Titel: | Ueber die Einwirkung von Strukturänderungen auf die physikalischen, insb. elektrischen Eigenschaften von Kupferdrähten und über die Struktur des Kupfers in seinen verschiedenen Behandlungsstadien. |
Autor: | Hermann Gewecke |
Fundstelle: | Band 324, Jahrgang 1909, S. 788 |
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Ueber die Einwirkung von Strukturänderungen auf
die physikalischen, insb. elektrischen Eigenschaften von Kupferdrähten und über die
Struktur des Kupfers in seinen verschiedenen Behandlungsstadien.
Von Dipl.-Ing. Hermann Gewecke,
Darmstadt.
(Fortsetzung von S. 760 d. Bd.)
Ueber die Einwirkung von Strukturänderungen.
c) Drahtserie No. 3.
Die Ergebnisse über den Verlauf der Dichte decken sich zum Teil mit den von J.H. Gray und J.B.
HendersonJ.H. Gray und J.B.
Henderson: Proc. Roy. Soc. 54 p. 286 1893. für Kupfer
gefundenen, die ja auch eine bedeutende Zunahme der Dichte konstatieren und erst bei
sehr starkem Ziehen eine geringe Abnahme; sie gehen dabei von geglühtem Draht
aus.
Um selbst Aufschluß darüber zu erhalten, ob bei geglühtem Draht als Ausgangsmaterial
gleichfalls ein Ansteigen der Dichte infolge Ziehens zu konstatieren sei, wurden
einige Versuche mit solchem vorgenommen. Die Resultate sind in Tabelle III
zusammengestellt.
Tabelle III.
Serie No. 3.
No.
Durchmesserd.
gezogenenDrahtesin mm
Dichte bez. auf denleeren Raum u. 18°
C
Zunahme der Dichtedurch das
Ziehen
beiweichem
bei gezog.Draht
in v.T.
1
0.5
8.8852
8.8980
0.0128
1.44
2
1.0
8.8887
8.8923
0.0036
0.41
3
1.2
8.8938
8.8978
0.0040
0.45
Nach ihnen findet auch beim Ausgehen von geglühtem Draht stets ein Ansteigen der
Dichte statt. Zu bemerken ist, daß zwischen dem Ziehen und der Untersuchung der
Dichte einige Tage verstrichen waren.
d) Mit verschiedener Geschwindigkeit
gezogene Drähte. Serie 4, 5 und 6.
Die Unregelmäßigkeiten im Verlauf der Kurven Fig. 7
und 8 betragen beim Leitvermögen maximal etwa 1,5
v.T., bei der Dichte etwa 0,2 v.T. wie sich aus den Kurven selbst ergibt. Beide
Werte übersteigen die Meßfehler ziemlich bedeutend, so daß hierfür andere Einflüsse
verantwortlich gemacht werden müssen.
Es bestünde die Möglichkeit, daß die Drähte an einzelnen Stellen Beimengungen von
anderen Stoffen haben, die ihre Eigenschaften stellenweise verändern, was allerdings
bei der Herkunft des Kupfers – es ist ja elektrolytisch gewonnen – nicht gerade
wahrscheinlich ist.
Ferner können die Unregelmäßigkeiten in der Art des Ziehens ihren Grund haben.
Erinnern wir uns der anfangs angestellten theoretischen Betrachtungen, so hatten wir
da gesehen, daß zum Zweck der willkürlichen Aenderung des Zieheinflusses eine
Variierung von Ziehgeschwindigkeit und Verjüngungsfaktor wohl am meisten Aussicht
auf Erfolg verspricht.
Zunächst soll der Einfluß einer veränderlichen Ziehgeschwindigkeit untersucht werden
unter sonst möglichst gleichen Verhältnissen, insbesondere unter möglichst gleicher
Schmierung des Drahtes (es wurde mit Oel geschmiert).
Die Ziehgeschwindigkeit wächst allerdings beim Drahtziehen auch ziemlich gleichförmig
mit abnehmendem Durchmesser. Für die zweite Drahtserie gab die Firma folgende Werte
an:
No.
Ziehgeschwindigkeitin m pro Sek.
