Titel: | Der Reguliervorgang beim direkt gesteuerten hydrostatischen Turbinenregulator mit nachgiebiger Rückführung (Isodromregulator). |
Autor: | Heinrich Haake |
Fundstelle: | Band 325, Jahrgang 1910, S. 5 |
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Der Reguliervorgang beim direkt gesteuerten
hydrostatischen Turbinenregulator mit nachgiebiger Rückführung
(Isodromregulator).
Von Dipl.-Ing. Heinrich Haake, Preußisch
Oldendorf.
Der Reguliervorgang beim direkt gesteuerten hydrostatischen
Turbinenregulator usw.
Einleitung.
Die Anregung zu vorliegender Arbeit verdanke ich Herrn Geheimen Baurat Professor Pfarr.
Für den Betrieb elektrischer und vieler Arbeitsmaschinen ist es von großer
Wichtigkeit, daß sie dauernd eine möglichst wenig schwankende Umdrehungszahl haben.
Belastungsänderungen treten in jedem Betriebe auf, und jede Kraftmaschine ändert
ihre Umdrehungszahl, sobald ihr treibendes Drehmoment nicht mehr gleich dem
widerstehenden, angetriebenen Drehmoment ist. Tritt also eine Belastungsänderung
ein, so muß auch zur Vermeidung großer Schwankungen in der Umdrehungszahl das
treibende Drehmoment der Kraftmaschine entsprechend vergrößert oder verringert
werden. Das zu bewirken, ist die Aufgabe der Geschwindigkeitsregulatoren, und zwar
erfolgt die Regulierung durch Verstellen der Steuerung oder des Leitapparates der
Antriebsmaschine. Die Regulierbewegung selbst wird eingeleitet durch ein Tachometer,
welches bei einer geringen Aenderung der Winkelgeschwindigkeit Arbeitsvermögen
erhält und dann das Verstellen unmittelbar oder mittelbar durch Einschalten eines
Hilfsapparates bewirkt. Im allgemeinen gehört zu jeder Belastung eine ganz bestimmte
Muffenstellung und somit Umdrehungszahl, derart, daß der größten Belastung die
kleinste, der geringsten Belastung die größte Umdrehungszahl entspricht. Die Größe
dieser Unterschiede ist durch den Ungleichförmigkeitsgrad der Regulierung bedingt.
Will man die gleiche Umdrehungszahl wieder erhalten wie vor der Belastungsänderung,
so muß eine Tourenverstellvorrichtung vorhanden sein, die von Hand oder mechanisch
betätigt werden kann. Eine derartige Vorrichtung kann nun bei indirekt
wirkenden Regulatoren so eingebaut werden, daß sie gleichzeitig mit der Regulierung
in Wirksamkeit tritt und selbsttätig die Umdrehungszahl auf die ursprüngliche
zurückführt, was sonst nur durch äußeren Eingriff geschehen kann. Man bezeichnet
diese Anordnung als Tourenrückführung oder Isodromvorrichtung und eine solche
Regulierung als Regulator mit Tourenrückführung oder Isodromregulator (Regulator für
konstante Umdrehungszahl). Die konstruktive Ausbildung erfolgt durch Einschalten
eines nachgiebigen Gliedes in das Rückführungsgestänge.
Für den mit starrer Rückführung versehenen direkt gesteuerten hydrostatischen
Turbinenregulator hat H. Hiemenz den Reguliervorgang
behandelt und zwar unter besonderer Berücksichtigung der Anschläge am Steuerventil
(D. p. J. 1909 Heft 17 u. ff.). Die Aufgabe der vorliegenden Arbeit ist es,
anschließend an die eben genannte den Reguliervorgang bei nachgiebiger Rückführung
theoretisch zu untersuchen und auf Grund dieser Untersuchung Gesichtspunkte für die
praktische Ausführung günstig arbeitender Isodromregulatoren zu finden. Der
Gedankengang ist folgender: Zunächst muß für die Bewegung der einzelnen Teile des
Regulators die mathematische Gleichung aufgestellt werden. Die Diskussion derselben
wird zur Erklärung und Begründung verschiedenartiger Erscheinungen des
Reguliervorganges führen und mit Hilfe von Rechnungsbeispielen zeigen, in welcher
Weise der Reguliervorgang mit den Konstruktionsverhältnissen und dem praktischen
Betriebe des Regulators zusammenhängt. Zum Schluß seien einige Tachogramme
besprochen, die an einem ausgeführten Isodromregulator aufgenommen sind.
Die Voraussetzungen für die Untersuchung.
