Titel: | Ueber die Einwirkung von Strukturänderungen |
Autor: | Hermann Gewecke |
Fundstelle: | Band 324, Jahrgang 1909, S. 817 |
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Ueber die Einwirkung von
Strukturänderungen
auf die physikalischen, insb. elektrischen
Eigenschaften von Kupferdrähten und über die Struktur des Kupfers in seinen
verschiedenen Behandlungsstadien.
Von Dipl.-Ing. Hermann Gewecke,
Darmstadt.
(Schluß von S. 810 d. Bd.)
Ueber die Einwirkung von Strukturänderungen.
III. Untersuchung der
Struktur.
1. Bisherige Arbeiten.
Die eingehende Untersuchung der Metallstruktur ist noch keineswegs alt. Wohl die
erste in Betracht kommende Arbeit über die Molekularstruktur der Metalle stammt
von S. Kalischer, der nach der Beobachtung, daß
Zink durch Glühen kristallinisch wirdS. Kalischer: Verhandlg. d. phys.
Ges. Berlin I p. 33 bis 39. 1882., auch noch eine ganze Reihe
von anderen Metallen daraufhin untersuchteS. Kalischer: Chem. Berichte 14 p.
2747 bis 54. 1881.Nach Drucklegung meiner Arbeit wurde ich von Herrn Geh.
Regierungsrat Professor M. Rudeloff darauf
aufmerksam gemacht, daß über die Struktur des Eisens von A. Martens ältere Arbeiten vorliegen,
Z.d.V.d.J. 1878 p. 11, 205 und 481; und 1880 p. 397..
Besondere Beachtung verdienen die ausführlichen Untersuchungen von J.A. Swing und vor allem die zahlreichen Arbeiten
von G.F. Beilby. Beide Forscher stellen auch
interessante Theorien über die Vorgänge im Innern der von ihnen
verschiedenartiger Behandlung unterworfenen Metalle auf. Wertvolle
Untersuchungen über Kupfer und Sauerstoff sind ferner von E. Heyn ausgestellt, sowie über Kupfer in
verschiedenen Zuständen der Bearbeitung von L.
Addicks, während William Campbell sehr
schöne Mikrophotogramme von verschiedenen Metallen angefertigt hat.
Die hier mitgeteilten Photogramme bilden im großen Ganzen einen Beleg für die
Gültigkeit der neuerdings aufgestellten Theorien auch für das Kupfer, resp. eine
Erweiterung und Abänderung dieser Anschauungen.
Außerdem wurden einige bisher mikro-photo-graphisch noch nicht untersuchte
Vorgänge in den Kreis der Beobachtungen einbezogen.
Die Anordnung der Photogramme wurde so gewählt, daß der ganze Entwicklungsprozeß
des Kupfers von der elektrolytisch niedergeschlagenen Form bis zu der des weich
geglühten Drahtes nebst den möglichen Nebenerscheinungen mikro-photographisch
verfolgt wurde.
2. Herstellung der SchliffeDas Verfahren kann hier nur in ganz groben
Umrissen skizziert werden. Nähere Angaben darüber siehe u.a. H. Behrens, das mikroskopische Gefüge der
Metalle und Legierungen. Hamburg und Leipzig 1894. O. Boudouard, Metallographie Microscopique
Bull. Soc. Chim. Paris. III. Serie No. 13–14 p. I–XX. 15–20. Juli
06..
Die zu untersuchenden Kupferstücke wurden mittels eines Kitts aus Wachs,
Colophonium und Schellack auf einen Objektträger aufgekittet. Dann wurde
mittels Feile und gröberen Schmirgelpapiers eine glatte Fläche hergestellt, die
mit feinstem Schmirgelpapier (bis No. 0000) poliert wurde. Es wurde sorgfältig
darauf geachtet, daß der Draht bei dieser Behandlung nicht warm wurde und so
etwa seine Struktur sich änderte. Geätzt wurde einige Sekunden mit konzentrieter
Salpetersäure und dann mit verdünntem Ammoniakwasser nachgespült, um einer
weiteren Einwirkung der Säure Einhalt zu tun.
