Titel: | Polytechnische Rundschau. |
Fundstelle: | Band 325, Jahrgang 1910, S. 107 |
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Polytechnische Rundschau.
Polytechnische Rundschau.
Moderne Transportvorrichtungen in der
Kohlenaufbereitung.
In der Kohlenaufbereitung spielt außer den Klassier- und Sortierapparaten der
Transport des Materials eine wichtige Rolle. Verschiedene Zwecke und Verhältnisse
ergeben auch ihre bestimmten Förderer wie Bänder, Becherwerke, Schnecken oder
Spiralen und Schwemmrinnen. Ein vielgebrauchtes Mittel ist der Förderer oder das
Band. Während man früher die Blechgurtenglieder ausführte, wobei jedes Glied Rollen,
auf durchgehenden Rundeisen befestigt, besaß, kommen bei den jetzigen größeren
Förderungen Tempergußelemente zur Verwendung. Bei diesen sind die einzelnen Glieder
durch Bolzen verbunden, und das Band als Kette ohne Ende durchgebildet. Die Glieder
gleiten auf festen, auf durchgehenden Wellen sitzenden Rollen. Die Lager der Wellen
sind auf dem Bandgerüst befestigt. Die Verladebänder erhalten einen um ein Scharnier
beweglichen Arm, der in seiner tiefsten Stellung bis zum Boden des Waggons reicht
und heutzutage seine eigene Aufhubwinde besitzt. Die Geschwindigkeit dieser Bänder
schwankt zwischen 0,1 bis 0,4 m in der Sekunde. Die Leistungsfähigkeit hängt von der
Breite und der Geschwindigkeit des Bandes ab. Die Beschüttungsbreite kann bei dem
flachen Bande zu 0,85 der Bandbreite, die Beschüttungshöhe für gröbere und feinere
Sorten zu 0,25 bis 0,29, bezw. 0,34 bis 0,4 der Bandbreite angenommen werden.
Mehr Beachtung als bisher verdienen die in Amerika schon vielfach angewendeten, sich
durch ruhigen Lauf und Einfachheit auszeichnenden Gurtförderer. Die
Leistungsfähigkeit dieser, mit 2 bis 3 m in der Sekunde laufenden Bänder ist
bedeutend höher als der der eisernen. Die Gurtförderer können bis zu 27° Neigung
angewendet werden. Sie bestehen meistens aus Gummi mit Hanfeinlage, Ballata oder
Baumwolle und laufen auf Holz-, Eisen- oder Stahlrollen, deren Durchmesser 80 bis
120 mm beträgt. Die Eisenbänder mit Fängerkonstruktion finden bis etwa 40° Neigung,
die Becherwerke von 40–90° Anwendung. Man unterscheidet rasch und langsam laufende
Becherwerke. Die Becherform richtet sich nach der Sortengröße. Grobkohle erhält
tiefe, Feinkohle seichte Becher. Die ferner als Transportmittel dienende Schnecke
besteht aus einer Welle mit dünnwandigem, hohen Gewinde und dreht sich in einem Trog
aus Gußeisen oder Eisenblech. Sie findet nur für kurze wagrechte oder höchstens 30°
geneigte Strecken Anwendung und hat den Nachteil, daß ihr Betrieb sich
verhältnismäßig teuer stellt. Das Fördergut wird durchwühlt und leicht beschädigt.
Der Luftzutritt ist mangelhaft. Der Staub bleibt liegen und wird immer wieder
durchgerührt. Einen geringeren Arbeitsverbrauch haben die aus in kurzer Entfernung
mit der Welle verschraubten Flacheisen bestehenden Spiralen. Auch weisen sie selbst
bei ungleichmäßiger Gutzuführung eine geringere Verstopfung auf. Zur Förderung und auch zum
Trocknen des Gutes werden die Förderrohre benutzt. Sie sind schwach geneigte oder
wagerechte Rohre, die sich in drehender Bewegung befinden und ein Schneckengewinde
haben. Als Vorteile besitzen sie: Schonung des Gutes, geringen Verschleiß und
völlige Entleerung. (H. Keckstein.) [Oesterreichische
Zeitschrift für das Berg- und Hüttenwesen. 1909, S. 607].
I.
Oelfeuerung für Lokomotiven.
In der Januar-Versammlung des Vereins Deutscher Maschinen-Ingenieure hielt
Regierungsbaumeister Sußmann einen Vortrag über
„Oelfeuerung für Lokomotiven mit besonderer Berücksichtigung der Versuche mit
Teerölzusatzfeuerung bei den preußischen Staatsbahnen“. Dem uns vom
Vereinsvorstande übersandten Bericht entnehmen wir folgendes.