1
0,746
2
0,875
3
1,020
4
1,185
5
1,360
6
1,580
7
1,835
8
–
9
2,13
10
–
11
2,50
12
–
13
2,70
Aber es wurde gleichzeitig bemerkt, daß infolge Gleitens auf den Trommeln (die
angegebenen Werte sind die Umdrehungsgeschwindigkeiten der Trommeln) von den oben
angegebenen Geschwindigkeiten ziemlich bedeutende Abweichungen eintreten können. Es
sollen also über den Einfluß der ZiehgeschwindigkeitDer Einfluß derselben wird zuerst von P. Cohn, Wied. Ann. 41 Seite 71.1890 erwähnt,
und zwar in bezug auf die Widerstandsänderung kaltgezogener und später
erwärmter Drähte. Er konstatiert bei schneller gezogenen Drähte eine größere
Abnahme des Widerstandes. Da der Endwert des spez. Widerstandes wohl nahezu
für alle Drähte der gleiche wird, so deutet das auf einen größeren spez.
Widerstand infolge schnelleren Ziehens hin. einige Versuche
gemacht werden, und zwar wurden drei
kleinere Versuchsreihen mit verschiedenen Geschwindigkeiten ausgeführt. Die
Drähte wurden mit der Hand möglichst gleichmäßig durch die gleichen Ziehlöcher
gezogen, die Geschwindigkeit angenähert durch Markieren von Sekunden auf dem
gezogenen Draht bestimmt. Die übrigen Messungen wurden ausgeführt wie bei den
vorhergehenden Versuchen.
Die Serie No. 4 umfaßte 4 Drähte mit Ziehgeschwindigkeiten zwischen 0,6 und 3,5
m/Sek. Tab. IV Es wurde bei dieser Serie keine Dichtebestimmung gemacht, sondern
dieselbe als konstant = 8,9 angenommen, aus dieser und dem Gewicht pro m wurde der
Querschnitt, und aus diesem und dem Widerstand pro m das Leitvermögen berechnet.
Tabelle IV.Serie
No. 4.
No.
Zieh-geschw.v inm/Sek.
Ge-wichtin g
Quer-schnittqin qmm
Ab-nahmevon qin v.T.
Widerstandpro mbei 18°in Ohm
Spec.Leit-ver-mögenx
ΔvomMittelin v.T.
1
0.60
1.0541
0.11843
0.00
0.014792
57.086
– 0.07
2
1.40
1.0510
0.11807
3.05
0.014885
57.149
+ 1.03
3
2.50
1.0473
0.11768
6.35
0.014820
57.088
– 0.04
4
3.50
1.0394
0.11678
14.00
0.015017
57.036
– 0.95
Mittel
Mittel
57.090
0.5
Die Messungen sollten an einer Serie mit größerem Querschnitt wiederholt werden, bei
der man auch Dichtebestimmungen ausführen konnte. Serie 5 bestand aus 3 Drähten, die
zunächst in noch nicht gezogenem Zustande auf ihre Gleichförmigkeit hin untersucht
wurden. Es wurde aus Gewicht pro m und Dichte (zu 8,9 angenommen) der Querschnitt
bestimmt.
No.
Querschnittin qmm
Δ in v.T.vom Mittel
1
0,78722
0,2
2
0,78786
0,6
3
0,78712
0,4
–––––––––
–––––––––
Mittel
0,78740
Mittel
0,4 v.T.
Desgleichen der Widerstand pro m:
No.
Widerstand/mbei 18°
Δ in v.T.vom Mittel
1
0,21794
0,27
2
0,21808
0,37
3
0,21798
0,09
––––––––––
–––––––––
Mittel
0,21800
Mittel
0,24 v.T.
Die weiter unten beobachteten Aenderungen infolge verschieden schnellen Ziehens gehen
weit über diese Differenzen hinaus. Die letzteren werden also keine wesentlichen
Unterschiede verursachen.
Es wurden nun die Drähte der Serie 5 mit den Geschwindigkeiten 0,08, 0,60 und 3,0
m/Sek. gezogen. Außer den oben angeführten Größen wurde hier noch die Dichte
gemessen, und daraus der Querschnitt berechnet. Die Werte sind in Tabelle V
eingetragen.
Dann wurde noch eine dritte Versuchsreihe gemacht, Serie 6. Dieselbe bestand aus 4
Drähten, die mit den Geschwindigkeiten von 0,9, 1,3, 2,5 und 5,0 m/Sek. gezogen
waren. Es wurde wiederum Gewicht pro m, Dichte und Widerstand bestimmt und die
erhaltenen Werte in Tabelle VI zusammengestellt.
Fassen wir die Ergebnisse dieser 3 Versuchsreihen zusammen, so können wir sagen, daß
hauptsächlich der
Tabelle V.
Serie No. 5.
No.
Zieh-geschw.v inm/Sek.
Ge-wichtin g
Dichtes
Quer-schnittqin qmm
Ab-nahmevon qin v.T.
