Titel: | Bemerkenswerte technische Neuerungen auf dem Gebiete der Zuckerindustrie im 1. Halbjahr 1909. |
Autor: | A. Stift |
Fundstelle: | Band 325, Jahrgang 1910, S. 281 |
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Bemerkenswerte technische Neuerungen auf dem
Gebiete der Zuckerindustrie im 1. Halbjahr 1909.
Von k. k. landw. techn. Konsulent A.
Stift,
Wien.
(Schluß von S. 268 d. Bd.)
Bemerkenswerte technische Neuerungen auf dem Gebiete der
Zuckerindustrie usw.
Textabbildung Bd. 325, S. 281
Fig. 11.
Die Filtration der Säfte über Sand hat nach der Ansicht
von MrasekOesterreichisch-Ungarische Zeitschrift für Zuckerindustrie und
Landwirtschaft 1909, 38. Jahrgang, S. 45. speziell im
Raffineriebetriebe die ihr gebührende Würdigung bisher noch nicht gefunden. Die
Zuckerraffinerie Pecek hat nach vorjähriger Erprobung
in der Kampagne 1908/09 ihre ganze Saftfiltration nur über Sand betrieben und die
alten Sackfilter vollständig beseitigt, wodurch nicht nur 60 v. H. an Arbeitslöhnen
und die gesamte Ausgabe für Filtersäcke, Spagat, Packschnüren erspart, sondern auch
reinere Säfte erhalten worden sind. Je nach ihrer Konstruktion kann man die
Sandfilter in solche mit senkrechter Bewegung („Perfekt“, Wolfs Trommelfilter, Neumanns Oberflächenfilter usw.), und in solche mit wagerechter
(seitlicher) Bewegung (Abraham, Standard, Säulenfilter
usw.) einteilen. Die Wirkung dieser Filter ist naturgemäß nur eine rein mechanische,
d.h. sie betrifft die Entfernung der schwebenden anorganischen und organischen
Stoffe. Um ein vollständig reines Filtrat in genügender Menge zu erhalten, darf nur
mit kleinstem Druck gearbeitet werden. Als Filtermaterial hat sich am besten reiner
Quarzsand von 0,6 bis 2 mm gemischten Kornes erwiesen, der vorher sorgfältig
gewaschen und nach dem Trocknen gesiebt werden muß. Hierauf wird das Material in
einer Höhe von 30–35 cm und noch mehr in die Filter gefüllt. Mrasek beschreibt folgende Filter: 1. „Perfekt“
(senkrechte Richtung), offen. 2. Trommelfilter (senkrechte Richtung), geschlossen.
3. Säulenfilter (seitliche Richtung), geschlossen.
1. Der „Perfekt“-Säulenfilter (Fig. 11) ist ein viereckiges Gefäß a (1,2 × 0,8 × 1,0 m), in dessen unterem Teile sich
zwei Reihen Siebrohre befinden, die zum Abfluß der filtrierten Flüssigkeit dienen.
Das Gefäß wird mit einer Sandschichte von 55 cm Höhe gefüllt, und der
Flüssigkeitsstand wird ungefähr 25 cm über der Sandschichte gehalten. Das Waschen
des Sandes behufs Wiederinstandsetzens des Filters geschieht im Filter selbst mit
heißem Wasser mittels zweier Sandinjektoren von 2–3 at Druck, der durch Höhenwirkung
oder durch einen Dampfinjektor erzeugt wird. Das Gefäß endet unter den Abzugsröhren
in zwei Konusse b, durch welche der Sand beim Oeffnen
dort angebrachter Ventile in die Sandinjektoren gelangt und durch dieselben mittels
zweier Steigrohre c, die außen um den Kasten
herumgeführt sind, in diesen zurückgehoben wird. Es wird schon in den Rohren, weiter
in dem Filtergefäß, in welchem der Sand fein verteilt zu Boden sinkt, die Reinigung
bewirkt. Dieser Kreislauf wird so lange betrieben, bis sich das Waschwasser, das
fortwährend mittels eines Heberrohres d abgezogen wird,
vollständig klärt. Nach Schiffner ist die Leistung
dieses Filters in 24 Stunden 600 hl.
2. Wolfs Trommelfilter besteht aus einer drehbaren
Trommel (Fig. 12) mit zentraler Zuführung der Filter
und der Waschflüssigkeit bei a, stellbarem Rohr mit
Längsschlitz b zum Abfluß des Waschwassers und dem
Sammel- und Abzugsrohr der filtrierten Flüssigkeit c.
