Titel: | Neuerungen in der Ziegelindustrie. |
Autor: | G. Benfey |
Fundstelle: | Band 325, Jahrgang 1910, S. 394 |
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Neuerungen in der Ziegelindustrie.
Von G. Benfey,
Lauban.
Neuerungen in der Ziegelindustrie.
Seit meinem letzten Berichte unter der gleichen Aufschrift im Anfange des
vorigen Jahres sind wieder eine Anzahl neuer Maschinen, teils zur Aufbereitung,
teils zur Formgebung aufgetaucht, die teilweise große Beachtung gefunden haben. In
wie weit sie allerdings Erfolg haben oder gar bahnbrechend wirken werden, läßt sich
heute noch nicht voraussagen, da ja der Grundstoff, der Ton, den sie verarbeiten und
dem sie die gewünschte Form geben sollen, bekanntlich außerordentlich
verschiedenartig auftritt. Jedenfalls bedeuten jene neuen Apparate einen gewissen
Fortschritt und zwar insoweit, als sie, teils
auf neue und anscheinend verbesserte Art das Tongemenge aufzubereiten versuchen
und teils den aufbereiteten Tonen in möglichst einfacher und billiger Weise ihre
künftige Gestalt geben. –
Wenn ich mich zunächst mit einem neuen Apparate beschäftigen will, welcher bestimmt
ist, die Aufbereitung des Tones in besonderer Weise zu vereinfachen und trotzdem
gründlicher als bisher allgemein üblich auszuführen, so sei kurz vorausgeschickt,
was in der keramischen Industrie unter Aufbereitung der Tone verstanden wird.
Zunächst handelt es sich dabei um die Zerstörung der natürlichen Struktur des
Tones, d.h. die möglichst vollkommene Trennung der einzelnen Tonteilchen von ihrer
natürlichen Lagerstätte. Es muß dies geschehen, da der Ton nur in einem solchen
Zustande die erforderlichen Zusätze zur Magerung, zur Anfeuchtung, zur Färbung usw.,
wie sie zu seiner weiteren Verarbeitung ihm möglichst innig beigemengt werden
müssen, aufnehmen kann. Bei dieser Aufbereitung unterscheiden wir die natürliche und
die künstliche Tätigkeit. Während die erstere, wie schon der Name andeutet, durch
die Natur, durch Ausfrieren und durch Austrocknen unter dem Einfluß von Frost, von
Wind und Sonne bewirkt wird, geschieht die künstliche Aufbereitung durch eine Anzahl
verschiedenartiger Maschinen, wie sie schon früher in dieser Zeitschrift von mir
besprochen worden sind. Zu ihnen gehören die Tonschneider, die Walzwerke, die
Trokken- und Naßkollergänge, das Mischkollerwalzwerk und für stark verunreinigte
Tone die Schlämmereien. Zu diesen Aufbereitungsmaschinen gesellt sich jetzt der Trommelkoller „Progressiv“, System Groß.
Textabbildung Bd. 325, S. 394
Fig. 1. Trommelkoller „Progressiv“ von Hinterschweiger jun.
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Fig. 2. Quer- und Längsschnitt durch den Trommelkoller
„Progressiv“.
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Fig. 2a. Quer- und Längsschnitt durch den Trommelkoller
„Progressiv“.
Diese Maschine (Fig. 1) besteht im wesentlichen aus
einer Trommel, schräg gelagert, auf Rollen geführt, die durch ein Kegelräderpaar und
Stirnräderpaar in Drehung versetzt wird. In der Trommel befindet sich ein
rotierender Mahlkörper, welcher mit verschiedener Umfangsgeschwindigkeit von der
Trommel durch ein Räderpaar seinen Antrieb erhält. Das Tongemenge gelangt durch den
Einwurf in die Trommel und zwischen Trommel und den Mahlkörper. Nach einer vier- und
mehrfachen Vermahlung gelangt das Gemenge, das nun gut vermählen und gemischt ist,
durch den Auslauftrichter zur Formgebung oder zur sonstigen weiteren
Verarbeitungsmaschine. Fig. 2 zeigt den Querschnitt
und Längsschnitt durch Trommel und Mahlkörper. Beide bewegen sich in gleicher
Richtung und zwar von rechts nach links. Wenn nun das Gemenge an der höher gelegenen
Stelle der Trommel eingeworfen wird, so muß es ohne ausweichen zu können von der
Trommel und dem Mahlkörper erfaßt und nach oben gedrückt werden. Infolge der
Schräglage der Trommel und des Mahlkörpers wandert das Gemenge von selbst der
nächsten Mahlstelle zu und wird gezwungen, eine mehrfache Vermahlung durchzumachen.