Zur Ermöglichung der allgemeinen rechnerischen Untersuchung für die Bewegung der
einzelnen wichtigen Teile des Getriebes müssen vereinfachende Voraussetzungen
gemacht werden. Es sei darauf hingewiesen, daß der Einfluß der Massen, der Reibungen
und Spielräume im Reguliergetriebe nicht berücksichtigt, also der sogenannte ideelle
Reguliervorgang behandelt werden soll. Im Uebrigen machen wir folgende Annahmen:
1. Innerhalb der für die regulierte Turbine festgelegten engen Grenzen der
Geschwindigkeitsschwankung sei das von der Turbine abgegebene Drehmoment und ebenso
das von Seiten der angetriebenen Maschine widerstehende Drehmoment unabhängig von
der jeweiligen Umdrehungszahl der Turbine.
2. Das verwendete Tachometer sei durchaus empfindlich.
3. Gleichen Aenderungen der Umdrehungszahl entsprechen gleiche Wege der
Tachometermuffe.
4. Die Umdrehungszahl von Tachometer und Turbine sei gleichgroß.
5. Das von der Turbine abgegebene Drehmoment sei direkt proportional der gerade
eingestellten Leitapparatöffnung bezw. der sogenannten Füllung der Turbine.
6. Der vom Reguliergetriebe in seiner Größe beeinflußte Steuerquerschnitt sei die
engste Stelle, die die arbeitende Druckflüssigkeit auf dem Wege vom Steuergehäuse
bis zum Arbeitszylinder hin zu durchströmen hat. Von Anschlägen am Steuerkolben,
welche die Größe seiner Abweichungen aus der Mittellage begrenzen, sei
abgesehen.
7. Der Regulator sei mit einer nachgiebigen Rückführung versehen, derart, daß zum
Schluß eines jeden Reguliervorganges die ursprüngliche Umdrehungszahl wieder
herbeigeführt wird.
Beschreibung des Isodromregulators.
Fig. 1 stellt das Schema des zu untersuchenden
Regulators dar. Die Arbeitsweise desselben ist folgende: Bei einer plötzlichen
Entlastung wirkt das überschüssige, treibende Drehmoment der Turbine beschleunigend
auf die Massen der rotierenden Teile und die Umdrehungszahl nimmt zu (bei einer
plötzlichen Belastung tritt das Umgekehrte ein). Infolgedessen hebt sich die Muffe
M des Tachometers T
und veranlaßt durch die Hebelübersetzung H ein Oeffnen
des Steuerventils V, so daß Druckflüssigkeit unter den
Arbeitskolben F treten kann. Dieser steigt an im Sinne
der Pfeilrichtung „zu“ und verstellt mittels der
Kolbenstange S den Leitapparat der Turbine; zugleich
schiebt die Stange mit ihrer oberen Verlängerung auch den Punkt O nach oben und wirkt so der durch das Tachometer
eingeleiteten Bewegung des Steuerventiles V entgegen.
Dadurch aber ist die Reibscheibe W, welche lose auf die
Kolbenstange geschraubt ist, aus ihrer Mittellage gebracht worden; sie wird durch
die ständig rotierende Scheibe X in Drehung versetzt
und zwar so, daß der Punkt O schließlich in seine
Mittellage zurückgebracht wird. Ein neuer Beharrungszustand ist demnach nur möglich,
wenn auch die Muffe des Tachometers ihre ursprüngliche Stellung wieder einnimmt, da
sonst das Steuerventil V nicht wieder geschlossen wird.
I Die Regulierung kommt also nicht eher zur Ruhe, als bis der Arbeitskolben den
Leitapparat auf die der Belastung entsprechende Füllung eingestellt hat und zugleich
die Umdrehungszahl wieder dieselbe geworden ist, wie vor der Störung des
Gleichgewichtszustandes. In welcher Weise diese Vorgänge sich vollziehen, werden wir
weiterhin sehen.
Aufstellung der Differentialgleichung für die Bewegung des
Reguliergetriebes,
Bei den jetzt folgenden Berechnungen sind die Bezeichnungen meistens entsprechend
denen des Pfarrschen Werkes gewählt worden. Als
Maßeinheiten wollen wir die des technischen Maßsystems, also Meter, Kilogramm und
Sekunde und die daraus abgeleiteten Dimensionen verwenden.
Textabbildung Bd. 325, S. 5
Fig. 1.
