Titel: | Polytechnische Rundschau. |
Fundstelle: | Band 324, Jahrgang 1909, S. 813 |
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Polytechnische Rundschau.
Polytechnische Rundschau.
Berechnung von Steineisendecken.
Nach dem Erlaß des Ministers der öffentlichen Arbeiten in Preußen vom 21, Januar 1909
ist bei der Berechnung der Steineisendecken das Verhältnis der Elastizitätsmodulen
von Eisen und Stein zu n=\frac{E_e}{E_s}=25 anzunehmen, während
bei Eisenbetondecken dieser Wert n= 15 ist.
Die zulässige Druckspannung ist 15 v.H. der Ziegeldruckfestigkeit, jedoch nicht
größer als 35 kg/qcm. Eine zur Erhöhung der Tragfähigkeit aufgebrachte Betonschicht
wird nur von 3 cm Stärke an berücksichtigt und muß eine Mischung von 1 Teil Zement
und 3 Teilen Kiessand haben. Ist diese Betonschicht stärker als 5 cm, so ist die
Decke als Eisenbetondecke zu berechnen. Auf Grund dieser Bestimmungen sind Formeln
für die direkte Berechnung von Steineisendecken unter Annahme bestimmter
zugelassener Spannungen ermittelt unter Anwendung folgender Bezeichnungen:
σd
größte Druckspannung in Stein oder Beton,
σe
größte Zugspannung in Eisen,
x
Höhe der Druckzone im auf Biegung bean- spruchten
Steineisenbalken,
h
1
Hebelarm der inneren Kräfte im auf Biegung beanspruchten
Querschnitte,
h
Nutzhöhe des Querschnittes, d.i. der Abstand des Schwerpunktes der
Eiseneinlage von der gedrückten Kante,
M
Biegungsmoment für I m Deckenbreite,
f
e
Eisenquerschnitt für 1 m Deckenbreite.
Aus der folgenden Tabelle sind die für die einzelnen angenommenen Spannungen
erforderlichen Höhen und Eisenquerschnitte ersichtlich.
σd
σe
x
h
1
h = α√M
fe = μ . h
kg/qcm
101520253035
1000
0,200 h0,273 h0,333 h0,385 h0,429 h0,467 h
0,933 h0,909 h0,889 h0,872 h0,858 h0,844 h
1,035 √M0,733 √M0,580 √M0,488 √M0,426 √M0,381 √M
0,100 h0,205 h0,333 h0,481 h0,642 h0,817 h
Das Biegungsmoment M ist in mkg für 1 m Breite
einzusetzen. Dann erhält man die Nutzhöhe h in cm. Der
Eisenquerschnitt fe
wird in qcm für 1 m Plattenbreite erhalten, wenn man die Nutzhöhe h in cm einsetzt.
Bei Deckenplatten zwischen eisernen Trägern kann mit dem Biegungsmoment
q\,\frac{l^2}{10} für gleichmäßig verteilte Belastung
gerechnet werden. Der Wert h1 dient zur Berechnung der Schubspannung τb und der Haftspannung τe, deren
Größtwerte sich aus den Formeln:
\tau_b=\frac{A}{b\,h_1}
\tau_e=\frac{A}{U\,h_1}
ergeben.
Hierbei ist A der Auflagerdruck in kg, b die Plattenbreite (gewöhnlich 100 cm), U der Umfang der auf die Breite b entfallenden Eiseneinlagen.
Ein Vergleich mit den entsprechenden Eisenbetonberechnungen zeigt, daß für das
gleiche Biegungsmoment bei den Steineisendecken die Nutzhöhe h etwas geringer und der Eisenquerschnitt fe etwas größer wird als bei
Eisenbetondecken. (Weiske.) (Zement und Beton 1909. S.
501–505.)
Dr.-Ing. Weiske.
Ein neuer Gefällstärker.
Textabbildung Bd. 324, S. 813
Fig. 1.
Für Wasserkraftanlagen, die bei hohem Wasserstande unter dem Rückstand zu leiden
haben, hat bekanntlichS.D. P. J.S. 431 d.
Bd.