Widerstandpro mbei 18°in Ohm
Spec.Leit-ver-mögenx
ΔvomMittelin v.T.
1
0.08
4.8222
8.9018
0.54171
0.00
0.032275
57.195
+ 0.37
2
0.60
4.8197
8.9002
0.54149
0.41
0.032260
57.248
+ 1.29
3
3.00
4.8146
8.8992
0.54101
1.29
0.032384
57.079
– 1.66
Mittel
Mittel
57.174
1.11
Querschnitt von der Ziehgeschwindigkeit abhängt, und zwar wird
er bei schnellerem Ziehen um mehrere v.T. kleiner als bei langsamem Ziehen, ein
Zeichen, daß die Ziehkraft mit der Ziehgeschwindigkeit bedeutend wächst, in
Uebereinstimmung mit der Theorie. Die Dichte nimmt auch ab mit steigender
Geschwindigkeit, aber nur um einen Bruchteil von 1 v.T., nämlich 0,5 bezw. 0,63 v.T.
Die Aenderungen im Leitvermögen sind kleiner wie erwartet, sie betragen im Mittel
0,5, 1,11 und 0,45 v.T. Irgendeine Gesetzmäßigkeit ist in diesen Aenderungen nicht
zu erkennen.
Die Genauigkeit der Messungen ist die gleiche wie bei den Serien 1 und 2, nämlich für
die Dichte im Mittel 0,1 v.T. und für das Leitvermögen 0,5 v.T. Wir sehen also, daß
die beobachteten Aenderungen des
Tabelle VI.Serie
No. 6.
No.
Zieh-geschw.v inm/Sek.
Ge-wichtin g
Dichtes
Quer-schnittqin qmm
Ab-nahmevon qin v.T.
Widerstandpro mbei 18°in Ohm
Spec.Leit-ver-mögenx
ΔvomMittelin v.T.
1
0.9
4.8490
8.8946
0.54515
0.0
0.031124
57.101
+ 0.44
2
1.3
4.8381
8.8938
0.54399
2.14
0.032230
57.036
– 0.70
3
2.5
4.8355
8.8929
0.54375
2.58
0.032206
57.103
+ 0.47
4
5.0
4.8093
8.8890
0.54104
7.58
0.032390
57.064
– 0.21
Mittel
Mittel
57.076
0.45
Leitvermögens zum größten Teil innerhalb der Fehlergrenze
liegen, woraus sich wohl das Nichtauffinden einer Gesetzmäßigkeit erklärt. Die
Genauigkeit ist auch hier wie oben weniger durch die Messung beschränkt, als
vielmehr durch fehlerhafte Stellen und Ungleichförmigkeiten im Draht selbst.
Es war also ein Einfluß der Ziehgeschwindigkeit auf das Leitvermögen nicht
festzustellen, sondern nur ein solcher auf die Dichte.
e) Versuche mit verschiedenem
Verjüngungsfaktor. Serie 7 und 8.
Nunmehr werde der Einfluß eines veränderlichen Verjüngungsfaktors verfolgt. Bei der
Drahtserie No. 2 hat er recht verschiedene Größen:
No.
Verjüngungsfaktor:
1
auf
2
0,929
2
„
3
0,924
3
„
4
0,916
4
„
5
0,914
5
„
6
0,900
No.
Verjüngungsfaktor:
6
auf
7
0,898
7
„
8
0,924
8
„
9
0,933
9
„
10
0,942
10
„
11
0,926
11
„
12
0,938
12
„
13
0,892
Es ist zu untersuchen, ob eine Aenderung des Verjüngungsfaktors in diesen Grenzen
Schwankungen des Leitvermögens, wie sie bei Serie 2 beobachtet wurden, hervorrufen
kann.
Ein Vorversuch wurde mit einem weichgeglühten Draht von 1,0 mm angestellt,
der auf 0,83 mm heruntergezogen wurde, das einemal in 4 Abstufungen, das andere Mal
in nur 2 Abstufungen, wobei also jedesmal ein Ziehloch überschlagen wurde. Die
erhaltenen Resultate sind in Tabelle VII zusammengestellt. Dieselben zeigen einen
viel größeren Querschnitt bei der stärkeren Querschnittsabnahme, wie leicht
erklärlich ist, da die Moleküle zu elastisch sind, um durch einmalige
Zusammenpressung sich in die neue Lage zwängen zu lassen.
Tabelle
VII.Serie No. 7.
No.
Zug-stufen
Ge-wichtpro min g
Dichtes
Quer-schnittqin qmm
Zu-nahmevon qin v.T.
