten. Am Zylinderende ist die Maschine mit Federn am
Rahmen des Drehgestelles aufgehängt. Der Sicherheitsrohrplattenkessel, Bauart Stoltz, liefert Dampf von 30 bis 50 Atm. Betriebsdruck.
Derselbe hat 18,3 qm Heizfläche und 0,7 qm Rostfläche. Der Ueberhitzer hat 3 qm, der
Vorwärmer 4,1 qm Heizfläche. Der Kessel des einen Wagens hat Kohlenfeuerung, der des
andern Oelfeuerung. Die Wasserbehälter mit 1,6 cbm Inhalt sind für 75 bis 120 km
Fahrt berechnet. Auf beiden Führerständen können das Anfahrventil, die Umsteuerung,
die Wasserablaßhähne der Zylinder, der Sandstreuer, die Bremsen und die Dampfpfeife
bedient werden. Beide Führerstände sind durch ein Sprachrohr verbunden. Das
Eigengewicht des Wagens ist 38 t. Die Dampfmaschine macht bei 50 km/St. 250, bei 70
km/St. 350 Umläufe/Min. Die umlaufenden Massen des Triebwerkes der Dampfmaschine
sind vollständig, die der hin- und hergehenden Massen fast vollständig ausgeglichen.
Der Kohlenverbrauch stellt sich auf etwa 4 Pfg/km mit Heizung des Wagens. Das
Anheizen des Kessels dauert 45 Min. Der Wagen mit der Kohlenfeuerung ist seit
mehreren Monaten in Betrieb und hat sich besonders in bergigem Gelände gut bewährt.
Ausbesserungen an der Dampfmaschine und am Kessel sind bis jetzt nicht erforderlich
gewesen. [Zeitschr. d. Vereins deutscher Ing. 1909, S. 1090–1093].
W.
Feuerungen mit künstlichem Saugzug.
Das von altersher bekannte Mittel zum Absaugen der Rauchgase einer Feuerungsanlage
mit Hilfe eines Schornsteines, dessen Höhe um so größer sein muß, je stärker der Zug
sein soll, hat sich bei allen solchen Anlagen als wenig zuverlässig erwiesen, welche
einen stellenweise auch übermäßig angestrengten Betrieb bei allen vorkommenden
Witterungsverhältnissen aufrecht zu erhalten gezwungen sind. Hierher gehören
insbesondere alle neueren Dampfkraft-Elektrizitätswerke sowie die Damptkraftanlagen
größerer Unternehmungen. Auch dort, wo die Verhältnisse die Errichtung eines hohen
Schornsteines nicht gestatten, z.B. bei Dampfschiffen, den gewöhnlich unter dem
Dach liegenden Kesselanlagen von Warenhäusern usw. hat sich das Bedürfnis nach
Mitteln zur künstlichen Erzeugung des für den Betrieb der Feuerungsanlage
ausreichenden, häufig recht wechselnden Zuges fühlbar gemacht.
Gegenüber dem bekannten Verfahren, Luft von etwas höherem Druck unter den Rost
einzuführen, also den Anlagen mit Druckzug, wenn man so sagen darf, sind die
Anlagen, bei welchen die Rauchgase künstlich abgesaugt werden, also die Anlagen mit
Saugzug, etwas neueren Datums. Der äußerst naheliegende Gedanke, in den letzten
Rauchkanal einen Ventilator einzubauen, welcher die Feuergase aus den Zügen der
Kesseleinmauerung absaugt und in den Schornstein fortdrückt, ist wohl schon seit
längerer Zeit ausgeführt worden. Er hat aber den Nachteil, daß die Ventilatoren den
Einwirkungen der heißen, oft schweflige Säure enthaltenden Rauchgase ausgesetzt sind
und daher nach kurzer Zeit ersetzt werden müssen.
Textabbildung Bd. 324, S. 542
Fig. 1.
