Titel: | Polytechnische Rundschau. |
Fundstelle: | Band 324, Jahrgang 1909, S. 686 |
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Polytechnische Rundschau.
Polytechnische Rundschau.
Ein neues Verfahren, Hartgußräder herzustellen.
Textabbildung Bd. 324, S. 686
Fig. 1.
Textabbildung Bd. 324, S. 686
Fig. 2.
Sehr wenige nach dem gewöhnlichen Schalengußverfahren hergestellte Räder haben eine
gleichmäßige Dicke der harten Schicht an ihrer Lauffläche. Gewöhnlich ist an einer
Seite die harte Schicht bedeutend dünner, besonders in der Hohlkehle des
Radflansches, weshalb bei vielen Rädern gerade der Flansch bricht. Auch liefern die
jetzigen Prozesse keine genau runden Räder, so daß dieselben nach dem Aufpressen auf
die Achsen event. geschliffen werden müssen, was wieder eine nicht gleichförmig
harte Oberfläche zur Folge hat. Diese Uebelstände sollen durch den Prozeß von
Thomas D. West vermieden werden werden, nach
welchem die Standard Car Wheel Co. in Ohio Hartgußräder
herstellt. West will dadurch eine gleichmäßige Dicke
der harten Schicht erzielen, daß er das Rad nach dem Guß zentral in der Form hält,
so daß beim Zusammenziehen des Rades beim Erkalten sich der ganze Umfang des Rades
gleichzeitig von der Schalenform entfernt; die Länge der Berührung von Gußstück mit
Schalenform bestimmt nämlich die Dicke der harten Schicht.
Fig. 1 zeigt den Formkasten unmittelbar nach dem
Gusse, Fig. 2 den Zustand nach 7 Minuten. Der Teil
p der Schalenform ist genügend schwer und sinkt
nach Lösen der Keile r, so schnell es die sich
zusammenziehende Kruste des Rades erlaubt, herunter. Das langsam erkaltende Rad soll so
gezwungen werden, die obere Schalenform k gleichmäßig
zu verlassen.
Die Kosten des Formens und Gießens nach dem neuen Verfahren sind nur um ein geringes
höher als früher; der Formkasten dagegen teuerer; doch würde das bessere Produkt
diese Nachteile wohl aufwiegen. (The Jron Age, 5. August 1909. S. 390 u. 391).
Renold.
7400 PS Zoelly-Schiffsturbine.
Von der Firma Schneider & Co. in Creusot wurde für
ein großes Kriegsschiff eine Dampfturbinenanlage nach dem System Zoelly gebaut. Das Schiff besitzt vier Wellen; auf
jeder derselben ist ein Turbinenaggregat, bestehend aus Hochdruck-, Mitteldruck und
Niederdruckturbine, ferner einer Turbine für Rückwärtsgang, angeordnet. Jedes
Aggregat liefert bei voller Belastung 7400 PS; die Gesamtleistung der Anlage beträgt
also 29600 PS. Der Hochdruckteil eines jeden Aggregats besteht aus 10 Druckstufen
mit je zwei Geschwindigkeitstufen wie bei Curtis-Turbinen. Der mittlere Laufraddurchmesser des Hochdruckteiles beträgt
2080 mm, des Mitteldruckteiles 2380 mm. Hier sind 7 Druckstufen mit je 2
Geschwindigkeitsstufen angeordnet. Der Niederdruckteil und die Rückwärtsturbine
befinden sich in einem besonderen Gehäuse, welches von dem Gehäuse für den Hoch- und
Niederdruckteil durch ein Kammlager für die Welle getrennt und durch ein Uformig gebogenes Rohr mit letzterem Gehäuse verbunden
ist. Die Laufschaufeln des Niederdruckteiles sind auf einer Trommel befestigt
anstatt auf Scheiben; hier ist der ganze Umfang der Schaufelkränze beaufschlagt.
Trotz des großen Spielraumes, welcher bei dieser Anordnung für den durchtretenden
Dampf entsteht, wird der Dampfverlust nicht bedeutend sein wegen des großen
Dampfvolumens im Niederdruckteil und der großen Länge der Schaufeln. Die
Rückwärtsturbine, welche im gleichen Gehäuse wie die Niederdruckturbine und hinter
derselben sitzt, hat fünf Druckstufen mit je zwei Geschwindigkeitstufen und
darauffolgend 14 einfache Druckstufen. Das Gesamtgewicht des rotierenden Teiles
eines Aggregats beträgt 31 t, dasjenige einer ganzen Turbine 130 t.
