Titel: | Mechanische Kohlentransport-, Lagerungs- und Umschlags-Einrichtungen. |
Autor: | Hubert Hermanns |
Fundstelle: | Band 325, Jahrgang 1910, S. 245 |
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Mechanische Kohlentransport-, Lagerungs- und
Umschlags-Einrichtungen.
Von Ingenieur Hubert Hermanns,
Aachen.
(Fortsetzung von S. 230 d. Bd.)
Mechanische Kohlentransport-, Lagerungs- und
Umschlags-Einrichtungen.
Es ist naturgemäß nicht möglich, in dem engen Rahmen eines Aufsatzes die
möglichen Entladungsarten zu beschreiben. Es war lediglich meine Absicht, auf die
gebräuchlichsten derselben hinzuweisen und allgemeine Richtlinien anzugeben. Ebenso
kann es auch nicht meine Aufgabe sein, die für den Weitertransport der Kohlen nach
den Verbrauchsstellen möglichen Förderungsarten auch nur kurz zu erwähnen, da
dieselben so außerordentlich vielgestaltig sind, daß der Raum eines Aufsatzes
überschritten werden würde. In der Regel wird es, abgesehen von persönlichen
Ansichten und den Rücksichten auf die Anlagekosten, von den gegebenen örtlichen
Bedingungen abhängig sein, welchem Fördermittel in einem vorliegenden Falle der
Vorzug gegeben wird.
Textabbildung Bd. 325, S. 245
Fig. 5. Elektrohängebahnwagen mit Steuerautomat und Endausschalter für höchste
und tiefste Stellung von Bleichert & Co.
Immerhin sei es mir gestattet, auf einige besonders in neuerer Zeit zu einer
verhältnismäßigen Vollkommenheit ausgebildete Fördermittel und die mit der Anwendung
derselben verbundenen Vorteile in möglichster Kürze einzugehen. Ich denke dabei
an die Schwebe- oder Hängebahn und das umlaufende Becherwerk.
Textabbildung Bd. 325, S. 245
Fig. 6. Fernsteuerung von Bleichert & Co.
A = Schaltmagnet, B = Fahrschiene,
C = Fahrleitung. D = Einstellung, E = Hilfsleitungen.
Schwebebahnen sind in den letzten Jahren besonders zum Personentransport verwandt
worden. Der leitende Gedanke hierbei war, die Straßen zu entlasten und möglichst für
den Fußgängerverkehr freizuhalten. Derselbe Gesichtspunkt war auch für die
Einführung der Schwebebahn (Fig. 5) im
Gütertransport maßgebend. Der Hauptvorteil der Hängebahn ist also der, daß sie
keinen Raum beansprucht, abgesehen von wenigen Stützen. Außerdem können aber auch
mittels der Hängebahn Täler und Flüsse, überhaupt stark kupiertes Gelände
überschritten werden. Indessen kommt dies nur für Ferntransporte in Frage, kann uns
also hier nicht beschäftigen. Vielmehr beschränke ich meine Betrachtung auf die
Anwendung der Hängebahn innerhalb industrieller Betriebe zur Förderung und Lagerung
des Kohlenmaterials. Innerhalb der betrieblichen Anlagen ist nun die Ausnutzung des
Bodens eine besonders intensive, so daß die Entlastung desselben eine wichtige Rolle
spielt, sich also die Hängebahn hier in ganz besonderer Weise eignet. Außerdem ist
die beliebige Ablenkbarkeit des Transportstranges sowohl in wagerechter als auch in senkrechter
Ebene wünschenswert, eine Forderung, welche die Hängebahn in vollkommenster Weise
erfüllt.
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Fig. 7. Elektrisch betriebene Führerstandslaufkatze mit Windenvorrichtung von
Bleichert & Co.
