Titel: | Der gegenwärtige Stand der Motorluftschiffahrt. |
Autor: | Ansbert Vorreiter |
Fundstelle: | Band 324, Jahrgang 1909, S. 724 |
Download: | XML |
Der gegenwärtige Stand der
Motorluftschiffahrt.
Von Ansbert Vorreiter.
(Fortsetzung und Schluß von S. 651 d.
Bd.)
Der gegenwärtige Stand der Motorluftschiffahrt.
Das Luftschiff„Zeppelin II“.
Das Luftschiff „Zeppelin II“
Fig. 13–18 ist das fünfte von Zeppelin nach seinem Gerüstsystem (sogenannten starren Rystem)
gebaute Luftschiff. Sein erstes Fahrzeug, das sich am 2. Juli 1900 zum ersten Male
in die Lüfte erhob, hatte noch manche Mängel, namentlich war die Längsstabilität, die allein
durch ein an Seilen hängendes Laufgewicht erreicht werden sollte, ungenügend. Sein
zweites, im November 1900 zum ersten Male erprobtes Luftschiff wurde bei der ersten
größeren Fahrt durch einen Sturm vernichtet. Bald nach dem Aufstieg wurde der Wind
so tark, daß das Luftschiff nicht vorwärts konnte, Zeppelin landete daher bei Kissleg im Allgäu, verankerte jedoch das
Luftschiff nur ungenügend. Der Sturm warf das Luftschiff an den Ankern hin und her,
so daß das Gerüst gebrochen und das Luftschiff unbrauchbar wurde. Es mußte an Ort
und Stelle auseinander geschlagen werden, um das Aluminium zu retten, ein damals
weit teureres Material als heute. Durch den Mißerfolg seiner beiden ersten Fahrzeuge
ließ sich jedoch Zeppelin trotz der warnenden Stimmen
vieler Gelehrten, Ingenieure und Luftschiffer nicht entmutigen, und es gelang ihm im
Jahre 1907, die Mittel für ein drittes Luftfahrzeug seines Systems – jetzt
„Zeppelin I“ genannt – aufzubringen, das noch im September des gleichen
Jahres fertig wurde und sogleich weit besser als die ersten beiden Luftschiffe
funktionierte. In der Zeit vom 24. September bis 13. Oktober 1907, nachdem eine neue
schwimmende Halle auf dem Bodensee errichtet war, machte dieses Luftschiff mehrere
größere und in jeder Beziehung gelungene Fahrten; das Luftschiff zeigte eine
ausgezeichnete Stabilität und Steuerfähigkeit, auch die erreichte Geschwindigkeit
von maximal 13 m/Sek. gegenüber der Luft war befriedigend.
Textabbildung Bd. 324, S. 725
Fig. 13: Schematische Darstellung des „Zeppelin II“. Fig. 14: untere
Ansicht. Fig. 15: Längsschnitt. Fig. 16: Ansicht von hinten.
1–17 Abteilungen des
Ballongerüstes, A1A2A3 Ballonhüllen, B Kielgerüst als Laufsteg C ausgebildet, D1
vordere, D2 hintere Gondel, E pneumatische Ladungspuffer, F Motor, G seitliche
Stabilisierungsflächen, G1 obere Stabilisierungsfläche, G2 untere
Stabilisierungsfläche, H Seitensteuer, H1 hinteres Steuer, J vordere
Höhensteuer, J1 hintere Höhensteuer, K Treibschrauben, L Brett mit den Ballast-
und Ventilzügen M, N Werkzeugwagen im Laufsteg C, O Komandoapparat zum
Uebermitteln von Befehlen aus der vorderen nach der hinteren Gondel, P
Signalglocken, Q Gasventile, R Schacht mit Strickleiter, S Steuerräder für
Höhensteuer, T Steuerräder für Seitensteuer, U Stand der Kühlapparate für die
Motoren, V Wellen zum Antrieb der Schrauben, W Seilscheiben mit Drahtseilen zum
Betätigen von H1.
Nach den gelungenen Versuchen und der Erfahrung mit diesem Luftschiff baute Zeppelin ein viertes Luftschiff, das größer war und
noch schneller bis 14 m/Sek. lief. Nach dem Unglück, welches dieses größere
Luftschiff bei Echterdingen betroffen hatte, wurde der erfolgreiche „Zeppelin No.