Die Verfeuerung flüssiger Brennstoffe gewährt allgemein außerordentliche Vorteile
durch die Vereinfachung der Verladung, des Transports, der Aufstapelung und
Verausgabung im Vergleich zur Kohlenfeuerung, ferner auch durch den gänzlichen
Fortfall von Schlacke und Asche und durch die Möglichkeit, Staub und
Qualm-Entwicklung, sowie Funkenflug zu vermeiden. Für den Eisenbahnbetrieb mit
Dampflokomotiven ist es von der größten Bedeutung, daß sich infolge des höheren
Heizwertes der fast restlos verbrennenden Holzöle die Dampferzeugung und
Leistungsfähigkeit des Kessels weit über das bisher mit Kohle erreichbare Maß
steigern läßt. Bei Kohlefeuerung ist dieser Steigerung durch die beschränkte
Rostgröße und Leistungsfähigkeit des Heizers eine bestimmte Grenze gesteckt, welche
einer weiteren erheblichen Steigerung der Betriebsleistungen hindernd im Wege steht.
Deutschland, das zurzeit im Jahre nur etwa 140000 t Petroleum gewinnt, die etwa den
260. Teil der Weltproduktion an Erdöl darstellen, besitzt jedoch andere, mit der
wachsenden Eisenindustrie immer reichlicher werdende Oelgewinnungsquellen in den bei
der Koks-Erzeugung mit Gewinnung von Nebenprodukten, sowie bei der Gasfabrikation
als Abfallerzeugnis gewonnenen Teerölen, von denen zurzeit etwa 300000 t jährlich
hergestellt werden. Diese Teeröle sind verhältnismäßig billig, wenn berücksichtigt
wird, das sich ihr Heizwert praktisch etwa doppelt so hoch stellt, wie bei
westfälischer Kohle, sie sind wegen ihres hohen Entflammungspunktes und spezifischen
Gewichts als ungefährlich anzusehen und bei Anwendung besonderer geeigneter
Verfeuerungs-Verfahren als Heizöle sehr geeignet. Auf Anregung des Vortragenden und
nach den von diesem ausgearbeiteten Verfahren und Konstruktionen sind bei den
preußischen Staatsbahnen seit längerer Zeit Versuche mit Verfeuerung von Teeröl
gemacht worden, welche dazu geführt haben, einige Lokomotiven im praktischem
Betriebe mit Teerölfeuerung zu erproben. Von der alleinigen Verfeuerung von Teeröl
ohne Kohlenzusatz, die zuerst Gegenstand der Versuche war, wurde vorläufig wegen der
immer noch zu hohen Materialkosten Abstand genommen. Dagegen sind die Versuche mit
Teerölzusatzfeuerung fortgesetzt worden, bei welcher über dem Rost in gewöhnlicher
Weise Steinkohle gebrannt und nur soviel Teeröl darüber gefeuert wird, wie zur
Steigerung der Leistung erforderlich ist. Bei dieser Anordnung können die übrigen
Verhältnisse der Feuerung unverändert bleiben, so daß jederzeit wieder zur reinen
Kohlenfeuerung übergegangen werden kann; die notwendigen Einrichtungen sind sehr
einfach. Auf dem Tender sind Heizölbehälter untergebracht, aus denen das Teeröl
mittels Röhrenleitung mit elastischer Verbindung zwischen Lokomotive und Tender dem
Führerstande zugeführt wird. Dort dienen fein einstellbare Hähne zur Regelung
des Oelzuflusses zu den Brennern den in zwei rechts und links der Feuertür
eingeschraubten Hülsen eingesesetzten Verstäubungsapparaten. Die Konstruktion dieser
Apparate ist derart, daß das Heizöl von dem durch einen engen Dampfschlitz mit hoher
Geschwindigkeit austretenden Dampfstrahl erfaßt und verstäubt über die Kohlenflamme
geschleudert wird, über der es mit rauchloser weißleuchtender Flamme verbrennt. Der
Betriebsdampf wird mit genau regelbarem Druck den Brennern zugeführt, die derart
geformt sind, daß sie sich leicht herstellen lassen und Verstopfungen des Oelkanals
nicht eintreten können. Es hat sich im Betriebe gezeigt, daß die Brenner ohne
Reinigung monatelang in der Feuerkiste belassen werden können. Zurzeit sind drei
Lokomotiven für Güter-, Personen- und Schnellzüge mit Oel-Zusatzfeuerung
ausgerüstet, und im Bezirk der Eisenbahn-Maschinen-Inspektion Limburg auf den
Strecken Gießen–Coblenz und Limburg–Frankfurt a. M. im Dienst.