Diesen Nachteil beseitigt die von Schwabach herrührende
Anordnung, welche von der Gesellschaft für künstlichen Zug,
G.m.b.H. in Berlin ausgeführt wird und die vor kurzem auch bei dem
Elektrizitätswerk Süd-West in Berlin zur Anwendung gelangt ist. Das Verfahren
besteht darin, daß in das kurze, nach oben kegelig erweiterte Abzugsrohr der
Feuergase mit Hilfe eines Ventilators Luft von geringem Ueberdruck durch düsenartige
Oeffnungen eingeblasen wird. Die hierdurch bewirkte Beschleunigung der Abgase
erzeugt einen Unterdruck in der Feuerung, welcher durch Regeln der Leistung des
Ventilators innerhalb großer Grenzen verändert werden kann. Fig. 1 zeigt die allgemeine Anordnung einer solchen
bei einem Kessel von 450 qm Heizfläche angebrachten Einrichtung. Das Wesentliche ist
dabei, daß der Ventilator jeder Einwirkung der Rauchgase entzogen ist. Zum Antrieb
des Ventilators wird man vorteilhaft einen kleinen Elektromotor verwenden, welcher
so gelegt wird, daß die vom Ventilator angesaugte Luft zu seiner Kühlung beiträgt.
Strom hierfür ist in einem Elektrizitätswerk immer vorhanden, auch dann, wenn keine
Maschine im Betriebe ist. Für den Notfall kann aber auch eine kleine Dampfmaschine
als Reserve aufgestellt werden.
Hervorgehoben sei, daß nach eingehenden Versuchen an ausgeführten Anlagen der
Kraftverbrauch des Ventilators höchstens ½ bis 1 v.H. der in der Feuerung
verbrauchten Kohlenmenge beträgt, also selbst im Vergleich zu einem Schornstein ganz
unerheblich ist. Dazu kommt, daß man den Ventilator gleichzeitig zum Absaugen der
Luft des Kesselhauses oder anderer zu entlüftender Räume benutzen kann, daß also,
streng genommen, in vielen Fällen nicht einmal ein neuer Ventilator angeschafft zu
werden braucht.
Ueber die Vorteile des künstlichen Zuges im allgemeinen braucht man nach dem heutigen
Stande der Feuerungstechnik kaum Worte zu verlieren. Die Zahl der Anlagen, welche
aus Betriebsrücksichten auf die Verwendung von künstlichem Zug angewiesen sind, ist
mit dem Wachstum der Großkraftwerke mit den Fortschritten der Starkstromtechnik in
immerwährender Steigerung begriffen.
Auf einen Vorteil, welchen gerade der künstliche Saugzug ermöglicht, sei aber noch
hingewiesen. Wenn man die Abgase, die bei künstlichem Zug den Kessel häufig heißer
verlassen, als bei natürlichem Zug, bevor sie in den Schornstein eintreten, noch an
einem Röhrenheizkörper vorbeiführt, durch welchen die angesaugte Verbrennungsluft
zugeleitet wird, so kann man den Verbrennungsprozeß in der Feuerung nicht
unwesentlich verbessern, weil die Anfangstemperatur der Feuergase erhöht wird.
Dieses Verfahren, welches von Ellis and Eaves und von
John Brown & Co. in Sheffield ausgeführt ist,
hat sich bereits mehrfach bewährt. Ausführliche Mitteilungen über diesbezügliche
vergleichende Verdampfungsversuche mit verschiedenen Kesselbauarten sind im Jahre
1907 in der Frühjahrsversammlung des Jron and Steel Institute gemacht worden, vergl.
Engineering vom 24. Mai 1907 S. 691 bis 695.
H.
Maschine zum Ausschneiden von Löchern ohne Vorbohren.
Textabbildung Bd. 324, S. 542
Die Werkzeugmaschinenfabrik E. Hettner in Münstereifel
baut Maschinen mit auswechselbaren Futtern für Spiralbohrer fand Messer. Beim
Ausschneiden von Löchern mit Messern oder Fräsern fällt bei diesen Maschinen das
Vorbohren von Führungslöchern fort. Die Arbeitsspindel ist hohl und enthält im Innern eine
Körnerstange mit gehärteter Körnerspitze, die mittels Handrad in den Mittelpunkt des
auszuschneidenden Loches gedrückt wird. Die Arbeitsspindel, mit Messerkopf versehen,
dreht sich um die Körnerstange und erhält somit eine. solide Führung. Die
Körnerstange macht die Drehbewegung und den Vorschub der Arbeitsspindel nicht mit.