Textabbildung Bd. 325, S. 281
Fig. 12.
3. Der Sandsäulenfilter nach Abraham (Fig. 13) besteht aus einem zylindrischen Filtermantel
a mit konischem Boden und oberen Deckelverschluß.
Im Konus befindet sich der Abflußstuzen b, auf dem ein
Siebzylinder c aufgesetzt ist, der als Sammel- und
Abflußraum der filtrierten Flüssigkeit dient; im tiefsten Punkte des Konuses
befindet sich der Sandabfluß. Das Filtergefäß ist in seiner ganzen Höhe mit
schüsselförmigen Gußeisenringen d angefüllt, die, in
bestimmten Abständen gehalten, nur einen geringen Raum zwischen ihrem
äußersten Rand und der Filterwand freilassen- Zur Füllung wird Sand von 0,6 bis 0,8
mm Körnung genommen, der den durch den Siebzylinder c
und Ring d gebildeten Raum vollständig ausfüllt. Das
Filter wird bei e gefüllt, die Flüssigkeit steigt in
den Außenraum und gelangt nach der Durchsickerung der Sandschichte in den Abflußraum
c. Zum Zwecke des Waschens muß der Sand durch
Auslasser an der tiefsten Stelle abgelassen werden. Was die Wahl des Filtersystems
anbetrifft, so empfiehlt Mrasek auf Grund seiner
Erfahrungen zur Filtration der Klären im Raffineriebetriebe die offenen Filter mit
senkrechter Richtung. Die in der Raffinerie Pecek
aufgestellten Filter gehören zu den letzterwähnten, sie sind, was Form des Gefäßes
und Anordnung der Abflußröhren anbelangt, dem System „Perfekt“ ähnlich, nur
läuft jede Röhre für sich offen und ist daher leicht zu kontrollieren. Der Sand wird
im Filter mit heißem Wasser und Luft gewaschen eine Methode, die sich sehr gut
bewährt hat. Der Sand in einer Korngröße von 0,8 bis 2 mm wird bis zu einer Höhe von
ungefähr 40 cm über den Rohren gefüllt. Hierauf wird das Filter langsam mit Saft von
60° Balling und der Temperatur von 85 bis 90° C bis
ungefähr 30 cm über die Sandschichte gefüllt, der Saft einige Zeit ruhig stehen
gelassen und dann werden die Hähne langsam geöffnet. Läßt die Leistung des Filters
nach, d.h. wenn der Saft trübe zu laufen beginnt, so wird das Filter gewaschen. Dies
geschieht in der Weise, daß der Saftzufluß abgestellt, der Saft bis in den Sand
ablaufen gelassen wird, hierauf die Hähne geschlossen werden und der Sand einigemale
mit heißem, reinem Wasser abgesüßt wird. Der Waschprozeß wird mit heißem
Kondensationsfallwasser vorgenommen und ist in einer halben Stunde beendet.
Textabbildung Bd. 325, S. 282
Fig. 13.
Das Verfahren, Hutzucker auf ähnliche Weise wie Würfel
aus Zuckermehl durch Pressen herzustellen, ist
nicht neu, doch besitzen die auf diese Art hergestellten Brote die unangenehme
Eigenschaft, im Kern bedeutend weicher als an der Oberfläche zu sein, und zwar aus
dem Grunde, weil es mit den verwendeten Maschinen nicht möglich ist, die inneren
Partien so stark zusamenzupressen, wie die äußeren. HartmannZentralblatt für
die Zuckerindustrie 1909, 17. Jahrgang S. 452. schlägt
nun ein schichtenweises Pressen vor, in der Art, daß,
um die Druckflächen beim Pressen zu vergrößern, die einzelnen Schichten nicht
senkrecht zur Achse, sondern beinahe parallel zum Mantel zu legen wären. Es würde
also das Füllen und Pressen nicht auf einmal, sondern in drei bis vier Partien mit
verschiedenen Preßstempeln vorgenommen werden. Fig.
14 veranschaulicht die Form der Preßstempel und der gepreßten Mehlmasse.