3. Mikroskopische Beobachtung.
Das benutzte Mikroskopstativ war von Leitz in
Wetzlar, der Illuminator für vertikale Beleuchtung sowie die Objektive:
Apochromat 16 mm, DD und E in kurzer Fassung und ein benutztes Projektionsokular
von C. Zeiss in JenaAlle diese Apparate sowie der
Aufnahmeapparat wurden mir von Herrn Professor v. Roessler in liebenswürdiger Weise überlassen, wofür mir
gestattet sei, auch an dieser Stelle meinen Dank
auszusprechen..
Die Beleuchtung geschah durch Gasglühlicht, dessen Strahlen durch eine
Condensorlinse konzentriert wurden.
4. Mikrophotographische Aufnahme der Schliffe.
Für die Anfertigung der Mikrophotogramme waren vorbildlich die Arbeiten von A. MartensA. Martens: Mikrophotographie im
auffallenden Licht. Mitt. d. Königl. Techn. Versuchsanstalt Berlin 1899.
p. 71. und das Lehrbuch über Mikrophotographie von R. NeuhaussR. Neuhauss: Lehrbuch der
Mikrophotographie, Harald Bruhn 1898.. Ich kann mich daher
hier auf das Wichtigste beschränken.
Zur Aufnahme wurde monochromatisches Licht benutzt, für das sich ein 5%iges
Kalium-Bichromat-Filter von 20 mm Stärke mit dahinter befindlichem Gasglühlicht
am besten bewährt hatte. Als Platte wurde die Flavinplatte von Hauff in Feuerbach, die stark gelb empfindlich ist,
sehr brauchbar gefunden.
Für die Aufnahmen kamen drei verschiedene Vergrößerungen in Anwendung, und zwar
42 fache, 150 fache und 225 fache.
5. Erläuterung der Mikrophotogramme.
In Fig. 17 sehen
wir elektrolytisch niedergeschlagenes Kupfer, und zwar einen senkrecht zur
Kathodenfläche gelegten Schnitt vor uns. Die Struktur ist strahlig, die Strahlen
stehen im großen Ganzen senkrecht zur Kathode.
Fig. 18 stellt
einen Schnitt parallel zur Fläche der Kathode dar. Die Anordnung der Kristalle
ist sehr
unregelmäßig; in beiden Schnitten weist jedoch nichts auf Verunreinigungen
durch Kupferoxydul u. dgl. hin. Diese zeigen sich dagegen bei gegossenem Kupfer,
wie in Fig. 19,
die eine aus einem Kupferbarren entnommene Probe darstellt. Die Löcher sind
wahrscheinlich Gasblasen, in denen sich, wie an der roten Färbung erkennbar,
Kupferoxydul ebenso wie an der Oberfläche des Barrens gebildet hat. Die
Erstarrung ist wohl zu schnell vor sich gegangen, sodaß es nicht mit dem Kupfer
die eutektische Mischung bilden konnte. Dagegen sehen wir diese als feine Adern,
die sich stellenweise verbreitern, zwischen den nicht ausgebildeten unregelmäßig
geformten Kupferkristallen verlaufen, wie sich noch deutlicher bei stärkerer
Vergrößerung (Fig.
20) zeigt. Hier sieht man auch, daß diese Adern plastisch
hervortreten, weil sie durch das Aetzen weniger angegriffen waren als reines
Kupfer.
Textabbildung Bd. 324, S. 818
Fig. 17. Elektrolyt. Kupfer, Schnitt senkrecht zur
Kathodenfläche.Fig. 18. Elektrolyt. Kupfer, Schnitt parallel zur
Kathodenfläche.Fig. 19. Gegossener Kupferbarren.Fig. 20. dgl.
Trennungslinien-Futektikum Cu-Cu2o.Fig.