Widerstandpro mbei 18°in Ohm
Spec.Leit-ver-mögenx
ΔvomMittelin v.T.
1
4
4.2473
8.9062
0.54210
0.0
0.032249
57.188
– 0.84
2
2
4.3128
8.9062
0.54313
1.9
0.032142
57.283
– 0.82
Mittel
Mittel
57.236
0.83
In der Dichte ist keine Differenz zu konstatieren, dagegen im Leitvermögen eine
Zunahme mit der größeren Querschnittsabnahme. Der Vorversuch zeigt also, daß
bemerkenswerte Aenderungen auftreten.
Beim Hauptversuch (Serie 8) wurde der weichgeglühte Draht, um mehr variieren zu
können, auf einen kleineren Durchmesser heruntergezogen, und zwar von 1,0 auf 0,55
mm. Das Zieheisen hatte für dieses Intervall 13 Löcher. Es wurde nun Draht 1 in den
13 Abstufungen, Draht 2 in 8 Abstufungen unter Auslassung je eines Ziehlochs, Draht
3 bei je 2 ausgelassenen Löchern in 5 und Draht 4 in 4 Abstufungen gezogen. Der
Draht wurde nach dem Ziehen durch jedes einzelne Loch gemessen und daraus die
Querschnittsabnahme als Mittel für jeden der 4 Drähte berechnet. Dichte, Querschnitt
und Leitvermögen wurden wiederum bestimmt und die erhaltenen Werte in Tabelle VIII
zusammengestellt.
Tabelle VIII.
Serie No. 8.
No.
Mittl.Ver-jün-gungs-ver-hältnis
Ge-wichtpro min g
Dichtes
Quer-schnittqin qmm
Zu-nahmevon qin v.T.
Widerstandpro mbei 18°in
Ohm
Spec.Leit-ver-mögenx
ΔvomMittelin v.T.
1
0.96
2.2760
8.8890
0.25602
0.0
0.068308
57.181
+ 2.93
2
0.91
2.2818
8.8849
0.25682
3.2
0.068386
56.938
–1.33
3
0.87
2.2843
8.8833
0.25714
4.4
0.068352
56.896
– 2.07
4
0.86
2.2864
8.8785
0.25753
5.9
0.068081
57.039
+ 0.44
Mittel
Mittel
57.014
1.69
Es zeigt sich, daß die Hauptänderungen, wie zu erwarten, am Querschnitt
eintreten, und zwar insgesamt von 5,9 v.T.; derselbe nimmt mit dem Verjüngungsfaktor
zu. Die Dichte erleidet mit Zunahme desselben eine Verringerung bis zu 1,18 v.T.,
das Leitvermögen unregelmäßige Aenderungen, bis um etwa 3 v.T. vom Mittel
abweichend. Alle diese Werte liegen weit oberhalb der Fehlergrenze, wir haben es
also hier mit wirklichen Schwankungen der physikalischen Eigenschaften zu tun bei
einer Verschiedenheit des Verjüngungsfaktors zwischen 0,96 und 0,86. Es ist also
wohl möglich, daß die beobachteten Abweichungen vom stetigem Verlauf bei Kurve Fig. 7 u. 8 in der
Verschiedenheit des Verjüngungsfaktors mitbegründet sind. Diese Abweichungen
vollständig durch die angestellten Versuche zu erklären, konnte nicht erwartet
werden, da die Reibung und ausserdem die Länge des Ziehlochs, von der nicht
festgestellt werden konnte, ob sie für alle Drahtstärken dieselbe war, von
bedeutendem Einfluß sind, wenn nicht gar noch andere unkontrollierbare Einflüsse
wirksam sind.
Die angestellten Versuche sollten nur festlegen, in welche Größenordnung die durch
veränderliche Ziehgeschwindigkeit und Verjüngungsfaktor hervorgerufenen Aenderungen
fielen, sie waren also nur qualitativ-quantitativer Natur. Während sich für die
Dichte eine gesetzmäßige Aenderung konstatieren ließ, war das für das Leitvermögen
nicht der Fall. Bei den Versuchen über Ziehgeschwindigkeit fallen die Aenderungen
innerhalb der Fehlergrenze, bei denen über den Verjüngungsfaktor schwanken sie
unregelmässig zwischen Grenzwerten, die um 3 v.T. maximal vom Mittel abweichen.
Inwieweit die durch verschiedene Schmierung verursachte verschiedene Reibung die
Verhältnisse beeinflußt, konnte nicht festgestellt werden.