Die Mantelfläche der Preßstempel ist nicht ganz parallel der Hutform, sondern etwas
schräg zu dieser zu wählen, so daß der senkrechte Abstand der beiden voneinander
sich gegen die Basis verringert. Stempel d ist
zylindrisch und preßt als letzter den ebenen Boden und den Kern. Um ein gutes Haften
der einzelnen Schichten zu bewirken und dadurch eine eventuelle Trennung derselben
beim Trocknen zu verhindern, kann man die drei kegelförmigen Preßstempel auch so
gestalten, wie dies die Querschnitte in Fig. 15
zeigen. In Fig. 16 ist eine Maschine schematisch
skizziert, wie sie zur Vornahme der schichtenweisen Pressung von Broten verwendet
werden kann. Auf der Grundplatte G stehen die Tragfüße
T für den oberen Druckzylinder D. An der Unterseite trägt die Grundplatte den unteren
Hubzylinder H, beide mit Stopfbüchsen, durch welche der
Kolben K hindurchgeht. Auf dem Kolben sitzt, durch
Schrauben befestigt, die Preßplatte P mit den vier
Preßspindeln 1 bis 4. Die
Führungsschienen F und die Führungen f verhindern ein Drehen des Kolbens mit der Preßplatte
in den Stopfbüchsen. Auf der Grundplatte ruht ferner die kreisförmige Laufschiene
S, deren mittlerer Durchmesser gleich ist der
Entfernung der Mittelachsen von 1 und 3 oder 2 und 4. S ist mit vier Vertiefungen versehen, die sich genau
unterhalb der vier Preßstempel befinden. Auf der Laufschiene und um das Lager C ist die Formplatte F0 drehbar, welche so wie Lager C in der Mitte eine Oeffnung für den Durchgang des
Kolbens hat. An der Unterseite der Formplatte F0 sitzen die vier Formträger 1', 2' (nicht sichtbar), 3' und 4', die unten eine
seichte Mulde haben, in welche die Laufschiene lose einpaßt. Diese Formträger sind
an der Außenseite durchbrochen, um die eingesetzten Formen herausheben zu
können.
Textabbildung Bd. 325, S. 282
Fig. 14.
Textabbildung Bd. 325, S. 282
Fig. 15.
Textabbildung Bd. 325, S. 282
Fig. 16.
Sowohl in den Hub- als auch in den Druckzylinder mündet je ein
Rohr für die Zuführung von Druckwasser und zur Ableitung von Wasser. Die Ventile V1 bis V4 dienen zum Ein- und
Auslassen des Wasser. Die Arbeitsweise mit diesem Apparat wäre die folgende: Durch
Oeffnen des Ventils V2
läßt man Druckwasser in den Hubzylinder strömen, wodurch sich bei offenem Ventil V3 der Kolben mit der
Preßplatte hebt. Die Formplatte steht mit ihren Formträgern in den Vertiefungen der
Laufschiene. In die Formträger werden die Hutformen eingesetzt und in die Form 1' wird die nötige Menge feuchten Zuckermehls
eingetragen. Ventil V2
wurde unterdessen geschlossen, V4 und V1 werden langsam geöffnet, wodurch sich die
Preßplatte senkt und der Preßstempel 1 den
eingebrachten Zucker nach Fig. 14
a zusammenpreßt. Man hebt nun die Preßplatte wieder wie
in vorher beschriebener Weise, dreht die Formplatte soweit nach links, daß die Form
1' außer dem Preßstempel 2 zu stehen kommt; Form 4' steht jetzt unter
1 und in beide Formen wird wieder Zuckermehl
eingetragen. Beim Herabsenken der Preßplatte wird die Masse in Form V durch Stempel 2 nach
Fig. 14
b gepreßt. Durch den gleichen Vorgang wird schließlich
der Zucker in Form 1' durch den Stempel 4 nach Fig. 14
d zum fertigen Hut gepreßt, wird mit der Form
herausgehoben und eine leere Form wird eingesetzt. Nach dem nächsten Pressen ist die
Form in Formträger 4' vollständig gefüllt usw. Nach
jedesmaligem Heben der Preßplatte kann ein fertig gepreßtes Brot herausgehoben
werden. Die herausgehobenen., gefüllten Brotformen werden nach vorsichtigem Stürzen
abgehoben und die Brote werden wie bei den anderen Verfahren weiter behandelt. Will
man keine komplizierte Maschine verwenden, um auf ähnliche Weise Brote zu pressen,
so können auch die Druckstempel für sich allein wirkend oder durch eine
gemeinschaftliche Welle betätigt, zur Aufstellung gelangen, und zwar unter jedem eine
entsprechende Auflage für die Formen. Das Transportieren, Herausheben, Einsetzen und
Füllen der Formen kann dann durch Menschenhand besorgt werden; ferner können auch
auf Rädern und Schienen laufende Gestelle zur Aufstellung gelangen, die unter die
Preßstempel gefahren werden. Das zur Verwendung kommende feuchte Mehl soll von
gleichmäßiger Beschaffenheit sein. Die charakteristische Form des Hutzuckers hat
sich so eingebürgert, daß sich viele Konsumenten nur schwer an andere Formen
gewöhnen würden, obschon das Zerschlagen der Brote im Haushalte immer mit Verlusten
verbunden ist. Eine praktische Form für den gepreßten Zucker wäre nach dem weiteren
Vorschlage von Hartmann Scheiben oder rechteckige
Platten von ungefähr 20 cm ⌀, resp. Seitenlänge und 4–5 cm Dicke, die durch
Anwendung eines entsprechend geformten Preßstempels in einzelne Felder geteilt sind.
