Titel: | Polytechnische Rundschau. |
Fundstelle: | Band 325, Jahrgang 1910, S. 124 |
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Polytechnische Rundschau.
Polytechnische Rundschau.
Bau von Straßenbahnwagen.
Während anfangs beim Uebergang vom Pferdebetrieb zum elektrischen Betrieb die
Betriebsmittel zu leicht gebaut wurden, verfiel man später in das Gegenteil, lehnte
sich an den Eisenbahnwagenbau zu sehr an und vergrößerte hierdurch bei einer
Vermehrung der Platzzahl um 40 v. H. das Gewicht der zweiachsigen Motorwagen um 75
v. H. Straßenbahnwagen müssen jedoch so leicht wie möglich gebaut werden, um bei dem
häufigen Anfahren und Bremsen den Kraftverbrauch in wirtschaftlichen Grenzen zu
halten. Durch Verringerung des Wagengewichts wird ferner die Abnutzung der Bandagen,
der Bremsklötze und der Gleisanlage, sowie deren Unterhaltung vermindert. Für das
Untergestell und den Kastenrahmen hält der Verfasser eine äußerst kräftige
Ausführung für nötig. Gewichtsersparnisse können bei diesen Teilen in erster Linie
durch Verwendung hochkantiger Träger sowie von Zugorganen erreicht werden. Auch der
Wagenkasten muß bis zur Fensterhöhe kräftig gebaut sein. Der übrige Teil der
Seitenwände, das Dach, sowie der Oberlichtaufsatz müssen jedoch so leicht wie
möglich gemacht sein, da die Trägheit der in diesen Teilen enthaltenen Massen bei
scharfem Anfahren und Bremsen die Wagenkastenverbindungen außerordentlich
beansprucht. Zur festen Lagerung des Stromabnehmers empfiehlt der Verfasser zwei
⋃-Eisenbügel, die als Fenstersäulen bis zu dem Kastenrahmen herabgeführt und mit
diesem verbunden sind. Diese Bügel tragen ferner im Verein mit den Stirnwänden die
Laufbretter. Die Stirnwände sollen unter Aenderung der Türbauart als einfache Wände
ausgeführt werden. Bei den Fenstern können durchweg Metall- oder Holzrahmen
fortfallen. Im Wageninnern sind zwecks Erleichterung der Reinigung vorstehende
Leisten und Kanten zu vermeiden. Am Wagenäußern sind mit Rücksicht auf die
Witterungseinflüsse polierte und lackierte Holzteile, wenn irgend möglich, aus
Metall herzustellen oder damit zu verkleiden. Die mit Hilfe langwieriger und teuerer
Verfahren lackierten Eisenbleche können durch die leichteren nicht oxydierenden
Tafeln aus Chromaluminium ersetzt werden, die keiner Lackierung bedürfen. Auch
andere Metallteile des Wagens sowie der elektrischen Ausrüstung sollten mit
Rücksicht auf die Gewichtsersparnis aus Aluminium hergestellt werden.
Neben der Ersparnis an Strom würden bei einem derartigen gebauten Wagen noch weitere
Ersparnisse erzielt werden, da die Ausbesserung und Erneuerung der Lackierung sich
auf höchstens den vierten Teil stellt; denn es kommen hierfür nur noch schmale
Streifen und Leisten in Betracht. Ferner fällt das tägliche Waschen der lackierten
Flächen und der blanken Metallteile fort, so daß auch hieran etwa die Hälfte gespart
wird. Für eine Straßenbahn, die jährlich 3000000 Wagenkilometer mit 50 Motorwagen
leistet, berechnet der Verfasser, daß durch Verminderung des Wagengewichts, der
Lackierung und der Reinigungskosten über 38000 M. jährlich gespart werden. (Albrecht.) [Elektrische Kraftbetriebe und Bahnen 1909,
S. 490–491.]
Pr.
Lokomotiv-Feuerbüchse.