Nachstehend sind die Hauptabmessungen und wichtigsten Angaben für die Maschinen
zusammengestellt. Die Zahlen für eine weitere Zoelly-Schiffsturbine, welche für einen Torpedobootzerstörer gebaut wurde,
sind nach Angaben der Firma Schneider & Co.
beigefügt.
Anfangsdruck kg/qcm
9,5
9,5
Umdrehungen i.d. Min.
300
700
Größter Durchmesser der Hochdruckräder mm
2450
1700
Größter Durchmesser der Mittel- u. Niederdruckräder mm
2620
1700
Länge des Hoch- und Mitteldruckteiles mm
3840
1700
Länge der Niederdruck- und Rückwärtsturbine mm
4000
1700
Gesamtlänge mm
12000
6000
Größter Durchmesser mm
3900
2400
Höhe über Flur mm
3600
2100
Gesamtgewicht t
130
30
Leistung PS
7400
7000
Garantierter Dampfverbrauch bei Vollast kg pro PS u.
St.
13,2
12,2
Engineering 1909. Bd. II. S. 213.
M.
Die Messung von Wassergeschwindigkeiten mit der Pitotschen Röhre.
Die im Jahre 1730 von Pitot zum ersten Male angewendete
Pitotsche Röhre besteht in ihrer einfachsten, in
Fig. 1
dargestellten Form aus einem rechtwinklig gebogenen Rohr, das mit dem einen Schenkel
wagerecht mit der Oeffnung gegen den Strom eines freifließenden Wasserlaufes, mit
dem anderen Schenkel senkrecht aus dem Wasser gehalten wird. Der Druck des
strömenden Wassers bewirkt eine Erhöhung des Spiegels in dem senkrechten
Schenkel:
h=\zeta\,\frac{v^2}{2\,g}
wobei ζ von der Form der Düse abhängt, für normale Düsen aber
= 1 ist. Für genaue Untersuchungen muß aber jede Düse in fließendem Wasser geeicht
werden. Um mit Hilfe einer solchen Düse den Druck und die Geschwindigkeit des
Wassers in einer Rohrleitung zu messen, z.B. der Druckleitung einer Pumpe, führt man
die einfache, zur Messung der Geschwindigkeit dienende Düse in eine zweite größere
ein und hält das ganze genau in die Stromrichtung ein. Die größere Düse ist, wie
Fig. 2 zeigt, am
Anfange mit feinen Löchern versehen und ebenso wie die innere Düse an ein Steigrohr
angeschlossen, wo man die Erhöhungen der Wasserspiegel ablesen kann. Man erhält dann
an dem Steigrohr der inneren Düse
Textabbildung Bd. 324, S. 687
h_1=p+\frac{v^2}{2\,g}
und an demjenigen der äußeren Düse
h
2
= p,
woraus sich ergibt:
v=\sqrt{2\,g\,(h_1-h_2)}
Da sich die Ablesungen an den Steigrohren einer solchen Doppeldüse namentlich bei
offenen Wasserläufen und geringen Geschwindigkeiten oft sehr mühsam gestalten,
verbindet man die oberen Enden der Rohre mit einer Luftpumpe und saugt damit die
beiden Wassersäulen gleichmäßig so hoch, daß sie in bequeme Augenhöhe gelangen. Ein
weiterer Uebelstand der Anwendung dieses Meßgerätes in offenen Gerinnen besteht noch
darin, daß bei geringen Wassergeschwindigkeiten der Unterschied h1 – h2 so klein wird, daß
keine hinreichend genaue Ablesung gemacht werden kann. Um diesen Unterschied zu
vergrößern, füllt man in die oberen Teile der Standrohre eine Flüssigkeit, welche
wesentlich leichter ist als Wasser, z.B. eine Mischung von Petroleum und Oel. Damit
kann eine etwa zehnfache Vergrößerung des Ausschlages erreicht werden. Allerdings
erfordert die Anwendung einer solchen Flüssigkeit eine besondere Ausbildung des auf
die Standrohre aufgesetzten Hebers, durch die verhindert wird, daß am Schluß der
Messung die Flüssigkeit verloren geht. (Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure
1909, S. 989 bis 993.)
