Titel: | Polytechnische Rundschau. |
Fundstelle: | Band 325, Jahrgang 1910, S. 284 |
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Polytechnische Rundschau.
Polytechnische Rundschau.
Neuer Einphasen-Bahnmotor.
Die Schweizer Firma Brown Boveri & Co. in Baden verwendet für Bahnzwecke einen
Einphasen-Repulsionsmotor der Bauart Deri. Dieser Motor
besitzt eine einzige von außen gespeiste Wicklung auf dem Stator, während auf dem an
der umlaufenden Ankerwicklung angeschlossenen Kommutator in der Achse der
Statorwicklung zwei feste Bürsten und außerdem zwei auf demselben Durchmesser
beweglich angeordnete Bürsten schleifen. Je eine feste und eine bewegliche Bürste
sind elektrisch miteinander verbunden. Durch die beiden Bürstenpaare wird eine
Wirkung erzeugt, als ob gleichsam im Anker zwei Wicklungen übereinander gelagert
sind. Die Achse einer dieser Wicklungen fällt mit der Achse der Statorwicklung
zusammen, und die Wicklung kann daher als Transformatorwicklung bezeichnet werden.
Die Achse der anderen Wicklung hängt von der jeweiligen Lage der beweglichen Bürsten
ab; da jedoch eine Komponente des von dieser Wicklung herrührenden Feldes senkrecht
zu dem der Statorwicklung verläuft, so kann diese Wicklung als Querwicklung
angesprochen werden. Das von der Querwicklung herrührende Feld ist zeitlich in
Phase mit dem Strome der Transformatorwicklung, so daß ein Drehmoment hervorgebracht
wird. Diese Phasengleichheit besteht ferner auch beim Lauf unabhängig von der
Drehzahl des Rotors. Bildet die Achse der beweglichen Bürsten mit der der festen
Bürsten einen spitzen Winkel und erstrecken sich die Bürstenkurzschlüsse nahezu um
den halben Anker, so ist die Anzahl der auf die Transformatorwicklung entfallenden
Windungen klein und die der Querwicklung groß. Werden die beweglichen Bürsten derart
verschoben, daß der von dem Bürstenkurzschluß umspannte Ankerteil verkleinert wird,
so wird die Wirkung der Transformatorwicklung vergrößert, die der Querwicklung
verringert. Läuft der Anker um, so werden zwei E. M. Ke. induziert, von denen die
Größe des Sekundärstromes und damit des Drehmomentes abhängt. Eine E. M. K.
erscheint in der Transformatorachse, die andere in der Querachse; erstere ist
proportional der Drehzahl und dem Querfeld, letztere der Drehzahl und dem
Transformator-(Primär)Feld. Die Größe und Phase dieser elektromotorischen Kräfte ist
jedoch so beschaffen, daß eine Vergrößerung der Drehzahl und eine Verringerung des
Ankerstromes angestrebt wird. Die Geschwindigkeit und Drehmomentkurve des neuen Motors
entspricht daher einem Hauptstrommotor mit konstanter Klemmspannung. Bei einer
bestimmten Bürstenstellung ändert sich bei derselben Drehzahl der Strom entsprechend
der Spannung. Das Drehmoment dagegen nur mit dem Quadrat des Stromes unabhängig von
der Spannung oder Drehzahl. Bei konstanter Klemmenspannung kann bei jeder beliebigen
Drehzahl, sowohl der Strom als auch das Drehmoment in weiten Grenzen durch
Verschiebung der Bürsten geregelt werden.
Als Vorteil für den neuen Motor wird angeführt, daß die Statorwicklung mit
Hochspannung gespeist werden kann und daß infolgedessen die Verwendung eines
Transformators unnütz sei. Diese Behauptung wird jedoch durch die dem Aufsatz
beigegebene Aufstellung über die mit dem neuen Motor auszurüstenden Bahnen zum
mindesten in Zweifel gezogen, da die Klemmenspannung im Mittel 400–500, im
Höchstfalle 1000 Volt beträgt. [Electric Railway Journal 1909, Bd. II, S.
264–265.]
Pr.
Neuere Dampfturbinen der Firma Brown, Boveri & Co.
