Titel: | Fortschritte und Neuerungen im Kran- und Windenbau. |
Autor: | K. Drews |
Fundstelle: | Band 324, Jahrgang 1909, S. 721 |
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Fortschritte und Neuerungen im Kran- und
Windenbau.
Von K. Drews, Oberlehrer an der Kgl.
höheren Maschinenbauschule in Posen.
(Fortsetzung von S. 707 d. Bd.)
Fortschritte und Neuerungen im Kran- und Windenbau.
Hebe- und Transportvorrichtungen
für Eisenhütten- und Stahlwerke.
HochofenbegichtungD. P. J. 1908, S. 168 und S.
580..
Die selbsttätige Belichtung der Hochöfen ist heute wenigstens bei allen Neuanlagen
zur Regel geworden. Dies war indes bisher nur bei dem Gichtverschluß mittels Parryschen Trichters (D. P. J. 1908, S. 169, Fig. 44
und S. 170, Fig. 46) möglich gewesen. Nun bevorzugen aber viele Hochöfner die andere
Art des Gichtverschlusses, nämlich die Langensche
Glocke mit zentraler Gasabführung wegen der besseren
Verteilung des Möllers im Hochofenschacht.
Textabbildung Bd. 324, S. 721
Fig. 21. Langensche Glocke mit Erzverteiler der Hüttenbaugesellschaft in
Düsseldorf.
Die Aufgabe, Langensche Glocke mit selbsttätiger
Beschickung zu vereinigen, ist durch das Begichtungssystem Tümmler-Neumark gelöst worden.
Zum besseren Verständnis derjenigen Leser dieser Zeitschrift, die mit dem
Hochofenbetrieb nicht vertraut sind, ist in Fig. 21
eine Langensche Glocke in einfacher Ausführung
dargestellt, a ist das Gasabzugsrohr, b der Aufgabetrichter, c
die Verschlußglocke; der sogenannte Erzverteiler d ist
neueren Ursprungs, auf ihn soll erst später eingegangen werden. An dem Gasrohr a ist ein Blechkasten e,
die Wassertasse befestigt. In die Wassertasse taucht in der dargestellten Weise die
Verschlußglocke, unten setzt diese auf den Aufgabetrichter auf und verhindert
somit die Gichtgase am Entweichen. Beim Gichten wird die Glocke c hochgezogen, worauf das Material aus dem
Aufgabetrichter in den Ofen rutscht.
Für selbsttätige Begichtung können nur Kippgefäße nach D. P. J. 1908, S. 170 nicht
aber Aufsetzkübel nach D. P. J. 1908, S. 178 in Frage kommen; dann muß aber auch der
Aufgabetrichter beim Füllen gedreht werden.
Textabbildung Bd. 324, S. 721
Fig. 22. Langensche Glocke mit doppeltem Gichtverschluß und selbsttätiger
Beschickung, System Tümmler-Neumark.
Fig. 22 zeigt nun eine Langensche Glocke mit selbsttätiger Begichtung nach Tümmler-Neumark, wie sie die Benrather Maschinenfabrik schon mehrfach ausgeführt hat, unter anderem für
das neue Hochofenwerk Lübeck, D. P. J. 1909, S. 460. Das Wesentlichste an der
Neukonstruktion ist die Drehbarkeit des Aufgabetrichters und eine zweite
Verschlußglocke. Der Aufgab etrichter c ruht drehbar
auf einem Rollenkranz. Das Drehen wird mittels des am Trichter befestigten
Seilrillenkranzes d und entsprechender Leitrollen i vom Maschinenhaus bewirkt; l ist eine Nachspannvorrichtung. Unten taucht der Trichter mit einem
zylindrischen Ansatz in eine Wassertasse ein. b ist die
äußere Verschlußglocke; sie taucht ebenso wie bei der einfachen Langenschen Glocke, Fig.
