Titel: | Fortschritte und Neuerungen im Kran- und Windenbau. |
Autor: | K. Drews |
Fundstelle: | Band 324, Jahrgang 1909, S. 689 |
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Fortschritte und Neuerungen im Kran- und
Windenbau.
Von K. Drews, Oberlehrer an der Kgl.
höheren Maschinenbauschule in Posen.
(Fortsetzung von S. 675 d. Bd.)
Fortschritte und Neuerungen im Kran- und Windenbau.
Ebenso wie man den Arbeitsbereich des Laufkranes durch Auslegerkonstruktionen
erweiterte, hat man dies auch bei dem Wandkran getan, indem man diesen fahrbar
machte. Zunächst sah man von einer Drehbewegung des Auslegers ab. Ein solcher
fahrbarer Konsolkran von Bechern & Keetman, meines
Wissens der erste dieser Art, ist schon in D. P. J. 1908, S. 66, Fig. 14,
dargestellt worden.
Eine bemerkenswerte Erweiterung des Arbeitsfeldes von Konsolkranen findet man in der
neuen Eisenkonstruktionswerkstätte der Maschinenfabrik
Augsburg-Nürnberg, Zweiganstalt Gustavsburg bei Mainz. Die Halle hat eine
Länge von 138 m und eine Breite von 75 m; sie ist in 3 Längsschiffe geteilt, von
denen das mittlere 30 m, die Seitenschiffe je 22,5 m breit sind. Jedes Schiff wird
durch 1 Laufkran und 2 fahrbare, Konsolkrane bedient; der Laufkran im Mittelschiff
hat eine Tragfähigkeit von 15 t bei 27,5 m Spannweite, die beiden anderen 10 t bei
21 m Spannweite. Die Fahrgeschwindigkeit beträgt bei sämtlichen Kranen 100 m i.d.
Min.
Die beiden Trennwände der Halle sind nun nicht bis an die Stirnwände geführt, sondern
lassen hier einen etwa 8 m breiten Durchgang für die Konsolkrane an den Außenwänden
frei, deren Fahrbahnen an den Stirnwänden weitergeführt sind und somit eine
geschlossene Bahn rings um die Halle bilden. Den Uebergang von den Seiten- in die
Stirnwände vermitteln Kurvenstücke. Die beiden äußeren Konsolkrane können also
Stücke aus den Seitenschiffen in das Mittelschiff und umgekehrt bringen.
Textabbildung Bd. 324, S. 689
Fig. 5. Fahrbarer elektrischer Wandkran der Maschinenfabrik
Augsburg-Nürnberg.
Fig. 5 zeigt einen dieser Krane für 5 t Tragkraft.
Die Vertikalkräfte werden durch 4 Laufräder b in 2
Drehgestellen auf die Fahrschiene übertragen. Das Kippmoment wird von der
Wandkonstruktion durch Vermittlung der 4 Führungsrollen a aufgenommen. Auf dem Ausleger läuft eine Katze, die indes nur den
Fahrantrieb und Leitrollen für die zweirollige Unterflasche trägt. Der
Katzefahrmotor i überträgt sein Drehmoment nicht wie
üblich auf die Radachsen, sondern durch das Trieb k auf
eine Zahnstange l. Die Hubwinde befindet sich auf dem
Krangerüst; c ist der Hubmotor (10,6 PS bei n = 1050), d die
Seiltrommel. Die Last wird durch eine elektromagnetische Backenbremse auf der
Motorwelle gehalten. Die Regelung der Senkgeschwindigkeit geschieht durch
Senkbremsschaltung des Motors, e ist der Kranfahrmotor
(23 PS bei n = 670); er treibt mittels eines
Stirnradvorgeleges zunächst eine horizontale Welle an, von der nach beiden Seiten
mittels Kegelräder die senkrechten Wellen m der unteren
Führungsrollen angetrieben werden, die wiederum mittels Stirnräder die Wellen n der oberen Rollen a
antreiben. Da die oberen und unteren Führungsschienen nicht senkrecht übereinander
liegen, so würden beim Durchfahren der Kuryen die Rollen teilweise gleiten, wenn die
Wellen eines Rollenpaares sich nicht unabhängig von einer anderen drehen können.