Sache einer exakteren Messung würde es sein, unter möglichst gleichmäßigen
Reibungsverhältnissen die Ziehversuche anzustellen, und dann ein Material zu
verwenden, das vorher genau untersucht wurde, so daß nur die Aenderung von
Leitvermögen und Dichte gemessen würde. Ferner müßte man, um zu genaueren Resultaten
über die Ziehgeschwindigkeit zu gelangen, eine exaktere Messung derselben vornehmen;
außerdem wäre Form und Fläche des Ziehlochs in weitem Umfange zu
berücksichtigen.
Weitere Klarheit in die Verhältnisse würde durch direkte Messung der Kraft K bei den verschiedenen Versuchen gebracht werden
können. Es würde sich vielleicht empfehlen, zu dem Zweck das Zieheisen an Federn
nach dem Prinzip der Jolyschen Federwage oder besser
noch an dem kürzeren Hebelarm einer sog. Zeigerwage anzubringen. Alles das erfordert
aber mehr Mittel und Vorarbeiten, als Rahmen und Zweck dieser Arbeit zuließen.
Die Folgerungen, die sich aus den Versuchen über den Einfluß des Ziehens auf
Leitvermögen und Dichte entnehmen lassen, sind etwa:
1. Durch Kaltziehen nimmt das Leitvermögen von Kupferdrähten
abDer Ausspruch
F. Osmonds, Lum. el. XLVI. 1892 p. 94,
zu dem er durch seine Beobachtungen an weichem Stahldraht geführt wird,
daß man durch Ziehen die Bruchfestigkeit eines Drahtes erhöhen könne,
ohne ihn zu einem schlechteren Leiter zu machen, trifft also für Kupfer
nicht zu..
2. Die Dichte nimmt beim Ausgehen von schon hartgezogenem Draht
durch weiteres Ziehen zu.
3. Das Wachsen der Ziehgeschwindigkeit vergrößert die
aufzuwendende Kraft. Dadurch wird der Querschnitt und die Dichte verkleinert; –
– diese Verkleinerung der Dichte hat aber wohl ferner ihren Grund in
der Elastizität des Drahtes, indem nämlich die Moleküle, je weniger lange sie in
ihrer neuen Lage gehalten wurden, desto leichter dieselbe wieder zu verlassen
und den alten Querschnitt zu erfüllen bestrebt sind.
4. Mit stärkerer Verjüngung, d.h. mit kleiner werdendem
Verhältnis d/D wächst
die Kraft K und ebenfalls der Querschnitt, und zwar
wieder wegen der Elastizität des Drahtes, da derselbe viel eher den neuen
Querschnitt annimmt, wenn er in kleineren Intervallen auf denselben
heruntergezogen wird; beide Faktoren, das Anwachsen der Kraft K und des Querschnittes bewirken eine Abnahme der
Dichte.
5. Ein gesetzmäßiger Einfluß auf das Leitvermögen durch
verschiedene Ziehgeschwindigkeit und Verjüngung ließ sich nicht
feststellen.
II. Wärmebehandlung.
A. Dauernde Aenderung von Leitvermögen,
Temperaturkoeffizent des Leitvermögens, Zerreißfestigkeit und Dichte durch
Erhitzung
1. Bisherige ArbeitenEs können
hier nur die Arbeiten über reine Metalle Aufnahme finden.
Insbesondere müssen die über Legierungen, also die zahlreichen
Arbeiten über Stahl und Eisen wegen der besonderen bei ihnen
auftretenden Verhältnisse unberücksichtigt
bleiben..
Ueber die Widerstandsänderung infolge von Erhitzung ist schon aus älterer
Zeit eine Reihe von Arbeiten vorhanden, die aber z.T. in ihren Resultaten
nicht einwandfrei sind, weil sie den Einfluß der Oxydation und etwaiger
Verunreinigungen nicht genügend berücksichtigt haben. Von denen, die
diesbezügliche Untersuchungen gemacht haben, seien nur erwähnt: A. Mansson, Pouillet, J. Müller, Ed. Bequerd,
Siemens, Tondinson, Mayrhofer, M. Weber, Ascoli, P. Cohn,
Chevallier.
Von besonderer Wichtigkeit ist die Arbeit von L.
Addicks, der bei einer bestimmten Temperatur ein plötzliches
Ansteigen des Leitvermögens, bei weiterer Temperatursteigerung aber ein
Abfallen desselben konstatiert.