3“, jetzt „Z I“, nach den mit dem „Zeppelin No. 4“ gemachten
Erfahrungen umgebaut. Zunächst wurde das Gerüst von 128 m auf 136 m verlängert.
Der Durchmesser des „Zeppelin I“ beträgt 11,66 m, der Inhalt etwa 12000 cbm.;
der neue „Zeppelin II“ hat mit No. 4 einen Durchmesser von 13 m und etwa
15000 cbm Gasinhalt. Dieser Gasinhalt verteilt sich bei beiden Luftschiffen auf 17
einzelne Gasballons, von denen je zwei in den Spitzen und 13 im zylindrischen Teil
des Gerüstes untergebracht sind. Bemerkt sei, daß die Form streng genommen nicht
zylindrisch ist, denn jeder der Ringe, über welche die Haut gespannt ist, ist aus 16
geraden Stäben gebildet. Die einzelnen Ringe werden durch 16 Längsträger miteinander
verbunden, die an den Spitzen allmählich zusammenlaufen. Die Ringe werden durch
Stahldrahtseile, ähnlich den Speichen eines Fahrrades, verspannt. Ebenso führen sich
kreuzende Drahtseile in der Ebene der Längsträger von einem Ring zum anderen. Von
den inneren Enden der Längsträger sind in gleicher Weise Ramieschnüre geführt, so
daß ein Netzwerk gebildet wird, das den Gasballon in einem gewissen Abstand von der
über die Träger außen gespannten Leinwand hält, um zwischen der Außenwand und den
Gasballons einen Luftraum zu bilden. Dieser Luftraum ist sehr wichtig und einer der
größten Vorzüge des starren Systems von Zeppelin, resp.
der Anwendung eines Ballongerüstes. Durch diesen Luftraum wird nämlich verhindert,
daß bei der Fahrt des Luftschiffes im Sonnenschein das Gas sich zu stark erwärmen
und ausdehnen kann. Dadurch haben die Luftschiffe von Zeppelin weit weniger Gasverluste als die Luftschiffe anderer
Konstruktion. Ebenso wird eine plötzliche Abkühlung vermieden, wenn der Ballon durch
Wolken beschattet wird und dadurch die Erwärmung durch die Sonnenstrahlung aufhört.
Bemerkt sei, daß bei Freiballons eine Erwärmung des Gases durch die Sonne bis auf 60
Grad Celsius beobachtet worden ist. Die wechselnde Erwärmung des Gases bei
Bestrahlung durch die Sonne und bei Wolkenbeschattung ist für Freiballons die Hauptsache
für den Gas- und Ballastverlust. Um den Gasverlust auszugleichen, müssen alle
Luftschiffe ohne Gerüst im Gasballon mit einem oder mehreren „Ballonets“
genannten Luftsäcken ausgerüstet sein. Geht durch Erwärmung Gas verloren, und
verringert sich durch Abkühlung das Gasvolumen, so wird durch einen vom Motor
dauernd angetriebenen Ventilator Luft in das Ballonet getrieben, bis dieses voll und
damit der Ballon wieder prall ist. Ist jedoch einmal durch sehr starke Erwärmung und
nachfolgende starke Abkühlung das Volumen des Gases um mehr als den Inhalt des
Ballonets verringert, so kann der Ballon nicht mehr in pralle Form gebracht werden.
Verliert der Ballon eines gewöhnlichen Luftschiffes seine pralle Form, so ist das
Luftschiff mehr oder weniger unsteuerbar, und der Motor muß abgestellt werden. Diese
Mängel sind beim Luftschiff mit Kielgerüst etwas vermindert, gänzlich beseitigt
jedoch nur beim Luftschiff mit Gerüst, wie es bisher nur Zeppelin gebaut hat, und dies ist der Hauptvorteil des sog. „starren
Systems“.
Textabbildung Bd. 324, S. 726
Fig. 17. „Zeppelin II“ in seiner jetzigen Gestalt ohne untere
Stabilisierungsflächen.