Die Steigung darf allerdings 45° nicht übersteigen. Es ist
also möglich, jeden Punkt eines Lagerplatzes bequem zu erreichen und
Höhenunterschiede mit Leichtigkeit zu überwinden. Hieraus resultiert eine
hervorragende Anpassungsfähigkeit des Hängebahntransportes an bestehende
industrielle Einrichtungen, ohne daß eine Behinderung des Fabrikationsganges, der
naturgemäß immer die Hauptrolle in einem Betriebe spielen muß, während der
Materialtransport als unproduktive Arbeit erst in zweiter Linie kommt, einzutreten
braucht. Dazu kommt dann noch die bequeme Belade- und Entladefähigkeit des
Hängebahnwagens, die bei geeigneter Gesamtanordnung sich meist ohne Zuhilfenahme von
Handarbeit durchführen läßt. Endlich kann die Hängebahn in ihrer Form als mechanisch
angetriebene Seilbahn, die ich in den vorstehenden Ausführungen überhaupt im Auge
hatte, bis zu den größten Fördermengen verwandt werden, und es ist leicht möglich,
bei Vergrößerung der Antriebskraft die Leistungsfähigkeit außerordentlich zu
steigern. Es brauchen eben nur weitere Hängebahnkasten in den Transportstrang
eingeschaltet zu werden. Für kleine Fördermengen ist jedoch die Seilbahn im
allgemeinen nicht mit Vorteil anwendbar, da hier das in Betrieb zu haltende tote
Gewicht einen ungünstigen Einfluß auf das Gesamtergebnis ausüben muß. Hier tritt
vielmehr die Hängebahn mit Einzelantrieb, also die Elektrohängebahn, die sich
aus der mit Zugseil angetriebenen Hängebahn entwickelte, an die Stelle der
letzteren.
Da bei der Elektrohängebahn jedes einzelne Förderelement mit einem besonderen Antrieb
versehen ist, so ist es klar, daß dieselbe sich sowohl für die kleinsten
Materialmengen eignet, indem man nur einen Wagen in Pendelbetrieb auf der Bahn
verkehren läßt, als auch für die größten, da man bei Ringbetrieb beliebig viele
Wagen in den Förderstrang einschalten kann. Und natürlich ist es möglich, dieselbe
den Anforderungen des Betriebes anzupassen, da jeder einzelne Wagen für sich in den
Strang eingestellt oder wieder ausgeschaltet werden kann, ohne dabei die anderen
Wagen in ihrem Betriebe irgendwie zu behindern. Natürlich ist zu berücksichtigen,
daß sich bei kleinen Transportmengen die Verzinsung und Amortisation, auf diese
Mengen bezogen, entsprechend höher stellt, da die Ausrüstung der Bahn bei kleinen
Fördermengen ziemlich dieselbe ist wie bei großen. Da das Wagengetriebe mit einem
Windwerk ausgerüstet werden kann, so steht nichts im Wege, die Bahn noch höher zu
verlegen als bei Seilbetrieb. Außerdem fallen aber auch die mechanischen
Umführungsvorrichtungen in Kurven, wie sie die Seilbahn erfordert, weg. Endlich
gestattet die Fernsteuerung eine wesentliche Vereinfachung des Betriebes, da die
verschiedenen Arbeitsvorgänge, wie Heben und Senken, Kippen und Anhalten, das
Bedienen von Füll- und Wägevorrichtungen von einem bestimmten Punkte aus gesteuert
werden können.
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Fig. 8. Beschickung der Becher.
Eine Fernsteuerung Bleichertscher Bauart gibt Fig. 6 wieder. Grundsätzlich besteht eine solche
Vorrichtung darin, daß an den Stellen, an denen eine der genannten Arbeiten
ausgeführt werden soll, ein kurzes Stück der Stromleitung von der Hauptleitung
abgezweigt wird, das von einem besonderen Stromabnehmer passiert wird, der einem
Hubmagneten oder dem in Frage kommenden Motor Strom zuführt. Hierbei tritt ein
Schaltwerk in Tätigkeit, das bei jedem Stromstoß um einen Zahn fortgeschaltet wird
und mit dessen Schaltrad eine Kurven- oder Stufenscheibe verbunden ist. Durch
Einschnappen einer Klinke in eine der Aussparungen tritt eine Ent- oder Verriegelung ein, so daß der
gewünschte Arbeitsvorgang mechanisch eingeleitet wird.