Nach den vorliegenden Arbeiten, insbesondere nach der letzterwähnten von L. Addicks ist wohl als feststehend anzunehmen,
daß das Leitvermögen von Kupferdrähten bei Erreichung einer bestimmten
Temperatur rapide steigt, dann nach Erreichung eines Maximums bei weiterem
Erhitzen langsam abfällt. Die Temperaturen, bei denen dieses geschieht,
wären noch genauer festzustellen.
Ueber die Aenderung des Temperaturkoeffizienten
des Leitvermögens mit der Erwärmung liegen, soviel mir bekannt, noch keine
Untersuchungen vor. Es existiert nur eine Arbeit von M. WeberM Weber: Inaug.-Diss. Berlin
1891., in der festgestellt wird, daß bei Aluminiumbronzen
Leitvermögen und Temperaturkoeffizient desselben mit der Bearbeitung sich
gleichmäßig ändern, d.h. gleichzeitig zu- resp. abnehmen.
Schließlich mögen noch Erwähnung finden die neueren Arbeiten über die
Aenderungen der Elastizität und Festigkeit infolge von Erwärmungen zwar speziell
mit Bezug auf Kupfer und verwandte reine Metalle. Die Verhältnisse bei den
Legierungen, insbesondere bei den Eisen-Kohlenstoff-Legierungen zeigen
Eigentümlichkeiten, die sie zum Vergleich ungeeignet machen.
Es kommen hier besonders die systematischen Arbeiten der Technischen
Versuchsanstalt zu Berlin in Frage, wie sie ausgeführt wurden von M. Rudeloff, A. Martens, E. Heyn. Besonders
interessant ist, daß M. Rudeloff ein rapides
Weichwerden des Kupfers ungefähr bei derselben Temperatur feststellt, bei
der später G.T. Beilby die plötzliche Aenderung
der mechanischen Festigkeit des Kupfers fand.
Zur Illustrierung der Vorgänge beim Glühen seien noch die neueren
Literaturnachweise über die Aenderung der Dichte
durch das Glühen gegeben. Die erste Angabe über diese Aenderung durch Glühen
eines Kupferdrahtes stammt von J.H. Gray und
J.B. Henderson. Sie erhitzen einen durch
Tordieren hartgemachten Draht auf Weißgluht, und finden in der Dichte eine
Abnahme von nicht über 1/10–1/15 v.H. In seinen sehr bedeutsamen Arbeiten
über Aenderung des spezifischen Gewichts beim Drahtziehen stellt G.W.A. Kahlbaum für die untersuchten
Platindrähte fest, daß durch das Ausglühen die Dichte des gezogenen Drahtes
um nahezu I v.T. steigt. Verfasser gibt an, daß sich Aluminium und Kupfer
analog verhalten. In einer weiteren Arbeit dehnte er seine Untersuchungen
auf andere Metalle aus und fand, daß Glühen stets ein Ansteigen der Dichte
zur Folge hat.
Schließlich findet noch R. Wegner für seine
untersuchten Platindrähte bei Erhitzung bis auf 200° gewöhnlich eine Zunahme
der Dichte. Die Größe dieser Zunahme wird nicht angegeben. Bei zwei
Golddrähten wird durch Erwärmung auf 200° und noch mehr beim Ausglühen eine
Zunahme der Dichte gefunden.
Erhitzen von gezogenem
Draht.
Es soll in der folgenden Untersuchung zunächst die Abhängigkeit der
dauernden Aenderung des Leitvermögens von der Erhitzungstemperatur
festgelegt werden. Meine diesbezüglichen Messungen sollen eine Ergänzung
und Erweiterung der Arbeiten von L. Addicks
und G.T. Beilby bilden, die mir allerdings
erst im Verlaufe meiner Untersuchungen bekannt wurden. Bei L. Addicks fehlt die Angabe der
Temperaturen, und Beilby hat seine
Untersuchungen nicht auf das Leitvermögen erstreckt.
Es soll ferner der Verlauf des Temperaturkoeffizienten als Funktion der
Erhitzungstemperatur und der Verlauf der Zerreißfestigkeit in der
gleichen Abhängigkeit bestimmt werden, letzteres, um mit den Resultaten
Beilbys vergleichen zu können.
Eine weitere Untersuchung soll sich befassen mit dem Einfluß der
Erhitzungszeit auf die Aenderung des
Leitvermögens.
2. Material.
Zu den Untersuchungen wurde hartgezogener Kupferdraht von etwa 0.5 mm
verwandt, der von dem gleichen Ausgangsmaterial stammte und mit großer
Sorgfalt auf den entsprechenden Durchmesser heruntergezogen war, so daß man
annehmen konnte, daß die Drähte sich im Zustande nahezu gleicher Härte
befanden.