21, oben in die Wassertasse g ein, während
sie unten auf den Trichter aufsetzt. Die eigentliche Abdichtung
bewirkt hier indes der Stahlgußring f, der mit
einer Asbestpackung versehen ist. Die innere Verschlußglocke m taucht in eine am Gasrohr befestigte Wassertasse.
Textabbildung Bd. 324, S. 722
Fig. 22a. Förderkübel in Kippstellung auf der Gichtbühne.
Ist der Aufgabetrichter gefüllt und soll chargiert werden, so wird die
Gichtglockenwinde h angelassen. Die Tasse g geht nach oben und nimmt zunächst nach einem gewissen
toten Gang mittels der in Fig. 22 sichtbaren Ansätze
den Dichtungsring f mit, bis sich dessen
Dichtungsflächen innerhalb des unteren Ansatzes der Verschlußglocke b befindet, um die Asbestpackung vor Beschädigung durch
den herunter rutschenden Möller zu schützen. Erst dann faßt der obere Rand der Tasse
g die Verschlußglocke b und nimmt sie mit. Da diese mit dem Huborgan nicht fest verbunden ist,
so kann sie auch an der Drehbewegung des Trichters c
ungehindert teilnehmen.
Bei der einfachen Langenschen Glocke nach Fig. 21 konnten die Gase beim Chargieren durch den
Aufgabetrichter nach außen entweichen. Dies wird bei der Tümmler-Neumarkschen Konstruktion durch den Verschlußdeckel a verhindert. Dieser hängt mittels Spannstangen an
einem zweiten Balancier; unten taucht er in die Wassertasse e am oberen Rande des Aufgabetrichters ein. Wird die Verschlußglocke b zum Chargieren hochgezogen, so legt sich deren oberer
Rand gegen den ausgekragten Verschlußdeckel; das Innere des Ofens ist also auch bei
angehobener Glocke nach außen genügend abgedichtet.
Die selbsttätige Begichtung geschieht mittels Schrägaufzuges und Kippgefäßen. Das
Kippen geschieht jedoch in anderer Weise als in der früher in D. P. J. 1908, S. 170,
Fig. 46 dargestellten. Der Förderwagen ist hier an seinem oberen Ende als wagerechte
Platte ausgebildet, auf der in Zapfen drehbar eine Schale ruht. Auf dieser Schale
steht der mit Rädern versehene Förderkübel und wird dort verriegelt. Er ist um einen
Zapfen am Radgestell kippbar. In der oberen Stellung des Förderwagens stößt die
erwähnte Schale gegen einen Anschlag, wodurch der Kübel in die Kippstellung gelangt
und seinen Inhalt in den Fülltrichter entleert, dessen Klappen ebenfalls selbsttätig
geöffnet und geschlossen werden. Bei der Abwärtsbewegung des Förderwagens geht
die Schale mit dem Kübel wieder in die wagerechte Lage zurück. Fig. 22a zeigt den Kübel in Kippstellung.
Fig. 23 zeigt ferner zum besseren Verständnis noch
das Gichtplateau mit den beiden Balanciers und dem Maschinenhaus (links). Das Innere
des letzteren zeigt Fig. 24; es enthält die beiden
Balancierwinden und das Drehwerk des Trichters (vorn).
Textabbildung Bd. 324, S. 722
Fig. 23. Gichtbühne eines Hochofens, System Tümmler-Neumark.
Auch senkrechte Hochofenaufzüge, wie sie früher die Regel bildeten und auch heute
wohl noch in der Mehrzahl sind, kann man für selbsttätige Begichtung einrichten.
Hier hat das System Flaccus der Hüttenbaugesellschaft in Düsseldorf schon Eingang in die Praxis gefunden.
