Titel: | Der gegenwärtige Stand der Motorluftschiffahrt. |
Autor: | Ansbert Vorreiter |
Fundstelle: | Band 324, Jahrgang 1909, S. 628 |
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Der gegenwärtige Stand der
Motorluftschiffahrt.
Von Ingenieur Ansbert
Vorreiter.
(Fortsetzung von S. 619 d. Bd.)
Der gegenwärtige Stand der Motorluftschiffahrt.
Der Motorballon „Parseval“
(Modell 1908).
Die Motorballons nach der Konstruktion des Majors von
Parseval sind bekanntlich das typische Beispiel des gerüstlosen Ballons,
bei dem die Form bezw. Starrheit des Ballons allein durch den Ueberdruck des Gases
im Ballon bezw. der Luft in den Ballonets erhalten wird. Derartige Ballons bieten
für militärische Zwecke viele Vorteile. Sie sind im ungefüllten Zustande fast so
einfach zu transportieren wie ein gewöhnlicher Freiballon. Die Gondel mit dem Motor
und der Treibschraube kann leicht abgenommen werden, und der Ballon selbst kann
zusammengerollt werden. Die Gondel kann ebenfalls zerlegbar gemacht werden, um im
Gewicht leichtere Stücke zu erhalten, die sich bequemer verladen lassen. Noch
wichtiger aber ist der Umstand, daß der Motorballon ohne Gerüst fast wie ein
Freiballon überall landen kann. Kommt beim Landen seine Ballonhülle mit Hindernissen
auf der Erde, wie Bäumen usw. in Berührung, so wird dieselbe nicht so leicht
beschädigt, da sie elastisch nachgeben kann. Im schlimmsten Falle, bei starkem Wind
z.B. kann der Ballon mittels der Reißbahn wie ein Freiballon sofort entleert werden.
Ein weiterer großer Vorteil ist das im Verhältnis zur Tragfähigkeit geringe Gewicht
des Ballons. Ein Motorballon nach System Parseval wird
also bei gleicher Leistung in Fahrtdauer, Geschwindigkeit und Tragvermögen weit
kleiner als ein Gerüstballon nach System Zeppelin und
selbst noch kleiner als ein Ballon mit Kielgerüst wie die französischen und
deutschen Militärluftschiffe. Entsprechend der kleineren Gashülle und dem Fortfall
der Gerüste wird ein Parseval-Ballon auch billiger in
der Herstellung und weit billiger im Betriebe, weil er um die gleiche Nutzlast
(Personen, Brennstoff, Ballast) zu heben weniger Füllgas erfordert. Auch der
Brennstoffverbrauch bei gleicher Geschwindigkeit ist geringer, weil der Ballon
kleiner, und daher sein Luftwiderstand geringer ist.
Nachdem auch durch die Versuchsfahrten des „Parseval“ Modell 1907 und
noch mehr durch das Modell 1908 bewiesen ist, daß eine für Militärische Zwecke
genügende Geschwindigkeit (von 15 m in der Sekunde) sich mit den gerüstlosen Ballons
erreichen läßt, was von vielen angezweifelt wurde, ist zu erwarten, daß das System
Parseval eine größere Verbreitung erlangen
wird.
Textabbildung Bd. 324, S. 628
Fig. 3. „Parseval“ I Modell 1907.