Das Gefüge würde bei Anwendung auch nur eines Preßstempels ein genügend dichtes
sein, ebenso auch wie die Zerkleinerung. In Pakete zu 8–12 Stück gepackt, könnten
diese Platten dann in den Handel gebracht werden.
Die Bestimmung der Härte der Raffinade wird in Rußland
in vielen Raffinerien ständig zu dem Zwecke ausgeführt, um dadurch nicht nur eine
vollständige Gleichwertigkeit der Produkte, sondern auch eine genaue Beaufsichtigung
und Richtigkeit der ganzen Arbeit zu erreichen. Unter der Härte der Raffinade
versteht man ihre Eigenschaft, dem Zerdrücken und Zerschlagen einen gewissen
Widerstand entgegen zu setzen. Dieser Widerstand ist gleich der geringsten
Belastung, die ein Zerdrücken oder Zerschlagen gerade hervorruft und wird in
Gewichtseinheiten ausgedrückt. Zur Härtebestimmung bedient man sich verschiedener
Methoden, die als direkte und indirekte bezeichnet werden. Da aber die direkte
Härtebestimmung ziemlich umständlich ist und einen besonderen Apparat zum Aussägen
von kubischen Zuckerstücken verlangt, so empfiehlt es, sich die indirekte Methode,
welche auf der Bestimmung des Volumens des abgewogenen Zuckerstückes beruht,
anzuwenden. Hierfür sind verschiedene Apparate konstruiert worden, die alle auf
einem und demselben Prinzip beruhen und sich nur durch einige konstruktive
Abweichungen voneinander unterscheiden. Der bekannteste dieser Apparate ist
derjenige von Stolle, der von TischtschenkoZeitschrift des
Vereins der Deutschen Zuckerindustrie 1909, 59. Bd., S.
291. einer genauen Prüfung unterzogen worden ist. Der Apparat
besteht aus zwei miteinander verbundenen Teilen, von denen der eine zur Aufnahme des
zu messenden Zuckerstückes, der andere zum Messen des von letzterem verdrängten
Quecksilbers dient. Der eine Teil ist ein aus dickerem Glas hergestelltes Gefäß von
35 mm innerem ⌀, das unten mit einem angeschmolzenen Glasrohr mit Absperrhahn (3 mm
Bohrung) versehen ist. Der obere Teil dieses Gefäßes ist mit einer dicken,
plangeschliffenen Glaswulst versehen. Auf dieses Gefäß paßt ein entsprechender
glockenförmiger Deckel, dessen untere Wulst ebenfalls plangeschliffen sein muß, um
eine genügende Dichtung gegen den Druck des Quecksilbers zu geben. Der Deckel läuft
in ein mit einer Nullmarke versehenes Glasrohr aus, welches durch einen Glashahn
verschlossen wird. Das Gefäß wird in einem nicht zu kurzen, schweren Stativ
befestigt. Es dient zur Aufnahme des zu untersuchenden Zuckerstückes. Mit ihm ist
das Meßrohr verbunden und zwar in der Weise, daß man ein biegsames Metallkugelrohr
von 1 mm ⌀ benutzt und dieses in die Glasteile des Apparates einkittet oder einen
dickwandigen, mit vierfacher Leineneinlage versehenen Automobilluftpumpenschlauch
verwendet. An der Meßröhre ist eine Korrektionsskala angebracht, mit deren Hilfe man
jederzeit imstande ist, das wirkliche Volumen des Quecksilbers festzustellen
und die erhaltenen Resultate auszugleichen. Man ist durch diese Anordnung nicht
gezwungen, mit immer derselben Quecksilbermenge zu arbeiten und kann das jedesmal im
Apparat vorhandene Volumen benutzen. Die Meßröhre trägt in einiger Entfernung vom
Verbindungsschlauch die Korrektionsskala, nach der vom Nullpunkt aus nach oben und
nach unten je 0,25 ccm in 1/100 ccm geteilt, aufgetragen sind. In einiger
Entfernung vom Nullpunkte erweitert sich das Meßrohr kugelförmig, und zwar so viel,
daß es vom Nullpunkt aus bis zu einer kurz über der Kugel befindlichen Marke genau 4
