Titel: | Pneumatische Getreideförderung. |
Autor: | M. Buhle |
Fundstelle: | Band 325, Jahrgang 1910, S. 388 |
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Pneumatische Getreideförderung.
Von M. Buhle, Professor in
Dresden.
(Schluß von S. 376 d. Bd.)
Pneumatische Getreideförderung.
Die größte ortsfeste pneumatische Getreideförderungsanlage ist meines Wissens in
GenuaBuhle, Z. d. V. d. I. 1904, S. 229 u.
f. errichtet im Zusammenhang mit dem von G.
Luther gebauten und im Herbst 1901 in Betrieb genommenen bedeutendsten
Silospeicher Italiens bezw. von Europa (Fig. 7–10). Er bedeckt eine Fläche von nicht weniger als
7155 qm (!).
Textabbildung Bd. 325, S. 388
Fig. 7.
Textabbildung Bd. 325, S. 388
Fig. 8. Gesamtansicht des Getreidesilos der „Società Anonima dei Silos di
Genova“ im Hafen von Genua nach einem weiteren Ausbau im Jahre 1907.
(Fassung 55000000 kg Getreide.)
Der Lageplan (v. J. 1901) (Fig. 7) läßt erkennen, daß
s. Zt. eine spätere Erweiterung nach Westen hin in Aussicht genommen war; dieselbe
ist 1907 durchgeführt, wie es Fig. 8
veranschaulicht. Von der auch auf diesem Bilde erkennbaren Kohlenterrasse gelangt
man zu der in Fig. 7 bis 10 von den verschiedensten Seiten aus wiedergegebenen, auf sechs Pfeilern
ruhenden Entladebrücke, an der zwei Schiffe zugleich mittels der Duckhamschen Saugelevatoren gelöscht werden können (s.
Fig. 10). Je zwei der an einem Förderturm
aufgehängten Schlauchrohre von 200 mm ⌀ münden in die auf der Brücke gelagerten
Förderrohre, deren jedes zu einem Saugluftbehälter führt. Die Aufnahmefähigkeit der
Anlage beträgt nach dem völligen Ausbau rd. 55000 t.
Was die Leistungsfähigkeit betrifft, so können zwei Schiffe zu je 2500 t durch die
450 t/Std.
fördernden pneumatischen Heber in rd. 11 Stunden gelöscht werden;
erforderlichenfalls sind also 10000 t in 24 Stunden aus Schiffen in den Speicher zu
schaffen. Ein Eisenbahnzug von 2410 t-Wagen ist aus dem Speicher oder vom Schiff aus
in rd. einer halben Stunde zu beladen.
Für Brauereien sind pneumatische Förderanlagen
insbesondere auch von der Maschinenfabrik von Oscar
Bothner, Leipzig, vielfach ausgeführt. Bothner
empfiehlt Saugluft bis zu 80 m Entfernung für kleine Leistungen, für große
Leistungen auch auf größere Entfernungen und besonders da, wo das Fördergut von
mehreren Punkten (Silos usw.) nach einer Stelle zu schaffen, und wo nur Transmission
am Endpunkt des Förderweges vorhanden ist. Druckluft wird dagegen von Bothner für alle Entfernungen bis zu 300 m angewendet
und besonders empfohlen, wo das Gut von einem nach mehreren Punkten zu leiten und wo nur
Transmission am Anfang des Weges vorhanden ist.
Textabbildung Bd. 325, S. 389
Fig. 9. Entladebrücke mit 6 Schlauchtürmen in Genua zum Umladen von losem
Getreide auf pneumatischem Wege.
Textabbildung Bd. 325, S. 389
Fig. 10.
Bei großen Entfernungen bis zu 500 m und größeren
Leistungen empfiehlt es sich, Saug- und Druckwirkung zu vereinigen. Mit Bothnerschen pneumatischen Anlagen sind u.a.
ausgestattet: Die Schultheiß-Brauerei in Berlin, die
Elbschloß-Brauerei in Hamburg, die Union-Brauerei in Berlin, das Bürgerliche Brauhaus in Pilsen, die Löwen-Brauerei und die Salvator-Brauerei in
München.
Anschließend sei noch der Arbeitsvorgang in einer Kornspeicheranlage besprochen, die
von der Mühlenbauanstalt und Maschinenfabrik vorm. Gebr.
Seck, Dresden, gebaut ist.Herzog,„Der Müller“, 1909, Nr. 27, S. 906 ff., vergl. auch Nr. 32, S. 721
ff.