Clemens Herschel einen Gefällstärker vorgeschlagen, bei
welchem ein Teil des überschüssigen Wassers zum Absaugen des Turbinenwassers benutzt
wird. Eine grundsätzlich ähnliche Einrichtung, die von Geh. Baurat Prof. Danckwerts herrührt, ist in Fig. 1 dargestellt. Während bei normalem Wasserstand das in der Turbine
ausgenutzte Wasser durch die geöffnete Klappe abfließen kann, wird es bei Hochwasser
in ein an den Saugschacht der Turbine anschließendes Heberrohr geleitet, aus dem es
einer Wasserstrahlpumpe mit beweglichem Holz- oder Betondorn zufließt. Diese erzeugt
eine Saugwirkung, welche zur Vermehrung des Gefälles ebenso beiträgt, wie die
gelochte Kegeldüse des Herschelschen Gefällstärkers.
Die Vorteile dieser Einrichtung bestehen zunächst darin, daß die unwirtschaftliche
Drosselklappe von Herschel durch die Verstellung
des Strahlpumpendornes ersetzt ist. Zum Entlüften des Hebers verwendet man
zweckmäßig- einen Behälter mit zwei Hähnen, die beide tiefer als das Oberwasser
liegen. Durch abwechselndes Oeffnen und Schließen dieser Hähne wird der Behälter
abwechselnd mit Luft aus dem Heber und mit Wasser gefüllt, und so die Luft
allmählich entfernt. Man kann aber auch auf den Heber eine kleine Wasserstrahlpumpe
aufsetzen, die aus dem Oberwasser gespeist wird. Da die Einrichtung auch in der
Anlage billig ist, so eignet sie sich insbesondere auch für solche Anlagen, die mit
Rücksicht auf die Erhaltung der Volleistung bei Hochwasserstand mit drei
übereinander befindlichen Turbinen ausgerüstet werden müssen (Genf) oder mit
besonders langsam laufenden Turbinen versehen werden, z.B. die amerikanischen
Niederdruck-Kraftanlagen. Der geringe Wirkungsgrad der Strahlpumpe kommt bei der
Kürze der Betriebszeit des Gefällstärkers kaum in Betracht, zumal da das Wasser
hierbei noch immer besser ausgenutzt wird, als daß es ungenutzt abläuft. Endlich
kann man solche Einrichtungen auch für Kraftwerke verwenden, welche an den Abflüssen
großer Seen liegen und mit großen Mittelwassermengen sowie sehr geringen Gefällen
arbeiten. (Zentralblatt der Bauverwaltung 1909, S. 403 bis 404.)
H.
Temperator.
Unter dem Namen Temperator bringt G.A.
Schultze-Berlin-Charlottenburg einen selbsttätigen Wärmeregler, Bauart Clorius, in den Handel, dessen Wirkungsweise im
wesentlichen in folgendem besteht. Ein vollständig mit luftfreiem Oel gefüllter
Hohlkörper, der Wärmeaufnahmekörper, wird durch das ihn umgebende Medium, dessen
Temperatur geregelt werden soll, erwärmt. Der durch die Ausdehnung des Oeles
entstehende Druck pflanzt sich durch ein dünnes, mit luftfreiem Wasser gefülltes
Rohr auf einen zweiten Hohlkörper, den Ausdehnungskörper, fort, der durch seine
Längsausdehnung das Regulierventil in dem Heizrohr betätigt.
Die Empfindlichkeit des Apparates hängt im wesentlichen von dem Verhältnis zwischen
Oberfläche und Inhalt des Wärmeaufnahmekörpers ab. Zu letzterem wird daher entweder
ein einfaches zylindrisches Gefäß A,
Fig. 1, verwendet, das zu besonderen Zwecken, so
z.B. für Vorwärmeapparate, auch gekrümmt sein kann, oder es wird zur Erzielung
größerer Empfindlichkeit als Röhrenbündel Fig. 2
hergestellt, so daß die Wärmeeinflüsse schneller wirken können. Der
Ausdehnungskörper M befindet sich in dem starkwandigen
Messingrohr C, das am oberen Ende durch die
Verschraubung Z mit dem zu regulierenden Ventil D verbunden und unten durch eine Stopfbüchse
abgeschlossen ist, bestehend aus der auf das Rohr C
fest aufgelöteten Gewindebüchse G, der Ueberwurfmutter
E, der Gegenmutter F
und der Packung T.