Die Aenderungen beziehen sich gegenüber der gewöhnlichen Bauart hauptsächlich auf die
Ausbildung der Trommel mit Rücksicht auf die Wärmedehnungen. Die Turbinen sind auch
mit einem selbsttätigen Umlaufventil versehen, welches bei geringerer Belastung den
gedrosselten Frischdampf einer späteren Druckstufe zuführt, während die
vorausgehenden Stufen leer mitlaufen. Durch eine Feder kann der Wirkungsbereich
dieses Ventiles beliebig verändert werden. Bei Tourenzahlen über 1500 sind die
Wellen in den bekannten Mehrbuchsenlagern gelagert; bei niedrigeren Tourenzahlen
dagegen in gewöhnlichen Weißmetallagern mit Querbeweglichkeit durch
Kugelunterstützung. Die Turbinen- und Dynamowellen sind durch eine Gelenkkupplung
elastisch verbunden. Große Einheiten (über 5000 KW) werden schon wegen des
Transportes mit geteilten Zylindern ausgeführt; am Ende des Niederdruckteiles wird
die Dampfströmung geteilt, um die nötigen Dampfquerschnitte zu bekommen. Bei noch
größeren Ausführungen, wie auch bei Abdampfturbinen, wird der Dampfstrom im ganzen
Niederdruckteil geteilt, der dann zwei Abdampfstutzen erhält. Brown-Boveri baut auch Turbinen für gemischten Betrieb
mit Hoch- und Niederdruckdampf. Die Steuerungsventile für beide Gruppen sind so
miteinander verbunden, daß der Regulator das Ventil für den Zutritt des
Frischdampfes erst hebt, wenn das Niederdruckventil ganz geöffnet ist.
Zur Verkürzung des Hochdruckteiles der Parsons-Turbinen
wird bei besonderen Verhältnissen ein Aktionsrad gewöhnlich mit zwei
Geschwindigkeitsstufen vorgeschaltet, was aber bei großen Turbinen in
wärmeökonomischer Beziehung keine Vorteile bietet, da in diesem Falle die Schaufeln
auch im Hochdruckteil lang genug werden und so zu große Verluste vermieden werden.
Bei Belastungsänderungen werden die Düsen der kombinierten Turbinen selbsttätig zu-
und abgeschaltet. Auch Turbinen für gemischten Betrieb für Hoch- und
Niederdruckdampf werden mit einem Aktionsrad für den Hochdruckteil nur mit einer Parsons-Trommel unter Teilung des Dampfstromes für den
Niederdruckteil gebaut. In gleicher Weise werden auch Turbinen mit
Zwischendampfentnahme für Heizzwecke ausgeführt; ein besonderes Regulierventil hält
den Dampfdruck an der Anzapfstelle konstant. Statt der bekannten Parsons-Drosselregulierung mit Dampfdruckrelais wird
jetzt eine Druckölsteuerung ausgeführt, deren Kraftkolben unter dem Einfluß des
Drucköls der Zentralschmierung sieht und beim Versagen derselben die Turbine
abstellt. Zur Erzeugung des Drucköls wird eine Kreiselpumpe verwendet, die von einer
besonderen zweikränzigen kleinen Dampfturbine angetrieben wird. Oft befindet sich
die Oelpumpe auch auf der Regulatorwelle. Pumpe und Reguliermechanismus sind dann in
gedrängter Anordnung zusammengebaut. Wie bei der früheren Dampfsteuerung wird auch
hier zur Erzielung einer großen Empfindlichkeit Regulierventil und Steuerkolben in
fortwährend schwingender Bewegung erhalten. Der Steuermechanismus erlaubt auch die
Verstellung des Steuerkolbens von außen und durch magnetisches Fernschaltwerk, so
daß zum Zwecke des Parallelschaltens von Wechselstrommaschinen die Tourenzahl der
Turbine vom Schaltbrett aus um ± 5 v. H. verändert werden kann. Die Teile des
Regulierapparates werden von dem abfliesenden Drucköl reichlich geschmiert, der
Mechanismus selbst ist außerordentlich vereinfacht, dadurch daß die Regulatormuffe
als Steuerorgan für das Drucköl ausgebildet ist. Die Regulierung wirkt, wie
Tachogramme zeigen, sehr rasch und genau. [Zeitschrift für das gesamte Turbinenwesen
1909, S. 549–554 und 567–570.]
M.
Eine neue Zündvorrichtung an Gasmaschinen.(s. D. p. J. 1908, S. 638.)