Die Meinungen über den sachgemäßen Bau der Feuerbüchse sind noch immer weit
auseinander gehend, selbst über ihren Baustoff ist man nicht einig und es wird durch
neue Konstruktionen immer wieder versucht, die Mängel der vorhandenen Bauarten zu
vermeiden.
Die Feuerbüchse hat zwei Aufgaben gleichzeitig zu erfüllen; in ihr soll das
Brennmaterial mit größtmöglichem Wirkungsgrad verbrannt werden und außerdem stellt
die Feuerbüchse den wirksamsten Teil der Gesamtheizfläche eines Lokomotivkessels
dar. Um möglichst große Lebensdauer zu erzielen, müssen vor allem die
Feuerbüchsenwände auf der einen Seite von Kesselstein, auf der andern von Schlacke
und Asche freibleiben, damit die schädlichen Wärmestauungen möglichst vermieden
werden. Sind die Oberflächen rein, so ist der Temperaturunterschied an der
Feuerseite und an der Wasserseite der Feuerbüchsenwand gering. Außerdem scheint es,
daß Feuerbüchsen mit weiter Bauart eine geringere Dauerhaftigkeit besitzen als
solche mit schmaler Bauart. Bei der Chicago-Milwaukee and
St. Paul Railway haben z.B. von 18 Schnellzuglokomotiven, Bauart 4–4–2 mit
schmaler Feuerbüchse (1070 mm), nur vier Lokomotiven neue Feuertüren, Rauchröhren
und Deckbleche nach einer zehnjährigen Betriebsdauer erhalten. Von 28 Lokomotiven derselben
Type mit weiter Feuerbüchse (1670 mm) mußten die Erneuerungen schon nach 7 Jahren
stattfinden.
Es ist sehr schwer anzugeben, warum die weite Feuerbüchse weniger widerstandsfähiger
ist, als die mit schmaler Bauart. Die Wasserräume sind bei ersterer im allgemeinen
doch größer als bei der letzteren. Das Speisewasser war bei den besprochenen
Lokomotiven dasselbe. Außerdem kann angenommen werden, daß die
Verbrennungstemperatur in einer weiten Feuerbüchse nicht so hoch ist als in einer
schmalen. Daß trotz dieses Nachteils die schmale Feuerbüchse widerstandsfähiger ist
als die weite, soll darin liegen, daß in ihr die Wasserzirkulation eine schnellere
ist als in letzterer. [The Engineer 1909, S. 114.]
W.
Berechnung des umschnürten Betons.
Den Bedürfnissen der Praxis entsprechend hat nunmehr auch der Preußische Minister der
öffentlichen Arbeiten am 18. September 1909 Vorschriften für die Berechnung von
eisenumschnürtem Beton erlassen, der z.B. nach der Bauweise von Cousidère bei der Herstellung schlanker Säulen
Verwendung findet.
Ist Fb der gesamte
Betonquerschnitt, Fe
der gesamte Querschnitt der senkrechten Eiseneinlage und Fs' der Querschnitt einer gedachten
senkrechten Eiseneinlage, die man erhält, wenn man sich das Volumen der Umschnürung
(Spiraleiseneinlage) auf die steigende Einheit der Säule in eine senkrechte Einlage
gleichen Volumens verwandelt denkt, so ist der rechnungsmäßige
Eisenbetonquerschnitt:
Fi= Fb+ 15 Fe + 30 Fs'.
Hierbei darf jedoch Fi höchstens den Wert 2 Fb erreichen. Die zulässige Belastung ist
dann
P = σb
. Fi.
σb darf den zehnten Teil der Druckfestigkeit nach 28 Tagen nicht
übersteigen. [Zement und Beton 1909, Nr. 43 S. 656.]