In der Stopfbüchse steckt das lange zylindrische Endstück des Leitungsrohres B, das an der Kordelschraube S in der Höhenrichtung einstellbar und am oberen Ende an den
Ausdehnungskörper M angeschlossen ist. Dieser besteht
aus einem starkwandigen, aus bestem Paragummi hergestellten Schlauch, der oben durch
die massive Schlauchtülle P fest verschlossen und innerhalb seiner Nutzungslänge von
flachen, übereinander liegenden und ihn dicht umschließenden Ringen Q umgeben ist. Von letzteren sind immer die zweiten mit
je drei Nasen versehen; sie führen den Ausdehnungskörper M bei seiner Dehnung innerhalb des darüber geschobenen Schutzrohres L.
An die Tülle P ist durch eine mit Gewinde versehene
Stange das Federgehäuse N angeschlossen, das in
das Schutzrohr L hineinragt und aus einem Messingrohr
mit eingesetzter Mutter am unteren und fest eingeschraubtem Boden am oberen Ende
besteht. In letzteren ist eine Verlängerungsstange eingeschraubt, die gegen die
Spindel des Ventilkegels V drückt und so gegebenen
Falles das Schließen des Ventils bewirkt.
Textabbildung Bd. 324, S. 814
Fig. 1.
Falls der Abschluß infolge Verunreinigungen des Ventilsitzes unvollkommen ist, so muß
Uebererwärmungeintreten. Hierdurch kann der in dem Wärmeaufnahmekörper entstehende
Flüssigkeitsdruck außerordentlich gesteigert werden. Die Aufgabe der im Gehäuse N liegenden Feder ist es dann, zu verhüten, daß hierbei
der Bruch eines Teiles des Apparates eintritt. Zu diesem Zweck erhält die Feder beim
Bau des Apparates eine Spannung, die etwas stärker ist, als der auf dem betreffenden Ventil lastende
Betriebsdruck. Die Feder kann also durch den Betriebsdruck nicht zusammengedrückt
werden, bildet vielmehr ihm gegenüber ein starres Glied zwischen dem
Ausdehnungskörper M und dem Ventilkegel V. Erst wenn die vorerwähnte Uebererwärmung eintritt,
wird die Feder infolge der fortschreitenden Ausdehnung von M zusammengedrückt und gleicht die zerstörende Wirkung des überschüssigen
Druckes aus.
Der Ausdehnungskörper M wird in dem Ventilrohr C stets so gelagert, bezw. die Länge dieses Rohres wird
so bemessen, daß eine schädliche Erwärmung des Gummischlauches durch
Uebertragungswärme niemals, auch bei überhitztem Dampf nicht, stattfinden kann. Zur
weiteren Konservierung des Schlauchkörpers dient auch, daß er stets von Wasser
umgeben ist, denn schonbei der Montage wird das Ventilrohr C mit Wasser gefüllt. Ein Aufsaugen dieser Wasserfüllung bei Vorhandensein
von überhitztem Dampf tritt nur in dem obersten Teil des Ventilrohres C ein; in dessen kühlerem Teil ersetzt sich die
Wasserfüllung stets wieder durch Kondensation, so daß der Schlauchkörper M niemals im Trocknen liegt und niemals einer
Temperatur ausgesetzt wird, die ihm schädlich werden könnte. Es ist das ein ganz
besonderer Vorteil der eigenartigen Konstruktion des Temperators.
Textabbildung Bd. 324, S. 815
Fig. 2.
Bei Inbetriebsetzung wird der Temperator mittels der schon erwähnten Kordelschraube
so eingestellt, daß der Ventilkegel V abschließt,
sobald die gewünschte Höchsttemperatur erreicht ist. Die Grenze der Regelung beträgt
bei den gewöhnlichen Apparaten 10 Grade, d.h. sie lassen sich um je 5° unter und
über die normale Temperatur einstellen. Für besondere Zwecke wird sie auf 50°
erweitert.
Textabbildung Bd. 324, S. 815
Fig. 3.
Die Temperatorventile s. a. Fig. 3 haben für Dampf-
und Warmwasserheizungen bei gleichem Aussehen die gleichen Baulängen wie die
gewöhnlichen Absperrventile, nur daß sie unten die Oeffnung für den Anschluß des
Temperators besitzen. Die Spindel o des Ventilkegels
ist zentrisch in dieser Oeffnung in einer Büchse geführt. Letztere besitzt am oberen
Ende die kreisrunde Platten, an der sie durch den von unten her eingeschraubten Ring
m gehalten wird und auf die der Kegelkörper sich
auflegt und so den Abschluß nach außen bewirkt. Die zwischen der Platte n und der Mutter h
eingeschaltete Spiralfeder k hat das Bestreben, das
Ventil offen zu halten.