Die Güterzugmaschine, Vertreterin der älteren 3/3 gekuppelten Typs mit 10 at
Kesseldruck (G 3) ist durch die Zusatzfeuerung befähigt worden, den Dienst der
neueren und stärkeren 3/4 gek. Type (G 5) zu leisten, welche zur Tragung des
erheblich leistungsfähigeren Kessels eine Laufachse mehr erhalten hatte; sie leistet
diesen Dienst seit Monaten und hat zeitweise die für Güterzugbetrieb recht achtbare
Leistung von 6000 km im Monat aufzuweisen gehabt. Die Personen- und die
Schnellzuglokomotive wird durch die Teerölzusatzfeuerung befähigt, Züge von höherer
Tonnenzahl zu befördern, wie bei Kohlenfeuerung; außerdem können die Maschinen
erheblich längere Strecken ohne die Notwendigkeit des Ausschlackens und Reinigens
der Feuerung und der Rohre durchfahren, da die in gleicher Zeit verfeuerte
Kohlenmenge geringer ist. Die Gesamtmaterialkosten sind dabei nicht höher wie bei
einer Kohlenfeuerung; eine Schonung der Kessel ist zu erwarten. Die
Teerölzusatzfeuerung eröffnet daher die Möglichkeit, ohne Mehraufwand an laufenden
Betriebskosten ältere Typen leistungsfähiger zu machen und bei neueren Typen die
notwendigen Wendezeiten zu kürzen, somit die Lokomotiven besser auszunutzen, sowie
längere Strecken ohne Ueberlastung des Heizers zu durchfahren. Für die reine
Teerölfeuerung ist ein Anwendungsgebiet in der Beförderung sogenannter „leichter
Züge“ zu finden, die für Strecken eintreten, auf denen infolge scharfer
Steigungen und nicht ausreichender Verkehrsdichte die teueren Triebwagen nicht
angebracht sind.
Ueberhitzungs-Regulierung.
Die fast ausschließliche Verwendung des Heißdampfes in allen Betrieben führte zu der
Notwendigkeit, daß heutzutage nicht nur weitgehende Ansprüche an die Höhe der
Heißdampftemperatur gestellt werden, sondern daß vor allem die beabsichtigte
Temperatur wirklich erreicht und auch bei veränderlicher Kesselbelastung stets auf
gleicher Höhe gehalten wird ohne die Wirtschaftlichkeit des Betriebes herabzusetzen.
Die Schwankungen der Heißdampftemperatur sind bei stark wechselnden
Betriebsverhältnissen recht bedeutend und werden im Verhältnis zu den
Betriebsschwankungen um so größer ausfallen, in je heißerer Heizgaszone der
Ueberhitzer liegt. Viele Betriebe, in erster Reihe unsere modernen
Heißdampfmaschinen und die Dampfturbinen sind gegen größere Schwankungen in der
Heißdampftemperatur sehr empfindlich. Die bis jetzt bei Unterhitzern übliche
Regelungsvorrichtung durch Ueberhitzer-Wechselklappen erfordert beim Einbau des
Ueberhitzers zwischen Oberkessel und Wasserröhrenbündel das Anlegen zweier
Heizgaswege. Eine solche Bauart beansprucht mehr Raum und gestattet nur unter
Schwierigkeiten die
Unterbringung der erforderlichen Heizfläche. Die Klappen sind ferner wenig
zuverlässig und empfindlich. Ihre Lebensdauer ist beschränkt, auch geben sie infolge
Festklemmens und Undichtwerdens viel Anlaß zu Betriebsstörungen. Einfacher und mit
weniger großen Nachteilen behaftet ist die Regelung der Heißdampftemperatur durch
Mischen von Heiß- und Sattdampf. Dieses erfolgt außerhalb des Kessels in der vom
Ueberhitzer abführenden Dampfleitung. Hierbei ist es aber sehr wahrscheinlich, daß
das Gemisch von Satt- und Heißdampf von keiner gleichmäßigen Beschaffenheit ist. Zum
Unterschiede von diesem alten Verfahren erfolgt bei der neuen Regelungsvorrichtung
der Deutschen Babcock- und Wilcox-Dampfkesselwerke
A.-G. in Oberhausen, Rheinland, die Regelung durch zwei Heißdampfströme. Zu
diesem Zweck wird der im Ueberhitzer auf eine bestimmte Temperatur gebrachte
Heißdampf in einem Regelventil in zwei Teilströme zerlegt, von denen der eine durch
einen im Oberkessel liegenden Kühler geleitet wird, wobei er einen Teil seiner Wärme
an das Wasser wieder abgibt. Der den Kühler verlassende, sich noch immer in einem
gewissen überhitzten Zustande befindliche Dampf, dessen Temperatur je nach der Größe
der Kühlerfläche und der Menge des Teilstromes weit oberhalb oder in der Nähe der
Sattdampftemperatur liegt, mischt sich in dem Regelventil mit dem zweiten,
unmittelbar aus dem Ueberhitzer kommenden Teilstrom. Die an einem Babcock & Wilcox-Wasserrohrkessel von 134,5 qm
Heizfläche mit Kettenrostfeuerung von 3,16 qm und einem Ueberhitzer von 30 qm
Heizfläche angestellten Untersuchungen ermöglichten eine Herabsetzung der
Heißdampftemperatur von 298° bis auf 227°. Es ließ sich durch entsprechende
Einstellung des Regelventils jede gewünschte Temperatur innerhalb dieser Grenzen
erreichen. Bei plötzlicher Belastungsänderung von etwa 30 v. H., von 26 auf 18 kg
pro qm und Stunde verhielt sich die Vorrichtung sehr günstig. Ferner war es möglich,
durch geringe Verstellung des Regelventils die ursprüngliche Mischungstemperatur von
260° bei 26 kg Belastung auch bei 18 kg sofort wieder einzustellen. Diese neue
Vorrichtung kann in fast jeden Wasserrohrkessel eingebaut werden, nimmt in dem
hinteren Teile des Oberkessels wenig Raum ein und ist bei der Reinigung kaum
hinderlich. (C. Lángi.) [Zeitschrift für Dampfkessel-
und Maschinenbetrieb, 1909, S. 425].
