Titel: | Die Gewinnung von Brenntorf nach dem Dr. Ekenbergschen Verfahren. |
Autor: | Dierfeld |
Fundstelle: | Band 325, Jahrgang 1910, S. 183 |
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Die Gewinnung von Brenntorf nach dem Dr.
Ekenbergschen Verfahren.
Von Regierungsbaumeister Dierfeld.
(Fortsetzung von S. 154 d. Bd.)
Die Gewinnung von Brenntorf nach dem Dr. Ekenbergschen
Verfahren.
Eine sehr wichtige Frage ist nun die, welchen Aufwand an Wärme und Kraft oder an
Kosten der Prozeß erfordern mag? Die spezifische Wärme roher Torfmasse ist 0,92 oder
rund 1. Um die Torfmasse auf 200° C zu erhitzen, sind daher nicht mehr als 200
Kalorien f. d. kg nötig. Da ein Teil dieser Kalorien wiedergewonnen werden kann, wie
aus folgendem ersichtlich, und die erhitzte Torfmasse durch die rohe Torfmasse, die
darauf den Prozeß durchmachen soll, gekühlt werden kann, so wird eine große
Wärmemenge gespart. Um die Wiedergewinnung der Wärme zu studieren, verwandte Dr. Ekenberg
zuerst einen Apparat, wie wir ihn in Fig. 4
wiedergeben. Mittels Riemenscheibe F wird das Rohr E angetrieben, welches außen mit einem Schraubengang
versehen ist, um die Torfmasse regelmäßig fortzubewegen, und sich in dem äußeren
feststehenden Rohr C dreht. Der rohe Torfbrei wird von
einer gewöhnlichen Schlammpumpe durch den rechts unten sichtbaren Rohransatz in die
Kammer A gepumpt, mit einem Drucke, der etwas höher als
die Dampfspannung bei der anzuwendenden Verkohlungstemperatur ist, um das Kochen zu
verhindern. Von Kammer A aus wird der Torfbrei durch
den ringförmigen Raum zwischen äußerem Rohr C und innerem Rohr
E gedrückt, in der Heizkammer H durch den Gasbrenner G
auf die nötige Verkohlungstemperatur erhitzt und gelangt zum Endteil D, wo er seine Bewegung umkehrt und durch das Rohr E, Kammer B und das daran
schließende Rohr austritt. Der Zwischenraum zwischen der Wand des äußeren und
inneren Rohres beträgt nur 12 mm, um einen schnellen Wärmedurchgang zu vermitteln;
bei T sind Thermometer zur Wärmebestimmung angebracht.
Die Ergebnisse von Versuchen bei verschiedenen Verkohlungstemperaturen waren
folgende:
Textabbildung Bd. 325, S. 184
Fig. 4.
Tabelle 8.
GradC
GradC
GradC
Verkohlungstemperatur
180
200
220
Temperatur des rohen eintretend. Torfbreis
21
19
14
Temperatur des abgekühlt, austret. Torfbreis
89
93
80
Wiedergewinnung von Wärme
91
107
140
Reine Kosten d. Naßverkohlung in Kalorien
67
74
66
Aus der Tab. 8 ersieht man, daß 50–63,5 v. H. der angewandten Hitze wiedergewonnen
werden kann und, je höher die Verkohlungstemperatur, um so mehr Wärme wird
wiedergewonnen. Hierin liegt die große Ueberlegenheit des nassen Prozesses gegenüber
der Trockenverkohlung, wo eine Wiedergewinnung von Wärme kaum möglich ist. Nun
wurden diese Versuche in größerem Maßstabe fortgesetzt mit einem System von 52
Röhren, durch welche ungefähr 225 cbm Torfbrei gepumpt wurden. Fig. 5 stellt diesen Apparat im Schnitt dar; in den
Heizröhren drehen sich wieder mit Schraubengängen versehene Rohre, die bei F durch Zahnräder angetrieben werden. D ist die Heizung. Die Heizgase umspülen innig die
Rohre in der Heizkammer E und treten bei C aus. Der rohe Torfbrei tritt bei A ein, wird wieder durch die Schraubengänge gedrückt,
verkohlt, und kehrt durch das innere Rohr zur Kammer B
zurück, wo er austritt. Aus diesen Versuchen ergeben sich die Werte Tab. 9.
Tabelle 9.