Als besondere Vorzüge mögen folgende Umstände erwähnt sein: Der Ventilkegel steht
nicht in fester Verbindung mit dem Regler, so daß er ohne besondere Vorsicht
herausgenommen und wieder eingeschraubt werden kann, falls Reinigen oder
Nachschleifen des Ventilkegels erforderlich ist. Zwischen den beweglichen Teilen des
Reglers und dem Ventilkegel ist keine Stopfbüchse vorhanden, die leicht zu Störungen
führen könnte. Der Ventilkegel schließt auch nach außen hinreichend dicht ab, so daß
der Regler bei Warmwasserheizungsanlagen abgeschraubt und wieder angebracht werden
kann, ohne daß es nötig wäre, das Wasser aus der Anlage abzulassen.
ε.
Das Kraftwerk Castelnuovo-Valdarno.
Die der „Societá mineraria ed elettrica del
Valdarno“ in der Provinz Toskana bei San Giovanni-Valdarno gehörigen
reichhaltigen Lignitlager erschwerten infolge eines Wassergehaltes der geförderten
Braunkohle von 40–50 v.H. eine gewinnbringende Ausbeute. Die Gesellschaft errichtete
daher eine elektrische Zentrale und Kraftübertragung zwecks Verwertung der Kohle an
Ort und Stelle. Die erzeugte Energie wird in Form von Drehstrom von 33000 V Spannung
mittels 5 Hochspannungsleitungen nach Florenz, Prato, Figline, Siena und nach dem
Valdarno geleitet. Die geförderte Kohle wird unmittelbar nach dem bei der Grube
errichteten, mit dieser durch ein Zufahrtgleis verbundenen Kesselhause gebracht. Das
55 m lange, 30 m breite und 17 m hohe Kesselhaus enthält 10, für die Verbrennung der
stark wasserhaltigen Kohlen besonders eingerichtete Babcock-
& Wilkoxsche Wasserröhrenkessel von je 480 qm Heizfläche, deren
Beschickung selbsttätig von einer Siloanlage aus erfolgt. Bei einer Beschickung von
4000 kg Lignit liefert jeder Kessel 6000 kg Dampf von 13 Atm. Der unmittelbar an das
Kesselhaus sich anschließende, 21 m breite und 67 m lange Maschinensaal der Zentrale
enthält drei liegende Vierzylinder-Verbundmaschinen mit dreifacher Expansion, die je
2400 PSi bei 93,7 Umdreh./Min. leisten und mit Ventilsteuerung und
Zentrifugalregulator, Bauart Lentz, versehen sind. Mit
ihnen direkt gekuppelt sind drei Drehstromdynamos der British Westinghouse Co. in Manchester für je 1800 KVA, 6000 V und 50
Per/Sek., deren Erregung durch zwei sechspolige Gleichstrommaschinen für je 130 KW
und 125 V und 485 Umdreh.-Min. erfolgt. Der erzeugte Drehstrom wird für die
Fernleitung von 6000 auf 33000 V transformiert. Die nach ganz modernen Grundsätzen
entworfene Schaltanlage ist dadurch wesentlich vereinfacht, daß im
Hochspannungsstromkreis je ein Generator mit einer Transformatorengruppe gleicher
Leistung eine zusammengehörige Einheit bildet, und erst die Sekundär- oder
Oberspannungsklemmen der Transformatoren durch Ringsammelschienen verbunden sind. Je
drei Einphasenwechselstrom-Transformatoren von 600 KVA Leistung sind in
Dreieckschaltung zu je einer Gruppe vereinigt, die unter Zwischenschaltung eines
selbsttätigen Maximalölschalters mit den Hauptsammelschienen für 33000 V verbunden
ist. Letztere sind als Ringleitung ausgebildet und von ihnen zweigen sich die fünf
Fernleitungen ab. Die hinter den Schaltfeldern für die Generatoren befindlichen, die
Spannung von 6000 V auf 33000 V erhöhenden Transformatoren sind Kerntransformatoren
der üblichen Bauart mit künstlicher Luftkühlung. Sie sind auf Rollen fahrbar und
können mittels eines kleinen Wagens zur Reparaturwerkstatt gebracht werden. Die
künstliche Kühlung erfolgt für jede Transformatorengruppe durch einen Sulzerschen Mitteldruck-Zentrifugalventilator. Die
Fernleitungen sind gegen atmosphärische Entladungen und Ueberspannungen durch
Induktionsspulen und Hörnerfunkenstrecken mit in Serie geschalteten
Wasserwiderständen geschützt. Parallel dazu liegt ein Wasserstrahlapparat für
dauernde Erdung. Als Leitungsmasten kommen durchwegs eiserne Gitterkonstruktionen
zur Anwendung. Die Glockenisolatoren sitzen auf hölzernen Querträgern. Der Abstand
zweier Drähte beträgt im Minimum 750 mm. (Pasching.)
