Titel: | Der Resonanz-Undograph, ein Mittel zur Messung der Winkelabweichung. |
Autor: | O. Mader |
Fundstelle: | Band 324, Jahrgang 1909, S. 549 |
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Der Resonanz-Undograph, ein Mittel zur Messung
der Winkelabweichung.
Von Dipl.-Ing. O. Mader,
München.
(Fortsetzung von S. 533 d. Bd.)
Der Resonanz-Undograph, ein Mittel zur Messung der
Winkelabweichung.
C. Konstruktion des Resonanz-Undographen.
Die angestellte Rechnung war nunmehr praktisch zu verwirklichen und der dort zugrunde
gelegte Vorgang möglichst frei von anderen Einflüssen darzustellen. Es wurden im
wesentlichen 3 Modelle des Resonanz-Undographen entworfen.
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Fig. 8.
Textabbildung Bd. 324, S. 549
Fig. 9.
Modell I diente dazu die Richtigkeit der Rechnung und den Einfluß der einzelnen
Rechnungsgrößen zu prüfen (Fig. 8–12).
Modell II sollte bereits praktisch verwendbar sein, aber in allen seinen Teilen eine
möglichste Anpassungsfähigkeit an unerwartete Erscheinungen erhalten, natürlich auf
Kosten der Handlichkeit und Einfachheit (Fig.
19–26).
Modell III soll einen Versuch vorstellen, einen in der Praxis verwendbaren
Apparat zu bauen. Handlichkeit, Einfachheit und Schnelligkeit in der Bedienung und
nicht an letzter Stelle Billigkeit der Herstellung waren für diese Konstruktion
maßgebend (Fig.
13–18).
Bei allen drei Modellen kehren in der Hauptsache dieselben Konstruktionsteile wieder,
nämlich:
1. Eine elektromagnetische Wirbelstrombremse mit pedelndem Feldmagneten.
2. Eine Rückstellvorrichtung, so
gestaltet, daß die Eigenschwingung des Feldmagneten beliebig eingestellt werden
kann.
3. Eine Vorrichtung zum Aufschreiben
der Schwingungsamplituden.
4. Eine Vorrichtung zum Aufschreiben
der Phase.
5. Eine Antriebsvorrichtung.
1. Die
Wirbelstrombremse.
Ihre Bedeutung in der
Rechnung.
Bisher hatten wir nur eine geradlinige Bewegung ins Auge gefaßt. Dieselben
Betrachtungen gelten aber auch für eine Drehbewegung.
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Fig. 10.
Denken wir uns als den mit der Geschwindigkeit V =
f(t) sich bewegenden Punkt L der Ebene SS'
(Fig. 5)
einen Punkt (L in Fig. 8 u. 9), welcher an einer
mit der Winkelgeschwindigkeit v = ψ(t) sich drehenden Scheibe SS', in der Entfernung r von der Achse sich befindet. Dieser Punkt L, wie auch alle im Abstand r von der Wellenachse befindlichen Teilchen der
Scheibe SS' werden während einer Periode, d.h.
während eines Arbeitsvorganges der antreibenden Kraftmaschine, eine von der
Zeit abhängige Verschiebung ξ'' gegenüber einem Punkt erfahren, der an
einer mit der mittleren Umfangsgeschwindigkeit
V_m=\pi\,v_m=r\,\frac{n\,\pi}{30}
gleichmäßig rotierend gedachten Scheibe im Abstand r von der Achse sich befindet. Dabei ist n die Tourenzahl in der Minute; ξ'' ist zu messen als Bogenlänge auf dem Kreis
vom Halbmesser r in mm. Diese Verschiebung ξ''
kann nach dem früheren aufgefaßt werden als eine Uebereinanderlagerung
verschiedener Winkelabweichungsschwingungen. Ein solche Schwingung war
dargestellt durch
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Fig. 11.
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Fig. 13–18. a Laufgewichte, b Rückstellfedern, c Papiertrommel, d Schreibstift,
e Rolle (zum Antrieb der Zitterbewegung
des Schreibstiftes), f Elektromagnet, g Hubbegrenzer, h Gestell, i Befestigungsstift
für eine Kohlenbürste, k Kohlenbürste, l Arretiervorrichtung, m Arm mit Maßstab für die Laufgewichte, n Zeitschreiber, o Kupplung (Hooke'sches Gelenk), p Kugellager, q
Bremskupferscheibe, r Hauptwelle des
Resonanz-Undographen, s Schleifringe, t Magnetrad, u
Anlegevorrichtung.
\zeta''_k=\frac{a_k}{k\alpha_0}\,\mbox{cos}\,k\,(\alpha_0t+\beta_k).