J.
Dreiflammrohrkessel.
Eine bemerkenswerte Neuerung hat in den letzten Jahren der Zweiflammrohrkessel durch
Ausrüstung mit einem dritten Feuerrohr unterhalb der beiden obenliegenden erhalten.
Es ergibt sich also der Dreiflammrohrkessel. Zwecks Unterbringung des dritten
Flammrohres sind die beiden oberen aus ihrer sonst üblichen Lage etwas nach oben hin
verrückt worden. Infolge dieser Anordnung ist eine größere Aufmerksamkeit auf den
Wasserstand zu richten, da durch die höhere Lage der oberen beiden Flammrohre der
Abstand des feststehenden Niedrigstwasserstandes bis zur Oberkante der Feuerrohre
kleiner, als sonst beim Zweiflammrohrkessel üblich, geworden ist. Als Vorteile
stehen dem gegenüber die große Innenheizfläche und die gleichmäßigere Erwärmung des
Wasserinhaltes. Ferner können die Kessel infolge des beträchtlich kleineren
Wasserraumes erheblich schneller angeheizt werden als die Zweiflammrohrkessel. Die
neuen Kessel werden von den Dampfkesselfabrikationsfirmen H.
Paucksch, Akt.-Ges., in Landsberg a. W. und C.
Weinbrenner in Neunkirchen, Bez. Arnsberg, gebaut. Die Heizfläche des
Kessels von Paucksch kann von bisher meistens bis 100
qm durch das dritte Feuerrohr bis auf 140 qm vergrößert werden, und die Firma
Weinbrenner rüstet ihre Kessel mit einer Heizfläche
bis zu 150 qm aus. Die Verdampfungsleistung steigt infolgedessen bis auf 28–30 kg auf 1 qm Heizfläche und der Wirkungsgrad
erhöht sich bis auf 75 v. H. Trotzdem bleibt der Großwasser- und der Großdampfraum
gewahrt. Bei der Ausführung von Paucksch ist das dritte
Flammrohr bis auf zwei Drittel der Kessellänge von hinten nach vorn durchgeführt.
Die Kesselfeuerung ist als Planrost in den beiden oberen Flammrohren angeordnet. Die
Verbrennungsgase ziehen durch die letzteren nach hinten, kommen dann durch das
untere dritte Flammrohr, sowie durch den unterhalb des Kesselmantels gebildeten
Kanal nach vorn zurück, treten hier aus, um die Außenwand des Kesselwasserraumes zu
beheizen, worauf sie hinten durch den Eintritt zum Essenkanal abziehen. Während die
oberen Flammrohre aus Sicherheitsstufenrohren aus Schmiedeeisen zusammengesetzt
sind, durch deren sichelförmige Vorsprünge die Feuergase in wirbelnde Bewegung
versetzt werden, besteht das dritte Flammrohr aus gewöhnlichen Blechschüssen. Bei
dem Weinbrennerschen Kessel sind alle drei Flammrohre
auf der ganzen Kessellänge von vorn nach hinten durchgeführt und je mit einem
Planroste versehen. Die Verbrennungsprodukte streichen durch jedes Rohr nach hinten,
vereinigen sich hier, um auf einer Seite des Kesselmantels nach vorn, von da unter
dem Kessel durch auf die andere Seite und schließlich auf dieser nach hinten zum
Essenkanal abzuziehen. Die Flammrohre werden als glatte, gewellte oder Stufenrohre
hergestellt. Die Dreiflammrohrkessel eignen sich besonders für große Betriebe. Es
sind bereits derartige Kessel für Betriebsdrucke bis 12½ at und auch für Heißdampf
bis zu 350° C ausgeführt worden. (F. Lichte.)