(Elektrotechnische Zeitschrift 1909. S, 844 und 868.)
J.
Die Wasserkraftanlagen der Schenectady Power
Company.
Der planmäßige Ausbau von Wasserkräften macht auch in den Vereinigten Staaten immer
weitere Fortschritte. Ein Beispiel hierfür bilden die Anlagen, welche die Schenectady Power Company vor einiger Zeit am Hoosic
River fertiggestellt hat, und welche insbesondere dazu bestimmt sind, das
Dampfkraftwerk von 10000 KW Gesamtleistung zu unterstützen, welches sich in der
annähernd 32 km entfernten Fabrik der General Electric
Company in Schenectady befindet. Der im westlichen Teil von Massachusetts
entspringende Hoosic River, dessen Wassermenge nach Messungen des United States
Geological Surrey bei Buskirk, N.Y., zwischen 2,83 und 481,4 cbm in der Sekunde
wechselt, hat ein Niederschlagsgebiet von 1530 qkm. Bei dem Orte Schaghticoke ist
ein Gefälle von 45,72 m Höhe verfügbar. Da aber hier keine Möglichkeit vorhanden
war, eine große Wassermenge anzustauen, so hat man 8 km flußaufwärts bei
Johnsonville eine große Talsperre angelegt, welche auch in den Zeiten niedrigen
Wasserstandes gestattet, den Betrieb der Anlagen aufrecht zu erhalten. Der Staudamm
bei Johnsonville erzeugt allerdings nur 9,14 m Nutzgefälle, bildet aber dafür einen
Stausee von 316 ha Oberfläche und etwa 9850000 cbm Wasserinhalt, während durch den
Staudamm bei Schaghticoke wohl ein Gefälle von 45,72 m nutzbar gemacht, dagegen nur
ein Stausee von 58,5 ha Oberfläche und annähernd 1235000 cbm Wasserinhalt gebildet
wird. Der Betrieb der beiden Werke ist nach dem Muster ähnlicher an einem und
demselben Wasserlauf befindlicher Anlagen so gedacht, daß das obere womöglich stets
mit gleichbleibender Belastung arbeitet und sein Betriebswasser wieder in das
Flußbett ableitet, während das untere Werk, welches die gleiche Wassermenge
ausnutzt, die Schwankungen im Kraftbedarf aufzunehmen hat.
In bezug auf die bauliche Ausführung weisen die beiden Kraftwerke erhebliche
Unterschiede auf, die insbesondere durch die Verschiedenheit der Gefällhöhen bedingt
sind. Das obere Kraftwerk Johnsonville besitzt einen bis zu 11,2 8 m hohen und 10,36
m an der Sohle breiten Staudamm von insgesamt 161,54 m Kronenlänge, der an einem
Ende in der Form einer 54,8 m langen Kernmauer in das benachbarte Erdreich bis auf
den Felsboden fortgesetzt ist, damit Unterspülungen des Dammes verhindert werden,
und an dessen anderem Ende sich das Kraftwerk befindet. Nach diesem Ufer hin setzt
sich das Dammauerwerk in einem Einlaufbecken fort, dessen Abgrenzung nach dem
Flußlaufe hin durch unter dem Wasser liegende Bögen gebildet wird, derart, daß die
herangeschwemmten Eisschollen und anderen Schwimmkörper durch die entstehende
Strömung abgelenkt und einer hierfür am Ende des Dammes angeordneten
Ueberlauföffnung zugeführt werden. An das erwähnte Einlautbecken schließen sich zwei
offene, durch Rechen abgegrenzte Turbinenkanäle von je 14,63 m Länge an und an diese
das eigentliche Maschinenhaus des Kraftwerkes. Die Turbinen sind in den offenen
Kammern untergebracht und ihre wagerechten Wellen setzen sich durch Stopfbüchsen in
der Hauptmauer des Maschinenhauses zu den darin aufgestellten elektrischen Maschinen
fort. Wegen der großen Beanspruchungen, die das Mauerwerk, insbesondere bei
Hochwasser, auszuhalten hat, sind alle Teile desselben in sich zusammenhängend
aus Eisenbeton mit sorgfältig verteilten Verstärkungen hergestellt. Die beiden
Hauptmaschinen sind Doppelturbinen mit achsialem Ausgleich, gebaut von Morgan Smith & Co. und leisten je 3400 PS bei 11,58
m Nutzgefälle und 50,97 cbm in der Sekunde Wasserbrauch. Sie sind mit Lombard-Druckölregulatoren ausgerüstet und treiben
Drehstromerzeuger von je 1800 KW Leistung, 4000 V Spannung und 40 Perioden in der
Sekunde, welche mit 110 V-Erregermaschinen unmittelbar gekuppelt sind. Bei 10,97 m
Nutzgefälle und einem Gesamtwirkungsgrad der Maschinengruppen von 75 v.H. soll der
Inhalt der Talsperre für eine Leistung von 200000 KW/St, ausreichen. Der Strom wird
in Transformatoren auf 32000 V Hochspannung umgewandelt.