Die Konstruktionseigentümlichkeiten des „Parseval“ sind außer dem Fortfall
jeden Gerüstes (auch die Gondel wird nicht wie bei Renard [„Ville de Paris“] Santos-Dumont und anderen als langer Gerüstbalken ausgebaut) die Anwendung
von zwei Ballonets, die pendelnde Aufhängung der Gondel, und die Anwendung einer
unstarren Schraube, d.h. die Herstellung der Schraubenflügel S aus mit Stoff überzogenen Stahlkabeln. Die Anwendung von zwei Ballonets,
die vorn und hinten im Ballon untergebracht sind, ermöglicht den Fortfall des
Höhensteuers. In der schematischen Zeichnung Fig. 3
ist B1 das vordere, B2 das hintere
Ballonet. Von dem vom Motor N angetriebenen Ventilator
V wird die auf etwa 20 mm Wassersäule verdichtete
Luft durch den Schlauch H nach den Luftregulierventilen
D geleitet und von hier durch die Schläuche H1, H2 nach den beiden
Ballonets. Wird wie in der Zeichnung dargestellt, das Auslaßventil für das
vordere Ventil geöffnet, das Einlaßventil geschlossen, so entweicht die Luft aus dem
vorderen Ballonet B1.
Gleichzeitig wird das Einlaßventil für das hintere Ballonet B2 geöffnet, sein Auslaßventil dagegen
bleibt geschlossen, so wird die vom Ventilator geförderte Luft allein in das hintere
Ballonet B2 geblasen.
Die Folge ist, da Luft schwerer als Gas, daß der Ballon hinten schwerer, vorn
leichter wird, er stellt sich demnach mit der Spitze schräg nach oben. Die untere
Fläche des Ballons wirkt somit als Höhensteuer bezw. Drachenfläche, wozu noch kommt,
daß auch die Schraube S sich in geringem Maße in die
gewünschte Richtung einstellt. Soll der Ballon abwärts fahren, so werden die
Ballonets in umgekehrter Weise betätigt. Da das Umfüllen bezw. Entleeren und Füllen
der Ballonets etwas mehr Zeit erfordert als das Einstellen der Höhensteuer, so folgt
der Ballon nicht so schnell der gewünschten Richtung, aber abgesehen von diesem
Mangel hat dieses Major von Parseval patentierte
Verfahren der Höhensteuerung den Vorteil, daß außen an der Gondel bezw. dem Ballon
angebrachte Höhensteuer, die bei der Landung in der Nähe von Bäumen usw. gefährdet
sein könnten, fortfallen; es wird auch etwas Gewicht gespart. Hierbei sei daran
erinnert, daß kurz vor seiner großen Fahrt der „Zeppelin IV“ bei einem
Aufstieg an seine Ballonhalle stieß, wodurch ein Höhensteuer und die darüber
befindliche Stabilisierungsfläche so beschädigt wurden, daß die Fahrt verschoben
werden mußte. Stabilisierungsflächen St besitzt der
„Parseval“ natürlich wie alle modernen Motorballons auch, diese sind
hinten angebracht, etwa in der Mittellinie des Ballons, und in Fig. 3, welche den Ballon im Schnitt zeigt, punktiert
gezeichnet. Diese Flächen bestehen aus einem Rahmen aus Holz in der Größe von etwa
16 qm, beiderseits mit Ballonstoff überspannt und mit nach der Fahrtrichtung offenen
Taschen versehen, durch die die eindringende Luft die Stoffbezüge aufbläht und
straff spannt. In gleicher Weise ist die untere Stabilisierungsfläche K ausgebildet. Diese dient, außer zur Verhütung des
seitlichen Pendelns, zur Führung der Luft an das hinter dieser Fläche angebrachte
Seitensteuer F, das etwa 7 qm groß ist. Beim
„Parseval 1907“ waren die Stabilisierungsflächen als Luftpolster
ausgebildet, um sie getreu dem unstarren Prinzip nachgiebig zu machen, so daß sie im
Falle einer unsanften Landung beim Aufstoßen nicht beschädigt werden können. Diese
Ausführung als Luftmatratzen hat sich aber nicht bewährt, während sich die jetzt in
der üblichen Weise mit Rahmen ausgeführten Flächen gut bewähren. Die zeitlichen zwei
horizontalen Flächen verhüten nicht nur das „Stampfen“ genannte Auf- und
Abpendeln des Luftschiffes, sondern auch das „Rollen“ genannte Drehen um die
Längsachse. Die untere vertikale Fläche verhindert das Schlingern. Bei der
Anordnung der Flächen, ganz am hinteren Ende des Ballons, wie bei der „Ville de
Paris,“ den französischen Militärballons und anderen, wären die Flächen wohl
weniger gefährdet, möglich, daß dies beim „Parseval“ wegen der wechselnden
Belastung durch das hintere Ballonet nicht möglich ist. Diese Anordnung und ebenso
die Anordnung der unteren Fläche K mit dem Steuer als
Kiel, würde dem Ballon eine elegantere Form geben Fig. 4 und 5. Zu der neuen
schlanken, hinten stark verjüngten Form der Ballonhülle, die weit eleganter als die
alte zylindrische Form mit mehr halbkugelförmigen Enden ist, würde die Kielform der
Stabilisierungsflächen vorzüglich passen. Es ist jedoch anzunehmen, daß die
quadratische Form der Flächen billiger herzustellen und leichter an- und
abmontierbar ist.