Die bisher an Großgasmaschinen zur Anwendung gelangten beiden Systeme der
magnetelektrischen Zündung und der durch elektrische Schlagapparate haben den
Nachteil, daß die Zündung bei Schmutz und Nässe versagt, und daß die Abnutzung an
den bewegten Teilen eine sehr große ist. Daher hat die Firma Ehrhardt & Sehmer eine neue Zündung,
„die Lodge-Zündung“, eingeführt, deren
Hauptmerkmal in der Anwendung von Induktionsspulen und Leidener Flaschen besteht. Der Hauptvorteil dieser Zündung besteht darin,
daß der Funke von außerordentlicher Heftigkeit und Durchschlagskraft in jedem Falle
überspringt, und daß bewegliche Teile fehlen. Die für die Lodge-Zündung bei einer doppeltwirkenden Tandem-Gasmaschine erforderlichen
Teile sind eine Akkumulatoren-Batterie von 10 Volt-Spannung, eine auf der
Steuerwelle sitzende Kontaktscheibe mit den zugehörigen Stromabnehmern, vier
Zündkästen, je einer für jede Zylinderseite und vier Zünddeckel. Die Kontaktscheibe
hat den Vorteil, daß die Isolation nur für acht Volt auszuführen ist. Die Zündkästen
enthalten einen Induktionsapparat (Ruhmkorff) und zwei
Leidener Flaschen. Eine am oberen Teile der
Zündkästen angebrachte Funkenstrecke für einen Kontrollfunken ermöglicht die
Beobachtung der Zündung. (F. Luhr.) [Zeitschrift für
Dampfkessel und Maschinenbetrieb, 1909, Seite 480.]
J.
Zur Kinematik der Fliegschwingen.
Für das Entwerfen brauchbarer Fliegvorrichtungen mit Auf- und Antrieb durch Schwingen
wird das Vorbild aerodynamisch günstigster Wirkungsweise zu entnehmen sein aus
sorgfältigen Untersuchungen der Bewegungsverhältnisse der Schwingen von
Flug-Geschöpfen; gleichgültig welcher Gattung und Größe, wenn nur die Beobachtungen
objektiv einwandsfrei sind. Darum sei an dieser Stelle über die Untersuchungen des
Physiologen L. Bull berichtet.
Bull bedient sich des elektrischen Funkens,Comptes Rendus, 21. März 1904, L. Bull: Application de l'étincelle électrique
à la chronophotographie des mouvements rapides. um in einer Sek.
eine sehr große Zahl aufeinanderfolgender Bilder von raschen Bewegungen
photographisch aufzunehmen. So nun beobachtete er im Institut Marey zu Paris den Flug von Insekten, die ihre
volle Freiheit hatten; und zwar vorläufig während der ersten Augenblicke nach dem
Abfliegen.
Solange eine Libelle ruhig sitzt, hält sie, wie bekannt, ihre vier Flügel in einer
lotrechten Ebene über dem Rücken. Im Augenblicke, wo sie abfliegen will, senkt sie
zuerst die Vorderflügel und bringt dieselben gleichzeitig nach vorn bis vor den
Kopf. Die Enden der Flügel beschreiben dann weiterhin Kurven, die zur lotrechten
schräg und nach oben konkav sind, und in ihrem mittleren Teile die Flugrichtung,
wenn diese wagerecht ist, unter ungefähr 45° schneiden (Fig. 1). Das Niederschlagen der Flügel geschieht von hinten nach vorn zu;
und die Umkehr der Bewegung an den Punkten des Schwungwechsels, in einer mehr oder
weniger breiten Rundung. Die Hinterflügel beschreiben eine ganz ähnliche Bahn, aber
mit einer Nacheilung gegen die vorderen um ⅛ bis ¼ des Umlaufs. Um ebensoviel später
fangen sie ihre Bewegung beim Abfliegen an. Die Auf- und Abwärtsbahnen eines
Flügelendes fallen nicht genau zusammen, sie schneiden sich in der Mitte, so daß sie
in bezug auf den Libellenkörper die Form einer 8 bilden, wie das bereits MareyMarey: Le mouvement. 1894, Masson, éditeur,
Paris. und PettigrewTransaction of the Royal Society Edinburgh,
1872, Bd. 26, Pettigrew: On the physiology
of wings. angegeben haben. Bull fand dieses Sichkreuzen bei sämtlichen von ihm beobachteten Insekten,
jedoch sind die Rundungen in der äußersten Lage verschieden, sogar bei ein und
demselben Insekt bei verschiedener Richtung des Flugs.
Textabbildung Bd. 325, S. 286
Fig. 1. Bewegung der Flügelspitzen einer Libelle, Neigung
der Flügelflächen und Flugbahn eines bestimmten Punktes des Kopfes.