Die zwei im Querschnitt angedeuteten Abstreicher haben den Zweck, Walze und Trommel
von anhaftenden Materialteilchen zu reinigen. Da, wie bereits erwähnt, Mahlkörper
und Trommel verschiedene Umfangsgeschwindigkeiten haben, da ferner das Mahlgut, wenn
es über die Walze hinweg zur zweiten Mahlstelle gelangt, sich überstürzt, von der
Trommel und dem Mahlkörper wiederholt erfaßt und durch den langen Einzugswinkel, den
Trommel und Mahlkörper bilden, geknetet wird, so soll eine vorzügliche Verreibung
und Mischung des Gemenges erzielt werden. Der Mahlkörper wird mit starken Federn
gegen die Wandung der Trommel gedrückt und ist derart einstellbar, daß einerseits
der Mahlspalt beim Einwurf größer als beim Auslauf ist, anderseits, daß der Druck
zwischen Walze und Trommel höher gespannt werden kann, als es die bisherigen
schweren Kollerkörper durch ihr Eigengewicht vermochten.
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Fig. 3. Quer- und Länssschnitt durch den Trommelkoller „Progressiv“ mit
durchbrochener Mahltrommel.
Das ist die einfachste Ausführung des Trommelkollers „Progressiv“, die heute
schon wechselnden Bedürfnissen entsprechend verschiedenartig abgeändert ist. Handelt
es sich z.B. um Materialien, welche in harten, groben Stücken der Maschine Fig. 4a.
zugeführt werden sollen, so ist die Trommel und Walze bei gleicher Anordnung wie
vorher im ersten Teil bei der Aufgabenöffnung als Brechwalzwerk ausgebildet und zwar
sind die Brechzähne so angeordnet (Fig. 2a), daß die
Zähne der Walze zwischen den Zähnen der Trommel laufen und zwar mit verschiedener
Geschwindigkeit von Trommel und Walze. Dadurch tritt nicht nur ein Zerdrücken,
sondern auch ein Zerreißen der harten Materialbrocken ein. In bereits gut
zerkleinertem Zustande gelangt das Gemenge infolge der Schräglage der Trommel und
Walze zur glatten Mahlbahn und findet die Feinvermahlung in bereits erklärter Weise
statt.
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Fig. 4a–b. Einzugswinkel verschiedener Aufbereitungsmaschinen.
Handelt es sich um sehr große Leistungen, bei welchen der Feinheitsgrad des Gemenges
weniger Bedeutung hat, so kann auch hier die gelochte Mahltrommel (Fig. 3) in gleicher Weise wie früher bei dem
Mischkollerwalzwerk System Baur besprochen, s. D. p. J.
1908, Bd. 323, Heft 36, Anwendung finden.
Das Material wird hier von innen nach außen gedrückt und kann frei abfallen, so
daß ein Verstopfen vollkommen ausgeschlossen sein soll.
Einem Vortrage des Erfinders dieses Trommelkollers, des Herrn Ludwig Hinterschweiger jun., Lichtenegg bei Wels, Oberösterreich, entnehme
ich die Gegenüberstellung der Arbeitsweise verschiedener Aufbereitungsmaschinen, wie
Walzwerk, Kollergang und Trommelkoller, bezüglich des Einzugwinkel, wie aus der
nachfolgenden Darstellung (Fig. 4)
ersichtlich.
Fig. 4a
stellt den Querschnitt durch die zwei Walzen eines Walzwerkes dar. Die
Walzenquerschnitte stehen in diesem Falle übereinander, um die hier schwarz
gezeichneten Materialkeile eines Walzwerkes, eines Kollerganges und des
Trommelkollers in eine Senkrechte zu bringen. Die Entfernung vom Berührungspunkt bis
zum Rande der Materialkeile ist in allen drei Fällen die gleiche. Durch die beiden
sich außen berührenden Kreise entsteht ein Winkel, welcher als Einzugswinkel
bezeichnet wird. Je flacher der Einzugswinkel der beiden Mahlbahnen ist, desto
günstiger ist die Wirkung bezüglich Erfassen des Materials und somit auch bei
flachen Einzugswinkeln, da ein Gleiten des Materials möglichst vermieden, ist die
größte Leistung erreichbar. Am ungünstigsten ist der Einzugswinkel beim Walzwerk
(Fig.
4a). Man sieht hier einen breiten Materialkeil, der von den Walzen
schlecht erfaßt werden kann. Fig. 4b zeigt einen
Läufer auf der ebenen Bahn des Mahltellers beim Kollergang. Hier ist der
Einzugswinkel bedeutend günstiger als beim Walzwerk, jedoch ist auch hier ein
steiler Winkel vorhanden. Fig. 4c zeigt den
Querschnitt durch Trommel und Walze des Trommelkollers, bei dem sich der
Einzugswinkel gegenüber dem Walzwerk und dem Kollergang am günstigsten
gestaltet.
(Fortsetzung folgt.)