Der Erlaß entspricht den Vorschriften, die in andern Ländern, wie in Oesterreich,
Frankreich und der Schweiz erlassen sind. Mit Hilfe desselben lassen sich die
erforderlichen Abmessungen einer Eisenbetonsäule berechnen. Da der rechnungsmäßige
ausnutzbare Querschnitt höchstens 2 Fb beträgt und da mit den eisenumschnürten Säulen
eine möglichst schlanke Form erstrebt wird, so hat man die Grenzbedingung
anzuwenden:
15 Fe
+ 30 Fs' = Fb
F_e+2\,F_s'=\frac{F_b}{15}=\frac{6,67}{100}\,.\,F_b.
Da die Wirkung der Umschnürung höher eingeschätzt wird, als die Wirkung der
senkrechten Eiseneinlagen, empfiehlt es sich, den Prozentsatz von Fe nicht zu hoch zu
wählen. Nimmt man entsprechend F_e=\frac{F_b}{100} an, so
ist:
F_s'=\frac{1}{2}\,\left(\frac{F_b}{15}-F_e\right)=\frac{17}{600}\,F_b.
Der Durchmesser der Umschnürung mit dem Querschnitt fe wird zu 0,8 des Säulendurchmessers D angenommen. Bei m
Windungen auf 100 cm Säulensteigung ist:
F_s'=\frac{\pi\,D\,.\,0,8\,.\,m}{100}\,f\,e.
Demnach ist der erforderliche Querschnitt der Umschnürung:
f\,e=\frac{17}{600}\,.\,\frac{100}{\pi\,.\,D\,.\,0,8\,.\,m}\,.\,F_b
f\,e=\frac{17}{600}\,.\,\frac{100}{\pi\,D\,.\,0,8\,.\,m}\,.\,\frac{\pi\,D^2}{4}
f\,e=0,8854\,.\,\frac{D}{m}.
Man erhält fe in qm, wenn man D in cm einsetzt. Der Durchmesser der Umschnürung ist
dann:
d=\sqrt{\frac{0,8854\,.\,4}{\pi}}\,.\,\sqrt{\frac{D}{m}}
d=1,06\,\sqrt{\frac{D}{m}}.
Beispiel:
P = 60 t, σb = 30 kg/qcm, l =
5,0 m
F_b=\frac{P}{2\,\sigma_b}=\frac{60000}{2\,.\,30}=1000\mbox{ qcm}.
Der Durchmesser der runden Säule ist D = 36 cm.
Senkrechte Eiseneinlage:
F_e=\frac{1}{100}\,.\,F_b=\frac{1}{100}\,.\,1000=10 qcm
gewählt fünf Rundeisen à 16 mm ⌀ mit Fe = 5 . 2,0 = 10 qcm.
Durchmesser der Spiralumschnürung: bei 20 Gängen auf 100
cm Höhe
d=1,06\,\sqrt{\frac{D}{m}}=1,06\,\sqrt{\frac{36}{20}}=1,06\,\sqrt{1,8}
=1,06\,.\,1,34=\sim\,1,42\mbox{ cm}
gewählt d= 14 mm, Der Durchmesser
der Umschnürung ist 0,8 D = 28,8 cm. Zur Kontrolle
erhält man:
F_e+2\,F_s'=\frac{F_b}{15}=\frac{1000}{15}=66,7\mbox{ qcm}
10+2\,.\,\pi\,.\,36\,.\,0,8\,.\,\frac{20}{100}\,.\,\frac{\pi\,.\,1,4^2}{4}=\sim\,10+56=66\mbox{
qcm}.
Eine Berechnung auf Zerknicken ist nicht erforderlich, da der
Säulendurchmesser größer als der 18. Teil der Säulenhöhe ist.
Dr.-Ing. Weiske.
Graphische Verfahren der Betriebskostenberechnung.
Bei Kraftmaschinen – und nur um deren Betriebskosten handelt es sich im folgenden –
kann man mit für die vorliegende Untersuchung genügender Genauigkeit den Verbrauch
an Dampf, Gas oder Brennöl
y = a . x
+ b
setzen, wo x die Belastung der
Kraftmaschine in Einheiten, etwa KW, a einen festen von
der Art und dem Betriebsmittel der Maschine abhängigen Zahlenwert und b den Verbrauch an Dampf, Gas oder Brennöl bei Leerlauf
bezeichnet. Dabei müssen y und b in den gleichen Einheiten, bezogen auf die Stunde, ausgedrückt sein.