Durchschnittstemperat, am erhitzt. Ende d. Röhren
152° C
Temperatur des eintretenden rohen Torfbreies
10 „
Temperatur d. austretend, verkohlten Torfbreies
80 „
Wiedergewinnung von Wärme
72 „
Reine Kosten der Verkohlung in Kalorien
70 „
Aus der Praxis der Dampferzeugung ist bekannt, daß von der in Heizgasen enthaltenen
Wärme nur 70–80 v. H. nutzbar gemacht werden, während der Rest durch den Schornstein
entweicht, bezw. durch Strahlung verloren geht. Nehmen wir diese Ziffern ebenfalls
für den Naßverkohlungsprozeß an, so würden sich die Gesamtkosten des Erhitzens von
einem kg rohen Torfbreies auf ungefähr 90–100 Kalorien stellen, was auch mit den
Versuchen tatsächlich übereinstimmt. Rechnet man nun den Heizwert von reifem
Brenntorf zu 5600 Kalorien, so ergibt sich folgende Wärmebilanz für das
Naßverkohlungsverfahren:
800 kg Torfbrei enthalten 100 kg Torf- substanz zu je
5600 Kalorien.
Also verfügbare Hitze im Brennstoff
560000
Kalorien
Abzüglich Verkohlungshitze 100 Ka- lorien f. d. kg
Torfbrei
80000
„
–––––––––––––––
Rest
480000
Kalorien
Diese 480000 Kalorien sind gleich dem Heizwert von 85,7 kg
Torfsubstanz; also werden 14,3 v. H. des Torfes im Brei bei dem Verfahren geopfert,
wogegen aber ein ununterbrochener Prozeß und ein konzentrierter Brennstoff erlangt
ist. Nimmt man an, daß 1/7 des ursprünglichen Wassergehalts in den gepreßten
Torfkuchen verbleibt, oder 1 kg Wasser für jedes kg Torf, so müssen durch
künstliches Erhitzen 100 kg Wasser auf je 100 kg naßverkohlten Torf verdampft
werden.
Textabbildung Bd. 325, S. 184
Fig. 5.
100 kg Wasser erfordern zur Verdampfung
640 Kalorien f. d. kg od. zus.
64000
Kalorien
Hierzu 25 v. H. Verluste
16000
„
––––––––––––––
Erforderl. Hitze f. 100 kg wasserfreien Torf
80000
Kalorien
Diese 80000 Kalorien sind gleich 14,3 kg Torf von 5600
Kalorien oder gleich weiteren 14,3 v. H. des Torfes, die geopfert werden, aber man
erhält so einen ganz wasserfreien Brennstoff. Jedoch ist es möglich, wie wir sehen werden, das
Erhitzen teilweise mit überschüssiger Wärme aus dem Verkohlungsofen oder der
Kraftanlage auszuführen und dann 25–30 v. H. zu sparen.
Textabbildung Bd. 325, S. 185
Fig. 6.
Zum Auspressen des Hauptwassergehalts von frischverkohlter Torfmasse kann jede
Presse, die mit 50 at Druck arbeitet, verwendet werden. In Fig. 6 sehen wir einen vollständigen Apparat für den
Naßverkohlungsprozeß. In den Trichter der Pumpe A wird
die zu Brei gerührte Torfmasse geschüttet und durch die Röhren des Verkohlungsofens
B gepreßt, kommt dann zur liegenden Presse C, die sie als gepreßte Torfkuchen, wie früher
beschrieben, verläßt. Der Verkohlungsofen hat bei diesem Apparat senkrechte Röhren,
die nicht drehbar sind, da die Pumpe mit einem Drucke von 15–20 at arbeitet, der zur
Fortbewegung des Torfbreies dient und bewirkt, daß der Hauptteil des Wassers sich
schon im Verkohlungsofen abscheidet, wozu dann noch der zusätzliche Druck der Presse
kommt. Aus diesen gepreßten Torfkuchen kann ein komprimierter Brennstoff mit
ungefähr 6200 Kalorien Heizwert f. d. kg in einer Brikettieranlage hergestellt
werden, ähnlich wie sie in vielen Teilen Europas zur Fabikation der
Braunkohlenbriketts bestehen. Um die Wirkung des Brikettierens zu erforschen, sandte
Dr. Ekenberg zwei Waggonladungen Torfkuchen nach einer
Brikettfabrik in Deutschland, und das Ergebnis war ausgezeichnet. In England und
Deutschland wird jetzt je eine vollständige Torfbrikettfabrik für dies Verfahren
erbaut, bestehend aus Naßverkohlungsanlage, Brikettieranlage und Gaserzeugern mit
Apparaten zur Wiedergewinnung von Stickstoff aus dem Torf. Fig. 7–9 zeigen eine derartige
Torfbrikettfabrik für eine Erzeugung von 50 t in 24 Stunden. Die Figuren sind leicht
verständlich, wir wollen nur hervorheben, daß ein Teil der in den Pressen 5 hergestellten Torfkuchen durch die Fördergurte 6 und 24 nach den
Gaserzeugern 21 gelangt, wo sie vergast werden.
