Titel: | Polytechnische Rundschau. |
Fundstelle: | Band 325, Jahrgang 1910, S. 430 |
Download: | XML |
Polytechnische Rundschau.
Polytechnische Rundschau.
Untersuchung einer 1000pferdigen Dampfturbine der
Sächsischen Maschinenfabrik,
insbesondere über den Einfluß von Bandagen und
Schaufelteilung. Die S M F-Turbine der Sächsischen
Maschinenfabrik vorm. Rich. Hartmann in
Chemnitz ist eine mehrstufige Aktionsturbine in der Bauart ähnlich der Zoelly-Turbine. Die von Prof. Josse untersuchte Maschine besaß zehn Stufen in drei Gruppen geteilt, von
denen die erste zwei, die mittlere drei und die letzte fünf Räder aufwies. Neuere
Ausführungen haben nur zwei Rädergruppen von gleichem Durchmesser aber zunehmender
Beaufschlagung, in der Niederdruckgruppe außerdem noch zunehmende Schaufellänge. Die
Einzelräder haben voll bearbeitete Radscheiben aus Siemens-Martin-Stahl, die auf die für jedes Rad abgesetzte Welle geschoben
sind. Bei den Versuchen wurden zwei Arten der Schaufelung für die Laufräder
untersucht; das eine Mal ohne Begrenzung der Laufradschaufeln durch ein umgelegtes
Band und mit großer Schaufelteilung, das andere Mal mit eingelegter Bandage und
kleiner Teilung. Die Bandage bestand aus Segmenten, die mit zapfenartigen Ansätzen
der Schaufeln autogen verschweißt waren. Zur Sicherung gegen die Wirkung der
Fliehkraft war ein Nickelstahldraht darum gewunden. Die Nachgiebigkeit dieser
Drahtbandage erhöht die Sicherheit der Verbindung; auch bei einer erhöhten
Tourenzahl, bei welcher die Zugspannungen im Draht rechnungsmäßig die
Bruchfestigkeit überschreiten müßten, zerriß der Draht nicht. Die Leitradschaufeln
aus Stahlblech sind in die gußeisernen Zwischenwände, welche die einzelnen
Druckstufen von einander trennen, eingegossen. An der Durchtrittsstelle der Welle
sind Büchsen lose um die Laufradnaben herum eingesetzt, welche zwei benachbarte
Druckräume bilden; sie werden durch den Dampfdruck in achsialer Richtung gegen die
Nabe der Leitradwand gepreßt und so gedichtet, behalten dabei eine kleine
Beweglichkeit für die Formänderung der Welle. Beim Uebergang von der Hoch- zur
Niederdruckgruppe findet sich eine längere Labyrinthdichtung, welche zugleich der
Welle eine Führung beim Durchgang durch die kritische Tourenzahl gibt.
Der Frischdampf tritt aus einem ringförmigen Kanal an der vorderen Stirnwand der
Turbine dem ersten Leitrad zu, durch ein besonderes Ventil kann aus diesem Kanal für
die Ueberlastung Frischdampf auch der dritten Stufe zugeführt werden. Das Gehäuse
ist in einer Horizontalebene in der Turbinenachse geteilt und kann mit seinem oberen
Teil leicht abgehoben werden; außerdem noch in einer Vertikalebene in Höhe der
letzten Hochdruckstufe. Die Füße zur Stützung des Gehäuses sitzen in der Mitte, so
daß sich das Gehäuse selbst nach beiden Seiten frei ausdehnen kann; der Wärmedehnung
ist sorgfältig Rechnung getragen. Die Wellenlager haben Kühlwassermäntel und
Preßölschmierung; ein Kammlager nimmt die axialen Kräfte auf. Am Ende der Welle ist
der Schneckenradtrieb für den Regulator und der Sicherheitsregulator angeordnet. Die
Dichtung der Welle erfolgt bei neueren Ausführungen durch geteilte Kolbenringe, die
mit Schlauchfedern leicht gegen die Welle gepreßt werden. Auch für die Dichtung in
axialer Richtung sind Federn eingebaut. Zur Aushilfe ist noch eine Dichtung mit
Dampf vorgesehen. Durch einen Flügelring am Ende der Dichtung nach außen hin wird
ein Austreten von Dampf vermieden, indem dadurch Luft eingesaugt und mit dem
durchgetretenen Dampf irgend wohin unter Wasser abgeführt wird.