Aus einem Reguliervorgange sei ein beliebiger Zeitpunkt herausgegriffen. Die Bewegung
des Punktes L und damit des Steuerventils ist bedingt
durch die Bewegung der Muffe M und des Punktes O (Fig. 1). Bezeichnen
wir die durch die Muffenverschiebung allein hervorgerufene Eröffnung des
Steuerventils mit l1
und die durch Ausweichen des Punktes O veranlaßte
Rückdrängung von L mit l2, so ergibt sich stets als wirkliche
Eröffnung des Steuerventils
l = l1
– l2 . . . . . . 1)
Erfolgen nun in einem Zeitteilchen dt die weiteren Verschiebungen dl, dl1
dl2, so gilt die
Beziehung
dl = dl1– dl2 . . . . . .
1a)
dl1 und dl2
lassen sich durch dm und dz ausdrücken und zwar ist
d\,l_1=d\,m\,\frac{a_1+a_2}{a_2}
d\,l_2=d\,z\,\frac{a_1}{a_2}.
Setzen wir diese Werte ein, so ergibt sich die Gleichung:
d\,l=d\,m\,\frac{a_1+a_2}{a_2}-\frac{d\,z}{d\,t}\,\frac{a_1}{a_2}
. . . 2)
Dividieren wir diesen Ausdruck durch das Zeitteilchen d t, so erhalten wir die Geschwindigkeitsbeziehung:
\frac{d\,l}{d\,t}=\frac{d\,m}{d\,t}\,\frac{a_1+a_2}{a_2}-\frac{d\,z}{d\,t}\,\frac{a_1}{a_2}
. . . 2a)
Eine durch Schrauben der Reibscheibe W auf der Kolbenstange S verursachte
Verlängerung wollen wir mit + s,
eine Verkürzung mit –
s bezeichnen, so daß also für das Zeitteilchen d t eine Verlängerung + d
s oder eine Verkürzung – ds eintreten kann.
Ist z = 0, so befindet sich die Reibscheibe W in ihrer Ruhelage, d.h. sie berührt die Scheibe X im Mittelpunkte. Diese rotiert mit der konstanten
Umdrehungszahl n' i. d. Min.; d1 sei der Durchmesser der Reibscheibe W, s' die Steigung des Schraubengewindes auf der
Kolbenstange, W selbst um z aus der Mittellage verschoben, so muß sein, da an der Berührungssteile
die Umfangsgeschwindigkeiten gleich sind:
\frac{2\,z\,n'\,\pi}{60}=\frac{d_1\,.\,\pi\,.\,n''}{60}.
Die Reibscheibe W macht
demnach
\frac{n''}{60}=\frac{2\,z\,n'}{d_1\,.\,60}
Umdrehungen i. d. Sek.
Für eine Umdrehung von W ist die
Verlängerung zwischen Arbeitskolben und Punkt O = der
Steigung s', also ergibt sich als relative
Geschwindigkeit der Scheibe W auf der Stange S
\frac{d\,s}{d\,t}=\frac{2\,.\,z\,.\,n'}{60\,.\,d_1}\,.\,s',
wir setzen nun:
\psi=\frac{2\,.\,n'\,.\,s'}{60\,.\,d_1}\,\mbox{sek}^{-1} . .
. . 3)
und erhalten
\frac{d\,s}{d\,t}=\psi\,.\,z (siehe
Anmerkung)Anmerkung: ψ = 0 bedeutet: starre Rückführung. ψ =∾ bedeutet: keine Rückführung, 0 fest; alte
Regulatoren aus früherer Zeit. . . . 4)
Nach Fig. 1 bezeichnet
\frac{d\,z}{d\,t} die Geschwindigkeit des Punktes O, \frac{d\,k}{d\,t} die
Geschwindigkeit, mit welcher sich der Arbeitskolben gerade bewegt. Da
\frac{d\,s}{d\,t} die relative Geschwindigkeit zwischen
Kolben und Punkt 0 darstellt, so ergibt sich ohne
weiteres:
\frac{d\,k}{d\,t}=\frac{d\,z}{d\,t}+\frac{d\,s}{d\,t} . . .
. . . 5)
und daraus durch Einsetzen von Gleichung 4)
\frac{d\,k}{d\,t}=\frac{d\,z}{d\,t}+\psi\,.\,z .
. . . . 5a)
Nach Voraussetzung 3 entsprechen gleichen Aenderungen der
Umdrehungszahl des Tachometers gleiche Muffenwege m.
Stellt m1 den gesamten
Muffenweg dar, von oben nach unten positiv gerechnet, ist ferner n0 die der obersten,
n1 die der
untersten Muffenstellung entsprechende Umdrehungszahl von Tachometer und Turbine, so
ergibt sich nach Fig. 2 für eine beliebige
Stellung:
Textabbildung Bd. 325, S. 6
Fig. 2. Zusammenhang zwischen Umdrehungszahl und Muffenhub.
\frac{m}{m_1}=\frac{n_0-n}{n_0-n_1} . . . .