[Braunkohle 1909, S. 483.]
J.
Die Kalkulation von Maschinenteilen.
Während in der Literatur Abhandlungen über die Bestimmung des Unkostenzuschlags
zahlreich sind und sich in ihnen viel Gutes und für die Praxis unmittelbar
Brauchbares findet, sind Angaben über die Bestimmung des Materialwertes und der
Löhne selten, soweit es sich wenigstens um Zwecke der Vorkalkulation handelt.
A) Material. Beim Gußeisen
sind drei bis vier Legierungen zu unterscheiden.
1. Zähes, dichtes Eisen mit einer Zugfestigkeit σB von 1800 bis
2700 kg/qcm
für Zylinder usw.,
2. weniger zähes, aber gleich dichtes Eisen mit σB = 1600 bis 1800
kg/qcm für
Zylinderdeckel u. dergl. m.,
3. weiches Eisen mit σB = 1500 bis 1600 kg/qcm für Schwungräder usw.,
4. gewöhnlicher, guter Maschinenguß mit σB = 1300 bis 1500 kg/qcm.
Aus den Preisen für diese Legierungen ist unter Berücksichtigung der Verluste durch
Schmelzen und Schrott und der Ausgaben für Brennmaterial der Preis des geschmolzenen
Eisens der vier gekennzeichneten Sorten zu berechnen. (Die beim Schmelzprozeß
aufzuwendenden Löhne werden zweckmäßig zu den Gießereiunkosten gerechnet.)
Beim Flußeisen, Schweißeisen und Stahl kann der
Materialverbrauch genau nur bei genauer Kenntnis des Schmiedevorganges berechnet
werden, wobei stets Zugaben für Abbrand, Abfall und Verstärkung zum Zwecke späterer
Bearbeitung erforderlich sind, deren Größe sich nach der Art des herzustellenden
Stückes richtet. Für Ueberschlagsrechnungen dienen zwei Tabellen, aus denen
hervorgeht: Verhältnis des Rohgewichtes zum Fertiggewicht bei Stücken verschiedenen
mittleren Querschnitts von 0,01 qdcm bis 1,0 qdcm und Verhältnis des
Einsatzgewichtes zum Rohgewicht bei verschiedenen Rohgewichten von 1 bis 100 kg und
darüber. Das zum Schmieden erforderliche Brennmaterial verrechnet man am besten in
Prozenten des Schmiedelohnes, wobei eine Zusammenstellung auf Grund praktischer
Erfahrungen Anhalt über die verschiedene Höhe dieser Prozente je nach Art und
Schwierigkeit des Schmiedestückes gibt.
B) Löhne. Die Löhne der Dreher, Hobler, Stoßer, Bohrer
und Fräser zerfallen in zwei Teile: 1. den für Aufspannen und Abnehmen des
Werkstücks erforderlichen und 2. den für die Bearbeitung selbst gezahlten. Ueber den
ersten Teil bringt der Verfasser eine aus der Erfahrung geschöpfte Tabelle, deren
Angaben aber nur als ungefährer Anhalt dienen können, und in der der Aufspannlohn
ins Verhältnis zum Gewicht des Werkstückes gebracht ist.
Der zweite Teil ist je nach Art der Bearbeitung verschieden zu behandeln. Dreherlöhne werden für 1 qm zu bearbeitende Fläche
gerechnet. Da aber die genaue Berechnung hiernach sehr zeitraubend ist, so wählt man
zweckmäßig ein Annäherungsverfahren, das zu den Gleichungen führt: a) für Runddrehen
x . d = y, b) für Plandrehen x . d2
= y, wo d den zu drehenden
Durchmesser in Metern, y den Lohn in Mark und x eine aus einer Tabelle zu entnehmende Größe ist.
Diese Tabelle gibt verschiedene Werte, je nachdem es sich um verschiedene
Materialien, verschiedene Feinheit oder verschiedene Art der Dreharbeit handelt. An
Materialien sind berücksichtigt: Bronze, Gußeisen, Fluß- und Schweißeisen, weicher
Stahl, mittelharter Stahl und harter Stahl; an Feinheit des Verfahrens: überschruppt
flach, überschruppt tief, mittelfein, fein, feilen oder schmirgeln; und an Art der
Arbeit: Runddrehen, Rundfedernddrehen, Arbeiten mit der Bohrspindel, Plandrehen,
Planfedernddrehen.