Hier ist nun in sehr interessanter Weise durch Planetenräder ein Ausgleich dahin
geschaffen worden, daß die unteren Führungsrollen entsprechend ihrem größeren Weg in den
Kurven sich schneller drehen als die oberen. Die Wellen m bestehen aus 2 Teilen, an deren Enden die Kegelräder h aufgekeilt sind. Das große Kegelrad g läuft lose auf m.
Textabbildung Bd. 324, S. 690
Elektrischer fahrbarer Wanddrehkran der Benrather Maschinenfabrik.
Textabbildung Bd. 324, S. 690
Fig. 9. Elektrische Laufwinde mit Anhänger der Benrather
Maschinenfabrik.
Einer seiner Arme ist als Zapfen ausgebildet, auf dem lose ein
anderes Kegelrad, das Planetenrad (in der Zeichnung nicht angegeben), sitzt, das mit
den beiden Rädern h zugleich im Eingriff ist. Das
Drehmoment wird also von dem Rade g nicht unmittelbar,
sondern durch Vermittlung jenes mit ihm verbundenen Kegelrades auf die senkrechten
Wellen übertragen. Auf gerader Strecke läuft dieses nun mit dem Rade g herum, ohne sich selbst um seine Achse zu drehen; es
spielt sozusagen die Rolle eines Mitnehmers. In den Kurven dagegen tritt infolge des
größeren Gleitwiderstandes der unteren Rollen an den unteren Kegelrädern h auch ein größerer Zahndruck auf als an den
oberen. Auf das Planetenrad wirkt mithin jetzt ein Drehmoment und zwar in dem Sinne,
daß sich die Wirkungen seiner Drehung um 2 Achsen oben subtrahieren, unten addieren.
Die unteren Rollen drehen sich daher, wie verlangt, in den Kurven schneller als die
oberen. Ein ähnliches Getriebe findet man in D. P. J. 1908, S. 772. Zum schnellen
Anhalten befindet sich auf der horizontalen Vorgelegewelle eine durch einen Fußtritt
im Führerstande betätigte Backenbremse.
Den Verkehr zwischen zwei nebeneinander liegenden Räumen kann man auch dadurch
vermitteln, daß man den Ausleger des fahrbaren Wandkranes drehbar macht und ihn
unter der Fahrbahn weg in den Nebenraum reichen läßt. Einen solchen fahrbaren
Wanddrehkran der Benrather Maschinenfabrik für ihre
eigene Werkstätte zeigen die Fig. 6–8.
Das Kippmoment wird durch die Frühungsrollen a auf die
Wandkonstruktion übertragen. Das Hubseil ist durch die durchbohrte Königssäule zur
Trommel geführt. Das ganze Triebwerk ist auf dem Radkasten untergebracht, b ist der Hubmotor, c der
Schwenkmotor und d der Fahrmotor. Die Hubwerksbremse
ist eine durch den Lüftungsmagneten h betätigte
Bandbremse auf der Vorgelegewelle des Motors. Zum Senken der Last wird sie von Hand
mittels des Hebels e gelüftet. Auch für die Dreh- und
Fahrbewegung sind Bremsen vorgesehen, die durch Fußtritte im Führerstande F, f für die Drehwerks-, g
für die Fahrwerksbremse, angezogen werden.
Textabbildung Bd. 324, S. 690
Fig. 10. Laufkran als Schiebebühne für eine Motorlaufwinde der Benrather
Maschinenfabrik.
Anstatt von festen Wanddrehkranen kann hier der Konstruktionsgedanke auch von den auf
Flur laufenden Einschienen-(alias Velociped-)kranen ausgegangen sein; denn Fig. 6–8 sind identisch mit
einem solchen Kran, dessen Ausleger nach unten verlegt worden ist. Das Ziel wäre hier auch wieder
gewesen, die Bodenfläche der Werkstätte frei von Kranfahrschienen zu halten.
Gute Fortschritte sind auch in der Verwendung von selbständigen Motorlaufwinden mit
oder ohne Führerbegleitung zu verzeichnen. Die außerordentlichen Vorteile, die
dieses moderne Transportmittel infolge seiner großen Anpassungsfähigkeit an die
verschiedensten Raumverhältnisse bietet, können allerdings erst bei Neuanlagen mit
planmäßig festgelegten Transportwegen voll zur Geltung kommen.