Die Frage ist nun die, ist dieser Vorteil des Gerüstballons nicht durch andere
Nachteile zu teuer erkauft? Der Hauptnachteil ist das Gewicht des Gerüstes, um
dieses Gewicht ist die Nutzlast, die das Luftschiff tragen kann, verringert. Das ist
auch der Grund, weshalb Gerüstluftschiffe sehr groß ausgeführt werden müssen. Bei
dem Kubikinhalt z.B. des Parsevalluftschiffes könnte
ein Luftschiff nach dem System Zeppelin kaum sich
selbst tragen, von einer Nutzlast wäre keine Rede. Die kleinste noch praktisch
mögliche Größe für ein Gerüstluftschiff nach System Zeppelin dürfte etwa 6000 cbm sein. Hieraus folgt, daß bei gleicher
Nutzlast ein Luftschiff mit Gerüst weit mehr, etwa die doppelte Menge Gas benötigt,
bei gleicher Geschwindigkeit auch etwas mehr Betriebskraft und daher mehr
Brennstoff, weil der Widerstand des größeren Ballons größer ist. Allerdings ist der
Unterschied nicht groß, da Zeppelin seine Luftschiffe
sehr lang baut und daher den Durchmesser verhältnismäßig gering wählt; der
Widerstand in der Luft ist aber in erster Linie von der Fläche des Hauptspantes
abhängig. Bei gleicher Größe bezüglich der Nutzlast muß also der Gerüstballon für
die gleiche Entfernung mehr Brennstoff mitführen als der gerüstlose, dafür aber
weniger Ballast, weil weniger Gasverluste vorkommen können. Beide
Gewichtsunterschiede dürften sich aber ausgleichen. Dagegen ist ein weiterer
Nachteil der Gerüstluftschiffe der höhere Herstellungspreis, veranlaßt einmal durch
die größere Ballonhülle, namentlich aber durch die Kosten des Gerüstes selbst. Der
bisher den Gerüstluftschiffen vorgehaltene Hauptnachteil, seine große
Empfindlichkeit bei Berührung mit der Erde, ist durch viele Landungen der neuen
Zeppelinluftschiffe und durch den Unfall bei
Göppingen widerlegt. Durch Hin- und Herschleudern auf der Erde resp. gegen Bäume und
andere Hindernisse kann das Gerüst und die Hülle wohl leichter beschädigt werden als
bei einem gerüstlosen Ballon, da dieser elastischer nachgeben kann, aber es) wird
dann nur das Gas der beschädigten Kammer entweichen, und das Luftschiff kann, an Ort
und Stelle repariert, wieder aufsteigen, wie es bei Göppingen geschehen ist. Eine
Beschädigung der Hülle eines gerüstlosen Luftschiffes ist wohl leichter und
schneller repariert als eine Beschädigung des Gerüstes; aber die Beschaffung der
großen Füllgasmenge dürfte noch schwieriger sein. Da Gerüstluftschiff dem Winddruck
eine größere Fläche bietet, muß ein solches Luftschiff beim Landen sicherer
verankert sein. Die Angriffsfläche des gerüstlosen Luftschiffes kann im Notfalle,
z.B. bei Sturm, durch Auslassen des Gases mittels der Reißbahn auf das geringste
verringert werden, dann aber heißt es neues Gas beschaffen oder das Lüftschiff auf
einem Gefährt fortschaffen. Das Zusammenfalten ist beim Gerüstluftschiff nicht
möglich, das Sicherste ist daher nur im Luftschiffhafen zu landen. Fassen wir unser
Urteil zusammen, so ist das Gerüstluftschiff in der Luft sicherer als der gerüstlose
Ballon; dieser aber ist am Lande weniger gefährdet, wenn der Ballon rechtzeitig
entleert wird. Bei wechselnder Temperatur ist das Gerüstluftschiff länger imstande,
sich in der Luft zu halten, es hat also ein Landen gewöhnlich nicht so oft zwecks
Nachfüllung nötig wie der gerüstlose Ballon, für weitere Reisen ist demnach das
Luftschiff mit Gerüst geeigneter.
Textabbildung Bd. 324, S. 726
Fig. 18. Schraube mit drei Flügeln und Antrieb derselben beim „Zeppelin
II“.