Hoblerlöhne werden gleichfalls für 1 qm Fläche
berechnet. Die im Durchschnitt für 1 qm erforderlichen Arbeitszeiten und Löhne gehen
aus einer Zusammenstellung hervor, mit deren Hilfe wieder die verschiedenen in
betracht kommenden Materialien, die Stärke der Schnitte, ob roh und tief, ob
mittelfein oder ob flach und breit und die Art der benutzten Maschinen
berücksichtigt werden können. Diese letzteren sind geteilt in Shaping bezw.
Hobelmaschinen bis 0,700 m Bettlänge, Hobelmaschinen bis 3 m und schwere
Hobelmaschinen bis 10 m Bettlänge und mehr. Bei Berechnung der zu bearbeitenden
Fläche muß mit Rücksicht auf die etwas grössere Bewegung des Messers oder
Hobeltisches ein Zuschlag von 15 bis 20 mm an den beiden Kanten gemacht werden, wo
die Umkehr stattfindet.
Für die Stoßerlöhne kann die gleiche Zusammenstellung
benutzt werden. Da jedoch Stoßflächen meist nur eine geringe Höhe haben, so kann
auch eine einfachere Tabelle Verwendung finden, in welcher Preise für das Stoßen von
einem laufenden Meter bei Stoßhöhen des Arbeitsstückes von 10 bis 100 mm für
verschiedene Materialien enthalten sind.
Die für Bohrerlöhne gebräuchlichen Tabellen sind so
bekannt, daß in dem vorliegenden Aufsatz eigentlich nur der Vollständigkeit halber
eine solche aufgeführt ist. Sie gilt für eine Tiefe von 100 mm für Lochdurchmesser
von 13 bis 60 mm und vier verschiedene Materialien.
Beim Fräsen ist das Arbeiten mit Walzenfräsern und mit
Stirnfräsern zu unterscheiden. Im ersteren Falle rechnet man zweckmäßig die Löhne f.
d. laufenden Meter und hat hier abgesehen von der Verschiedenheit des Materials zu
berücksichtigen, ob nur ein einziger Frässchnitt vorgenommen werden soll, in der
Tabelle mit „mittelfein“ bezeichnet, oder ob die Arbeit in zwei Schnitten
nacheinander, einem Roh- und einem Feinschnitt, erledigt werden soll, wie das
namentlich bei größeren gußeisernen Teilen zweckmäßig erscheint.
Die Löhne der Gießer, Schmiede und Schlosser werden natürlich nicht der
gekennzeichneten Teilung unterworfen, sie gelten stets für einen ganzen
zusammenhängenden Arbeitsvorgang.
Verhältnismäßig leicht lassen sich die Gießerlöhne
ermitteln, da sich erfahrungsgemäß herausgestellt hat, daß es am besten ist, für 100
kg einen bestimmten Betrag zu entrichten. Allerdings ist dieser verschieden
abzustufen, je nach dem Gewicht und je nach der mehr oder weniger einfachen
Gestaltung der einzelnen Stücke. In letzterer Beziehung sind zu unterscheiden: 1)
vollwandige einfache Stücke, 2) einfacher Guß mit normalen Wandstärken, 3)
komplizierterer Guß mit normalen oder einfacher Guß mit dünnen Wandstärken, 4) sehr
komplizierter Guß mit normalen oder komplizierter Guß mit dünnen Wandstärken, 5)
sehr komplizierter Guß mit dünnen Wandstärken.
Auch bei Schmiedelöhnen wird fast immer wie in der
Gießerei eine Preisbestimmung für 100 kg des fertig geschmiedeten Gegenstandes
angewandt werden können. Dabei ist zu bedenken, daß die normalen Werte, die für das
meist bei Schmiedearbeiten verwandte Material gelten, für sehr hartes von besonderer
Güte um 20 bis 50 v. H. gesteigert werden müssen.
Am schwierigsten gestaltet sich die Aufgabe des Vorkalkulators bei den Schlosserlöhnen, die nicht selten von Dingen abhängen,
die garnicht oder erst dann vorauszusehen sind, wenn der betr. Gegenstand in die
Schlosserei kommt. Aber auch hier gibt der Verfasser Durchschnittszahlen, die bei
der ihnen innewohnenden Bedeutung hierher gesetzt sein mögen; man zahlt an
Schlosserlöhnen einschl. Anreißen für zusammengesetzte Gegenstände:
a) einfacher und massiver Ausführung 2–4 v. H. des Gewichts in
M,
b) einfacher und leichter Ausführung 3–6 v. H. des Gewichts in
M,
c) komplizierter und massiver Ausführung 4–7 v. H. des Gewichts
in M,
d) komplizierter und leichter Ausführung 7–10 v. H. des Gewichts in M.