Dabei bestimmt sich α0 aus der Dauer T einer
Kraftzuführungsperiode der Maschine, da sich dann die Schwingung von
längster Dauer, cos 1(α0t + β1), gerade
einmal abgespielt hat: cos (0 + β1) = cos
(α0T + β1) = cos (2π + β1), woraus
α0T
= 2π.
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Fig. 12.
Es wird bei Viertaktverbrennungsmaschinen:
T=\frac{4\pi}{v_m} und
\alpha_0=\frac{v_m}{2}=\frac{n\pi}{60}
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Fig. 15.
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Fig. 17.
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Fig. 18.
bei Dampfmaschinen und Zweitaktverbrennungsmaschinen:
T=\frac{2\pi}{v_m} und
\alpha_0=\frac{v_m}{1}=\frac{n\pi}{30}.
Den vom Punkte L beschriebenen Kreisring
lassen wir nun den von einem Magneten hervorgerufenen Kraftlinienstrom
durchschneiden. Die Ausbildung des Magneten bei Modell I deuten die Figuren 8 u. 9 an.
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Fig. 19.
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Fig. 20.
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Fig. 21.
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Fig. 22.
Die zur Unterstützung des Magneten dienende Ebene (Fig. 4 u. 5) UU' denke man sich aufgerollt, so daß sie die
beiden Schwingzapfen des Magneten umhüllt. Besteht der von allen Punkten im
Abstand r gebildete Kreisring, den man sich
auch zu einer auf der Maschinenwelle aufgekeilten Scheibe erweitert denken
kann, aus einem metallischen Leiter, z.B. Kupfer oder Eisen, so werden die
in ihm entstehenden Wirbelströme auf den Magneten eine im Abstande h von der Schwingungsachse wirkende,
mitnehmende Kraft ausüben, sofern die Ausdehnung des Kraftlinienfeldes
gegenüber r vernachlässigt werden darf.
Reduzieren wir auf den Hebelarm h auch noch die
Masse m des Magneten und die in der Hauptsache
von Federn hervorgerufenen Rückstellkräfte, so gelten die früheren
Rechnungsansätze. Es ist als reduzierte Masse einzusetzen:
m=\frac{\Theta}{h^2},
wo Θ das Trägheitsmoment, bezogen auf die
Schwingungsachse ist.
Ein Fehler, der aber bei kleinen Schwingungen unbedeutend bleibt, entsteht
bei Modell I dadurch, daß der Abstand des Kraftlinienstrommittels von der
Maschinenwelle nicht gleich bleibt. Dieser Fehler ist bei Modell II und III
dadurch vermieden, daß die Schwingungsachse des Magneten mit der
Antriebswelle zusammengelegt ist (r = h).
Die Lagerung des
Schwingmagneten.
Bei der Lagerung des Schwingmagneten war Rücksicht auf möglichst geringe
Dämpfung durch Reibung zu nehmen. Anfangs waren die Schwingzapfen zwar schon
so dünn wie möglich (1,2 mm) gemacht worden, aber gerade deshalb klemmten
sie sich in ihren ziemlich langen Lagen (Fig. 27).
Nachdem eine Verkürzung der Auflagerfläche (Fig. 28) ohne
genügenden Erfolg versucht worden war, beseitigte ich den Einfluß der
Zapfenreibung auf die Schwingungsvorgänge vollständig durch Einführung der
in Fig. 29
dargestellten, im Rechnungsansatz bereits berücksichtigten Drehlager.
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Fig. 23.
Bei Modell II und III wird dieses Drehlager durch die mit der Geschwindigkeit
v = ψ(t) sich
drehende Welle der Wirbelstrombremse selbst gebildet. Diese Anordnung macht
die folgende Ueberlegung nötig.
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Fig. 24.
Einfluß der Aenderung des Reibungskoeffizienten
f.
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Fig. 25.
Der Reibungskoeffizient f wird nicht, wie in
unserem Rechnungsansatz angenommen, bei veränderlicher Geschwindigkeit
konstant bleiben. Versuche haben gezeigt, daß die Lagerreibung und damit
also die Reibungskraft B ungefähr das in Fig. 30 angedeutete Gesetz befolgt. Aendert
sich die Geschwindigkeit u der Unterlage UU'
(in Fig. 4 u.
5) um
\Delta\frakfamily{v}, so ändert sich auch die
mitnehmende Reibungskraft R um ΔR. Der Einfluß dieser Aenderung der
Reibungskraft kann für kleine Aenderungen der Geschwindigkeit v auch in unserer Hauptgleichung (S. 531)
berücksichtigt werden.