Fast während der ganzen Strecke, wo der Flügel nach unten und vorn zu bewegt wird,
hat seine Fläche wagerechte Lage. Im unteren Hubwechsel angekommen, dreht sich die
Fläche plötzlich um 90°, manchmal auch mehr, und geht in lotrechter Lage zurück bis
zum oberen Hubwechsel. Ermittelt man die dabei sich ergebende Bewegung aus den
Photographien, so kann man die Verschiebung des Insektes von Bild zu Bild verfolgen
und findet, was sich bei dieser abwechselnden Flächenstellung voraussehen ließ, daß
ihr Niederschlagen von hinten nach vorn in der Hauptsache die Hebung und ihre
Rückehr von vorn nach hinten die Fortbewegung bewirkt. Wahrscheinlich ändert sich
das aber, wenn eine bestimmte Verschiebungsgeschwindigkeit (Fluggeschwindigkeit)
erreicht ist, die bei guten Fliegern weit größer sein kann als die
Umlaufsgeschwindigkeit der Flügel; das Wirken der Flügel ist dann offenbar nicht
mehr ganz dasselbe. Beim Abfliegen jedoch beschreibt der Körper einer Libelle, wie
LendenfeldSitzungsberichte d. K. Akad. d. Wissenschaften, Wien, 1. Abtlg.
1881, Bd. 83, Lendenfeld: Der Flug der
Libellen. es vermutete, sinuslinige Bahnen, deren
aufsteigender Teil dem Aufschlagen der Flügel entspricht. In dem Maße wie die
Verschiebungsgeschwindigkeit zunimmt, werden die Sinuslinien flacher und
flacher und verschwinden wahrscheinlich schließlich ganz.
Die Flügelwölbung ließ sich leicht beurteilen an Hand von Reihen stereoskopischer
Aufnahmen. Die Flügel sind eben, wenn sie durch die oberste Lage gehen. An allen
andern Punkten ihres Umlaufs sind sie etwas gewölbt und zwar immer konkav auf
derjenigen Seite, auf welcher sie gegen die Luft drücken. Diese Konkavität ändert
ihren Sinn mit der Richtung der Flügelbewegung und ist sehr stark ausgeprägt während
der ersten Augenblicke der Rückbewegung der Flügel nach hinten. Man bemerkt auch in
dem Augenblicke, wo die Bewegungsrichtung des Flügels sich umkehrt, daß sich der
Flügel verdreht und dabei Konturen wie ein Schraubenflügel zeigt. Diese Torsion ist
beträchtlich bei den Zweiflüglern, deren Flügel in der Nähe des Gelenks ziemlich
breit sind; sie tritt weniger hervor bei der vierflügeligen Libelle, deren Flügel
verhältnismäßig schmal sind. Aber wenn man die Oberflächen der beiden Flügel einer
Seite zusammen betrachtet, so findet man viel Aehnlichkeit mit der Oberfläche des
einen und breiteren der Zweiflügler, in demselben Augenblick. [Comptes Rendus, 1909,
S. 942–944.]
Erich Schneckenberg.
Eisenbetondecken System Burckartz.
In Wohngebäuden sind Plattenbalkendecken wegen ihrer Schallundichtigkeit ungeeignet,
wenn nicht dieser Uebelstand durch Ausfüllen der Zwischenräume zwischen den Rippen
durch ein geeignetes Füllmaterial, sowie durch Aufbringen von Deckschichten über der
Platte beseitigt wird. In Deutschland sind in den letzten Jahren vielfach
Massivdecken aufgekommen, bei denen die tragenden 15–30 cm hohen Rippen unter der
5–7 cm starken Deckenplatte einen Abstand von 25–40 cm haben, so daß zwischen den
Rippen 20–33 cm breite Hohlräume entstehen. Zur Erzielung einer ebenen Unterschicht
wird an die Rippen eine ebene Putzdecke aufgehängt, oder es werden die Hohlräume mit
Formsteinen aus Magerbeton, Schlackenbeton, gebrannten Ton, Gips ausgefüllt, womit
eine erhebliche Schalldämpfung verbunden ist. Diese Formsteine werden auf einer
Schalung derart verlegt, daß der Raum für die später herzustellenden Betonrippen
frei bleibt. Die Rippen laufen alle zur kürzeren Richtung des zu überdeckenden
Raumes parallel. Bei größeren Spannweiten oder beschränkter Konstruktionshöhe ist
eine Anordnung der Rippen nach beiden Richtungen in Verbindung mit einer kreuzweisen
Armierung empfehlenswert, da die Druckfestigkeit der Deckenplatte nach zwei
aufeinander senkrecht stehenden Richtungen ausgenutzt wird. Man erhält eine
Kassettendecke, deren Hohlräume zwischen den sich kreuzenden Rippen mit Formsteinen
ausgefüllt werden können. Die oben erwähnten Formsteine sind jedoch hierzu nicht
geeignet, weil sie nach einer Richtung hin offen sind, so daß der Beton der
Querrippen in die Hohlräume des Steines eindringen würde, wenn die Köpfe der Steine
nicht durch Pappstücke u. dergl. verschlossen würden.