Kehren wir zur Konstruktion des „Zeppelin II“ zurück, so ist bezüglich des
Ballongerüstes zu bemerken, daß unter ihm zu seiner größeren Versteifung in der
Länge noch ein Kielgerüst angebracht ist. Dieses in gleicher Weise bereits an den
älteren Zeppelin-Luftschiffen vorkommende Gerüst hat
einen dreieckigen Querschnitt, indem es aus zwei von den Enden der unteren
Querträger ausgehenden Streben besteht, die sich unten in einem spitzen Winkel vereinigen und
durch je einen Längsträger mit den nachten Querträgern verbunden sind. In diesem
Kielgerüst ist hinter der vierten Abteilung vorn bis zur Mitte der sechsten eine
Lücke gelassen, ebenso am hinteren Ende des Luftschiffes, und in diese zwei Lücken
ist je eine Gondel mit Motor eingebaut. Hierzu sind die geretteten Gondeln und
Motoren des „Zeppelin No. 4“ benutzt worden. Die Gondeln sind als Pontons
oder Kähne aus Aluminium ausgeführt, da auf ihnen der Ballon beim Landen auf
Wasserflächen schwimmt. Um beim Landen auf festem Boden den Stoß zu mildern, sind
die Böden der Gondeln auf der Unterseite mit pneumatischen Polstern ausgerüstet.
Durch Aluminiumgerüste sind die Gondeln mit dem Kielgerüst und dem Ballongerüst
verbunden, sie vervollständigen so das Kielgerüst. Jede der Gondeln ist 8 m lang,
die Breite beträgt 1,5 m, die Höhe 1,3 m. Der Ort der beiden Gondeln unter dem
Ballon entspricht dem Auftriebsmittelpunkt jeder Hälfte der Gashüllen.
Das Kielgerüst ist ebenfalls mit Stoff bezogen, namentlich, um den Luftwiderstand zu
verringern. Diese Verkleidung erweckt bei dem Beschauer das Gefühl größerer
Sicherheit, da das Kielgerüst gleichzeitig als Laufsteg zwischen den beiden Gondeln
zu dienen hat. Durch den mittleren Teil des Kielgerüstes zwischen den beiden Gondeln
sind Schienen gelegt, auf denen ein Wagen läuft, der durch Drahtseile von den
Gondeln aus hin- und herbewegt werden kann, um das etwaige Uebergewicht einer
Gondel, z.B. durch den Platzwechsel eines Passagiers, auszugleichen. Zugleich dient
der Wagen zur Aufnahme von Werkzeugen, und ist zu diesem Zwecke mit einem
entsprechenden Kastenaufbau versehen. Außerdem aber kann dieses Laufgewicht auch zum
Zwecke der Höhensteuerung dienen, wie es bereits beim ersten Zeppelinballon zur Anwendung kam.
Hervorzuheben ist noch, daß die beiden Gondeln sehr nahe am Ballon aufgehängt sind.
Dieser geringe Abstand (er beträgt von der Oberkante der Gondeln bis zum Ballon
resp. der Außenhaut gemessen nur etwa 2 m) ist beim System Zeppelin, infolge des Luftzwischenraumes, ohne Gefährdung der Mitfahrenden
durch ausströmendes Gas bezw. Entzündung desselben durch die Motoren möglich, weil
eben der Luftzwischenraum ein direktes Austreten von Gasen verhindert. Gas, welches
durch Undichtigkeit oder Diffusion aus den Ballons austritt, gelangt zunächst in den
Zwischenraum und aus diesem so stark mit Luft vermischt nach außen, daß es seine
Schädlichkeit vollkommen eingebüßt hat. Daß sich in dem Luftraum zwischen Ballon und
Außenhaut Knallgas bilden kann, ist unwahrscheinlich, da das spezifisch leichte
Wasserstoffgas durch die oben in der Außenhaut vorgesehenen Oeffnungen entweicht und
die Luft im Zwischenraum während der Fahrt ständig erneuert wird. Diese nahe
Aufhängung der Gondeln und Motoren am Ballon bildet ebenfalls einen grossen Vorzug
des Gerüstluftschiffes, da hierdurch die seitliche Stabilität eine vorzügliche izt
bezw. das „Rollen“ genannte, seitliche Pendeln vermieden wird. Diese nahe
Aufhängung gerade hatten mehrere Gelehrte und Fachlehnte vor der Ausführung als
einen großen Fehler erklärt, indem sie behaupteten, das Luftschiff würde durch diese
Anordnung die Neigung zum Kentern erhalten. Zeppelin
hielt jedoch an seiner Konstruktion fest, und der Erfolg hat ihm Recht gegeben, die
neuen „Zeppelin-Luftschiffe sind mindestens ebenso
stabil wie die besten anderer Konstruktion.