21. dgl. Menge des Eutektikums größer.Fig. 22. Gegossener Kupferbarren,
Schnitt senkrecht zu Nr. 3.Fig. 23. dgl. Löcher enthalten Cu2o.Fig. 24. dgl. Nachträglich bis zur
Hellrotglut erhitzt.Fig. 25. Walzdraht, parallel zur
Walzrichtung
In Fig. 21
sehen wir die eutektische Mischung vergrößert und die Kupferkristalle gleichsam
in dieser schwimmen (cf. HeynE. Heyn:
Mitt. d. Königl. Techn. Versuchsanstalt Berlin 1900 p. 234.)
Kupfer und Sauerstoff). Hier hat das Kupferoxydul Zeit gehabt, die eutektische
Mischung zu bilden. Da die sämtlichen Proben ziemlich der Oberfläche des Barrens
an verschiedenen Stellen entnommen sind, so sind solche Unterschiede und auch so
große Gehalte an Kupferoxydul möglich, die natürlich nicht im Innern des Barrens
vorhanden sein können.
An einer Aufnahme an anderer Stelle (Fig. 22), wo das
Kupferoxydul sich wieder in den Gußlöchern befindet, zeigt sich deutlich eine
verschieden helle Färbung der einzelnen Kupferkomplexe, die ihren
Grund hat in einer verschiedenen Richtung- der aufbauenden Lamellen und
infolgedessen einer verschieden starken Einwirkung des Aetzens und verschiedener
Lichtreflexion. Bei stärkerer Vergrößerung (Fig. 23) zeigt
sich diese verschiedene Orientierung der Struktur des einzelnen Korns
deutlicherer. Auch ist auf einem derselben eine Dendritenbildung bemerkbar, wie
sie W. CampbellW. Campbell: l.c.p.
828. des öfteren beobachtet hat.
Textabbildung Bd. 324, S. 819
Fig. 26. 1. Zugstufe, parallel zur Zugrichtung.Fig. 27. 2. Zugstufe,
parallel zur Zugrichtung.Fig. 28. 3. Zugstufe, senkrecht zur
Zugrichtung.Fig. 29. Draht auf 0,5 mm gezogen, parallel zur
Zugrichtung.Fig. 30. derselbe, senkrecht zur Zugrichtung.Fig. 31.
Gezogener Draht auf 350° geglüht.Fig. 32. derselbe, auf 600°
geglüht.Fig. 33. Gezogener Draht von 0,5 mm, ¾ Std. auf 800°
geglüht.Fig. 34. Gezogener Draht von 2,0 mm, ¾ Std. auf 800°
geglüht
Um zum Walzen geeignet zu sein, wird nun der Barren auf Hellrotglut erhitzt. Die
Veränderung der Struktur bei diesem Vorgang zeigt Fig. 24. Wir sehen
hier, daß sich die unregelmäßig geformten Kristallkörner in polygonale große
Kristalle verwandelt haben. Durch das Walzen werden dieselben allerdings wieder
zerstört, immerhin verläßt aber der Draht die Walzenstraße noch bei einer
Temperatur von etwa 300°, so daß sich mittelgroße Kristalle trotz schneller
Abkühlung noch ausbilden können (Fig. 25).
Dieselben liegen unregelmäßig durcheinander; von Kupferoxydul, das sich ja an
der Oberfläche des Barrens befand, ist nichts zu sehen. Es ist wohl anzunehmen,
daß die Schicht durch das Walzen zu dünn geworden ist, um noch sichtbar zu sein,
oder gar vollständig abgesprungen ist.
Fig. 26 zeigt die
erste Stufe des nunmehr kaltgezogenen Drahtes, und zwar einen Schnitt parallel
zur Zugrichtung; die Verlängerung der Kristalle in derselben ist deutlich
erkennbar, sowie auch sehr gut das Auftreten von Spaltlinien (Gleitbändern) an
den Kristallen infolge der mechanischen Beanspruchung Die Fig. 27 zeigt an
der nächsten Zugstufe das allmähliche Herumfließen der Matrix, in der die
Kristallreste als einzelne Lamellen stehen bleiben. Ein Querschnitt
durch eine folgende Zugstufe ist in Fig. 28 abgebildet
und veranschaulicht gleichfalls das Herumfließen der amorphen Matrix um die
Kristallreste. Aber selbst sehr starkes Ziehen vermag diese nicht vollständig zu
zerstören (Fig.