Das erzeugte Gas dient zum Betriebe des Gasmotors 22,
der mittels Transmission 20 die Maschinen der ganzen
Anlage antreibt, und zum Heizen der Verkohlungsofen 4,
die ähnlich wie in Fig. 5 gebaut sind. Die
überschüssige Wärme aus Kraftmaschine und Verkohlungsofen wird, wie früher
angedeutet, zum vollständigen Trocknen der gemahlenen Torfkuchen im Trockner 11 verwandt. Die Brikettpresse 16 ist dieselbe wie zur Braunkohlenbrikettierung, sie formt ein Brikett
bei jedem Hube oder 80–120 Stück in der Minute, wobei jedes Brikett ungefähr 0,5 kg
wiegt. Die Produktionskosten beim Brikettpressen sind wohlbekannt; berücksichtigt
man nun die Kraft bezw. Wärme, die zum Ausgraben, Transport, Zerkleinern der Masse,
zum Pumpen, Verkohlen, Pressen, Trocknen und Brikettieren des Torfes nötig ist, so
ergibt sich ein Gesamtbrennstoffverbrauch bei der Herstellung von Briketts aus roher
Torfmasse nach diesem Verfahren = 37 v. H. des in der Torfmasse vorhandenen
Brennstoffes.
Textabbildung Bd. 325, S. 185
Fig. 7–9. Torfbrikettanlage.
1 Behälter für einen Tagesbedarf an
rohem Torfbrei; 2 Fördergurte; 3 Torfbreipumpen; 4 Naßverkohlungsofen; 5 Pressen
für naßverkohlten Torf; 6 Fördergurte; 7 Mühle zum Zerkleinern der Preßkuchen; 8
Sieb; 9 Elevator; 10 Behälter für zerkleinerte Preßkuchen; 11 Trockenkessel; 12
Fördergurt; 13 Walze zum Zermahlen der Torfstöcke; 14 Elevator; 15 Erhitzer; 16
Brikettpresse; 17 Wasserbehälter; 18 Brikettförderrinne; 19
Wasserablaßleitungen; 20 Transmissionswellen; 21 Gaserzeuger mit
Stickstoffgewinnung; 22 Gasmotor; 23 Gasleitung; 24 Fördergurt; 25 Kessel; 26
Ueberhitzer; 27 Züge; 28 Aschenschacht; 29 Cebläse; 30 Schornstein; 31
Staubabscheider.
Mr. C. Dellwik hat auf Dr. Ekenbergs Ersuchen sorgfältig die wahrscheinlichen
Erzeugungskosten in einer solchen Torfbrikettfabrik untersucht, und kam bei
Zugrundelegung eines Preises von 250 Mark für den Morgen Torfmoor angemessener
Mächtigkeit und der Annahme von ausreichenden, nicht zu teuren Arbeitskräften zu
folgendem Ergebnis:
Tägliche Produktion
100 t Briketts
Mark
Wert des Torfes im Lager
62,00
Lohn für Ausholen des Torfes mit Maschinen
24,00
Lohn für Transport desselben in die Fabrik.
25,00
Arbeitslohn in der Fabrik
205,00
Abnutzung und Unterhaltung der Maschinen
246,00
Verwaltung und diverse Ausgaben
123,00
–––––––
Sa.
685,00.
Also Kosten f. d. t Briketts = 6,85 M.Wenn das
Ausheben des Torfes von Hand geschehen sollte, würden diese Kosten
beträchtlich – bis auf 8,90 M. – ansteigen, je nach den örtlichen
Bedingungen.