Die Reibungskraft läßt sich dann darstellen durch
R=R_0-\rho\,\left(\frakfamily{v}-\frac{dx}{dt}\right)
so daß die allgemeine Bewegungsgleichung übergeht
in
m\,\frac{d^2x}{dt^2}+(\varepsilon+\lambda)\,\frac{dx}{dt}+\alpha^2x=\left\{R_0-\rho\,\left(\frakfamily{v}-\frac{dx}{dt}\right)\right\}+\varepsilon\,V
oder
m\,\frac{d^2x}{dt^2}+(\varepsilon+\lambda-\rho)\,\frac{dx}{dt}+\alpha^2\,x=R_0-\rho\,\frakfamily{v}+\varepsilon\,f\,(t)
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Fig. 26.
Dabei stellt R0
eine konstante Kraft n, p einen von der Größe
der mittleren Relativgeschwindigkeit
\left(\frakfamily{v}-\frac{dx}{dt}\right) bestimmten
konstanten Faktor vor.
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Bei der gewählten konstruktiven Ausführung war stets
\frakfamily{v}=V=f\,(t), somit
m\,\frac{d^2x}{dt^2}+(\varepsilon-\rho+\lambda)\,\frac{dx}{dt}+\alpha^2x=R_0+(\varepsilon-\rho)\,f\,(t)
Textabbildung Bd. 324, S. 552
Fig. 30.
das heißt, wäre die Kraft der Wirbelstrombremse nicht
vorhanden (ε = 0), so könnten im Resonanzfalle (wenn α2 – k2mα02 = 0,
durch die Reibung stetig wachsende, nur durch die eigene Dämpfung des
Apparates (λ) oder durch das Umspringen der
Reibungskraft bei der Geschwindigkeit o begrenzte Schwingungen erregt werden. Bei dem
Resonanz-Undographen wird der Einfluß von ρ durch die Erregung der
Wirbelstrombremse kompensiert und erst die bei stärkerer Erregung
überschüssige Kraft
\left[\Pi=\varepsilon\,\left(V-\frac{dx}{dt}\right)\right]
dient zur Einleitung der errechneten Resonanzschwingungen.
Wäre die Richtung von \frakfamily{v} entgegengesetzt der
von V gewählt worden, so würde die mitnehmende
Kraft II um ρf(t)
verstärkt.
Form des Magneten und der
Bremsscheibe.
Bei Modell I war dem Magneten eine für die Erzeugung eines möglichst
konzentrierten Kraftlinienfeldes günstige Form gegeben, die rotierende
Scheibe war aus Kupfer, der Luftspalt auch bei etwaigem Schlagen der Scheibe
im ganzen konstant.
Bei Modell II war ursprünglich die in Fig. 20
dargestellte Rotationsform für den Magneten gewählt worden. Bei den hier zu
messenden sehr kleinen Winkelabweichungen gedachte ich nämlich r dadurch zu vergrößern, daß die Wirbelströme
am Umfange des Maschinenschwungrades erzeugt werden sollten. Der erwartete
Effekt, ein Mitnehmen des Magneten bei Drehung des Schwungrades blieb aus
als ungemein kräftig erwies sich jedoch die magnetische Anziehung. Diese
Anziehung ermöglicht es, eine sehr brauchbare, bis zu den höchsten
Tourenzahlen ruhig laufende Reibungsräder-Uebersetzung herzustellen, bei der
ein Druck auf die Lager wie beim Riementrieb oder gewöhnlichen
Reibungsrädern vermieden ist. Eine solche magnetische
Reibungsräderübersetzung ist weiter unten beschrieben. Den umgebauten
Magneten des Modells II zeigt noch Fig. 21
u. 22. Hier umschließt die Wicklung die
Bremsscheibenwelle, weshalb falls Strom fließt, die Lager unzulässig heiß
werden. Bei Modell III ist dies vermieden, auch konnte hier wieder die
einfache Scheibenform Verwendung finden.
Stromzuführung.
Bei Modell II wurde der Erregerstrom für. die Spirale s des Magneten M durch die zur
Verleihung einer gewissen Eigenschwingung an dem Magneten M angebrachten Federn f1 und f2 (Fig.
19) zugeleitet und sollte durch die im Magneten festsitzenden
Lagerbüchsen b zur Welle w und von dieser zum Gestell g zurückgeleitet werden. Bei den angewendeten
hohen Tourenzahlen (2000–4000 i.d. Min.) scheint aber nach einiger Zeit das
Schmieröl den Kontakt zwischen Welle und Lagern zeitweilig zu unterbrechen,
wodurch jede Messung unmöglich wird. Eine den Magneten M mit dem Gestell g verbindende Spirale aus dünnem Kupferdraht half diesem Mißstand
provisorisch ab.
Bei Modell HI (Fig.
14 u. 15) erfolgt Zu- und
Abführung durch solide Kohlenbürsten h, und
zwar zur Vermeidung jeder Dämpfung durch Reibung unter Vermittlung eines
Schleifringes s auf der sich drehenden
Hauptwelle.
(Fortsetzung folgt.)