ccm faßt. Von dieser Marke nach oben ist die Meßröhre, wie erwähnt, in 1/100 ccm geteilt
und diese zum Ablesen der betreffenden Volumen dienende Teilung umfaßt im ganzen 2
ccm. Ueber der Skala ist ein größeres Gefäß vorgesehen, welches das beim Entleeren
des erstgenannten Glasgefäßes aufsteigende Quecksilber aufnimmt. Die Härtebestimmung
wird nun in folgender Weise durchgeführt: Das zu untersuchende Zuckerstück (5–7 g)
wird bis auf Zentigramme genau ausgewogen. Hierauf stellt man durch Heben der
Meßröhre den Nullpunkt in dem linken Gefäß ein, schließt den unteren Hahn, notiert
den Quecksilberstand auf der Korrektionsskala und läßt dann das Quecksilber durch
Senken der Meßröhre in das Aufnahmegefäß derselben zurückfließen, indem man den
unteren Hahn am Gefäß wieder öffnet. Sodann wird der Deckel auseinander geschraubt,
das gewogene Zuckerstück in das Gefäß gelegt, der Verschluß wieder hergestellt und
nun durch vorsichtiges Heben der Meßröhre das Quecksilber in das Gefäß einfließen
gelassen. Ist das Quecksilber langsam bis zum Nullpunkte gestiegen, so schließt man
den Zuflußhahn, bringt die beiden Nullpunkte auf gleiche Augenhöhe und ließt nun auf
der Meßröhre den Stand des Quecksilbers ab. Dies wiederholt man einige Male, wobei
die Messungen um ungefähr ± 1/100 schwanken. Das Gewicht des Zuckers wird dann
durch die Zahl für den mittleren Wert der Ablesungen dividiert und der so erhaltene
Ausdruck stellt die Zahl für die „spezifische Härte“ des untersuchten Zuckers
dar. Das Auf- und Zusammenschrauben des Glasgefäßes während des Versuches ist für
die Ablesung, wie Tischtschenko feststellte, ohne
Einfluß. Bei dem Eintauchen des Raffinadestückes in das Quecksilber wird die in den
Poren der Raffinade enthaltene Luft verdrängt und an ihre Stelle tritt ein größeres
oder geringeres Volumen des Quecksilbers ein. Infolgedessen ist das von dem Stücke
verdrängte Volumen des Quecksilbers nicht genau dem Volumen des Stückes gleich,
sondern entsprechend geringer; man beseitigt am einfachsten den Fehler dadurch, daß
man das abgewogene Zuckerstück vor der Volumenbestimmung in einem besonderen
Gläschen in Quecksilber eintaucht. Dadurch werden die offenen Poren mit Quecksilber
gefüllt und das im Apparat von dem Stück verdrängte Volumen ist ganz genau gleich
dem des Stückes. Infolge der unregelmäßigen Form des Stückes bilden sich zuweilen an
den Stellen, wo das Stück die Glaswandungen berührt, ziemlich große Luftblasen, die
in sehr vielen Fällen sehr schwer zu beseitigen sind. Um diese Blasenbildung, die zu
großen Fehlern beim Feststellen des Volumens Anlaß gibt, zu vermeiden, wäre es sehr
nützlich, in dem Aufnahmegefäß eine Einrichtung zu treffen, welche das Stück in
suspendiertem Zustande im Quecksilber zurückhält. Tischtschenko faßt sein Urteil über den Stolleschen Apparat dahin zusammen, daß derselbe sehr bequem ist und für
technische Zwecke völlig genaue Resultate gibt, wenn man ihn in der beschriebenen
Weise benutzt. Was die Härtebestimmung der Raffinade im allgemeinen betrifft, so
sollte dieselbe in jeder Raffinerie, weil der Konsum fast immer eine ganz bestimmte
Härte der Raffinade als notwendig fordert, durch-
geführt werden. Wenn nun auch die besten Resultate die direkte Härtebestimmung
liefert, so kann aber für die Verhältnisse der Herstellung der westeuropäischen
Raffinaden unbedenklich die indirekte Bestimmungsmethode an Stelle der umständlichen
direkten Methode Anwendung finden.