Die Stabilität des Luftschiffes, vor allem in den Längsrichtung zur Verhütung des
Stampfens, wird durch die hinten zu beiden Seiten am Gerüst angebrachten
Stabilisierungsflächen erreicht. Im Gegensatz zu allen andern bisher gebauten
Luftschiffen sind diese Flächen beim System Zeppelin
doppelt vorhanden. Ob dadurch unter Berücksichtigung der Gewichtsvermehrung die
Wirkung so wesentlich besser ist, bleibt dahingestellt, dagegen scheint diese
Anordnung für die Anbringung der Seitensteuer ein Vorteil zu sein. Zeppelin hat nämlich durch seine Fahrten mit
„Zeppelin 4“, das anfänglich am Bug und Heck ein Seitensteuer hatte,
festgestellt, daß das hinten angebrachte Seitensteuer, wenn es nicht sehr groß
ausgeführt wird, viel schwächer wirkt, als die zu beiden Seiten zwischen den
Stabilisierungsflächen angebrachten Steuer; das Bugsteuer wirkte fast gar nicht.
Auch zeigten die verschiedenen Ausführungen von Seitensteuern daß die vor den
Steuern verschiedener anderer Luftschiffe, wie Parseval,
Groß, Lebaudy etc. angebrachten feststehenden Flächen bei den zwischen den
Stabilisierungsflächen angebrachten Steuern nicht notwendig sind. Jedenfalls ist
durch alle Fahrten, welche Zeppelin mit seinen
Luftschiffen ausführte, erwiesen, daß ein zwischen den Stabilisierungsflächen
angebrachtes Seitensteuer als doppelte oder dreifache Flächen ausgeführt,
ausgezeichnet funktioniert. Jedes Seitensteuer besteht aus 2 parallelen Flächen von
je etwa 4 qm. Die beiden Seitensteuer können von der vorderen Gondel aus gemeinsam
oder jedes für sich bedient werden. Die Steuer sind am Ende der
Stabilisierungsflächen angebracht, wo sie am besten wirken. Die Größe jeder
Stabilisierungsfläche beträgt etwa 30 qm bei einer Länge von 13 m. Auch oben und
unten sind an der hinteren Spitze Stabilisierungsflächen angebracht. Diese vertikal
stehenden Flächen können nicht wie die seitlichen Flächen das Stampfen verhindern,
sondern verhindern vor Allem das Rollen genannte Pendeln um die Längsachse.
Die Gerüste für die Stabilisierungsflächen und Steuer sind aus Aluminiumstäben
hergestellt, aufweiche Gerüste die Leinwandflächen aufgeschnürt sind. Die Flächen
werden durch Spanndrähte in ihrer Lage gehalten. Zur Betätigung der Steuer ist an
der nach innen liegenden Steuerfläche ein Halbkreis befestigt. Ueber dieses
Seilradsegment sind zwei Drahtseile gelegt und an den Enden des Halbkreises
befestigt. Diese Seile werden über Rollen nach der vorderen Gondel geführt, wo sie
über eine Seilrolle auf einer Steuerwelle führen. Auf dieser Welle ist ein Handrad
zur Bedienung des Steuers befestigt. Für jedes Seitensteuer ist ein Handrad
vorhanden, doch lassen sich beide Steuerwellen miteinander verkuppeln, so daß
gleichzeitig beide Steuer betätigt werden können.