Bei den Versuchen war die Turbine mit einem Drehstromgenerator gekuppelt, dessen
Energie in einem Wasserwiderstand vernichtet wurde. Es wurden bei annähernd gleichen
Dampfverhältnissen die Leistung verändert. Die Verluste des Generators waren
bekannt.
Die Messung von Druck und Temperatur in jeder Rädergruppe ermöglichte die Bestimmung
des Wirkungsgrades in jeder Gruppe. Bei den Versuchen ohne Bandagen und mit großer
Schaufelteilung zeigte die Hochdruckgruppe bei allen Belastungen den schlechtesten
Wirkungsgrad mit etwa 42 v. H. wegen der größeren Dichte des Dampfes und der
geringen Beaufschlagung. Die Mitteldruckgruppe bewegte sich zwischen 56,3 und 60 v.
H. bei der Niederdruckgruppe betrug der Wirkungsgrad bei Vollast 60 v. H., bei ⅔
Last 54 und bei ⅓ 55 v. H., in beiden letzteren Fällen etwas niedriger als bei der
Mitteldruckgruppe. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die Strahlungs- und
Leitungsverluste nicht berücksichtigt sind, die besonders in der Hochdruckgruppe
auftreten; der Wirkungsgrad der Niederdruckgruppe ist aus der tatsächlichen
Leistung, nicht aus den Dampfzuständen bestimmt und erscheint deshalb gegenüber den
beiden anderen Gruppen etwas ungünstig.
Versuche ohne Bandagenmit großer
Schaufelteilung
Versuche mit Bandagenund mit kleiner
Schaufelteilung
Elektrische Leistung
KW
639
439
216,5
699
500,5
176,4
Effektive Leistung der Turbine
PSe
955
675
376,5
1039
766
323
Umdrehungen i. d. Min.
3018
2987
2985
3015
3040
3010
Dampfdruck vor dem 1. Leitrad
kg/qcm abs.
11,34
8,25
5,07
11,61
8,42
4,04
Ueberhitzung vor dem 1. Leitrad
°C
104,6
99,8
112,5
266
255
232
Dampfdruck am Austritt
kg/qcm abs
0,058
0,046
0,037
0,061
0,042
0,028
Temperatur am Austritt
°C
34,7
29,5
25,2
35
29,5
23
Stündlicher Dampfverbrauch für 1 PSe-Stunde
kg
5,25
5,65
6,09
5,23
5,26
5,94
Ausgenutztes Wärmegefälle Wärmeeinheiten/kg
122,3
114,5
108,6
122,6
122,9
111,0
Verfügbares Wärmegefälle „
207
201,5
189,3
201,5
201,5
182,8
Thermischer Wirkungsgrad
v. H.
59,2
57
57
0,609
0,610
0,607
Bei den Versuchen mit Bandagen und mit kleinerer Schaufelteilung erreichte der
Gesamtgütegrad bei Vollbelastung 61 v. H., also 2 v. H. mehr als beim ersten
Versuch, auch bei den geringeren Belastungen war der Gütegrad höher. An der
Verbesserung waren hauptsächlich die Hoch- und Mitteldruckgruppe beteiligt, wo sie
bei Vollast 6 bezw. 10 v. H. betrug, dagegen haben sich die Gütegrade der
Niederdruckgruppe bei allen Belastungen nur wenig durch die Bandagen und die
geringere Schaufelteilung geändert. Es scheint, daß bei den kleineren Schaufelhöhen
der Hoch- und Mitteldruckgruppe die Bandagen viel wirksamer den auftretenden
Störungen begegnen als bei der Niederdruckgruppe. In wie weit die engere
Schaufelteilung an der Verbesserung beteiligt war, konnte nicht festgestellt
werden.