3. Apparate und
Meßmethoden.
a) Glühen der Drähte.
Das Glühen der Drähte erforderte, um eine möglichst gleichmäßige
Temperatur längs des Drahtes zu haben und um diese Temperatur möglichst
genau messen zu können, besondere Vorkehrungen. Es wurde eine Reihe von
Apparaten probiert, und die endgültige Anordnung ist das Resultat
zahlreicher Versuche.
Bei den Vorversuchen, die ich anstellte, um mich über die
Größenordnung der eintretenden Aenderungen und die infolgedessen nötige
Genauigkeit der elektrischen Messung zu informieren, wurde zum Glühen
der Drähte ein elektrischer Ofen von W.C.
Heraeus in Hanau benutzt, dessen etwa 440 mm langes und 20 mm
weites Porzellanrohr mit einem Heizband aus Platin umwickelt war. Der zu
untersuchende Draht wurde in ein abgedichtetes Kupferrohr gebracht, das
mittels Wasserstrahlpumpe evakuiert wurde, um eine Oxydation des Drahtes
zu vermeiden. Die Temperaturbestimmung geschah durch vorheriges Eichen
des Ofens mit einem Pt-PtRh-Element, und wurde während des Versuches nur
aus der Spannung an den Klemmen des Ofens bestimmt.
Später bei den Hauptversuchen wurde diese Methode der Wärmezufuhr von
außen verlassen, weil nicht mit Sicherheit die Temperatur des im Innern
des Kupferrohres befindlichen Drahtes festgestellt werden konnte, – daß
sie gleich der an der Außenwandung des Kupferrohres gemessenen ist, ist
nicht ohne weiteres anzunehmen –, und der Draht wurde elektrisch
geheizt.
Um das Glühen der Drähte und die Temperaturmessung bequem vornehmen zu
können, habe ich mir folgende Vorrichtung herstellen lassen, die in Fig. 9 abgebildet ist.
Textabbildung Bd. 324, S. 792
Fig. 9.
Das Glasrohr ab ist an dem Ende b in ein Schlauchstück zur Aufnahme des
Luftpumpenschlauches ausgezogen, am Ende a
ist ein innen schwach konisches Messingrohr c eingekittet, in das ein Konus d
gleichfalls aus Messing hineinpaßt. Die Konusse müssen gut
eingeschliffen sein. Der Vollkonus hat vier Bohrungen, durch die
isoliert die Stromzuleitungen e und f sowie die Zuführungsdrähte für das
Thermoelement i mittels Bleiglätte
eingekittet sind. Der zu glühende Draht h
wird in die Klemmen der Zuführungsdrähte ef
eingespannt und das in seiner Mitte mit Silber angelötete Thermoelement
mit seinen Zuleitungen verbunden. Der Kupferdraht sowohl wie das
Thermoelement führen noch durch zwei resp. eine Stütze aus Glimmer g, die an zwei Stellen der 4 mm starken
Zuleitung f angesetzt sind. Wenn der
Kupferdraht und das Thermoelement eingeklemmt sind, wird das Ganze in
das Glasrohr eingeschoben, nachdem vorher der Konus ganz wenig
eingefettet war. Es wurde nunmehr die Luftpumpe angeschlossen und das
Rohr auf etwa 12 mm evakuiert, was an einem angeschlossenen
Quecksilbermanometer kontrolliert wurde. Dadurch wurde eine Oxydation
des Kupferdrahtes, wenn die Erhitzung nicht zu lange Zeit dauerte,
vermieden. Selbst nach Erhitzung auf Weißgluht, war der Draht goldgelb
und blank geblieben. Die ganze Versuchsanordnung ist aus Fig. 10 ersichtlich.
b) Temperaturmessung.
Die Erhitzungstemperatur wurde mit vorher geeichten Thermoelementen aus
Eisen-Constantan bestimmt. Durch das Anlöten der Lötstelle an den Draht
wurde bewirkt, daß jene die gleiche Temperatur wie der Draht hatte. Es
mußte nur darauf geachtet werden, daß die Lötstelle den Draht wenig
verdickte, damit nicht der Draht infolge der größeren Oberfläche an
dieser Stelle eine niedrigere Temperatur hatte.
Um die Wärmeableitung durch die Thermoelemente auf ein Minimum zu
beschränken, wurde die Drahtstärke für dieselben möglichst klein
genommen; sie betrug ca. 0.15 mm.
Textabbildung Bd. 324, S. 792
Fig. 10.