In eingehender Weise bespricht LangenZentralblatt für die Zuckerindustrie 1909,
17. Jahrgang. S. 518 und 548. die Frage der elektrischen Kraftverteilung in den Zuckerfabriken und
Raffinerien, indem er sich zuerst über Spannung und Stromart mit Beziehung
auf die Verhältnisse der Zuckerindustrie verbreitet, um dann den Zentrifugenantrieb
(das wichtigste Feld für den elektrischen Antrieb) und den Pumpenantrieb in seinen
verschiedenen Anordnungen zu erörtern und durch Beispiele aus der Praxis
klarzulegen. Da es im Rahmen eines Referates nicht möglich erscheint, auf diese
Ausführungen einzugehen, so seien nur einige Zahlen hervorgehoben, die den
Gesamtkraftverbrauch einer Raffinerie betreffen, sowie diejenigen Auslassungen Langens, die sich auf die wirtschaftliche Seite der
elektrischen Kraftverteilung beziehen und speziell für Zuckerraffinerien von
Interesse sind. Der Gesamtkraftverbrauch einer Raffinerie für maximal 1000
Meterzentner Rohzuckereinwurf in 24 Stunden und Erzeugung von 30 v. H. Granulated,
33 v. H. Platten, 7 v. H. Broten und 30 v. H. gekochtem Kristallzucker, Farine usw.,
gestaltet sich folgendermaßen:
Beleuchtung
25
KW
Zentrifugen für die Affi- nation
20
„
Zentrifugen für Granu- lated und
Nachpro- dukte einschl. Siebe und Pumpen
29
„
Zentrifugen für gekochten Kristallzucker usw.
23
„
Würfelzentrifugen
28
„
Würfeltrocknung
5
„
Knipperei
12
„
Mühle
15
„
Würfel-Preßstation
12
„
–––––––––
169
KW
Uebertrag
169
KW
Brotefräsemaschine u. Säge
2
„
Knochenkohlenhaus
8
„
Fahrstühle
7
„
Mechan. Rostbeschickung
2
„
Unterwind-Gebläse
6
„
Schreinerei
1,5
„
Schlosserei
2,5
„
Wasserpumpe
12
„
Luftpumpe
15
„
––––––––––––––
225
KW
= 340 PS.
Was nun die wirtschaftliche Seite der elektrischen Kraftverteilung anbetrifft, so
beschränken sich die Betriebsersparnisse, falls schon zentralisierte Kraftverteilung
vorhanden war, auf das Riemen- und Oelkonto, wie weiterhin auch ein geringer Einfluß
auf die Arbeitslöhne vorhanden ist. Diese Ersparnisse sind jedoch meist höchstens
ausreichend zur Deckung der Verzinsung und Amortisation. Der Umbau noch gut
betriebsfähiger Fabriken mit zentralisiertem Transmissionsbetriebe für elektrischen
Betrieb ist daher in den meisten Fällen Luxus. Bei Raffinerien wird man allerdings
schon zu Reklamezwecken Wert auf einen sauberen, gefälligen und modernen Betrieb
legen, während bei Rohzuckerfabriken, die überdies nur kurze Zeit arbeiten, dieser
Gesichtspunkt wegfällt. Damit will Langen kein
abfälliges Urteil fällen. Bei neuen Fabriken und Fabriksteilen ist der elektrische
Antrieb wohl immer von Nutzen, da die Anlagekosten an Maschinen und Gebäuden wegen
des geringen Preises schneilaufender, elektrisch betriebener Arbeitsmaschinen,
Pumpen usw., sowie wegen der großen Raumersparnis, namentlich bei Zentrifugen, nicht
unwesentlich niedriger ausfallen. Einer Neuanlage gleichzuhalten ist der Umbau einer
veralteten Fabrik, in der die Maschinen ohnehin abgeschrieben sind. In einer solchen
Fabrik würde indessen auch durch zentralisierte Krafterzeugung mit
Transmissionsantrieb schon viel zu erreichen sein, wenn auch nicht so viel, wie
durch elektrische Kraftverteilung. Wenn nun auch in Einzelfällen, namentlich bei
kleinen Rohzuckerfabriken, die Vorteile des elektrischen Antriebes nicht ohne
weiteres auf der Hand liegen, so ist dagegen bei größeren, modernen Raffinerien die
elektrische Kraftverteilung fast unentbehrlich, und eine leistungsfähige
Zentrifugenstation ist ohne Elektrizität gar nicht denkbar.