29), und es ist also nicht möglich, eine größere Menge der amorphen
Matrix rein zu erhalten. Der Draht, der so weit heruntergezogen ist, daß im
Querschnitt (Fig.
30) bei der angewandten Vergrößerung einzelne Kristalle nicht mehr
erkannt werden können, sondern die Struktur ganz feinkörnig aussieht, wird
nunmehr geglüht. Es wurden Proben entnommen für die Temperatur, bei der das
Kupfer sein höchstes Leitvermögen erreicht, etwa 350° (Fig. 31), und dann
bei der Temperatur von 600°, bei der ja auch das Leitvermögen im vorhergehenden
Kapitel untersucht wurde (Fig. 32).
Textabbildung Bd. 324, S. 820
Fig. 35. Walzdraht, verbrannt.Fig. 36. derselbe, Randpartie.Fig.
37. derselbe, andere Stelle und stärker geätzt.Fig. 38. derselbe, links
oben Stück einer Rille.Fig. 39. Schmelzperle eines in Luft geglühten
Kupferdrahtes.Fig. 40. dgl. gebildet bei Glühen im Vacuum
Durch Erhitzung auf 350° bilden sich, wie Fig. 31 zeigt,
Kristalle aus, die etwa die Größe derjenigen des Walzdrahtes erreichen und auch
wie diese ziemlich regellos durcheinandergewürfelt sind. Beim weiteren Glühen
bis auf 600° werden die Kristalle immer größer (Fig. 32), und sie
orientieren sich mehr in zwei zueinander senkrechten Richtungen. Bei den einen
stehen die sie zusammensetzenden Platten oder Facetten parallel zur
Schnittfläche oder senkrecht zur Drahtlänge, das sind die hellen, das Licht
vollständig reflektierenden, bei den andern stehen sie in einem mehr oder
weniger großen Winkel zur Schnittebene. Die Enden der Platten reflektieren das
Licht schlechter, daher erscheinen diese dunkler. Für die Größe der bei der
Erhitzung sich bildenden Kristalle kommt außer Erhitzungstemperatur und -zeit
auch noch der Durchmesser des geglühten Drahtes in Frage, wie die folgenden
Photogramme zeigen. Ein hartgezogener Draht von 0.5 mm und ein solcher von 2.0
mm Durchmesser wurden gleichzeitig ¾ Stunden lang auf 800° erhitzt. Die
Erhitzungszeit wurde deshalb so lang genommen, damit in dem dünneren
Drahte, der ja im Zustande größerer Spannung sich befindet, diese Spannungen
auch genügend Zeit hatten, sich auszulösen. Fig. 33 und 34 zeigen, daß die
Größe der gebildeten Kristalle mit dem Drahtdurchmesser wächst, gleichsam als
wenn sie in dem dickeren Drahte mehr Platz hätten sich auszudehnen. Vielleicht
spielen hier die bei den beiden Drahtstärken verschiedenen
Abkühlungsverhältnisse eine Rolle. Die gleiche Erscheinung wurde zu mehreren
Malen beobachtet.
Wird ein Draht lange Zeit zu stark (bis nahe unter den Schmelzpunkt) erhitzt, so
verbrennt er. Die Fig.
