Titel: | Kabelluftbahn. |
Autor: | Koll |
Fundstelle: | Band 325, Jahrgang 1910, S. 145 |
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Kabelluftbahn.
Von Koll,
Chemnitz.
Kabelluftbahn.
Es war mir die Aufgabe gestellt, aus einem etwa 30 m tiefen Steinbruch die
gespaltenen Granitstein-Blöcke bis zu 5000 kg Gewicht zu heben und nach dem von
diesem etwa 250 m weit entfernten Werkplatze zu transportieren und von hier weiter
nach dem Anschlußgleis der Verladerampe zu befördern.
Ferner sollten nach der Absatzstelle des Anschlußgleises auch Kippwagen mit
Kleinschlag direkt aus dem Bruch gefördert werden. Des weiteren war die Bedingung
gestellt, daß der Bruch von etwa 100 m Breite und 80 m Länge an jeder Stelle mit dem
Lasthaken erreichbar sei, um so die Lasten ohne Schleifen auf der Sohle des Bruches
direkt senkrecht heben zu können.
Hierdurch veranlaßt kam ich zum Entwurf einer fahrbaren Kabelluftbahn-Anlage, wie sie
in den beigegebenen Abbildungen und der nachfolgenden Beschreibung dargestellt
ist.
Textabbildung Bd. 325, S. 145
Fig. 1.
Fig. 1 bis 4 zeigen
die Gesamt-Anlage. Die im Bruch a (Fig. 3 und 4)
gesprengten Granitblöcke werden entweder nach dem Werkplatz b oder auf ein Schmalspurgleis, das neben dem öffentlichen Wege c liegt und zur Eisenbahn-Verladerampe führt,
gefördert. Andererseits sollen auch Waren, die mit dem Schmalspurgleis von der
Bahnstation kommen, nach ihrem Bestimmungsort im Bruche a oder des Werkplatzes b durch die Seilbahn
transportiert werden. Um nun ein senkrechtes Heben der Granitblöcke von jedem Punkt
des Bruches zu erreichen, mußten entweder beide oder nur die eine der beiden Stützen
verfahren werden. Da aber die Eigentumsverhältnisse des Geländes das erstere nicht
gestatteten, mußte
Textabbildung Bd. 325, S. 146
Fig. 2. Fahrbare Seilbahn mit Pendelstütze, Tragkraft 5000 kg, Hubböhe 30
cm.
i Tragseil, – k Reiterseil, – 1
Katzfahrseil, – n Lastseil. – o Leiter, – p Führerhaus, – q Windwerkhaus, – r
Gegengewicht (60 t) s Reiterseilspanngewicht, – t Fahrseilspanngewicht.
die eine Stütze feststehend, dagegen die andere in einem
Kreisbogenstück, mit der festen Stütze als Mittelpunkt, verfahrbar angeordnet
werden.
Fig. 3 und 4 stellen
die Anordnung dar. Die feste Stütze d ist mit dem
Fundament sicher verbunden, während die fahrbare Stütze e auf dem kreisförmigen Fundament f auf
Schienen verschiebbar ist. Die Spitzen der Stützen d
und e sind durch das Tragseil i, auf welchem die Laufkatze h mit der Last
fährt, verbunden. Die Eigentümlichkeit der Anlage besteht in der Anordnung der
fahrbaren Stütze, die unter 45 Grad gegen die Wagerechte geneigt vorgesehen wurde.
Zum Spannen des Seiles ist ein Gegengewicht g
freischwebend an der Pendelstütze e angebracht. Die
Schwere desselben richtet sich nach dem beabsichtigten Durchhang h des belasteten Seiles und berechnet sich nach der
Formel:
h=\frac{a\,.\,P}{4\,.\,S},
wobei ist:
a = der wagerechten Entfernung
zwischen den Stützen in m,
P = der angehängten Gesamtlast in
kg,
S = Seilspannung oder Gegengewicht
in kg.