Textabbildung Bd. 324, S. 629
Fig. 4 u. 5: „Parseval“ III, Modell 1909 mit zwei seitlich über der
Gondel montierten Schrauben.
Die Ballonhülle des „ Parseval 1908“ ist etwas größer als beim Modell 1907.
Bei einer Länge von 58 m und einem Durchmesser von 9,6 m faßt der Ballon etwa 3800
cbm. Die Ballonets dürften etwa 950 bis 1200 cbm fassen, wenn beide vollständig
aufgefüllt sind. Bemerkt sei, daß von dem Fassungsvermögen der Ballonets die
Möglichkeit in die Höhe zu steigen abhängt. Da mit der Höhe die Luft immer dünner
wird, dehnt sich das Gas entsprechend aus, und nachdem alle Luft aus den Ballonets
entwichen ist, öffnet sich das Gasventil und das Gas strömt bis fast zum Ausgleich
mit dem äußeren Luftdruck aus. Die Ballonets müssen daher so groß sein, daß das
Zusammenziehen des Gases in den tieferen Luftschichten durch die in diese Luftsäcke
geblasene Luft vollständig ausgeglichen wird, sonst verliert der Ballon seine
straffe, pralle Form, und wird mehr oder minder steuerlos; der Motor muß abgestellt
werden, und das Luftschiff ist wie ein Freiballon dem Spiel der Winde vollständig
preisgegeben. Dies ist der einzige größere Nachteil der Gerüstlosen Motorballons.
Durch das Kielgerüst der sogenannten halbstarren Ballons wird dieser Nachteil
erheblich vermindert. Durch Anwendung von Ballonets mit großem Fassungsraum, (etwa ⅓
des Gesamtinhalts) wird dieser Nachteil der gerüstlosen Ballons praktisch
beseitigt.
Ein weiterer schon oben erwähnter Nachteil des Ballons ohne Gerüst ist, daß die
Gondel tief unter dem Ballon aufgehängt werden muß. Dieser Nachteil besteht
namentlich darin, daß die Schraube, die am Ballon mangels eines Gerüstes nicht
befestigt werden kann, an der Gondel montiert werden muß. Hierdurch wirkt die
Schraube nicht im Zentrum des Widerstandes, sondern weit unter demselben. Aber Parseval hat auch diesen Nachteil in genialer Weise
beseitigt, und zwar durch folgende Konstruktion. Die Gondel ist pendelnd aufgehängt
und die Schraube auf einem oben auf die Gondel montierten Gerüst aus Stahlrohren montiert.