Demgemäß änderte sich y und damit auch die durch den
Verbrauch von y unmittelbar entstehenden Ausgaben zum
Teil proportional der abgegebenen Energie, hervorgerufen durch die nützliche
Kraftabgabe, zum Teil proportional mit der Zeit, in der die Maschine im Betrieb ist
(verursacht durch Verluste in ihrer verschiedensten Form). Diese Ausgaben, umfassend
die Kosten der Betriebsstoffe der Kraftmaschinen (Gas, Brennöl, Kohle, Wasser usw.)
und der Schmiermittel heißen „veränderliche Betriebsausgaben“ im Gegensatz zu den
„festen Betriebsausgaben“ für Verzinsung und Abschreibung des
Anlagekapitals, Erhaltung, Bedienung und Verwaltung. Die letzteren „feste“ zu
nennen, ist eigentlich nicht ganz richtig, da sie bis zum gewissen Grade von der
Betriebsdauer abhängig sind, doch kann der Einfachheit halber diese Voraussetzung
gemacht werden, zumal dadurch nur eine gewisse Sicherheit in die Rechnung
hineinkommt.
Wir denken uns nun diese drei verschiedenen Arten von Betriebsausgaben in ein
rechtwinkliges Koordinatensystem eingetragen: als Abszissen werden gewählt die
jährlich abgegebenen Energiemengen, als Ordinaten die Betriebsausgaben, bezogen auf
die Einheit der abgegebenen Energie. Dann werden dargestellt:
1. die festen Betriebsausgaben durch eine gleichzeitige Hyperbel, deren Asymptoten
die Koordinatenachsen sind; denn diese Ausgaben sind den jährlich abgegebenen
Energiemengen umgekehrt proportional,
2. die veränderlichen Betriebsausgaben für die nützliche Kraftabgabe durch eine
Parallele zur Abszissenachse, da sie völlig unabhängig von jenen Energiemengen
sind.
3. die veränderlichen Betriebsausgaben für Verluste bei Voraussetzung einer
bestimmten Betriebschauer wiederum durch eine gleichseitige Hyperbel mit den Achsen
als Asymptoten.
Nun nimmt die allgemeine Gleichung einer Hyperbel x . y
= a oder y=\frac{a}{x}, wenn man zu
Abszissen nicht die Größe x sondern
z=\frac{1}{x} wählt, die Form y = a .
z an, also die einer Graden durch den Nullpunkt. Man hat hierdurch ein
einfaches Mittel, die umständliche Verzeichnung der Hyperbeln zu vermeiden, was um
so erwünschter ist, als bei diesen die Ablesungen in der Nähe des Nullpunktes
schwierig und ungenau werden. Man hat vielmehr nur als Abszissen die reciproken
Werte der jährlich abgegebenen Energiemengen aufzutragen; die festen Ausgaben werden
dann durch eine durch den Nullpunkt gehende Grade bezeichnet, eine Linie parallel zu
dieser fügt die veränderlichen Ausgaben für die nützliche Kraftabgabe hinzu, und
eine durch deren Schnittpunkt mit der y-Achse gehende
Grade addiert zu beiden die veränderlichen Ausgaben für Verluste, bezogen auf eine
bestimmte Betriebsstundenzahl. Dadurch daß man nun durch jenen Schnittpunkt eine
ganze Anzahl Strahlen zieht, erhält man ein Diagramm, aus dem die jährlichen
Gesamtbetriebsausgaben für verschiedene Betriebsdauer abgelesen werden können. Dabei
möge nochmals ausdrücklich betont werden, daß diese dem Diagramm entnommenen Zahlen
stets spezifische d.h. auf die Einheit der abgegebenen Energie bezogene
Betriebsausgaben bezeichnen. (Gisi). [Zeitschrift d.
