Titel: | Kompressoren für hohen Druck. |
Autor: | C. Guillery |
Fundstelle: | Band 325, Jahrgang 1910, S. 278 |
Download: | XML |
Kompressoren für hohen Druck.
Von C. Guillery, kgl. Baurat.
Kompressoren für hohen Druck.
Am Schlusse des Abschnitts der Abhandlung von Prof. Fr.
Freytag (D. p. J. 1909, Bd. 324, S, 168) über
Einzylinder-Stufenkompressoren ist auf dreistufige Kompressoren für hohe Drucke von
A. Borsig hingewiesen. Mit Beziehung hierauf seien
einige Ausführungen über mehrstufige neuere Hochdruckkompressoren gestattet.
Von dem Borsigschen Werke werden Kompressoren für
Enddrucke bis zu 300 at in liegender und stehender Anordnung und mit Antrieb durch
Riemen, oder für unmittelbaren Betrieb durch Dampfmaschinen, Verbrennungsmaschinen
oder Elektromotoren gebaut (Fig. 1 bis 4).
Kompressoren für Enddrucke von 100 at und mehr werden verwendet zum Betrieb von
hydraulischen Wasserhaltungen in Bergwerken, ferner zur Verflüssigung von
atmosphärischer Luft und von Kohlensäure, zur Kompriemierung von Gasen, wie
Wasserstoff und Sauerstoff, namentlich für autogene Schweißung, sowie zum Betrieb in
Torpedowerkstätten und auf Torpedoschießplätzen, wie auch für den Betrieb von Dieselmotoren.
Alle diese Kompressoren für hohen Enddruck erhalten freifallende federbelastete
Ventile, und zwar für die Niederdruckzylinder Plattenventile aus dünnen,
ringförmigen Stahlplatten, für die Hochdruckzylinder federbelastete Tellerventile.
Neben geräuschlosem Gang und geringen Bewegungswiderständen haben diese Ventile den
Vorzug sehr geringer Abnutzung, und die schädlichen Räume erhalten sehr beschränkte
Abmessungen. Der ganze Zusammenbau ist einfach, und die Ventile sind auch während
des Betriebes leicht zugänglich. Bei dieser Anordnung wird der hohe volumetrische
Wirkungsgrad von 84 v. H. für die Arbeit der Kompressoren erreicht.
Durch Zwischenkühler wird für die einzelnen Stufen Rückkühlung der zusammengedrückten
Luft bis nahezu auf die Wärme der atmosphärischen Luft herbeigeführt. Außerdem
besitzen die Kompressorzylinder eine wirksame Mantelkühlung, so daß die Druckkurve
einen sehr günstigen Verlauf erreicht, indem der Exponent derselben auf etwa 1,32
herabgedrückt wird. Ferner wird hierdurch die Anwendung der einfachen und
leicht zu unterhaltenden Manschettendichtung für die Kolben bei völlig sicherer
Schmierung möglich.
Der dreistufige Kompressor nach Fig. 1 und 2, für einen höchsten Enddruck von 180 bis 200 at,
ist mit der zugehörigen Betriebsdampfmaschine unmittelbar zusammengebaut. Die
Leistung beträgt 6,7 cbm angesaugte atmosphärische Luft in der Minute bei 160 bis
180 Umdrehungen der Kurbelwelle, entsprechend der Lieferung von 2 cbm Preßluft in
der Stunde. Die Verdichtung der Luft erfolgt in drei Stufen.
Textabbildung Bd. 325, S. 278
Fig. 1. Dreistufiger Luftkompressor für 200 at Enddruck von A. Borsig.
Auf der einen Seite des Kompressors liegt der Zylinder für Nieder- und Mitteldruck
mit dem entsprechenden Differentialluftkolben von 350/310 mm ⌀, und damit
unmittelbar gekuppelt die Niederdruckdampfmaschine, während die andere Seite von dem
auf ein enges Rohr von 70 mm l. W. zusammengeschrumpften Hochdruckkompressor und der
damit gekuppelten Hochdruckdampfmaschine eingenommen ist. Unter Flur sind die zu
jeder der drei Druckstufen gehörenden, aus Kupferrohrschlangen gebildeten Kühler
angeordnet, die in einem vom Kühlwasser im Gegenstrom durchflossenen Wasserkasten
untergebracht sind.
Die Dampfmaschine arbeitet mit zweifacher Dampfdehnung und ist an eine
Zentralkondensationsanlage angeschlossen. Die Zylinderdurchmeser betragen 305 und
470 mm. Für den Hochdruckzylinder erfolgt die Dampfverteilung durch eine
Kolbenschiebersteuerung mit Hartungschem
Leistungsfederregler, für den Niederdruckzylinder durch eine Hochwaldsche Flachschiebersteuerung. In Fig. 2 ist auf der Niederdruckseite noch eine
besondere Kolbenstangenführung hinter dem Differentialluftzylinder angegeben, deren
Anfügung sich nach der Inbetriebsetzung des Kompressors als zweckdienlich zur
besseren Unterstützung des Kolbens erwiesen hat.
Textabbildung Bd. 325, S. 279
Fig. 2. Dreistufiger Luftkompressor für 200 at Enddruck von A. Borsig.