Im Gegensatz zu dem vorstehend beschriebenen, ausgesprochenen
Niederdruckwasserkraftwerk trägt die Anlage bei Schaghticoke alle Kennzeichen eines
Hochdruckwasserkraftwerkes. Sie nutzt ein Gefälle von 45,72 m Höhe aus, welches sich
durch Abschneiden einer S-förmigen Krümmung des Flußbettes an dieser Stelle ergibt,
und besteht, wie alle Anlagen mit größerem Gefälle, aus einem Staudamm, einem
Oberwasserkanal mit Wasserfassung und einer Druckleitung zum Kraftwerk. Obgleich das
Flußbett an dieser Stelle nur etwa 120 m breit ist, hat der Staudamm bei 8,84 m
größter Höhe und 8,75 m größter Sohlenbreite eine Kronenlänge von 207 m erhalten,
damit er seiner Aufgabe, als Ueberfallwehr zum Ableiten des Hochwassers zu dienen,
mit Sicherheit gerecht wird. Er enthält deshalb nur zwei Hochwasserschützen, welche
allein zum Bewältigen des Hochwassers nicht genügen würden. Durch einen aus acht 1,8
m breiten und 2,7 m hohen Schützenöffnungen gebildeten Einlauf gelangt das Wasser in
den annähernd 518 m langen, am Boden 6 m breiten und für eine Wassertiefe von 4,57 m
berechneten offenen Triebwerkskanal, welcher in ein als Wasserfassung dienendes
Becken mündet. An dieses schließt sich eine etwa 3800 mm weite genietete
Druckrohrleitung an, welche den mittleren Strang der erwähnten S-Krümmung des
Flusses auf einer Gitterträgerbrücke von 30 m Spannweite überschreitet und an einem
Ausgleichbehälter von 12,19 m und 17,07 Höhe endigt. Dieser Behälter ist aus
Stahlblech hergestellt und liegt auf einem Hügel in unmittelbarer Nähe des
Kräftwerkes. Die von ihm ausgehenden Druckleitungen sind daher verhältnismäßig kurz;
vier davon haben je 1829 mm Weite und speisen die Hauptturbinen, während eine fünfte
von 609 mm Weite die Erregermaschinen versorgt. Die Hauptmaschinen sind Francis-Turbinen mit senkrechter Welle, gebaut von der
Pelton Water Wheel Company, und leisten je 5000 PS
bei 44,5 m Nutzgefälle und 300 Umdrehungen in der Minute. Sie sind mit
Oeldruckregulatoren versehen, deren Umlaufzahl beim Parallelschalten vom Schaltbrett
aus eingestellt werden kann und treiben 3000 KW-Drehstromerzeuger von 4000 V und 40
Perioden in der Sekunde an. Die Erregermaschinen von je 150 KW Leistung und 250 V
Spannung werden von 250pferdigen Pelton-Francis-Turbinen mit wagerechter Welle mit 600 Umdrehungen in der
Minute unmittelbar angetrieben. Der Strom wird ebenso wie in Johnsonville auf 32000
V Hochspannung umgeformt und nach Schenectady geleitet. (The Engineering Record 1909
II, S. 88 bis 90 und S. 133 bis 135.)
H.