Bei dem in Fig. 11 dargestellten Bauwerk war mit der
Anfahrt der Rohstoffe zu Wasser und zu Lande zu rechnen. Die in den Schiffsrüssel
S endigende Rohrleitung L läßt sich – und zwar ohne Konzessionspflicht (!) – unter Vermeidung
kostspieliger Ueberbauten, wie sie bei Verwendung mechanischer Elevatoren, Bänder,
Schnecken usw. erforderlich sind, für die pneumatische Förderung leicht und nur mit
geringen Kosten über Gleise u. dergl. (gegebenenfalls auch unter der Werksohle und zwar ohne große Kanäle u. dergl. bis ans Ufer
führen.
Die Luftpumpe P saugt durch die Filter F1 und F2 von dem Rezipienten
R, an den die Rohrleitung L angeschraubt ist. Infolge der beträchtlichen Luftverdünnung in R wird das in dem Luftstrom schwimmende Getreide in
diesen Behälter R übergeführt. Von dem als
Abnahmestelle ausgebildeten unteren Teil von R nimmt
der mechanisch angetriebene Abnehmer A, der luftdicht
gegen die Gosse anschließt, laufend das Gut in seinen Zellen auf und gibt es an die
selbsttätige Wage WVgl. des Verfassers Aufsatz in D. p. J. 1909, Bd. 324, S.
370., von der es zur Reinigung auf einen Aspirateur C und von dort in ein Becherwerk fließt, das es dann
zur weiteren Beförderung nach den Lagerräumen usw. einer Dachschnecke oder dergl.
zuführt.
Die aus R nach der Pumpe P
gesaugten feinen Staubteile werden, wie gesagt, in den Filtern F1 und F2 abgelegt und aus
diesen entweder unmittelbar abgesaugt oder zur sonstigen weiteren Verwendung durch
geeignete Transportmittel fortgeschafft. Auf diese Weise ist ein nahezu staubloses
Arbeiten der Pumpe gewährleistet.
Falls der Staub nicht gesondert abgeführt werden soll, werden die Filter in
unmittelbarer Vereinigung mit dem Rezipienten R gleich
auf diesen montiert; sie wirken dann lediglich staubschützend für die Pumpe. Der
aufgefangene Staub und die Unreinigkeiten werden regelmäßig durch eine mechanische
Vorrichtung oder dergl. wieder in den Rezipienten abgeklopft und verbleiben somit
vollständig im Getreide, ohne daß dieses irgend welche Veränderung erleidet. In
Lagerhäusern wird auf diesen Punkt bekanntlich besonderer Wert gelegt, die
Einrichtung ohne Vorreinigung ist daher für solche von außerordentlicher
Wichtigkeit.
Findet die Anfuhr der Rohmaterialien durch Eisenbahnwagen statt, so werden die
Körnergüter aus diesen zunächst in einen Sammelrumpf entleert und aus letzterem
durch die pneumatische Leitung L2 in der vorstehend beschriebenen Weise nach dem
Rezipienten R gehoben. Bei Anfuhr des Rohproduktes auf
Lastwagen wird dasselbe zunächst nach einem geeigneten Lagerraum gegeben und
von dort aus nach Bedarf durch die Rohrleitung L1 pneumatisch nach oben befördert.
Kommen, wie Fig. 11 zeigt, für eine Anlage mehrere
Wege in Frage, so schließt man diejenigen Rohrstränge, die beim Transport außer
Betrieb bleiben sollen, einfach an ihrem unteren Ende durch Kapselmuttern luftdicht
ab. Den gleichen Zweck kann man auch dadurch erreichen, daß man an den einzelnen
Abzweigestellen der Leitung sogenannte Rohrweichen einbaut.
Textabbildung Bd. 325, S. 390
Fig. 11.
Schlußbemerkungen.
Wenn auch die Arbeit der Dampfmaschine bei den pneumatischen Förderanlagen etwas
größer ausfällt als bei den anderen Hebevorrichtungen, so ist doch das Verfahren
derart einfach und ungefährlich, daß die Gesamtkosten eher geringer denn größer sind
als bei anderen Verfahren. Daneben steht jene Förderung in hygienischer Beziehung unerreicht da. Bedenkt man, daß die pneumatische
Getreideförderung sich erst im Anfang der Entwicklung befindet, so muß man zugeben,
daß die bisher erzielten Erfolge zu den größten Hoffnungen für die Zukunft
berechtigen.