Durch Auslaufversuche wurde die Eigenreibung der Turbine bestimmt und in Rad- und
Lagerreibung getrennt, dadurch daß die Größe der Reibung für einen Druck 0 im
Turbinengehäuse durch Extrapolation bestimmt wurde. Letztere ergab sich zu ungefähr
15 PS bei 3000 Umdrehungen.
OhneBandagen
MitBandagen
Absoluter Druck i. d. Turbine
kg/qcm
0,041
0,392
0,033
0,304
Trägheitsmom. D. Rotier. Teile
kg/qcm
6,9
6,9
7,3
7,3
Verzögerung \frac{d\,n}{d\,t}
sek–2
6,8
23,0
5,35
15,15
Drehmoment d. Reibungskräfte
kg
4,91
16,58
4,09
11,6
Reibungsarbeit bei 3000 Umdreh.
PS
20,6
69,4
17,1
48,5
Darnach wurde auch die Radreibung der Turbine durch die Bandagen verringert.
Auf 300° Dampftemperatur, 13 at Anfangsdruck und 94 v. H. Vakuum umgerechnet ergibt
sich ein Dampfverbrauch von ∾ 5 kg f. d. PSe und
Stunde und 7,2 kg für KW-Stunde bei 800 KW Leistung. (Josse.) [Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure 1910, Heft A und 5.]
M.
Indizieren von Lokomotiven.
Das Indizieren von im Betriebe befindlichen Lokomotiven ist eine sehr schwierige
Aufgabe, weil hier der Indikator und sein Antrieb sehr ungünstig beansprucht wird
und weil die Handhabung der Instrumente auf der in Bewegung befindlichen Lokomotive
gefährlich ist. Es ist darum bis heute noch nicht gelungen, vollkommen einwandsfreie
Diagramme zu erhalten, die als Unterlagen für weitgehende wissenschaftliche
Untersuchungen dienen könnten. Man ist nun bestrebt, den Standort des Untersuchenden
auf den Führerstand der Lokomotive zu verlegen, damit von hier aus ruhig und sicher
der Indikator bedient werden kann.
Die Firma H. Maihak in Hamburg hat dafür besondere
Einrichtungen geschaffen. Der Indikator gewöhnlicher Bauart ist durch Hinzufügung
einer elektromagnetisch betätigten Anrückvorrichtung als Fernschreibindikator
ausgebildet und mit einer Trommel mit ebenfalls elektromagnetisch betätigten
Papiervorschub ausgerüstet. Auch die Indikatorhähne können dabei auf
elektromagnetischem Wege gesteuert werden.
Dieser Indikator ist schon bei verschiedenen Eisenbahnverwaltungen erprobt worden.
[Zeitschr. d. Vereins deutsch. Ing. 1910, S. 523–524.]
W.
Das Metall-Spritzverfahren.
Schoop hat ein neues Verfahren zur Erzeugung von
Metallniederschlägen erfunden, das der Galvanoplastik in gar mancher Hinsicht
überlegen ist.
Geschmolzenes Metall wird von hochgespannten und erhitzten Gasen oder Dämpfen durch
eine geeignete Streudüse ausgetrieben und als feiner Staub gegen den mit Metall zu
überziehenden Gegenstand oder ein die gewünschte Form der Metallwand tragendes
Hilfsmodell geschleudert. Zur Spritzung von Metallen, die leicht oxydieren, eignen
sich besonders gut chemisch reduzierende Gase, wie Wasserstoff, oder auch chemisch
träge Gase, wie Stickstoff. Da Stickstoff bei der fabrikmäßigen Sauerstoffgewinnung
durch fraktionierte Destillation verflüssigter Luft als Nebenprodukt billig zu haben
ist, so wird er künftig für die Metallspritzerei viel benutzt werden. Andernfalls
kann dazu auch überhitzter Wasserdampf dienen.