Fig. 3 zeigt einen vierstufigen liegenden
Dampfkompressor, der bei einem Kolbenhub von 400 mm und normal 165 Umdrehungen in
der Minute 0,9 cbm Preßluft von 200 at Druck in einer Stunde liefert. Der Kompressor
besitzt zwei Differentialluftzylinder von 280/240 bezw. 100/90 mm Kolbendurchmesser
und ist mit einer Verbunddampfmaschine so zusammengebaut, daß der die beiden unteren
Stufen enthaltende Luftzylinder mit dem Niederdruckzylinder der Dampfmaschine, und
der Luftzylinder für die beiden höheren Druckstufen mit dem Hochdruckzylinder
der Dampfmaschine gekuppelt ist. Zwischen je zwei Druckstufen ist wieder ein aus
Kupferrohrschlangen gebildeter Kühler angeordnet, und es sind wieder sämtliche
Kühler gemeinsam in einen einfachen, eisernen Kasten, durch hölzerne Scheidewände
voneinander getrennt, nebeneinander unter Flur eingebaut. Die Kolbenstangen beider
Maschinenseiten sind durch die hinteren Zylinderdeckel hindurchgeführt und hier
nochmals durch eine kräftige Schlittenführung gestützt. Die Dampfmaschine arbeitet
mit einem Kesseldruck von 7 at und ist ebenfalls für den Anschluß an eine
Zentralkondensationsanlage eingerichtet. Der Hochdruckzylinder mit 275 mm
Zylinderdurchmesser besitzt eine Präzisions-Schiebersteuerung Bauart Rider, während für den Niederdruckzylinder mit 420 mm
Zylinderdurchmesser Hochwaldsche Flachschiebersteuerung
vorgesehen ist. Die Maschine ist mit einem Leistungsregler versehen, der eine
Veränderung der Umdrehungszahl von 90 bis 180 in der Minute gestattet, während die
normale Umdrehungszahl 165 i. d. Min. beträgt.
Textabbildung Bd. 325, S. 280
Fig. 3. Vierstufiger Luftkompressor für 200 at Enddruck von A. Borsig.
Der ganze Kompressor ist in kräftigen Abmessungen gebaut und zeichnet sich dabei
durch eine gefällige Formgebung aus. Auf leichte Zugänglichkeit aller der Wartung
und Aufsicht besonders bedürfenden Teile, wie Stopfbüchsen, Kolben und Ventile, ist
die möglichste Rücksicht genommen.
Textabbildung Bd. 325, S. 280
Fig. 4. Vierstufiger Luftkompressor für 200 at Enddruck.
Eine völlig andere Bauart zeigt der für den gleichen Enddruck von 200 at berechnete,
stehend angeordnete Kompressor nach Fig. 4, mit
ebenfalls vier Druckstufen und mit einer Leistung von 8 cbm angesaugte Luft in der
Minute. Der Kompressor und die zugehörige Dampfmaschine sind nebeneinander gestellt
und durch eine starre Kupplung miteinander verbunden. Die als Verbundmaschine mit
zweistufiger Dampfdehnung ausgeführte Antriebmaschine arbeitet mit einem Kesseldruck
von 10 at, die Zylinderdurchmesser betragen 350 und 550 mm, der Kolbenhub – wie bei
dem Kompressor – 400 mm. Der Hochdruckzylinder besitzt wieder eine
Kolbenschiebersteuerung mit Leistungsfederregler, der Niederdruckzylinder eine
Hochwaldsche Flachschiebersteuerung. Die
Umdrehungszahl der Kurbelwelle ist zwischen 50 und 190 i. d. Min. veränderlich. Der
einfach wirkende Niederdruckzylinder des Kompressors, mit 425 mm
Zylinderdurchmesser, ist an der inneren Seite zunächst der Dampfmaschine
aufgestellt, gegenüber an der äußeren Seite der ebenfalls einfach wirkende
Hochdruckzylinder mit 64 mm ⌀, und dazwischen der Mitteldruckzylinder mit einem
Differentialkolben von 225/190 mm ⌀. Die Anordnung der Kühler ist wieder die gleiche
wie früher angegeben. Die aus der Hochdruckstufe austretende Preßluft wird
schließlich noch durch eine um den Hochdruckzylinder herumgelegte Kühlschlange
geführt und hier annähernd bis auf Luftwärme gekühlt.
Textabbildung Bd. 325, S. 280
Fig. 5–8. Schaulinien zu dem vierstufigen Luftkompressor nach Fig. 4, bei 160
Umdrehungen i. d Min.
Fig. 5. Niederdruckstufe – Fig. 6.
Mittelstufe I – Fig. 7. Mittelstufe II – Fig. 8. Hochdruckstufe.
Sämtliche hier beschriebene Kompressoren sind für den Anschluß an eine
Zentralkondensationsanlage eingerichtet.
Die Schaulinien Fig. 5–8 zeigen die Druckverhältnisse für die vier Stufen des Kompressors nach
Fig. 4 bei normalern Betriebe und 160
Umdrehungen der Kurbelwelle i. d. Min. Die genauere Verfolgung der Linien zeigt
fast vollständige Deckung mit dem theoretisch möglichen günstigsten Verlauf, infolge
der Kleinheit der schädlichen Räume und der geringen Größe der auftretenden
Ventilwiderstände.