Fig. 9 zeigt eine Motorlaufwinde mit Führerhaus und
Anhänger der Benrather Maschinenfabrik für die
Friedrich-Wilhelm-Hütte in Mühlheim a.d. Ruhr zur Kupolofenbegichtung. Nur die
Führerlautkatze besitzt einen Fahrantrieb, der Anhänger ist nur mit einer Hubwinde
versehen. Um auch scharfe Kurven durchfahren zu können, sind die Laufwinden mit
Drehgestellen versehen, indem die Laufrollenbügel drehbar an dem Rahmen befestigt
sind. Die unter dem Rahmen angebrachten Flacheisenbügel dienen als Führung für die
Hakentraverse und sollen das seitliche Pendeln des Kübels namentlich beim
Durchfahren der Kurven verhindern. Der Hubmotor ist mittels Flansches gegen die
Stirnwand des Schneckenkastens geschraubt, an dessen linker Stirnwand man das
Gehäuse für die Drucklagerbremse bemerkt. Die Tragkraft dieser Laufwinden beträgt
1200 kg.
Fig. 10 zeigt ferner eine beachtenswerte Anordnung,
die bei uns bisher noch wenig, in Amerika jedoch in umfangreicherem Maße Verwendung
gefunden hat. Die gestellte Aufgabe ist folgende: das Material soll vom Lagerplatz
mittels Motorlaufwinde auf den festen Fahrbahnen A und
B nach seinem Bestimmungsort geschafft werden,
dabei soll der Lasthaken den ganzen Lagerplatz bestreichen können. Wie die Figur
zeigt, vermittelt ein Laufkran den Verkehr zwischen Lagerplatz und den Fahrbahnen
A und B oder auch
zwischen den beiden letzteren. Der Laufkran hat hier neben seiner gewöhnlichen
Aufgabe noch die einer Schiebebühne zu erfüllen.
Auch elektrische FlaschenzügeD. P. J. 1906, S.
225. haben in neuerer Zeit bei uns mehr Eingang gefunden.
Fig. 11 stellt einen elektrischen Flaschenzug von Alfred Gese in Bremen dar. Das Stahlgußgehäuse des
Motors ist so ausgebildet, daß es das Schneckengetriebe und die Kettennuß aufnehmen
kann. Wie die Abbildung zeigt, ist zwischen Motor und Schnecke ein
Stirnrädervorgelege eingefügt. Richtiger wäre es ja, dies Vorgelege auf der
Lastseite anstatt auf der Motorseite anzuordnen, zumal der Motor in Hinsicht auf
möglichst geringes Eigengewicht eine hohe Umlaufzahl besitzen dürfte. Der
Konstrukteur hat aber mit Recht hier das theoretisch Richtige dem praktisch Besseren
zum Opfer gebracht; denn bei der vorliegenden Anordnung des Getriebes erhält man
einen sehr gedrängten Bau. Als Bremse dient eine Lastdruckbremse auf der
Schneckenwelle. Um den Nachlauf jedoch möglichst abzukürzen, besitzt der
Umkehranlasser nach beiden Seiten je eine Bremsstellung, in der der Motoranker
kurgeschlossen wird. Der Umkehranlasser ist besonders kräftig ausgeführt, so daß er
auch eine rohe Behandlung verträgt; er wird von unten durch ein Steuerseil betätigt
und geht beim Loslassen des letzteren über die Bremsstellung von selbst in die
Nullstellung. Er dient zugleich als Gegengewicht für den Motor.
Die untere Fläche der Flaschenzüge ist eben, man kann sie also bei etwaigen
Reparaturen bequem auf eine ebene Unterlage setzen. Die Bauhöhe der
Flaschenzüge ist nach Angabe der Firma nicht größer als die der
Schraubenflaschenzüge für Handbetrieb. Die Preisliste weist Nummern von 1000 bis
20000 kg Tragkraft auf. Die Hubgeschwindigkeiten bei der Höchstlast können natürlich
nur verhältnismäßig kleine sein, 3 bis 1 m in der Minute; der leere Haken und
kleinere Lasten werden mit entsprechend größerer Geschwindigkeit gehoben.