Fig. 25 diene zur Erklärung der Wirkungsweise
dieser Begichtungsart. D er Gichtverschluß ist ein Parryscher Trichter, ebenso sind die Förderkübel mit einem letzteren
ähnlichen Bodenverschluß versehen. Die Förderschale des Aufzuges besteht aus zwei
Laufschienen für eine vierräderige Motorlaufkatze, an der der Förderkübel hängt. Ist
die Schale in die Hängebank eingefahren, so erhält der Katzenfahrmotor Strom; die
Katze fährt nun über den Schienenstrang a in ein
Gehänge b über der Gicht ein, dieses wird dann mittels
der Kette c in die gestrichelte Entleerungsstellung
gesenkt; nach der Entleerung des Kübels wird das Gehänge wieder bis in Höhe des
Schienenstranges gehoben, dort erhält die Katze wieder Strom und fährt auf die
Förderschale zurück, wo eine selbsttätige Stromunterbrechung stattfindet. Sehr
interessant ist die Betätigung der Kette c von dem
Aufzugsseil d aus. Der Aufzug ist für doppeltrümmige
Fahrt eingerichtet, d.h. befindet sich ein Kübel über der Gicht, so befindet sich
der andere im Aufzugsschacht.
Mit einer der beiden oberen Seilrollen ist ein Zahnrad zusammengegossen, das
eine vorgelagerte Kettentrommel in Drehung versetzt. Die Kette c ist nun an dieser Trommel so befestigt und die
Uebersetzung zwischen Seilscheiben- und Trommelwelle ist so gewählt, daß bei einem
einfachen Hube des Aufzuges die Kette von der Trommel ab- und wieder aufgewickelt
wird.
Textabbildung Bd. 324, S. 723
Fig. 24. Balancierwinden und Trichterdrehwerk der Benrather
Maschinenfabrik.
Die Fig. 26. bis 28 werden dies am
besten erläutern. In Fig.
26 befindet sich der leere Kübel auf der Förderschale zur Fahrt abwärts
bereit, während der gefüllte sich über der Gicht befindet. Dreht sich die
Seilscheibe in der Pfeilrichtung, so geht der leere Kübel nach unten und der volle
senkt sich, auf die Gichtglocke herab, indem sich die Kette von der Trommel
abwickelt. Der Kübel setzt sich in der Folge mit seinem Winkelring auf einen
entsprechenden Ansatz in der Verschlußglocke (Fig.
25 gestrichelte Lage), so daß sich bei weiterem Nachlassen der Kette der
Boden des Kübels allein weiter senkt und dabei gleichzeitig in der aus der Figur
wohl verständlichen Weise den Verschluß des Parrytrichters öffnet, wobei das Material in den Ofenschacht rutscht. Damit
die Gase bei dem Oeffnen des Trichters nicht entweichen können, setzt sich im
geeigneten Augenblick eine Verschlußglocke e, die an
der Kette c hängt, über den Trichter und verschließt
ihn nach außen; Fig.
27 zeigt die Verschlußlage. Diese Figur zeigt ferner die Situation, wenn
die Kette ganz abgewickelt ist. Da die leere Förderschale erst den halben Weg
abwärts zurückgelegt hat, so dreht sich auch die Seilscheibe und die Kettentrommel
in demselben Sinne weiter, d.h. die Kette wird wieder aufgewickelt und der
Förderkübel mit der Verschlußhaube e wird hochgezogen;
der Parrytrichter schließt sich dabei selbsttätig. Zu
derselben Zeit, wo der leere Förderkübel unten angelangt ist, befindet sich auch die
Katze mit dem eben entleerten Kübel in Höhe des Schienenstranges; sie läuft nun nach
der Förderschale des Aufzuges; Fig. 28 zeigt diesen
Zeitpunkt. Gleichzeitig ist ein gefüllter Kübel indem 2. Schacht des Aufzuges oben
angekommen und fährt gleich darauf in. das Gehänge b
ein; das Spiel beginnt nun von neuem: Die beiden Gleise a werden natürlich durch eine Weiche verbunden. Es soll bei dieser
Gelegenheit noch eine andere Art des doppelten Gichtverschlusses besprochen werden,
da dieser fast immer im Zusammenhange mit der Begichtungsart steht. Der doppelte
Gichtverschluß hat, wie schon oben erwähnt, den Zweck, die Gicht während des
Oeffnens der Langenschen Glocke oder des Parrytrichters nach außen abzuschließen. Man will
dadurch den Verlust eines Teiles der Energie enthaltenden Gichtgase sowie die
Belästigung der Arbeiter auf der Gicht durch die ausströmenden Gase verhindern. Der
Hauptgrund indes, der für den doppelten Verschluß spricht, liegt in dem stetigeren
Ofengang.