Textabbildung Bd. 325, S. 247
Fig. 9.
Es soll nun ein Elektrohängebahnwagen an verschiedenen Stellen durch Kippen etwa
entleert werden, Die Einstellvorrichtung (Fig. 6)
besteht aus einer Ziffernscheibe, auf welcher die einzelnen Abwurfstellen
aufgezeichnet sind. Der sich auf der Scheibe bewegende, mit Stellhebel versehene
Zeiger wird nun auf die Entladestelle eingestellt. Der Zeigerhebel sitzt auf einer
Welle mit Schaltrad, das so viele Zähne besitzt, als die Scheibe Zeichen aufweist.
Das Gesperre besteht aus einer Kurvenscheibe mit federbelastetem Hebel und einer
Sperrklinke. Der Hebel wird nun auf die Stelle eingestellt, an welcher der Wagen
kippen soll. Das Gesperre wird durch den Magneten an den Stellen, wo ein Kippen
nicht stattfindet, um einen Zahn vorgeschoben, bis der Einstellkegel sich an der
Kippstelle auf 0 zurückgedreht hat. Jetzt fällt der Feststellhebel in den
Kurvenscheibenausschnitt, so daß der Wagenkasten freigegeben und gekippt wird.
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Fig. 10. Feste Füllmaschine von Schenck.
Bei Anlagen mit nicht zu großen Fördermengen, bei denen einerseits keine
kontinuierliche Förderung verlangt wird, andererseits wegen der häufig wechselnden
Belade- und Entladestellen die Einrichtung der Fernsteuerung zu kompliziert werden
würde, ist es manchmal auch vorteilhaft, den Wagen mit einem Führerstand auszurüsten
und demselben einen Steuermann mitzugeben, der sich mit der zu transportierenden
Last bewegt und die Steuerung jeweilig von Hand vornimmt. Eine von Adolf Bleichert & Co. ausgeführte
Führerstandslaufkatze mit Windenvorrichtung veranschaulicht Fig. 7.
Ist die Hängebahn sozusagen als das ideale Ferntransportmittel zu bezeichnen, so ist
das raumbewegliche Becherwerk nach meinem Dafürhalten wohl als das beste
Fördermittel für den Transport und die Verteilung von Schüttgut auf beschränktem
Raum anzusehen. Während nun der Hängebahntransportstrang aus einzelnen, nicht
voneinander abhängigen Fördergefäßen besteht, die je nach Bedarf auf den Weg
geschickt werden können, so besitzt das Becherwerk kontinuierliche Förderung, d.h.
die einzelnen Gefäße sind in bestimmtem Abstande voneinander angeordnet und können
aus dem Förderstrange nicht entfernt werden. Der Förderstrang ist also ein
unteilbares Ganze, verlangt also auch eine kontinuierlich arbeitende
Zuführungsvorrichtung. Dieselbe kann bei manchen Becherwerken, und zwar solchen, die
zwischen den einzelnen Bechern keine Zwischenräume aufweisen, also einen lückenlosen
Strang bilden, und solchen, die sich zur Unschädlichmachung dieser Lücken einer
besonderen Ueberdeckungsvorrichtung bedienen, aus einer einfachen Schurre bestehen.
Ein Becherwerk ersterer Art ist der in Fig. 8
wiedergegebene Bleichertsche Einschienenförderer, der
aus einem zu beiden Seiten einer einzigen Laufschiene hängenden Doppelstrang
besteht, während in Fig. 9 ein Beispiel eines
Conveyors mit Lückenüberdeckung nach Stotzscher Bauart
abgebildet ist. Sind dagegen die zwischen den einzelnen Bechern bestehenden Lücken
so groß, daß es nicht möglich ist, dieselben während der Beschickung zu überdecken,
so muß eine besondere Füllvorrichtung zur Anwendung kommen. Eine von Schenck, Darmstadt, ausgeführte Füllmaschine ist in
Fig. 10 veranschaulicht. Dieselbe arbeitet in
der Weise, daß ein mit dem Zuführungstrichter verbundener Bodenschieber durch den
umlaufenden Becherstrang periodisch dann geöffnet wird, wenn sich ein Becher unter
ihm befindet. Nach der Füllung eines Bechers wird der Schieber durch Federn oder
Belastungsgewichte wieder geschlossen, um für das folgende Gefäß wieder geöffnet zu
werden.