Die Höhensteuerung ist beim System Zeppelin in seiner
jetzigen Ausführung vorzüglich durchgebildet. Bekanntlich ist kein anderes
Luftschiff in so großem Maße durch rein dynamische Mittel also ohne Ausgabe von
Ballast oder Auslassen von Gas in der Höhenlage veränderlich wie Zeppelin. Dabei folgt das Luftschiff sehr schnell der
Steuereinstellung, schneller als der bedeutend kleinere „Parseval II“, da dieser statt mit einstellbaren Flächen wie alle
andern modernen Luftschiffe, durch die Veränderung des Gleichgewichtes mittels der
beiden in den Enden des Ballons angebrachten Luftballonnets die Höhensteuerung
bewirkt. Nun lassen sich Ballonets nicht so schnell aufblasen, als sich ein
Steuerhebel umlegen oder ein Steuerrad drehen läßt, daher wird die Höhensteuerung
durch Ballonets, die gewissermaßen ein Laufgewicht aus Luft darstellen, nicht so
schnell wirken als die rein mechanisch wirkenden Höhensteuerflächen. Zeppelin hat nun an seinen letzten beiden Luftschiffen
die Höhensteuerung allein durch die verstellbaren Flächen durchgeführt, wobei, wie
schon eben erwähnt, das Laufgewicht in Gestalt eines Werkzeugwagens im Laufsteg- im
Bedarfsfalle ebenfalls zur Höhensteuerung dienen kann. Die Höhensteuerflächen sind
doppelt vorhanden, je i Paar vorn und hinten am Ballongerüst; jeden Höhensteuerpaar
ist für sich allein, oder das vordere und hintere gemeinsam einstellbar. Würden die
Steuer vorn und hinten parallel, z.B. die Vorderkante nach oben verstellt, so wird
das Luftschiff, ohne sich schräg zu stellen, durch die Drachenwirkung der Luft auf
die zur Fahrtrichtung nach oben geneigten Flächen gehoben. Wird nur das Vordersteuer
nach oben gestellt, so muß sich der Ballon zunächst nach vorn heben und steigt dann
schräg nach oben. Soll das Luftschiff allein durch die Wirkung des hinteren Steuers
nach oben steigen, so müßte dieses mit der Vorderkante nach unten geneigt werden,
das hintere Ende des Luftschiffes würde sich zunächst senken und dann das Luftschiff
schräg nach oben steigen. Jedes Höhensteuer besteht aus vier parallelen Flächen, die
seitlich unten an dem ersten Ringsystem des zylindrischen Teils des Ballongerüstes
angebracht sind. Da die Achsen der Steuerflächen horizontal stehen müssen, ergibt
sich durch die Form des Ballons, daß die oberen Flächen kleiner als die darunter
befindlichen sind. Jedes Paar Höhensteuer hat etwa 22 qm Fläche. Beide zusammen
können das Luftschiff bei voller Fahrt um 700 m heben oder senken, d.h. also rein
dynamisch ohne Ausgabe von Ballast, aus der Gleichgewichtslage nach oben oder unten
drücken. Natürlich geschieht dies auf Kosten der Geschwindigkeit.
Textabbildung Bd. 324, S. 728
Fig. 19. „Zeppelin III“ mit Stahlbandantrieb in beiden Gondeln. (Im
gegenwärtigen Zustande befindet sich nur in der hinteren Gondel
Stahlbandantrieb, während in der vorderen Gondel der Antrieb durch Cardanwelle
mit konischen Rädern nach Fig. 13–15 erfolgt. Die obere und untere
Stabilisierungsfläche G1G2 sind
fortgefallen. Im mittleren Laufsteg ist eine dritte Gondel angebracht.)
Wie alle Zeppelin-Luftschiffe ist auch „Zeppelin
II“ mit 4 Schrauben ausgerüstet, je 2 über jeder Gondel, und zwar besitzt
jede dieser Schrauben 3 Flügel. Die Schrauben laufen, um den kleinen Durchmesser von
nicht ganz 3 m zu erhalten, mit der Tourenzahl der Motoren. Erstens ist der grosse
Vorteil erreicht, daß die Lagerböcke für die Schrauben nicht soweit vom Ballongerüst
abstehen, so daß die Ballonhalle entsprechend schmäler gehalten werden kann, als sie
bei Verwendung großer Schrauben sein müßte, und zweitens ist an Gewicht gespart.