Betrachtet man den hohen Brennstoffverbrauch bei dieser Fabrikation, so ist die Frage
einer Gewinnung von Nebenprodukten aus diesem Brennstoff naheliegend, um die
aufgewandten Kosten etwas zu ersetzen. Da bei der Erzeugung von Steinkohlengas der
Stickstoff in Gestalt von Ammoniumsulfat wiedergewonnen wird, womit gute Preise bei
stetig wachsender Nachfrage erzielt werden, und da Torf mehr Stickstoffe als
Steinkohle enthält, ist diese Nebenproduktion bei dem Naßverkohlungs-Verfahren
ebenfalls vorteilhaft anzuwenden. Frank stellte
kürzlich fest, daß in Solingen (Westfalen) 77–83 v. H. des Stickstoffs aus dem Torfe
wiedergewonnen werden, und daß noch Torf mit einem Gehalt von 2 kg Wasser auf 1 kg
Torf Substanz gut vergast werden kann. Der englische Forscher Rigby vergaste Torf mit 2 v. H. Stickstoffgehalt, einem
Heizwerte von 5600 Kalorien und 50 v. H. Wassergehalt in einem Generator von Crossley Brothers und erhielt aus einer t Torf:
Gas (reduziert auf 760 mm und 0° C)
2800
cbm
Heizwert desselben
1400
Kal. f. d. cbm
Teer
50
kg
Essigsaurer Kalk
4
kg
Ammoniumsulfat
75
kg
Dr. Ekenberg sandte bei 180° C naßverkohlten Torf an die
Londoner Kraftgasgesellschaft zur Analyse und
Versuchen im Gasgenerator, die folgendes Ergebnis hatten:
Erzeugtes Gas f. d. t (reduziert auf 760 mm und 0°
C)
2830
cbm
Heizwert desselben
1428
Kal. f. d. cbm
Teer
4,2
%
Ammoniumsulfat
4,3
%
Wiedergewonn. Stickstoff i. Verhältn.
79
%
Stickstoffgehalt d. naßverkohlt. Torfes
1,18
%
Heizwert des Torfes
6110
Kalorien.
Torf enthält immer Stickstoffe, dessen Gehalt zwischen 0,6 und 2,8 v. H. schwankt und
im Mittel 1,1 bis 1,5 v. H. beträgt. Im Laboratorium Dr. Ekenbergs wurden eine große Zahl Torfproben aus Irland, Schottland,
England, Deutschland, Frankreich, Oesterreich, Rußland, Schweden, Italien,
Brasilien, Argentinien, den Falklandsinseln und der Schweiz untersucht, und jeder
reife Torf enthielt wenigstens 1 v. H. Stickstoff. Je reifer und verwester der Torf
ist, um so höher ist der Stickstoffgehalt. Ein völlig verwester russischer Torf mit
11 v. H. Aschengehalt enthielt 3,1 v. H. Stickstoff und mehrere irische und
englische Torfproben ergaben 2,7 und 2,8 v. H. Stickstoff geh alt. Wenn aus dem bei
dem Verfahren angewandten Brennstoff der Stickstoff wiedergewonnen werden soll, wird
sich der Brennstoffverbrauch beträchtlich erhöhen, von 37 auf ungefähr 45 v. H.,
aber das erzeugte Ammoniumsulfat übersteigt an Wert den verbrauchten Brennstoff.
Nehmen wir eine Ausbeute an Sulfat von 4 v. H. an, so hat dies bei 100 t vergastem
Torf einen Marktwert von 800 M. Bei jetzt arbeitenden Anlagen mit Gaserzeugern und
Ammoniumwiedergewinnung belaufen sich die Kosten für Schwefelsäure, Arbeitslöhne und
sonstige Ausgaben auf ungefähr 300 M für 100 t vergasten Brennstoff, so daß sich
also ein Ueberschuß von 500 M oder 5 M für die t herausstellt, wobei der Wert des
erzeugten Gases und Teers noch nicht in Rechnung gestellt ist. Wenn man die Kosten
der Brikettierung bei Annahme von Vergasung des Torfes zu Kraftzwecken und
Wiedergewinnung des Ammoniums berechnet, so stellen sie sich auf ungefähr 4 M für
die t Briketts. Zu diesem Preise kann der Brennstoff in die Eisen- und
Stahlindustrie eingeführt werden, wo sich ihm ein sehr großes Absatzgebiet öffnen
würde.
(Schluß folgt.)