Man hat auch Formsteine mit Hohlräumen in senkrechter Richtung verlegt, deren
Seitenflächen für die Betonrippen die Schalung bilden, und die oben durch einen
aufgelegten Deckel verschlossen werden, während auf der Unterseite eine besondere
Putzdecke aufgehängt werden muß. Diese Ausführung ist teuer und umständlich.
Burckartz verwendet statt dessen zur Ausfüllung einen
allseitig geschlossenen Hohlkörper, der aus 4 Formsteinen zusammengesetzt ist. Der
die Strangfalzpresse verlassende Hohlstein mit Hohlräumen parallel zur Längsrichtung
wird nicht senkrecht zu dieser Richtung, sondern unter einem Winkel von 45° zur
Längsrichtung durch Vertikalschnitte derart zerlegt, daß dreieckige, rechtwinkelig
gleichschenklige Prismen mit geschlossener Hypotenusenwand und durch Oeffnungen
unterbrochenen Kathetenwänden entstehen. Je 4 dieser Formsteine werden auf die
Deckenschalung zu einem in der Grundfläche quadratischen Hohlkörper
zusammengeschoben, dessen Außenflächen seitlich, oben und unten vollständig
geschlossen sind. Die offenen Kathetenflächen bilden die Diagonalflächen des
zusammengesetzten Hohlkörpers.
Die Formsteine haben an den Hypotenusenflächen unten nach außen gerichtete Leisten,
mit denen die verlegten Hohlkörper aneinanderstoßen.
Hierdurch entsteht ein quadratisches Netz seitlich und unten begrenzter Kanäle zur
Aufnahme der Betonrippen mit ihren Eiseneinlagen. Nach Herstellung dieser Rippen bis
zur Oberkante der Deckensteine wird die ganze Fläche noch durch eine mehrere cm
starke Deckenplatte aus Beton überdeckt, – Während der Betonquerschnitt nach beiden
Deckenrichtungen gleich ist, wird der Eisenquerschnitt in jeder Richtung der
Spannweite entsprechend verschieden gewählt. In Amerika werden Hohlsteine von 10–20
cm Höhe verwendet. Diese werden entweder aus gebranntem Ton oder aus Zement Sand und
Kalk oder Ton hergestellt. Auch diese Betonsteine wurden auf der Strangpresse
hergestellt, da sich ihre Masse in einer plastischen Mischung ebenso verarbeiten
ließ wie gekneteter Ton. – [Beton und Eisen 1909, S. 378–380.]
Dr.-Ing. Weiske.
Maschinen und Kraftwirtschaft in Hüttenwerken.
Dem Vortrage des Hr. Ingenieur Dr. H. Hoffmann aus
Bochum im Berliner Bezirksverein des Vereins deutscher Ingenieure vom 20. April über
diesen Gegenstand entnehmen wir Folgendes:
Daß unsere großen Hüttenwerke im vergangenen Jahre trotz niedriger Verkaufspreise
verhältnismäßig hohe Gewinne herausarbeiten konnten, ist zu einem beträchtlichen
Teile die Frucht einer planmäßigen, mit großen Mitteln arbeitenden Kraftwirtschaft.
Beste Ausnutzung der Gichtgase und zweckmäßigste Verteilung und Verwendung der
Energie sind deren wichtigste Aufgaben. In der Anwendung der Gasmaschinen übertrifft
Deutschland alle anderen Länder; aber auch die Vereinigten Staaten sind in den
letzten Jahren auf diesem Gebiete vorangekommen.