H.
Versuchsanstalt für Wasserkraftmaschinen an der Technischen
Hochschule in Berlin.
Die unter der Leitung von Prof. E. Reichel stehende
Versuchsanstalt ist auf der unfern der Hochschule gelegenen Schleuseninsel im
Tiergarten errichtet, wo neben der Schleuse im Landwehrkanal ein Freigerinne mit
einem mittleren Gefälle von 1,56 m und eine Wassermenge von 2,5 cbm in der Sekunde,
also eine billige Betriebskraft zur Verfügung steht, welches zu dem
Wasserverhältnisse darbietet, wie sie den Aufgaben der Praxis meistens entsprechen.
Das Gebäude, welches in das Freigerinne so vorgeschoben ist, daß unter ihm der
Zuflußkanal durchgeführt werden konnte, besteht im wesentlichen aus der Versuchs-
und Maschinenhalle, welche im äußeren Mauerwerk 21,02 m lang und 13,52 m breit ist.
Die verfügbare Wasserkraft von etwa 40 PS wird in einer Turbine mit senkrechter
Welle ausgenutzt, von welcher eine Pumpe angetrieben wird. Diese speist ein
hochgelegenes Gerinne am obersten Teile der Nordwand des Gebäudes, aus welchem das
Wasser wieder zu einer Turbine mit wagerechter Welle gelangt. Diese fördert das
Wasser mit Hilfe einer Pumpe im Kreislauf wieder in das Hochgerinne. Damit die große
Turbine auch für eigene Versuche benutzt werden kann, kann die Pumpe auch durch
einen aus dem städtischen Leitungsnetz gespeisten Elektromotor angetrieben werden.
Zur Speisung einer Hochdruckturbine ist ferner ein Windkessel vorhanden. Kothe (Zentralblatt d. Bauverwaltung 1909, S. 425 bis
426).
H.
Verarbeitung von Pyritrückständen im elektrischen Ofen.
Bei der Schwefelsäurefabrikation Italiens hinterbleiben jährlich nach E.F. Carcano 2–300000 t Pyritabbrände, die 46–57 v.H.
Eisen neben etwa 2 v.H. Schwefel enthalten. Carcano hat
aus diesen bisher ungenutzten Rückständen im elektrischen Ofen metallisches
Eisen gewonnen. Hohe Temperatur und viel Kalk als Zuschlag genügen noch nicht, um
den Schwefel auszutreiben; sondern die Zusammensetzung der Schlacke muß für jedes
Erz besonders ausgeprobt werden.
Das gewonnene Roheisen enthielt 0,04–0,06 v.H. Schwefel, 0,07 v.H. Phosphor, 2–3 v.H.
Mangan und 2–4 v.H. Silizium. In anderen Versuchsreihen wurde Eisen für
Stahlfabrikation mit etwa 6 v.H. Silizium, Spiegeleisen mit 11 v.H. Mangan und 3
v.H. Silizium, Silicospiegeleisen mit 14 v.H. Mangan und 9 v.H. Silizium
erhalten.
Die Gewinnung von 11 Eisen erforderte 2200 KW/St. (kosten 16 M.), 450 kg Koks,
kleinstückig und Pulver (7 M.), 22 kg Elektrodenmaterial (6 M.) und Arbeitslohn im
Betrage von 4½ M. Die nötigen 2000 kg Pyritabbrände werden zu 8 M., der Zuschlag zu
3 M. und die Instandhaltungskosten zu 3½ M. berechnet, so daß im ganzen 1 t Eisen
auf 48 M. zu stehen kommt. Unter den besonderen Verhältnissen der Lombardei würde
die Verarbeitung im Hochofen fast 60 M. kosten, ungerechnet die dann nötige
Aufbereitung des Rohmaterials.
In einem gasdicht abgeschlossenen Versuchsofen waren die Ergebnisse noch günstiger,
insbesondere der Elektrodenverbrauch nur halb so groß. [Electrochemical and
Metallurgical Industry 1909, S. 155.]
A.