Die Schraube ist nun so hoch zwischen der Gondel und dem Ballon gelagert, daß durch
die Wirkung der Schraube kein Kippmoment auf den Ballon ausgeübt wird, vielmehr wird
durch den Zug der Schraube nur der Schwerpunkt des ganzen Luftschiffes etwas nach
vorn verlegt, indem die Gondel etwas nach vorwärts schwingt. Damit die Gondel
parallel zum Ballon bleibt, sind nur die mittleren vertikalen Tragseile fest mit ihm
verbunden, die schräg von den Enden des Ballons zur Gondel geführten Tragseile sind
an der Gondel über Rollen (L1 bis L4)
geführt. Auch diese Einrichtung hat sich vorzüglich bewährt; dank derselben kann die
Gondel so tief aufgehängt werden, daß durch die von den Enden schräg geführten
Tragseile der Ballon selbst nicht wesentlich zusammengezogen wird. Dies läßt sich
auch bei einer nahe am Ballon aufgehängten Gondel erreichen, wenn dieselbe sehr lang
ausgeführt wird, wie bei den französichen Motorballons „Ville de Paris,“
„Clement Bayard“ usw. Diese lange Gondel ist aber schwerer, und auch teurer
in der Herstellung.
Textabbildung Bd. 324, S. 630
Gondel und Gerippe für die unstarre Schraube des „Parseval“ III.
In Fig. 8 ist das Gerippe der
Schraube allein gezeichnet, Streben für Schraubenflügel S4 sind aufgeklappt; S1
bis S4 Schraubenflügel, A1 Schraubenwelle mit Z1 Antriebsrad im Eingriff mit dem
eingekapselten konischen Zahnrad Z2 auf Welle A2, K1K2 Lager der Schraubenwelle
in den Lagerarmen D1, B1 Versteifung des Lagerarmes D1, H1H2 Öfen für Tragseile,
M1M2 Motore mit Kupplung und Getriebe K und Schwungrad I, T1T2 Auspufftöpfe, W1
dahinter W2 Kühler für die Motore, L1 bis L4 Seilrollen für die
Gondelaufhängung, R Benzinreservoir, U Strickleiter, um zu den Schrauben zu
gelangen, V Ventilator, angetrieben durch Riemen X1X2.
Etwa in der Mitte der Gondel ist der Motor montiert Der Motor, ein Vierzylinder Daimler, leistet etwa 100 PS und treibt mittels
konischer Zahnräder und einer vertikalen Uebertragungswelle die hinten über der
Gondel auf einem Stahlrohrgerüst gelagerte Schraube an. Während der Motor über 1000
Touren i.d. Minute macht, wird die Schraube bei normaler Fahrt mit etwa 300 Touren
angetrieben. Die größte Geschwindigkeit, die der Ballon bei seinen Fahrten bisher
erreichte, ist 14½ m in der Sekunde, was über 50 km in der Stunde ergibt. Der neue
„Parseval“ ist also erheblich schneller als der alte und auch schneller
als der deutsche Militärballon. Es scheint demnach, daß der Wirkungsgrad der
elastischen Schraube ein sehr guter ist, während die meisten Fachleute den
Wirkungsgrad richtig konstruierter fester Schrauben für besser halten. Die Schraube
hat vier Flügel, der Durchmesser beträgt 3,5 m. Die Schraube besteht aus einem
Nebengerüst aus Stahlrohr, an welchem die vier Flügel aus doppeltem über Stahlkabel
gezogenem Ballonstoff befestigt sind. Durch Querschienen aus Stahl ist jeder
Flügel beschwert und versteift. Im Zustande der Ruhe hängen die Flügel schlaff
herab, aber schon nach einer Umdrehung sind dieselben straff ausgebreitet. Der
schlaffe Zustand in der Ruhe verhindert eine Beschädigung bei stürmischer Landung,
auch nimmt diese Schraube verpackt nur wenig Raum ein.
Das zylinderförmige Benzinreservoir R faßt etwa 300 l
und ist hinten im Gondelgerüst montiert. Der durch Drahtsiebe geschützte Auspufftopf
ist unten seitlich in der Gondel neben dem Motor montiert.