Gegeben sind:
Die Nutzlast = 5000 kg, das Gewicht der Laufkatze = 1350
kg,
das Gewicht q des Seiles f. d.
lfd. m = 14,52 kg,
die freie Spannweite zwischen den Stutzen = 297 m.
Nehmen wir die Last in der Mitte der Spannweite hängend an und lassen einen Durchhang
bei Maximalbelastung von 10,5 m zu, so ergibt sich eine Gegengewichtslast
S=\frac{a\,.\,P}{4\,.\,h}
und unter Einsetzung obiger Werte:
S\,.=\frac{297\,\left(5000+1350+\frac{297\,.\,14,52}{2}\right)}{4\,.\,10,5}=60000\mbox{
kg}.
Der Durchhang bei unbelasteter Laufkatze, in der Mitte der
Spannweite hängend, würde sein:
h=\frac{297\,\left(1350+\frac{297\,.\,14,52}{2}\right)}{4\,.\,60000}=4,33\mbox{
m}.
Die vorstehend berechneten Maße stimmten mit der Wirklichkeit
annähernd überein.
Textabbildung Bd. 325, S. 147
Fig. 3.
Textabbildung Bd. 325, S. 147
Fig. 4.
Ueber die Fundamentdrücke sowie die Stabilität der Pendelstütze werde ich weiter
unten berichten und will nur jetzt noch kurz anführen, daß die Anlage durch
Gleichstrom von 220 Volt Spannung betrieben und die Zentrale, in welcher der Strom
erzeugt wird, neu geschaffen werden mußte, da im Umkreise von 6 km keine vorhandene
Betriebskraft zu erhalten war. Es wurde deshalb als Antriebskraft zur Erzeugung des
elektrischen Betriebsstromes eine Sauggasanlage gewählt. Um auch noch andere
Hilfsmaschinen des Steinbruchbetriebes elektrisch antreiben zu können, wurde die
Zentrale größer wie die Seilbahnanlage sie erforderte, gewählt (was auch in
Rücksicht des Stromstoßes beim Anlassen der Anlage rätlich war) und zwar eine 60
PS-Sauggasanlage.
Fig. 2 zeigt die Anlage in einem größeren Maßstabe.
Die feste Stütze d hat außer dem Eigengewicht und den
Spannungsgewichten der Seilrollen nur nach einer Seite gerichtete Zugkraft vom
Tragkabel aufzunehmen. Die Höhe des Angriffspunktes des Tragkabels beträgt 20 m über
Terrain und ist in Rücksicht hierauf die Basis ziemlich groß, nämlich 15 m in der
Kraftrichtung gewählt worden. Die zweite Seite der rechteckigen Grundfläche hat eine
Länge von 10 m. Die Stützpfeilerstreben nach der Tragkabelseite sind als
Druckstreben und die entgegengesetzten als Zugstreben ausgebildet.
Die bewegliche und fahrbare Stütze (Pendelstütze e) hat
mit dem Tragkabel, das dasselbe haltende Gegengewicht g
aufzunehmen, sie ist zur vorteilhaftesten Kraftübertragung in einem Winkel von 45°
gegen die Wagerechte geneigt vorgesehen. Unten stützt sie sich gelenkig auf ein
Fahrgestell, das sich wiederum auf ein mit Schienen belegtes Fundament bewegen kann.
Die seitliche Standfestigkeit wird durch Spreitzung der Stützschenkel
gewährleistet.
Da das Terrain, wo sich die Pendelstütze befindet, um etwa 15 m höher liegt, als
dasjenige der festen Stütze und da ferner ein Durchhang des Tragkabels auch im
unbelasteten Zustande auftritt, findet kein rechtwinkliger Zug an den Stützen durch
das Tragkabel statt, sondern die Kraftrichtung weicht von der Wagerechten ab und
beträgt diese Abweichung an der Pendelstütze 10° und bei der festen Stütze 3°.
(Schluß folgt.)