Ver. deutsch. Ing. 1909, S. 1968].
F. Mbg.
Polieren und Trocknen mittels heißer Luft.
Die Tolhurst Machine Co. bringt Apparate auf den Markt,
in denen kleine plattierte Metallteile, die soeben aus dem galvanischen Bade kommen,
mittels heißer Luft sofort getrocknet und poliert werden. Worauf hierbei der
polierende Effekt der heißen Luft beruht, ist bis jetzt noch nicht genügend
klargestellt; die Fabrik entdeckte zufällig diese merkwürdige Wirkung gelegentlich
anderer Versuche.
Der Apparat besteht aus einer Zentrifuge zum Trocknen, einer eingekapselten
Dampfheizschlange zum Erhitzen der Luft und einem Gebläse, welches heiße Luft aus
der Heizschlange nach der Zentrifuge drückt. Die zu polierenden Artikel werden naß,
wie sie aus dem Bade kommen, in den Korb der Zentrifuge gebracht, die sich mit
700–900 Umdr./Min.
dreht. Dann treibt das Gebläse heiße Luft aus der Heizschlange durch die Zentrifuge
und in etwa 10 Minuten sind alle plattierten Teile getrocknet und mit Hochglanz
poliert. Die Anordnung der Zentrifuge ist derart, daß die heiße Luft im Innern
derselben sehr schnell zirkulieren kann und frei hinaustritt, nachdem sie alle
Metallteile berührt hat, welche wahrscheinlich durch die Reibung eine um 10° höhere
Temperatur als die heiße Luft annehmen, wobei das Wasser durch die Zentrifugalkraft
von den Teilen weggeschleudert wird. Bei becherförmigen Artikeln reicht die
Schleuderkraft nicht hin, um alle Feuchtigkeit zu entfernen, hier zeigt sich dann
besonders die trocknende Wirkung des heißen Luftstromes. Durch dieses Verfahren
erhalten z.B. vernickelte Gegenstände beliebiger Form, die schon ganz dunkel
oxydiert sind, einen Hochglanz, wie er früher nie erreicht wurde.
Man kann vielleicht diese polierende Wirkung der heißen Luft auf die sehr große
Schnelligkeit, mit der sie über die Metalloberflächen streicht, zurückführen,
während gleichzeitig das starke Erhitzen die Außenflächen der Metallteile für die
glättende Wirkung empfänglicher macht. Leider sind in der Quelle keine Angaben über
Druck und Temperatur der Luft enthalten. [Iron Age 09, S. 1322.]
Renold.
Neuerungen an Selfaktoren (Selbstspinnern).
Beim Beginn der Wagenausfahrt des Selbstspinners müssen auch die
Vorgarnlieferzylinder sofort anfangen zu arbeiten und Vorgarn zu liefern, damit
durch das Anfahren des Wagens kein Abreißen oder Verziehen der an den Spindeln
hängenden Fäden eintritt. Besonders wichtig ist dieser Umstand beim Spinnen von
kurzfaserigem Material. Ein gewisser Ausgleich liegt in der natürlichen Dehnung der
Wagenantriebseile beim Einsetzen der Bewegung, wodurch eine gewisse Verzögerung im
Wagenantrieb stattfindet, die den Lieferzylindern Zeit läßt, auch ihrerseits in Gang
zu kommen. Bei Schwerlaufen der Zylinder oder ähnlichen Vorkommnissen bietet dieser
Umstand aber keine genügende Sicherheit. Die in Frage stehende Neuerung, herrührend
von der Maschinenfabrik Oskar Schimmel in Chemnitz,
soll hier verbessernd eingreifen. Das Wagenantriebrad und das entsprechende
Wechselrad greifen nicht mehr starr ineinander, sondern die Mitnahme des Rades der
Wagenantriebswelle erfolgt durch Vermittlung einer federnden Knagge, die erst bis zu
einem Anschlag zurückgedrückt werden muß, ehe der Wagen den eigentlichen Antrieb
erhält. Hierdurch wird Zeit für die Ingangsetzung der Vorgarn-Lieferzylinder
gewonnen und Gewähr dafür geboten, daß diese laufen, wenn der Wagen die Ausfahrt
beginnt.