Die Zweitaktmaschine hat in der doppeltwirkenden Körtingschen Bauart ihren Platz behauptet und ist besonders für den
Gebläseantrieb beliebt. Die Viertaktmaschine ist aber weit verbreiteter. Während man
bis vor einigen Jahren beim Viertakt nur bis 1000 PS in einem Zylinder ging,
erreicht man jetzt 1200–1300 PS; sogar 1500 pferdige Zylinder sind im Bau. Beim
Zweitakt übertreffen die Leistungen in einem Zylinder – bis 2000 PS – noch weit die
des Viertaktes. Die Konstruktionen müssen insbesondere ein Reißen derartiger
Zylinder ausschließen. Bei der Zweitaktmaschine, die von Natur vorzüglich geregelt
werden kann, ist das Ladeverfahren noch verbessert worden. Beim Viertakt hat man die
Regelung verfeinert und die Steuerung vereinfacht. Für den Betrieb der
Hochofengebläse kommt bei uns nur die Gasmaschine in Frage. Für das
Stahlwerkgebläse herrscht noch der Dampfantrieb; mehrere Gasstahlwerkgebläse laufen
aber bereits, und einige sind mit Leistungen von je 4000 PS im Bau.
Beim Drehstromantrieb von Schwungrad-Walzenstraßen ist es gelungen, die Umlaufszahl
zweckmäßig zu regeln und die störende Rückwirkung auf das Kraftwerk auszugleichen,
die wenig belastete Motoren durch Herabziehen des Leistungsfaktors ausüben. Man
setzt hinter solche Motoren besondere Regelgetriebe oder verwendet
Drehstrom-Kollektormotoren, eine Bauart, deren Entwicklung noch im Fluß ist. Bei den
Umkehrwalzwerken, die bis 15000 PS und mehr erfordern, ist der elektrische Antrieb
in scharfen Wettbewerb mit dem herrschenden Dampfantrieb eingetreten. Technisch ist
der elektrische Antrieb vollkommen, man streitet aber wegen des wirtschaftlichen
Erfolges. Zur Zeit laufen schon viele elektrische Umkehrantriebe; noch mehr sind im
Bau und zwar zum Walzen von Blöcken, Panzerplatten, Trägern, Knüppeln, Blechen und
Schienen. Für die elektrischen Kraftwerke gilt bei uns die Gasmaschine als
günstigster Antrieb. Ihr tritt die billigere Dampfturbine entgegen, die mehr
ausgenutzt werden kann, weil sie überlastungsfähig ist. Bei den Gaskraftwerken
müssen die Belastungsstöße gut abgefangen werden. Man kann heute auch für Drehstrom
vorteilhafte Schwungrad-Puffersätze bauen. Günstig ist der gemischte Antrieb:
Gasmaschinen zusammen mit Dampfturbinen. Dampfturbinen können nämlich, auch wenn sie
nur mit einem mäßigen Bruchteil an der ganzen Krafterzeugung beteiligt sind,
vorzüglich puffern. Man muß sie dementsprechend einregeln; sie können dann
selbsttätig eingreifen und die Frequenz einhalten.
Webstuhl-Entlaster Herkules.
Die übliche Schützenbewegung durch Schlag erfordert einen nicht unbedeutenden
Kraftaufwand. Der Schützen soll nämlich das Fach möglichst schnell durcheilen, dann
aber beim Eintritt in den gegenüberliegenden Schützenkasten auch Arbeit verrichten.
Er muß bekanntlich die unter Einwirkung einer Feder stehende Schützenkastenzunge
nach außen drücken, um mittels derselben den Stecher zu heben, der sonst in den
Puffer einfallen und den Stuhl abstellen würde. Die durch den Andruck der Zunge
entstehende Reibung, welche der Schützen beim Ein- und Austritt aus dem Kasten
überwinden muß. absorbiert einen nicht unerheblichen Teil der für die
Schützenbewegung aufgewendeten Arbeit; sie zu verringern ist Zweck einer von O. Lüthy in Isny erdachten, sinnreichen Vorrichtung,
die gesetzlich geschützt ist. In der Mitte der Schützenkastenzunge ist eine um eine
senkrechte Achse drehbare Hartgummirolle mit Selbstöler eingesetzt. Hierdurch wird
die gleitende Reibung in rollende umgewandelt, und dem Schützen der Ein- bezw.
Austritt aus dem Schützenkasten erleichtert.
Es ist einleuchtend, daß durch diese Einrichtung eine ansehnliche Kraftersparnis
erreicht wird, bezw. daß bei gleicher Kraftanwendung die Tourenzahl des Webstuhles
erhöht werden kann. Außerdem soll die Benutzung des Entlasters Herkules ruhigeren
Gang des Stuhles sowie Ersparnis an Schlagriemen, Pickers und Webschützen zur Folge
haben. [Leipz. Monatsschrift f. Textilindustrie 1909, Spezialnummer 3.]
Hg.