Nicht in diese Zahlen eingeschlossen sind die folgenden Arbeiten: das Aufschaben
runder und das Glattschaben ebener Flächen, die man f. d. qdcm verschieden nach der
Art des Materials kalkuliert, das Auswuchten aller Arten von Rädern, das je nach dem
Gewicht des auszuwuchtenden Gegenstandes auf Grund einer besonderen Zusammenstellung
bezahlt wird, das Sprengen solcher Räder und das Gewindeschneiden von Hand. Für dies
letztere wird ein Lohn von 70 . d Mark für das laufende
Meter angegeben, wo d den Durchmesser in Metern
bezeichnet.
Es braucht kaum betont zu werden, daß die sämtlichen zahlenmäßigen Angaben des
Artikels Durchschnittswerte sind, die nur unter Berücksichtigung der wechselnden
Arbeitsverhältnisse und Arbeitsbedingungen benutzt werden dürfen. Insbesondere ist
zu bemerken, daß überall ein Stundenverdienst des Arbeiters von M 0,50 zu Grunde
gelegt ist. Es wird aber ein Leichtes sein, in einem Falle, wo der durchschnittliche
Verdienst des Mannes anderen Lebensverhältnissen gemäß ein anderer ist, die
gegebenen Werte umzurechnen, und auf jeden Fall werden die mitgeteilten Tabellen
ganz vorzügliche Anhaltspunkte für denjenigen bilden, der sich in der Praxis
selbständig Grundlagen zur Vorkalkulation zu schaffen sucht und sich dadurch von den
häufig recht wenig zuverlässigen, weil eigentlich immer unsystematischen, Angaben
der Meister freimachen will. (Ferd. Siebenfreud, Wien.)
[Werkstatttechnik. 1909. S. 125–137.]
Noch tiefer in die ganzen Verhältnisse als Siebenfreud
sucht K Schmidt einzudringen, der sich zunächst nur mit der Arbeit auf
Werkzeugmaschinen mit gradliniger Bewegung (besonders Hobelmaschinen) beschäftigt.
Die theoretische Formel, aus der sich die Zeit T in
Stunden berechnen läßt, in welcher man eine Fläche von der Breite b und der Länge h
abzuhobeln imstande ist, hat für den Kalkulator keine Bedeutung. Sie lautet
bekanntlich:
T=\frac{1}{3600}\,.\,\frac{c+c_1}{c\,.\,c_1}\,.\,\frac{b\,.\,h}{s}
wo s die Schaltung für den
Doppelhub, c die Geschwindigkeit für den Arbeitshub und
c1 diejenige für
den Rücklauf bezeichnet. In ihr ist aber die Zeit nicht berücksichtigt, die bei der
Umkehr des Tisches verloren geht, und die bereits oben erwähnte Zugabe der Hublänge,
die bis zu einem gewissen Grade von der Art der Maschine selbst abhängt. Und da es
sich hierbei um die Summierung sehr vieler kleiner Fehler handelt, so kann von der
Benutzung jener Formel nicht dringend genug gewarnt werden, Schmidt rät statt dessen zur unmittelbaren Beobachtung der in der
Werkstatt vorhandenen Maschinen. Mit Leichtigkeit wird man imstande sein, die Zeit
für einen Doppelhub in Minuten bei verschiedenen Hobellängen zu beobachten und aus
diesen Zahlen und der Schaltung für den Doppelhub in mm kann man eine Tafel
zusammenstellen, die die Bearbeitungszeiten einer zu hobelnden Fläche von 1 mm
Breite enthält, deren Zahlen also nur mit der tatsächlich zu bearbeitenden Breite in
mm malgenommen werden müssen, um die gesuchten Arbeitszeiten zu erhalten. Als
Beispiel sei eine der von Schmidt mitgeteilten Tafeln
hier im Auszuge wiedergegeben.
Größte mögliche Hobelbreite 650 mm, Hobelhöhe 650 mm.
Hub- oderHobellängein mm
Schaltung für den Doppelhub in mm.
0,5
1
2
6
300
0,183
0,0916
0,0458
0,0153
500
0,226
0,113
0,067
0,0223
700
0,334
0,167
0,0835
0,028
900
0,386
0,193
0,0965
0,0322
1200
0,50
0,25
0,125
0,042
1600
0,634
0,317
0,159
0,053
Es braucht wohl kaum noch besonders hervorgehoben zu werden, daß zu der aus der
Tabelle gefundenen Zeit noch ein Zuschlag für das Aufspannen zu machen ist, über den
Schmidt nur bemerkt, daß er sich nach der Form des
Stückes richtet, er wäre also etwa auf Grund der oben erwähnten Angaben von Siebenfreud zu schätzen. Stahlschleifen und
Stahlansetzen verrechnet man am besten beim Malnehmen der Zeit mit dem
beabsichtigten Stundenverdienst, etwa indem man für diesen statt M 0,60 M 0,62
einsetzt.