Bemerkenswert ist noch die Ventileinrichtung des „Parseval I“. Das Gasventil
G wird selbsttätig dann geöffnet, wenn beide
Ballonets fast luftleer sind. Zu diesem Zwecke sind beide Ballonets durch ein Seil
verbunden, das über die Rollen E1
– E5 geführt ist, die
am Ballon im Innern befestigt sind. Die Rolle E3 ist am Gasventil befestigt, so daß sich das Seil
beim Spiel der Ballonets frei abrollen kann. Sobald aber beide Ballonets leer sind,
wird infolge der abgestimmten Länge des Seiles das Ventil G aufgezogen und bleibt solange offen, bis das Seil durch ein geringes
Aufblasen beider oder eines Ballonets wieder etwas gelockert ist. Dann drückt der
durch eine Feder unterstützte Gasdruck das Ventil G
wieder zu. Diese Ventileinrichtung rührt von den Fesselballons System Siegsfeld her.
Zum Landen ist der Ballon mit einem Schleppseil von etwa 150 m Länge und mehreren
Wurfleinen und Haltetauen ausgerüstet. Das Schleppseil wird erst kurz vor der
Landung ausgeworfen, die Haltetaue hängen frei herab.
Unter Berücksichtigung der Luftfüllung der Ballonets (schon bei der Abfahrt müssen
dieselben zum Zwecke der Höhensteuerung etwas gefüllt sein) dürfte der neue
„Parseval“ einen Auftrieb von etwa 3800 kg haben, wenn mit reinem
Wasserstoffgas gefüllt. Die Gewichte betragen etwa: Ballonhülle 750 kg, Halteseile
und Tragseile 100 kg, Schleppseil 100 kg, Gondel mit Motor, Schraube usw. 1300 kg,
Benzin, Wasser und Oel etwa 400 kg, Verschiedenes etwa 200 kg. Es verbleiben daher für die
mitfahrenden Personen und Ballast noch etwa 800 kg. Tatsächlich ist der Ballon schon
mit sechs Personen aufgestiegen, obwohl das Gas schon mehrere Wochen alt war, also
nicht mehr den vollen Auftrieb hatte. Nach mehreren Probefahrten wurde der
„Parseval II“ vom Staat für das Luftschiffer- Bataillon angekauft.
„Parseval III“, Modell
1909.
Dieser neueste „Parseval“
Fig. 4–8 unterscheidet sich
vom Modell 1908 außer durch den größeren Inhalt des Ballons durch die Anwendung von
zwei Schrauben, die an zwei Armen aus Stahlrohr zu beiden Seiten über der Gondel
montiert sind Fig.
6–8.
„Parseval III“ hat eine Länge von etwa 70 m bei einem Durchmesser der
Gashülle von 11 m. Der Inhalt beträgt etwa 5600 cbm. Die Gondel ist länger und
geräumiger als die beim „Parseval I“ und hat eine Länge von 7 m. Im hinteren
Teil derselben sind zwei Motore mit je sechs Zylindern eingebaut, die jeder 100 PS
leisten. Die Motore sind ebenso wie die Gondel bei der Neuen
Automobil-Gesellschaft gebaut. Das Benzinreservoir faßt über 500 l, was bei
voller Geschwindigkeit für eine achtstündige Fahrt ausreichen würde, in welcher Zeit
etwa 400 km zurückgelegt werden könnten, wenn kein Gegenwind zu überwinden ist. Die
Motoren sind mit Reibungskupplungen ausgerüstet, so daß beide Motoren gleichzeitig
oder nur einer die Schrauben antreiben kann. Diese haben natürlich entgegengesetze
Drehrichtung u. machen 250 Touren i.d. Min. Der Durchmesser der Schrauben beträgt 4
m. Die Motoren machen 1000 bis 1200 Touren. Die sechs Zylinder stehen in einer Reihe
und werden mit Wasser gekühlt; zwei Kühlapparate, die in spitzem Winkel aneinander
stoßen, sind hinten am Ende der Gondel montiert, vor den Kühlapparaten ist der
Ventilator für dieselben angebracht. Ueber den beiden Motoren ist der Ventilator für