35–38
zeigen Schliffe eines verbrannten Drahtes von ca. 5 mm Durchmesser, der so
spröde geworden war, daß kurze Stücke mit Leichtigkeit in der Hand zerbrochen
werden konnten. Ein Schnitt in schwacher Vergrößerung (Fig. 35) zeigt,
daß das ganze Innere des Drahtes von tiefen Rillen durchfurcht ist, die an der
geringen Festigkeit die Schuld tragen. (Die feinen, kreuz und quer verlaufenden
Risse in Fig. 35
sind Schleifrisse, die nicht ganz weggeäzt wurden). Die Furchen gehen von außen
aus in das Metall hinein, wie Fig. 20, die eine
Randpartie darstellt, zeigt. Man sieht da, daß sich an der Oberfläche rund herum
eine Schicht abgelöst hat, die aus ganz porösem Kupfer wahrscheinlich mit viel
Kupferoxydul besteht. Diese Schicht ist durch eine Rille von dem Kern des
Drahtes an den meisten Stellen getrennt, und von dieser Rille aus führen die
Furchen in das Innere (Fig. 36). Wie an der cochenilleroten Färbung zu erkennen ist, hat
sich in denselben Kupferoxydul gebildet. Fig. 38, die ein
Stück einer Rille enthält, erinnert auch leicht an die Löcher bei gegossenem
Kupfer (Fig. 19).
Die Masse des Kupfers selbst ist in eine schöne große Kristalle zerfallen, bei
denen die Orientierung parallel und senkrecht zum Drahtquerschnitt
(besonders in Fig.
37) ganz deutlich zutage tritt. Die Kristalle, deren Facetten parallel
zur Schnittfläche liegen, wurden beim Aetzen weniger angegriffen und liegen
daher höher als die anderen.
Wird der Draht so stark geglüht, daß er schmilzt, so haben wir wieder die
Verhältnisse wie beim gegossenen Metall. Fig. 39 zeigt
einen Schnitt durch die Schmelzperle eines in Luft geglühten Drahtes. Wir sehen
hier deutlich die unvollständig ausgebildeten Kupferkristalle, die sich
gegenseitig im Wachstum beeinträchtigt haben, getrennt durch die teilweise sehr
breiten Rillen des Eutektikums, die erhaben sind, weil das letztere durch das
Aetzen nach E HeynE. Heyn: Mitt
d. Königl. Techn. Versuchsanstalt Berlin 1900, p. 324. nicht
so leicht angegriffen wird wie reines Kupfer.
Bringt man den Draht unter Luftabschluß im Vacuum durch Glühen zum Schmelzen, so
kann natürlich kein Sauerstoff eindringen. Fig. 40 zeigt
einen Schnitt durch eine im Vacuum erhaltene Schmelzperle. Sie zeigt sehr schöne
große Kristalle reinen Kupfers und keine Spur des Eutektikums oder von
Kupferoxydul. Die Lagerung der Facetten ist, wie der verschiedene Angriff des
Aetzens zeigt, auch hier bei den einzelnen Kristallen verschieden.
6. Leitvermögen und Struktur.
Den eigentümlichen Verlauf des Leitvermögens, das in gegossenem Zustande einen
sehr niedrigen Wert hat, durch Walzen dann erhöht wird, beim Ziehen wieder
sinkt, beim Ausglühen steigt und beim Ueberhitzen und Verbrennen wieder sinkt,
zu erklären, ist zuerst von L. AddicksL. Addicks:
l.c.p. 10. versucht worden.
Die niedrige Leitfähigkeit des gegossenen Kupfers rühre daher, daß es kombiniert
die Leitfähigkeiten der reinen Kupferkörner und der unreinen Matrix habe. Beim
Walzen wächst infolge der dadurch hergestellten besseren Kontakte die
Leitfähigkeit. Ihr Sinken infolge des Ziehens wird auf die Beschränkung der
Bewegungsfreiheit der Moleküle zurückgeführt, da mehr Arbeit aufzuwenden sei, um
ein Atom in Schwingungen zu versetzen, wenn es eine Ladung seinem Nachbar
weitergeben soll. Durch Glühen werden diese inneren Spannungen ausgeglichen;
beim Ueberhitzen bringt das Wachsen der Kristalle das Metall wieder in seinen
ursprünglichen Zustand, und die Leitfähigkeit sinkt.