Eine andere Neuerung betrifft die Regelung der Einfahrtbewegung des Wagens. Die
Geschwindigkeit des Wagens ist bekanntlich keine gleichmäßige. Vom Stillstand wächst
sie bis zu einem Maximum an, das eine Strecke lang innegehalten wird. Dann findet
bis zur Beendigung der Einfahrt wieder Abnahme der Geschwindigkeit statt. Beim
Beginn der Verzögerung in der Bewegung des Wagens muß Bremsung des Wagens
stattfinden, damit derselbe nicht, seinem Beharrungsvermögen folgend, die
Einzugsseile überläuft. Nun steht der Wagen zwar unter der Wirkung des Gegenseiles,
welch letzteres auf die Gegenschnecke aufgewickelt ist, die ebenso geformt ist wie
die Einzugsschnecke. Infolge der großen Länge des Gegenseiles hat man jedoch mit
einer unvermeidlichen Dehnung desselben zu rechnen, woraus Schlafferwerden des
Seiles resultiert, was seinerseits ruck- und stoßweise Bewegung des Wagens zur Folge
hat. Auch durch stärkeres Spannen des Gegenseiles läßt sich dieser Uebelstand nicht
ganz beseitigen. Dies ist jedoch möglich, wenn die Form der Gegenschnecke abgeändert
wird, wie dies Gegenstand der neuen Erfindung ist. Die Schnecke ist dabei so
geformt, daß das Gegenseil während der ersten Hälfte der Einfahrt ohne besondere
Spannung bleibt. Diese tritt erst ein, wenn die Verzögerung in der Wagenbewegung
beginnen soll, und die Spannung ist am größten bei Beendigung der Einfahrt. Die
Spannung der Seile entspricht also bei jedem Stand des Wagens dem augenblicklichen
Bedürfnis und dadurch, daß das Gegenseil nur während eines Teiles der Fahrt gespannt
ist, sonst aber ohne wesentliche Spannung bleibt, kann keine bleibende Dehnung des
Seiles eintreten. Die Ursache des ruckweisen Wagenganges ist somit beseitigt und
Gewähr für gleichmäßige Bewegung des Wagens vorhanden, was für den Selbstspinner von
großem Vorteil ist. [Leipziger Monatsschrift f. Textil-Ind. 1909 und Oesterreichs
Wollen- und Leinenindustrie 1909].
Hg.
Die Kraftverteilung aus den Niagara-Fällen.
Mit dem Wachstum der Zahl der um die Niagara-Fälle herum angelegten Wasserkraftwerke
wird die Uebersicht über diese verschiedenen Anlagen immer schwieriger. Insgesamt
wird diese Wasserkraft heute in fünf Wasserkraftelektrizitätswerken ausgenutzt, von
welchen vier auf dem kanadischen und drei auf dem sogenannten amerikanischen Ufer
liegen. Von den vier kanadischen Werken ist eines so klein, daß es häufig übersehen
wird, es ist das älteste an dieser Stelle und das einzige am Niagara, welches
Wechselstrom erzeugt, während die anderen Drehstrom liefern. Es gehört der International Railway Company und liefert etwa 1200 PS
für Bahnbetrieb; die Wechselstromdynamo dieses Werkes wird noch durch Riemen- und
Kegelradübertragung angetrieben. Außerdem ist eine neuere senkrecht angeordnete
Gleichstrom-Maschinengruppe von 2000 PS vorhanden.