die Ballonets montiert. Im vorderen Teil der Gondel sind die Steuerräder und
Seilzüge für die Luft- und Gasventile, wie alle für die Fahrt notwendigen Apparate
untergebracht. Dahinter ist ein freier Raum mit Sitzen für die Passagiere. Die
Gondel ist sehr bequem eingerichtet, da dieses Luftschiff auf der Frankfurter
Ausstellung für Luftschiffahrt in Betrieb genommen wird. Bei den Probefahrten hat
auch dieser „Parseval“ ausgezeichnet funktioniert und erreichte über 14 m
Geschwindigkeit i.d. Sekunde. Der „Parseval III“ ist in Bitterfeld
stationiert, wo in den Elektrochemischen Werken Elektron Wasserstoffgas als Nebenprodukt billig gewonnen wird. Neben
diesen Werken ist die Ballonhalle und die Werkstätten der Luftfahrzeug-Gesellschaft
errichtet, welche von der Motorluftschiffstudien-Gesellschaft in Reinickendorf die
Fabrikationsrechte für das System Parseval erworben
hat. Vor Kurzem wurde dort noch an einem kleineren Parseval-Ballon gearbeitet, dessen Hülle etwa 3200 cbm fassen wird. Die
Konstruktion ist die gleiche wie beim „Parseval II“.
Bekanntlich verlieren alle Ballons durch Diffusion Gas. Dieser Verlust beträgt in 24
Stunden etwa 8 bis 15 l Gas für das Quadratmeter Stoffläche der Ballonhülle. Bei
wechselnder Temperatur kann der Verlust aber stärker sein, noch störender aber ist
der Umstand, daß durch Diffusion auch Luft in den Ballon gelangt und das Gas
verschlechtert. Das Eindringen von Luft findet namentlich dann statt, wenn der Gas
im Ballon keinen Ueberdruck hat. Nun sinkt während der Nacht die Temperatur in der
Ballonhalle, und dementsprechend wird das Gasvolumen geringer. Um nun bei dem neuen
„Parseval“ eine Verschlechterung der Gasfüllung möglichst zu verhindern,
hat man in Bitterfeld folgende Einrichtung getroffen. Sobald der Motorballon von
einer Fahrt zurückgekommen ist, wird eine Füllöffnung mittels eines Schlauches mit
einem kleineren Ballon verbunden in dem sich das Gas unter einem etwas höheren Druck
befindet als im Motorballon. Der Druck in diesem Hülfsballon kann dadurch konstant
gehalten werden, daß er mittels eines Netzes und Ballastsäcken beschwert wird.
Verliert der Motorballon Gas oder wird durch Abkühlung das Gasvolumen geringer, so
strömt eine entsprechende Gasmenge aus dem Hilfsballon in den Motorballon und dieser
behält stets seine pralle Form, und Luft kann nicht eintreten. Dieser Hilfsballon
hat den Namen Ballon-Amme erhalten, da er den Motorballon
gewissermaßen säugt.
Die Rheinisch-Westfälische Motorluftschiff-Gesellschaft
in Elberfeld, eine Gründung des Luftschiffers Erbslöh,
hat einen Motorballon im Bau, der sich in seiner Konstruktion an das System Parseval etwas anlehnt. Auch bei diesem Ballon findet
die Höhensteuerung durch Veränderung des Schwerpunktes statt, jedoch wird statt Luft
nach einem Vorschlage von Pittlers Flüssigkeit benutzt.
Zu diesem Zwecke ist mit dem Motor eine kleine rotierende Pumpe gekuppelt, die nach
Belieben des Führers Wasser oder andere Flüssigkeiten aus einem Reservoir in ein
anderes pumpen kann, und zwar ist das eine Reservoir vorn unter dem Ballon, das
andere hinten angeordnet. Die Konstruktion der Ballonhülle und der Gondel dieses
Luftschiffes hat viel Aehnlichkeit mit dem „Clement-Bayard.“
(Fortsetzung folgt.)