Textabbildung Bd. 324, S. 723
Fig. 25. Begichtung System Flaccus der Hüttenbaugesellschaft in
Düsseldorf.
Bei einfachem Verschluß ändern sich die Gasdruckverhältnisse im Ofen, wenn die Glocke
geöffnet wird; es kann sogar ein Zurückströmen der Gase aus der Rohrleitung nach der
Gicht eintreten.
Fig. 29 zeigt einen doppelten Verschluß für Parrytrichter mit Kübelbegichtung. a ist der untere Verschlußdeckel des ersteren, b der Boden des Kübels. Für gewöhnlich ist der
obere Verschlußdeckel offen, befindet sich also in der gestrichelt gezeichneten
Lage.
Textabbildung Bd. 324, S. 724
Schematische Darstellung der Begichtung System Flaccus.
Textabbildung Bd. 324, S. 724
Fig. 29. Doppelter Gichtverschluß für Kübelbegichtung der
Hüttenbaugesellschaft in Düsseldorf.
In dem Parrytrichter hängt an
Ketten, die über Rollen geführt und an den beiden Verschlußdeckeln befestigt sind,
ein Winkeleisenring. Auf diesen Ring setzt sich nun mit einem gleichen der Kübel,
zieht durch seine Schwere den Ring nach unten, wodurch die Deckel über dem
Kübel zusammenklappen. Der Verschlußkegel des Kübels ruht nun auf dem des Parrytrichters (gestrichelt); wird dieser durch die
Winde gesenkt, so geht auch jener mit und der Kübel entleert seinen Inhalt in den
Ofen. Beim Hochziehen des Kübels werden die oberen Deckel wieder aufgestoßen und
durch die Gegengewichte in ihre Oeffnungsstellung gebracht; gleichzeitig hat auch
die Winde den Parrytrichter unten geschlossen.
Eine andere Konstruktion, der hier auch kurz Erwähnung getan sein möge, bezweckt eine
beliebige Verteilung des Möllers nach Stückgröße im Ofen. Bei dem Parrytrichter werden die großen Erzstücke senkrecht
nach unten fallen, also sich hauptsächlich in der Ofenmitte lagern, während das
feinere Material nach den Schachtwandungen hinrutscht; bei der Langenschen Glocke, Fig.
21, ist es gerade umgekehrt. Eine Vorrichtung, die es ermöglicht, in
beiden Fällen den Möller beliebig im Ofen zu verteilen, zeigt dieselbe Figur.
Befindet sich der Stahlgußring d, der Erzverteiler, in
der unteren Stellung, so rutscht der Möller in Pfeilrichtung I ab und lagert sich nahe der Ofenwand. Wird der Erzverteiler hochgezogen
(gestrichelte Stellung), dann stürzt das Material in Pfeilrichtung II nach der Ofenmitte. Diese Vorrichtung ist von dem
Hüttendirektor O. Simmersbach in Düsseldorf erfunden
und zum Patent angemeldet worden.
In neuerer Zeit hat man versucht, die Schrägaufzüge mit selbsttätiger Beschickung
auch bei Kupolöfen in Eisengießereien zu verwenden. Ich habe einen solchen
elektrisch betriebenen Aufzug von E. Becker in Berlin
im vergangenen Sommer in der Gießerei von Fr. Stolzenberg
& Co. in Reinickendorf-Berlin in Betrieb gesehen; man war dort mit den
Betriebsergebnissen recht zufrieden.
(Fortsetzung folgt.)