Von den übrigen drei kanadischen Kraftwerken liefert eines ausschließlich Strom für
das kanadische Gebiet, das zweite wird in Verbindung mit zwei Werken auf der New
Yorker Seite betrieben, während das dritte beide Ufer versorgt. Das ersterwähnte
Werk gehört der Electrical Development Company of
Ontario, die zum Teil (mit 1000 PS) die Versorgung der Niagara, St. Catherines and Toronto Railway, zum Teil
diejenige der Stadt Toronto selbst betreibt, zum Teil ihren Strom an die Cataract Power & Conduit
Company abgibt (etwa 8000 PS). An die Stadt Toronto werden 10000 PS für
Licht- und Kraftzwecke sowie 16000 PS für Straßenbahnbetrieb abgegeben. Das zweite
Werk auf der kanadischen Seite gehört der Canadian Niagara
Power Company und arbeitet mit den Werken der Niagara Falls Power Company auf dem anderen Ufer zusammen. Das dritte Werk
endlich, dasjenige der Ontario Power Company, versorgt
insgesamt drei Stromlieferungsgesellschaften, deren Fernleitungen sich bis nach
Grantham im Staate Ontario, sowie nach Lockport, Syracuse und Rochester im Staate
New York erstrecken. Von der Gesamtleistung dieses Werkes, die gegenwärtig 58700 PS
beträgt, werden 14500 PS für elektrochemische, 19000 PS für Bahnbetriebe, 11200 PS
für Beleuchtungsanlagen und 14000 PS für Fabrikbetriebe verwendet. 14900 PS werden
in Kanada verbraucht, 11000 PS 32 km weit nach Lockport, N. Y., 10900 PS 72 km weit
nach Depew und Seneca, 9600 PS 128 km weit nach Rochester und Batavia und 12300 PS
272 km weit nach Anburn und Syracuse übertragen.
Auf dem New Yorker Ufer des Niagara wird von der Niagara
Falls Hydraulic Power and Manufacturing Company ausschließlich die nähere
Umgebung versorgt; auf chemische Betriebe entfallen hierbei schon allein 51000
PS, während 2000 PS an Zellstoff- und Papierfabriken, 1500 PS an das
Beleuchtungsnetz und 4500 PS für andere Fabrikbetriebe sowie an die Niagara Gorge Railway abgegeben werden. Infolge des
überwiegenden Einflusses der Belastung durch chemische Fabriken arbeitet dieses Werk
unter ganz besonders günstigen, durchweg gleichförmigen Belastungsverhältnissen.
Die beiden anderen Werke auf der New Yorker Seite werden parallel mit dem bereits
erwähnten Werke der Canadian Niagara Power Company
betrieben und dienen außer für die nächste Umgebung zum Speisen der Fernleitungen
nach North-Tonawanda, Tonawanda und Buffalo. Während die beiden erstgenannten Orte
für Licht-, Fabrik- und Bahnzwecke zusammen etwa 4740 PS verbrauchen, beträgt der
Kraftverbrauch in Buffalo 47200 PS, davon 2400 PS für das Wasserwerk, 15000 PS für
Bahnbetrieb, 16800 PS für Fabriken und 13000 PS für das allgemeine, der Buffalo General Electric Company gehörige Stromnetz.
Daneben gibt die Niagara Falls Power Company in Niagara
Falls N. Y., 2000 PS, an chemische Fabriken 51000 PS, für Bahnzwecke 1500 PS und für
Fabriken 5000 PS ab.
Insgesamt werden somit heute an den Niagara-Fällen 273940 PS erzeugt, oder, da die
Wasserkraft der Fälle auf 5000000 PS geschätzt ist, nur etwa 5,5 v. H. der
verfügbaren Kraft ausgenutzt. Der Rest geht heute noch verloren. Wenn man bedenkt,
welchen Umfang die elektrisch versorgten Betriebe in der Umgebung des Niagara schon
erlangt haben, daß 126800 PS in elektochemischen, 56200 PS in Bahnbetrieben, 36400
PS für Lichtanlagen und 54510 PS für Fabriken verwendet werden, so kann man ungefähr
ermessen, wie groß die Verluste sind, die täglich, ja stündlich durch die
unvollkommene Ausnutzung dieser Wasserkraft verursacht werden. [Electrical World
1909, II., S. 978–979.]