Die gekennzeichneten Tabellen sind nun aber viel mehr als ein Hilfsmittel für den
Vorkalkulator, sie geben gleichzeitig ein Bild von der Arbeitsweise der einzelnen
Maschinen, erleichtern daher ihre Vergleichung in wirtschaftlicher Beziehung und
unterstützen infolgedessen Betriebsingenieur und Meister bei der Arbeitsverteilung.
Es ist daher dringend zu empfehlen, sie nicht als Geheimnis des Kalkulationsbüros zu
betrachten, sondern sie der Werkstatt im weitesten Umfange zugänglich zu machen (K Schmidt.) [Werkstattstechnik 1909. S. 237–242.]
F. Mbg.
Verwertung der Wasserkräfte in Bayern.s. D. p. J. 1908, Bd. 323, S.
639.
Auf Grund der in der bekannten Denkschrift vereinigten allgemeinen Entwürfe, die von
der Wasserkraftabteilung der obersten Baubehörde bearbeitet worden sind, hat das
bayerische Staatsministerium für Verkehrsangelegenheiten vor kurzer Zeit folgende
Wasserkräfte für die Zwecke des elektrischen Bahnbetriebes belegt:
1. Die Walchenseewasserkraft einschließl. der Ueberleitung in
den Kochelsee.
2. Die Isarstufe bei Wolfrathshausen.
3. Die obere Alz vom Chiemsee bis zum Laufener Wehr bei
Altenmarkt in Verbindung mit einer Hochdruckanlage an dem künftigen unteren
Alz-Wasserkraftwerk bei Burghausen, welches die Badische
Anilin- und Sodafabrik ausführen will.
4. Die Lechstufe von Füßen bis zum Lechbrucker Wehr.
5. Eine Illerstufe, die erst auf Grund der Verhandlungen mit
Württemberg bestimmt werden kann.
6. Die obere Saalachstufe von der Landesgrenze bis zu dem
künftigen staatlichen Saalachwerk bei Bad Reichenhall.
7. Eine Innstufe zwischen Wasserburg und Mühldorf.
An jedem der wichtigeren Alpenflüsse, die von den Kalkalpen zur bayerischen Donau
fließen, hat demnach der Staat ein Wasserkraftwerk für den elektrischen Bahnbetrieb
in Aussicht genommen. Nur bei der Isar ist eine zweite Stelle im Walchensee
vorgesehen, und der Bau dieses letzteren Werkes dürfte, nachdem der Wettbewerb
günstige Ergebnisse geliefert hat, vielleicht zuerst in Angriff genommen werden. Die
übrigen Wasserkräfte sollen allmählich in dem Maße ausgebaut werden, wie die
Einführung des elektrischen Bahnbetriebes es erforderlich macht, wobei Bau und
Betrieb der Werke von dem Staat selbst übernommen werden sollen. An dem Ausbau
anderer größerer Wasserkraftwerke wird sich der Staat vielleicht beteiligen,
gegebenenfalls auch als Stromabnehmer dieser Werke auftreten. Von den obigen
Wasserkräften abgesehen, stehen demnach als besonders ausbauwürdig folgende
Wasserkräfte Privatunternehmungen zur Verfügung: 3 Gefällstufen an der Hier, 2 an
der Donau, 16–17 am Lech, 3 an der Wertach, 10–15 an der Isar, 6 an der Ammer, 4 an
der Loisach, 7 am Inn, 2 an der Leizach, 1 am Spitzingsee, 1 am Aubach, 1–2 an der
Alz, 1 an der Saalach, 1 an der Salzach, 2 an der Lur und 1 an der Weißach. Die
mittlere Kraftleistung dieser Anlagen würde nach den bisherigen Aufnahmen der
Wasserkraftabteilungen der Baubehörde bei mindestens siebenmonatiger
Vollwasserführung im ganzen etwa 380000 PS betragen, darunter an einer Stelle, an
der Alz zwischen Tacherting und Burghausen, 48000 PS, im übrigen aber mindestens 900
PS. Kleinere Kräfte sind in der obigen Zusammenstellung noch nicht enthalten. Von
privater Seite sind außerdem Talsperrenanlagen an der Waldnaab, an der Ilz, am Regen
und im Frankenwald entworfen, die zusammen 23000 PS liefern sollen. An Private eind
bereits zwei Gefällstufen an der Alz mit zusammen 8000 PS vergeben worden. Wegen
mehrerer anderer, darunter auch der erwähnten größten Wasserkraft von 46000 PS
schweben Verhandlungen. [Zentralblatt der Bauverwaltung 1909, S. 539.]
H.