Die Kraftübertragung erfolgt mittels konischer Zahnräder, und ist jeder der Motoren
mit einer Reibungskupplung versehen. Auch ein Rückwärtsgang ist bei der Konstruktion
vorgesehen, welcher hauptsächlich bei der Landung zur Anwendung kommt. Dank dieses
Rückwärtsganges war es daher nach dem Unfall des „Zeppelin II“ bei Göppingen
ohne weiteres möglich, den beschädigten und nur notdürftig wieder instand
gesetzten Ballon in umgekehrter Fahrtrichtung, mit dem unbeschädigten Heck nach
vorn, mit eigener Kraft nach seinem Heimatshafen zurückzubefördern.
Jede der beiden Gondeln birgt einen 4 Zylinder Daimler-Motor von je 110 PS bei etwa 1000 Umdrehungen in der Minute. In der
vorderen Gondel sind alle Apparate zur Steuerung des Luftschiffes untergebracht, als
Lenkräder für die Seiten- und Höhensteuerung, Apparate zur Navigation und
Höhenbestimmung usw. Ferner sind die Leinen für alle Ventile und Wasserballastsäcke
an einem Brett vereinigt, die Ballastsäcke selbst jedoch zu beiden Seiten des
Kielgerüstes verteilt. Für die Landung werden sowohl Erdanker, die, den Eggen
ähnlich, mit Spitzen versehen sind, als auch Wasseranker mitgeführt, welche letztere
aus stoffbezogenen trichterförmigen Gestellen bestehen. Zur schnellen
Befehlsübermittlung zwischen der vorderen und hinteren Gondel dient eine Seilpost,
indem zwischen beiden Gondeln ein endloses Seil gespannt ist, das in jeder Gondel
über ein Seilrad läuft. Mittels des Seiles kann eine Büchse, in welche Zettel mit
den Befehlen eingelegt werden, von einer Gondel in die andere gekurbelt werden.
Ferner sind Signalglocken in beiden Gondeln angebracht. Bemerkenswert ist außerdem
noch die Einrichtung eines Schachtes, um von der vorderen Gondel bequem auf den
Ballon zu gelangen.
„Zeppelin II“ hat mehrere erfolgreiche Fahrten ausgeführt, sowohl bald nach
seiner ersten Fertigstellung mehrere kürzere Fahrten zu Anfang des Monats Mai dieses
Jahres, als insbesondere die denkwürdige große Fahrt vom 19. Mai bis 1. Juni, wobei
das Luftschiff rein dynamisch sich stundenlang in der Höhe von etwa 400 m aufhielt,
obwohl es durch Regen erheblich schwerer als Luft geworden war. Im August machte das
Luftschiff eine Fahrt über Frankfurt nach Köln, wo es jetzt als Reichsluftschiff
stationiert ist.
Das Luftschiff„Zeppelin III“ (Fig.
19 u. 20).
Das neue Luftschiff des Grafen Zeppelin, das durch seine
Dauerfahrten nach Berlin, Frankfurt, Düsseldorf und den Industriebezirk bekannt
geworden ist, weist gegenüber den früheren Zeppelin-Luftschiffen mehrere Verbesserungen auf. So in der Konstruktion des
Gerüstes für die Gashüllen, dann sind die Motoren stärker, nämlich jeder Motor
leistet 150 PS, gegen 110 PS beim „Z II“, Die wichtigste Verbesserung
betrifft den Antrieb der Schrauben und diese selbst. Statt mittels konischer
Zahnräder und Cardanwellen, wie bei den älteren Zeppelin-Luftschiffen, erfolgt der Antrieb mittels Ellöser-Stahlbändern und Bandscheiben. Diese Art der Kraftübertragung hat
nicht nur einen besseren Wirkungsgrad, sondern es wird auch erheblich an Gewicht
gespaart, da die beiden Bandscheiben mit Stahlband und Schutzrohren für das Band
leichter als zwei Paar konische Zahnräder mit der Einkapselung für dieselben und
eine Stahlwelle sind. Die Kraftübertragung mit Stahlbändern arbeitet auch fast
geräuschlos. Der Durchmesser der zweiflügeligen Schrauben ist vergrößert. Die damit
verbundene Gewichtsvermehrung infolge der weiter abstehenden Lagerarme ist durch die
Gewichtsersparung an der Uebertragung wett gemacht. In der ersten Ausführung dieser
neuen Uebertragung zeigten sich noch einige Mängel und es kamen Schraubenbrüche vor,
daher wurde zunächst wieder für die vordere Gondel der alte Antrieb und die Schraube
mit drei Flügeln anmontiert, während hinten der Stahlbandantrieb beibehalten
wurde. Bei der Fahrt nach Frankfurt funktionierte dann der Stahlbandantrieb
ausgezeichnet, ebenso auch die Schraube mit nur zwei Flügeln. Am „Z III“
fällt noch der Fortfall der oberen und unteren Stabilisierungsfläche auf, wobei
bemerkt sei, daß auch bei „Z II“ nachträglich die untere vertikale Fläche
entfernt wurde, so daß außer den doppelten seitlichen Stabilisierungsflächen nur
noch die obere Fläche vorhanden ist.