Die E.M.K. der Thermoelemente wurde mit einem Millivoltmeter von Hartmann und Braun gemessen, dessen Meßbereich 16.5 M. V, betrug, und das
einen Widerstand von 332 Ohm hatte. Das Instrument war von der
Reichsanstalt geeicht worden. Die Thermoelemente selber wurden zunächst,
um den geradlinigen Verlauf- denselben hat zuerst A. KleinerA.
Kleiner: Arch. sc. phys. et nat. (3) 32 p. 280.
1894. gefunden – zu kontrollieren, bei einer Reihe
von Temperaturen zwischen 100° und 370° untersucht, und als geradlinig
in diesen Intervallen gefunden. Für die bei den Versuchen benutzten
Thermoelemente wurden stets nur 3 Punkte für jedes Element aufgenommen,
und zwar Siedepunkt des Wassers = 100°, Erstarrungspunkt von KNO3 + NaNO3 = 224° und der Erstarrungspunkt von KNO3 = 340°. Der Verlauf der Kurve ist
innerhalb der Temperaturen, auf die es wesentlich wegen der dort
auftretenden großen Aenderung der physikalischen Eigenschaften ankommt,
garantiert, darüber hinaus wurde er bis zu 600° extrapoliert, was
zulässig ist, da nach Post-NeumannPost-Neumann, Techn. Analysen, 3.
Aufl. Bd. I, 1,. Teil, S. 98 (Cap. Pyrometrie). die
Kurve der Eisen-Constantanelemente bis 600° geradlinig verläuft. Für die
zu glühende Drahtserie wurde nur ein Thermoelement benutzt. Es wurden
nämlich für einen Draht der benutzten Stärke die Thermokräfte, (also die
Temperaturen), und die Stromstärken, die dazu nötig waren, dieselben
herzustellen, aufgenommen. Dann wurde für jede Stromstärke die
zugehörige Temperatur aus der Kurve: „E.M.K. gleich Funktion der
Temperatur“ entnommen und in einer Kurve; „Stromstärke gleich
Funktion der Temperatur“ aufgetragen. Wir können nun aus dieser
Kurve für jede gewünschte Temperatur die nötige Stromstärke entnehmen
und brauchen dann nur durch Regulierung des Vorschaltwiderstandes die
betreffende Stromstärke in dem Draht herzustellen. Der Fehler dieses
Vorgehens besteht, den geradlinigen Verlauf der Thermokraft
vorausgesetzt, nur in dem verschiedenen Querschnitt der zu
untersuchenden Drähte, und der ist, wie wir bei unseren Untersuchungen
über das Drahtziehen gesehen haben, nicht größer als 1 v.H. Viel größer
wird unter Berücksichtigung der Fehler, die bei der Aufnahme der Kurven
vorkommen, der Fehler der Temperaturbestimmung auch nicht sein.
c) Widerstandsmessung.
Der Widerstand der Drähte wurde mit der Thomsonschen Brückenschaltung genau wie oben gemessen. Der
Draht wurde vor dem Glühen auf seinen Widerstand untersucht, dann in dem
Versuchsrohr erhitzt, und darauf wurde der Widerstand des gleichen
Drahtstückes
zum zweiten Male gemessen. Da die Schneiden kleine Eindrücke
hinterließen, machte das keine Schwierigkeiten. Es wurde also nur die
Widerstandsänderung bestimmt.
d) Temperaturkoeffizient des Widerstandes.
Zur Bestimmung des Temperaturkoeffizienten wurde das mit guten
Wärmeisolatoren sorgfältig verpackte Petroleumbad mittels einer
Widerstandsspirale elektrisch geheizt und mit dem durch einen
Elektromotor getriebenen Rührer gut umgerührt. Die Temperaturmessung
geschah mit einem in ⅕ Grad geteilten Thermometer.
e) Zerreißfestigkeit.
Die Zerreißfestigkeit wurde mittels eines einfachen Zerreißapparates, wie
er in Figur 11 schematisch dargestellt
ist, ermittelt. Die Bruchlast wird an der Skala auf dem
Laufgewichtshebel abgelesen. Jeder Draht der Serie wurde in 6–8 Stücke
geschnitten und für jedes dieser Stücke die Bruchlast ermittelt.
Aus sämtlichen Werten wurde dann das Mittel genommen, und mit diesem und
dem Querschnitt des Drahtes die Zerreißfestigkeit berechnet.
Textabbildung Bd. 324, S. 793
Fig. 11.
f) Dichtebestimmung.
Die Dichtebestimmung wurde in gleicher Weise wie bei den gezogenen
Drähten ausgeführt.
(Fortsetzung folgt.)