Ich halte diese Deutung für nicht ganz glücklich. Lassen wir das gegossene Kupfer
fort, dessen Leitfähigkeit L. Addicks nicht
untersucht hat, und für dessen Oberfläche doch auch höchstens die gegebene
Deutung zutreffen könnte, – denn wenn das ganze Innere des gegossenen Barrens
verunreinigt sein sollte, so können doch diese Unreinigkeiten infolge des
Walzens nicht einfach verschwinden.
Beim gewalzten Kupfer ist die Leitfähigkeit verhältnismäßig hoch, wie ich selbst
auch durch einige Messungen an gewalzten Drähten von etwa 5 mm
festgestellt habe.
Es sei ein Beispiel angeführt:
Widerstand bei 18°
= 0.00010231 Ohm
Länge
= 133.80 mm
Durchmesser
= 5.3095 mm
also spec. Leitverm.
= 59.0066
gegenüber dem höchsten Wert bei gezogenem Draht von
58.240, ist also bedeutend größer als dieses.
Es liegen beim Walzdraht eben reine Kupferkristalle ohne trennende Matrix dicht
nebeneinander. Durch das Ziehen lagert sich nun zwischen die Kristalle die
amorphe schlechter leitende Matrix und vermindert so das gesamte Leitvermögen.
Durch Glühen wird sie wieder in die kristallinische Phase verwandelt, wir haben
wieder eine Struktur, die der des gewalzten Drahtes ähnelt (vergl. Fig. 25 und 31), und das
Leitvermögen steigt wieder. Durch das Ueberhitzen des Drahtes (über 500°)
wachsen die Kristalle nicht nur, sondern sie orientieren sich auch, wie oben
auseinandergesetzt in zwei zueinander senkrechten Richtungen. Diejenigen, deren
Facetten senkrecht zur Stromrichtung stehen, setzen, dem Strome einen größeren
Widerstand entgegen, weil noch der Uebergangswiderstand von Platte zu Platte zu
überwinden ist; außerdem liegt die Annahme nahe, daß die Trennungslinien
zwischen den einzelnen Kristallen infolge der Verkleinerung der gesämten
Trennfläche breiter werden (Fig. 37 und 38), wodurch auch
der Uebergangswiderstand noch vergrößert würde. Da beim überhitzten Draht ein
einzelner Kristall wegen seiner Größe einen relativ bedeutenden Teil des
Querschnittes erfüllt, so erhöhen solche Kristalle, deren Facetten senkrecht zur
Stromrichtung liegen, den Widerstand des Drahtes in verhältnismäßig viel
stärkerem Maße als das durch die nicht in der Stromrichtung liegenden Facetten
beim Walzdraht der Fall ist, weil hier die Kristalle viel kleiner und ziemlich
regellos durcheinander gewürfelt sind, so daß schon eher Kristalle mit in der
Stromrichtung liegenden Facetten aneinanderstoßen und so den Stromdurchgang
bequemer vermitteln.
C. Zusammenfassung.
Die Hauptresultate meiner Untersuchungen lassen sich wie folgt kurz
zusammenfassen:
1. Es wird versucht, die beim Drahtziehen auftretenden Vorgänge
und Kräfte theoretisch zu behandeln.
2. Es wird festgestellt, daß das Leitvermögen von Kupferdrähten
infolge von Kaltziehen sinkt.
3. Die Dichte steigt infolge der gleichen Behandlung.
4. Es wird die Temperatur der beginnenden Rekristallisation
hartgezogener Kupferdrähte durch Untersuchung ihres Leitvermögens, des
Temperaturkoeffizienten des Leitvermögens und der Zerreißfestigkeit bei etwa
210° gefunden und ferner der Einfluß der Erhitzungszeit auf diese Temperatur
untersucht.
5. Durch Aufnahme von Erhitzungscurven wird der rein
strukturelle Charakter dieser Umwandlungen erwiesen.
6. Durch Mikrophotogramme werden die Vorgänge im Innern des
Kupfers während seines ganzen Entwicklungsganges veranschaulicht.
7. Es wird versucht, auf Grund der Strukturverhältnisse eine
Erklärung für die Aenderung des Leitvermögens in den verschiedenen Stadien
seiner Entwicklung zu geben.