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Fig. 11. Spiralconveyor von Schenck.
Die höchste bisher erreichte Stufe in der Entwickelung des Becherwerks bildet der
sog. Spiralconveyor von Schenk, in Fig. 11 zur Darstellung gebracht, welcher eine
beliebige Ablenkbarkeit des Förderstranges sowohl in wagerechter als auch in
senkrechter Ebene gestattet, woraus eine sozusagen unbeschränkte Anpassungsfähigkeit
an bestehende Anlagen und Gebäude resultiert, wie dies aus der beigegebenen Fig. 11 klar zu erkennen ist. Das
Hauptanwendungsgebiet des Becherwerks ist die Beschickung von Hochbehältern und den
hiermit gewöhnlich verbundenen Kesselhäusern oder sonstigen Feuerungsanlagen.
Es möge nun im folgenden noch in Kürze auf die zum Lagern der Kohlen dienenden
Einrichtungen eingegangen werden.
Wie ich schon oben hervorgehoben habe, erfordern Lagerplätze zu ebener Erde zumal bei
großen aufzuspeichernden Mengen ausgedehnte Terrains, die vielfach nur zu
unverhältnismäßig hohen Preisen zu erstehen sind. In solchen Fällen wird es sich in
der Regel als zweckmäßig und vorteilhaft erweisen, die Lagerräume für die Vorräte in
die Luft zu verlegen, die überhaupt im allgemeinen viel zu wenig industriell
ausgenutzt wird. Diese Hochbehälter bieten, wie schon erwähnt, den Vorteil, daß der
Raum unter ihnen freibleibt, wie Fig. 12 erkennen
läßt, und daß die Entleerung sich einfach vollzieht. Größere Silo-Anlagen werden
meist in Eisenbeton ausgeführt, für kleinere Anlagen ist diese Ausführungsart jedoch
weniger wirtschaftlich, und wird hier gewöhnlich auf die billigere alte Ausführung
in Eisenkonstruktion oder Eisenfachwerk zurückgegriffen.
Da durch die großen Gewichte der aufeinander lagernden Kohlen bei ausgedehnten Silos
eine Selbstentzündung des Materials nicht ausgeschlossen ist, so daß eine
fortwährende Beobachtung der Temperatur der Kohlen erforderlich ist, so sei noch auf
die Schrägtaschen, Bauart Rank, hingewiesen, bei denen
die geringe Schütthöhe der Kohlen in den Taschen eine Selbstentzündung ausschließt.
Fig. 13 gibt einen Kohlenschuppen mit Rankschen Schrägtaschen wieder, der von der Berlin-Anhaltischen Maschinenbau-A.-G. ausgeführt
wurde. Die durch ein Becherwerk gehobenen Kohlen werden durch Rollwagen mit
Bodenentleerung auf die einzelnen Taschen verteilt, aus denen dieselben unten in
Hängebahnwagen mit Bodenentleerung wieder abgezogen werden. Durch die eigenartige
Anordnung der Taschen kann auf beschränktem Raum eine große Kohlenmenge
untergebracht werden, da die senkrechte Lagerhöhe der Kohlen gering ist, während die
Schräghöhe der Taschen 20 m und noch mehr betragen kann. Die Vorzüge dieser
Schrägtaschen haben auch die Feuerversicherungs-Gesellschaften anerkannt, indem sie
für dieselben volles Risiko übernehmen, während sonst die Versicherung von
Kohlenschuppen abgelehnt wird.
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Fig. 12. Siloanlage, ausgeführt von der B. A. M. A.-G.
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Fig. 13. Ranksche Schrägtaschenanlage, ausgeführt von der B. A. M A.-G.
(Schluß folgt.)