6)
Die Beweglichkeit des Tachometers ist
\beta=\frac{n_0-n_1}{n_1},
formen wir danach den Ausdruck 6) um, so erhalten wir:
m=m_1\,\frac{n_0-n}{\beta\,.\,n_1} . . . . .
6a)
In dem angenommenen Zeitteilchen dt ändert sich die Größe von m um dm, damit ergibt sich nach Gleichung 6 a) der
Ausdruck:
d\,m=-\frac{m_1}{\beta\,.\,n_1}\,.\,d\,n . . . .
. 7)
und wenn wir durch dt
dividieren
\frac{d\,m}{d\,t}=-\frac{m_1}{\beta\,.\,n_1}\,.\,\frac{d\,n}{d\,t}
. . . . 7a)
Eine Aenderung der Winkelgeschwindigkeit und damit der
Umdrehungszahl der Turbine findet nur statt, so lange ein Ueberschuß oder ein Mangel
an Drehmoment besteht. Bezeichnen wir mit \frac{d\,\omega}{d\,t}
die Beschleunigung, mit Δ M das überschüssige
Drehmoment und mit J das Trägheitsmoment sämtlicher
Schwungmassen der rotierenden Teile, so ist:
\frac{d\,\omega}{d\,t}=\frac{\Delta\,M}{J} . . .
. . 8)
Ein Mangel an Drehmoment kommt durch (– Δ M) und die dadurch bedingte Verzögerung durch
\left(-\frac{d\,\omega}{d\,t}\right) zum Ausdruck, so daß
Gleichung 8 unverändert bestehen bleibt.
Textabbildung Bd. 325, S. 6
Fig. 3. Zusammenhang zwischen Kolbenstellung, Füllung und Drehmoment.
Für die Winkelgeschwindigkeit ω soll die Umdrehungszahl
n eingesetzt werden. Bekanntlich ist:
\omega=\frac{2\,n\,\pi}{60},
also
\frac{d\,\omega}{d\,t}=\frac{\pi}{30}\,.\,\frac{d\,n}{d\,t}
. . . . 9)
Hieraus ergibt sich
\frac{d\,n}{d\,t}=\frac{30}{\pi\,.\,J}\,.\,\Delta\,M . . . .
10)
Wir wollen jetzt das Trägheitsmoment J durch das Arbeitsvermögen A der
Schwungmassen ausdrücken, müssen also schreiben:
A=J\,.\,\frac{\omega^2}{2}=J\,\frac{\pi^2\,.\,{n_1}^2}{2\,.\,30^2}
und das gibt
J=A\,.\,\frac{1800}{\pi^2\,.\,{n_1}^2} . . . .
11)
A1 sei das Arbeitsvermögen der Schwungmassen für 1 PS und N1 die maximale
Leistung der Turbine in PS, dann ist A = A1
N1 und damit
J=A_1\,.\,N_1\,\frac{1800}{\pi^2\,.\,{n_1}^2} .
. . 11a)
Zwischen der Leistung N1, dem Drehmoment M1 und der Umdrehungszahl n1 gilt die Beziehung:
N_1=\frac{M_1\,.\,n_1\,.\,\pi}{30\,.\,75}.
Wir setzen diesen Wert in Gleichung 11 a ein und erhalten:
J=\frac{1800}{30\,.\,75}\,.\,\frac{A_1\,.\,M_1}{\pi\,.\,n_1}
. . . 12)
mit Hilfe dieses Ausdruckes wird Gleichung 10 umgestaltet
zu:
\frac{d\,n}{d\,t}=37,5\,.\,\frac{n_1}{A_1\,.\,M_1}\,.\,\Delta\,M
. . . 13)
Nun soll nach Voraussetzung 5 das von der Turbine abgegebene
Drehmoment direkt proportional sein den gerade eingestellten Leitapparatöffnungen,
bezw. der Füllung I der Turbine, d.h. es wird angenommen, daß der Zusammenhang
zwischen Drehmoment und Füllung linear sei, wie das der Geraden in Fig. 3 entspricht. M1 gehört also zur Füllung 1, und ein beliebiges
Drehmoment M entspricht einer Füllung φ < 1. So ergibt sich für den Bereich, in dem
die Kurve der Fig. 3 durch eine Gerade ersetzt
werden kann:
\varphi=\frac{M}{M_1}=\frac{k-k_0}{k_1-k_0} . .
. 14)
hieraus:
M=\varphi\,.\,M_1=\frac{k-k_0}{k_1-k_0}\,.\,M_1
. . . 14a)
und auch:
k=k_0+(k_1-k_0)\,.\,\varphi . . . 14b)
(Fortsetzung folgt.)