Die Maschinen, die Löcher bis 1300 mm ausschneiden, dienen auch zum Ab
fräsen von Flanschen, umgebörtelten Blechen bei Mannlöchern usw.
Außer der großen Zeitersparnis, die durch den Fortfall des Vorbohrens erzielt wird,
bietet diese Methode noch den Vorteil, daß das ausgeschnittene Abfallstück nicht
durchbohrt ist und somit besser verwendet werden kann. Ferner wird durch den Druck
der Körnerstange das Abfallstück im Augenblick herausgedrückt, wo die Messer das
Blech noch nicht ganz durchschnitten haben. Hierdurch wird ein Einhaken und das
damit häufig verbundene Abbrechen der Messer vermieden.
Das Rosten des Eisens im Eisenbeton.
Bei der Landesaustellung in Nürnberg im Jahre 1906 wurde von Dyckerhoff & Widmann in einem Eisenbetonbogen angerostetes Eisen
verwendet. Bei der 1 Jahr später erfolgten Probebelastung bis zum Bruch stellte es
sich heraus, daß das vorher ganz rostige Eisen blank geworden war. Diese Erscheinung
ist durch Versuche von Rohland bestätigt und von
demselben erklärt worden.
Nach Rohland lösen die im Portlandzement enthaltenen
Stoffe: Kalziumhydroxyd, Magnesiumhydroxyd, Tonerdehydroxyd, Kieselsäure allein das
Eisenoxyd nicht auf. Kohlensäurehaltiges Wasser löst zwar Eisenoxydul, aber nicht
Eisenoxyd. Dagegen wirken saure, kohlensaure oder saure, schwefelsaure Salze auf das
Eisenoxyd ein. Rohland erhielt in mit Kohlensäure
gesättigtem Wasser, dem er etwas Kalkwasser und Spuren von saurem Natriumsulfat und
Gips zusetzte, nach kurzer Zeit aufgelösten Eisenrost. Diesem Versuche ähnliche
Vorgänge spielen sich im erhärtenden Eisenbeton unter Hinzutritt der Kohlensäure der
Luft ab. Die Entrostung des Eisens kann aber nur so lange vor sich gehen, als der
Zement abbindet und zu erhärten anfängt. Nach vollständiger Erhärtung ist ein
Verschwinden des Rostes unmöglich.
Eisen rostet nicht in trockner Luft, trockener Kohlensäure und reinem Wasser. Das
Wasser muß sauerstofthaltig, oder im Sauerstoff müssen Spuren von Wasserdampf oder
Wasser vorhanden sein, wenn das Eisen rosten soll. Gleichzeitiges Vorhandensein von
Kohlensäure befördert die Verrostung.
Die Verrostung wird außerdem beschleunigt durch Vorhandensein von Wasserstoffionen in
Säuren oder sauren Salzen, wie Glaubersalz, Chlorammonium, Kochsalz, Chlorkalium,
Chlorkalzium, Magnesiumchlorid. Dagegen wird die Verrostung verlangsamt oder
behindert durch Anwesenheit von Hydroxylionen, wie Soda, Pottasche,
Wasserglaslösung, Borax, Kalichromat, Natronchromat, Chromchlorid u.a. Diese
Lösungen dürfen nicht zu sehr verdünnt sein. Während 17,2 g. Kristallsoda, in 1 l
Wasser gelöst, das Eisen vor Rost schützt, ist bereits eine entsprechende Lösung von
15,7 g Soda unwirksam. Durch die Schutzwirkung derartiger Laugen und durch die
starke alkalische Reaktion infolge des Vorhandenseins freien Kalkhydrates während
des Abbindens wirkt der Beton auf das eingebettete Eisen rostschützend.