Diese und die untere Fläche verhindern namentlich das Schlingern genannte Pendeln um
eine vertikale Mittelachse, dieses wird aber auch durch den langen Kiel und die
Flächen der drei Seitensteuer verhindert, daher dürften diese vertikalen Flächen
oben und unten am Gerüst entbehrlich sein, was wegen der Gewichtsersparnis ein
Vorteil ist, auch wird der Widerstand ohne diese Flächen etwas geringer, die
Geschwindigkeit bei gleicher Leistung der Schrauben demnach etwas größer.
Die Abmessungen des „Z III“ sind die gleichen wie beim „Z II“, Länge
136 m und Durchmesser 13 m. Die Schrauben mit 2 Flügel haben einen Durchmesser von 3
m. Die Tourenzahl ist die der Motoren, etwa 1100 in der Minute. Interessant ist der
Umstand, daß der Gasinhalt des alten Zeppelin-Luftschiffes nur wenig vergrössert wurde, die Motorleistung aber
erheblich. Die nahestehende Zusammenstellung läßt dies erkennen. Das erste
Versuchs-Luftschiff des Grafen Zeppelin hatte ein
Gasvolumen von etwa 1100 cbm, und beide Motore leisteten nur etwa 30 PS. Beim Z
1, der etwas größeren Gasinhalt hat, etwa 12000 cbm leisten beide Motore 160 PS,
beim „Z II“ mit etwa 15000 cbm 220 PS und beim „Z III“ etwa 300 PS.
Die beiden letzten Luftschiffe haben größere Durchmesser, daher auch größeren
Widerstand, ihre Geschwindigkeit ist infolgedessen nicht so viel größer als man nach
der erheblich stärkeren Motorleistung folgern möchte. Die maximale Geschwindigkeit
des „Z III“ hat bisher 14,5 m i.d. Sek. betragen, doch hofft man diese
Geschwindigkeit noch um etwa 2 m i.d. Sek. steigern zu können. Für die Fahrten mit
vielen Passagieren auf der Ila ist der „Z III“ noch mit einer Gondel
ausgerüstet worden, indem etwa in der Mitte des Laufganges im Kielgerüst ein Ausbau
angebracht wurde Dieses Luftschiff soll auch weiter Passagierfahrten dienen, da sich
mit dem Sitz in Frankfurt a.M. eine Aktiengesellschaft für die Ausführung von
Vergnügungsfahrten mit Zeppelin-Luftschiffen gebildet
hat.
Textabbildung Bd. 324, S. 729
Fig. 20. Schematische Darstellung des „Zeppelin III“ (von hinten
gesehen)
B Kielgerüst, D2 hintere Gondel, E
Landungspuffer, G seitliche Stabilisierungsflächen, G1 Stütze zur Befestigung
der Spannseile für die Stabilisierungsflächen, H Seitensteuer aus zwei
parallelen Flächen bestehend, jedoch länger als beim „Zeppelin II“ (Fig.
16), H1 hinteres Steuer, J1 hintere Höhensteuer, K Treibschrauben, V
Führungsrohre für die Stahlbänder, W Seilscheiben mit Drahtseilen zum Betätigen
von H1, X Auslaß für Wasserballast.