Solche Flaschenzüge werden sich in vielen Fällen als recht nützlich erweisen,
namentlich dort, wo nur Hebezeuge für Handantrieb vorhanden sind, die man der hohen
Anschaffungskosten wegen oder aus anderen Gründen nicht durch elektrisch betriebene
ersetzen kann. Indem man einen elektrischen Flaschenzug in den Haken eines
Laufkranes, eines Drehkranes und dergl. einhängt, kann man die Leistungsfähigkeit
des betr. Hebezeuges, ohne allzu großen Kostenaufwand ganz beträchtlich steigern und
kann an Arbeitskräften sparen. Selbstverständlich muß elektrische Energie zur
Verfügung stehen.
Textabbildung Bd. 324, S. 691
Fig. 11. Elektrischer Flaschenzug von Gese; Vorderansicht; Rückansicht.
Auch in Eisenbahnreparaturwerkstätten setzt sich der elektrische Antrieb von
Hebezeugen immer mehr durch. Wo der vorhandene Raum es nicht gestattet, schwere
Laufkrane zum Abheben ganzer LokomotivenD. P.
J. 1908, S. 51. von ihren Achsen zu verwenden, findet man doch
sehr häufig elektrisch betriebene Hebeböcke.
Eine solche neuere Vorrichtung von Schmidt, Kranz und
Co. in Nordhausen für die Werkstätte der elektrischen Vorortbahn
Blankenese-OhlsdorfZ.d.V.d.I. 1908, S.
1682. besteht aus 8 Hebeböcken und dient zum Abheben der langen
Triebwagen von ihren Drehgestellen. Die Hebeböcke sind durch Wellen miteinander
gekuppelt und werden gemeinsam von einem Elektromotor angetrieben; das Abheben
beansprucht etwa 5 Minuten.
Für den Transport auf Fabrikhöfen kommen fahrbare Drehkrane, fahrbare Bock- oder
Portallaufkrane oder noch besser schnellfahrende Laufkrane auf hochliegender
Fahrbahn in Betracht. Nicht immer ist jedoch
der Platz für letztere oder für Schienen in Flurhöhe vorhanden. In solchen
Fällen können Mastenkrane mit veränderlicher Ausladung sehr gute Dienste
leisten.
Textabbildung Bd. 324, S. 692
Fig. 12. Führerstand mit den Windwerken eines elektrischen Mastenkranes der
Benrather Maschinenfabrik.
Eine derartige Mastenkrananlage der Benrather
Maschinenfabrik befindet sich u.a. auf dem ausgedehnten Fabrikhof der B.A.M.A.G. in Berlin, Huttenstr.Z.d.V.d.I. 1906, S. 1462 u.f. Dort
beherrschen 4 Mastenkrane von je 5 t Tragkraft und 22,5 m größter Ausladung den
ganzen Fabrikhof. Die Hub- und Einziehwinden befinden sich nicht an den einzelnen
Kranen selbst, sondern von je 2 Kranen sind sie an einem festen Punkt zwischen ihnen
vereinigt, so daß sie von nur einem Arbeiter bedient werden können. Eine ähnliche
Anlage ist von derselben Firma für die Ungarische Waggonfabrik in Raab geliefert
worden. Die dortigen beiden Krane haben eine Tragkraft von 1500 kg; ihre größte
Ausladung beträgst 30 m. Der Mast nebst Ausleger kann sich in einem vollen Kreise um
seine Achse drehen. Das Kippmoment wird durch ein Fußlager auf das Fundament und
durch ein Lager an der Mastspitze auf die an geeigneten Stellen verankerten
Spannseile übertragen; außerdem sind noch beide Krane unter sich durch ein Spannseil
verbunden. Fig. 12 zeigt den unteren Teil eines der
Krane mit der Hubwinde, der Einziehwinde für den Ausleger und dem Drehwerk. Das
gesamte Triebwerk ist auf einer mit dem drehbaren Mast vernieteten Plattform
untergebracht, die auch den Führerstand mit den Steuerapparaten aufnimmt. Wie Fig. 12 deutlich zeigt, geht das Hubseil durch den
Ausleger zu dessen Schnabelrolle, während das Einziehseil durch den Mast über eine
Rolle an dessen Spitze zu dem Auslegerkopf geführt ist. Für jede der drei Bewegungen
ist ein besonderer Motor vorgesehen. Das Schwenken wird durch einen festen Zahnkranz
und ein bewegliches Trieb bewirkt
(Fortsetzung folgt.)