H.
Wasserkraft-Elektrizitätswerk der Great Northern
Railway.
Für den elektrischen Betrieb eines mit 2 v. H. Steigung angelegten 4 km langen
Tunnels an der Ostgrenze des Staates Washington hat die Great Northern Railway an dem durch das Tumwater Cangon fließenden
Wenatchee River ein Wasserkraftwerk in Betrieb gesetzt. Das Werk, welches mit Hilfe
eines Beton-Staudammes und einer insgesamt 3600 m langen, größtenteils hölzernen
Druckleitung gespeist wird, ist insbesondere dadurch bemerkenswert, daß es fast
ausschließlich durch die Bahn selbst beansprucht wird und daher besonders starken
Belastungsstoßen ausgesetzt ist. Schon bei der Anlage des Staudammes unterhalb einer
natürlichen Verbreiterung des Flußbettes hat man berücksichtigt, daß diese
Verbreiterung in den Belastungspausen genügend vollaufen würde, um dann, wenn die
Belastung stattfindet, große Wassermengen schnell abgeben zu können. Die hölzerne
Druckleitung, die annähernd 2600 mm weit ist, ist so konstruiert, daß sie an ihrem
unteren Ende eine hydrostatische Druckhöhe von 52 m tragen kann. Ungefähr 290 m vor
dem Kraftwerk schließt sich daran eine aus Stahlblech genietete Leitung an, die in
das Ende der Holzleitung gesteckt und durch umgelegte Bänder abgedichtet ist. Von
dieser Leitung gehen drei Zweige von 2280 mm Weite und zwei von 760 mm zu den
Turbinen des Kraftwerkes, während die Leitung selbst über diese Anschlüsse hinaus in
einen mit seinem Dach bis über den Wasserspiegel vor dem Staudamm emporragenden
Ausgleichbehälter verlängert ist. Die Aufgabe dieses durch eine 2450 mm weite
Leitung an die Druckleitung des Kraftwerkes angeschlossenen Behälters ist, beim
plötzlichen Belasten der Anlage schnell Wasser abzugeben, so daß die Wassersäule in der
Druckleitung Zeit hat, sich zu beschleunigen, beim plötzlichen Entlasten der
Maschinen aber dem in Bewegung befindlichen Wasser einen jede Verschwendung
vermeidenden Ausweg zu sichern, damit gefährliche Druckschwankungen vermieden
werden. Da es unmöglich ist, bei den hier vorliegenden ungünstigen
Belastungsverhältnissen ein Ueberfließen des Behälters zu vermeiden, so ist ein
Ueberlaufrohr daran angeordnet, aber so, daß das Wasser nicht außen an dem Behälter,
sondern nur in die Druckleitung selbst zurückfließen kann.
In dem Kraftwerk selbst sind zwei Maschineneinheiten bereits im Betrieb, während die
dritte aufgestellt wird. Diese bestehen aus einfachen Francis-Turbinen von 1600 mm Laufrad-Durchmesser, die bei 375
Umdrehungen i. d. Minute je 4000 PS leisten und hierbei je 7 cbm i. d. Sekunde bei
60 m mittlerem Gefälle verbrauchen. Die Erregermaschinen leisten je 175 PS bei 750
Umdrehungen i. d. Minute. Der erzeugte Strom wird mit 33000 Volt Spannung nach einem
Umformerwerk unmittelbar vor dem Tunnel übertragen und dort mit 6600 Volt an die
Leitungen abgegeben. Die Bahn hat vier elektrische Lokomotiven von je 2000 PS
beschafft – die ersten praktisch verwendeten Drehstromlokomotiven in den Vereinigten
Staaten – die sowohl Personen- als auch Güterzüge durch den Tunnel befördern werden.
[The Engineering Record 1909 II, S. 480–482.]
H.