Das Meerwasser enthält Chloride und Sulfate, die das Rosten befördern, wie
Kochsalz, Chlorkalium, Magnesiumchlorid, Magnesiumsulfat und Gips. Dagegen ist in
Mischungen von Portlandzement mit Lösungen von Kochsalz oder Chlorkalzium Eisen im
allgemeinen blank geblieben. Nur an sehr vereinzelten Stellen zeigten sich
Rostflecke, an denen das Eisen nur mit den Chloriden in Berührung gekommen war.
Durch die alkalische Reaktion, die beim Anrühren des Zementes durch das abgespaltene
Kalkhydrat entsteht, wird der schädliche Einfluß der Chloride und Sulfate beseitigt.
Unter Aufwendung größter Sorgfalt läßt sich also auch Meerwasser bei der Herstellung
von Eisenbeton verwenden.
Die übrigen Baumetalle, wie Blei, Kupfer und Zinn werden durch die Alkalien des
Betons zerstört. Das Verhalten des Zinks im Beton ist noch nicht zweifelsfrei
festgestellt. Dagegen oxydiert Kupfer in Verbindung mit Eisen gleichfalls nicht im
Beton. (Rohland). (Deutsche Bauzeitung, Mitteilungen
über Zement, Beton- u. Eisenbetonbau. 1909 St. 51–52).
Dr.-Ing. P. Weiske.
Wasserkraft-Elektrizitätswerk El Corchado bei Sevilla.
Dieses in den Jahren 1904 bis 1908 von der Maschinenfabrik Oerlikon erbaute Kraftwerk ist insbesondere dadurch bemerkenswert, daß es
eine Fernleitung mit der höchsten bis jetzt in Europa angewendeten Spannung besitzt.
Das Wasser wird dem Flusse Guadiaro entnommen, dessen Mindestwassermenge 1500 Liter
in der Sekunde beträgt, dessen Wasserabfluß aber während zweier Drittel eines Jahres
nicht unter 4000 Liter in der Sekunde herabsinkt. Von dem genannten Flusse ist ein
insgesamt 5700 m langer, 2,25 m breiter Triebwerkskanal von 1,45 m Tiefe abgezweigt,
welcher zum größeren Teil offen, auf 1000 m Länge aber im Tunnel geführt ist und in
ein Wasserschloß von 350 cbm Fassungsvermögen mündet. Von hier aus führen zwei,
später drei Druckleitungen von je 1000 mm lichter Weite und 500 m Länge zum
Turbinenhaus. Die Leitungen sind im oberen Teil auf 200 m Länge aus Eisenbeton, im
unteren aus Siemens-Martin-Stahl hergestellt. Von dem
auf diese Weise verfügbar gemachten Gefälle von 137 m werden infolge von
Druckverlusten 128,5 m ausgenutzt.
Im Maschinenhaus sind gegenwärtig drei große und zwei kleine Maschineneinheiten
aufgestellt. Die großen, die aus einer gemeinsamen Rohrleitung gespeist werden, sind
Löffelturbinen mit wagerechter Welle und je zwei
Laufrädern aus Stahlguß von 1300 mm , die mit Drehstromerzeugern von 5000 V
gekuppelt sind, die kleinen Turbinen treiben Gleichstromerzeuger für Erreger- und
Beleuchtungszwecke. Bei 1500 PS, bzw. 1300 KW Leistung und 400 Umdrehungen in der
Minute verbrauchen die großen Maschinengruppen je 1100 Liter in der Sekunde, bei 100
PS bzw. 65 KW und 1000 Umdrehungen in der Minute die kleinen 75 Liter in der
Sekunde. 6 Oeltransformatoren dienen dazu, die Spannung des Stromes auf 52000 V zu
erhöhen. Von dem Werke gehen zwei Hochspannungslinien aus, wovon jede aus drei 5,5
mm dicken Leitungen besteht. Die Linien, die auf eisernen Masten verspannt sind,
führen zu dem 125 km entfernten Sevilla, wo die Spannung auf 3700 V herabgesetzt
wird. (Zeitschr. f.d. gesamte Turbinenwesen 1909 S. 185 bis 188).
H.