Das flüssige Metall tritt unter hohem Gasdruck von 20–25 kg/qcm aus der Düse. Der Gasstrahl
zerstäubt es draußen zu ganz feinem Nebel und wirft es mit außergewöhnlich hoher
Geschwindigkeit (bis zu 2,5 km/Sek) auf den zu überziehenden Gegenstand. Die
Nebeltröpfchen schlagen sich infolgedessen als äußerst dünnes und derbes Häutchen nieder und
bilden einen festhaftenden Metallüberzug von hervorragend gleichmäßigem Gefüge und
Aussehen. Die Dicke des Häutchens beträgt 0,02 mm sowie natürlicherweise auch
beliebig mehr, je nach der Spritzdauer, dem Gange des Apparates, dem Durchmesser der
Düse, der Art des Gases, dem Anfangsdruck und der Schmelztemperatur. Die ganz dünnen
Häutchen entstehen im Augenblick; die von beispielsweise 6 mm Dicke in etwa 8–10
Sek.
Die Temperatur dieser Metallnebel ist überraschend niedrig; nur 10°–60°, Es wird
nämlich durch die Expansion des hochgespannten Gases in der Düsenmündung eine ganz
bedeutende Erniedrigung der Anfangstemperatur des Metalls verursacht; sie beträgt
etwa 250° bis 300°. Für das Spritzverfahren ist erforderlich, daß die benutzten
Metalle dünnflüssig sind wie Blei, Zinn, Kupfer und Aluminiumlegierungen; weniger
wichtig ist, ob ihr Schmelzpunkt höher oder niedriger liegt.
Die durch Spritzen erzeugten Niederschläge sind offenbar nicht kristallinischen,
sondern amorphen Gefüges. Als spezifisches Gewicht fand man bei Bleiniederschlägen
9,5 wenn überhitzter Wasserdampf, und 11,0–11,3 wenn Wasserstoffgas benutzt wurde,
bei sonst ganz gleichen Verhältnissen. Darum werden für praktische Zwecke die
günstigsten Bedingungen des Betriebes von Fall zu Fall vorher durch einige Versuche
zu ermitteln sein.
Durch Spritzung können jetzt auch feste Niederschläge aus Aluminium hergestellt
werden, was der Galvanoplastik bisher nicht möglich war. Ein weiterer Vorteil ist
der, daß die Oberflächen der zu überziehenden Gegenstände nicht wie beim
galvanischen Verfahren elektrisch leitend zu sein brauchen, auch können sie, weil
die Metallnebel nicht heiß sind, aus schmelzbaren und entzündbaren Stoffen bestehen.
Also jeglicher Gegenstand läßt sich jetzt ohne weiteres billig mit Metall
überziehen. Darum wird das Anwendungsgebiet des neuen Verfahrens groß und umfassend
sein. Man wird festhaftende Metallüberzüge herstellen
auf Eisen und Stahl als Rostschutz; auf Behältern aus Sandstein, Kesseln aus
Gußeisen und Blech und Aluminium für die chemische Industrie (verbleite Gefäße); auf
Gipsstuck, Hartgummi, Celluloid, Ton, Glas (Parabelspiegel für Teleskope,
unzerbrechliche Flaschen, Verschlüsse und Kapseln auf Flaschen); auf Holz zum Schutz
gegen Witterungseinflüsse (Telegraphen- und Telephon-Stangen,
Fliegmaschinengerüstteile, Schiffs wände); auf Pappe und Papier (zur Erzeugung von
Metallschachteln aus geknifftem und geleimtem Papier); auf Gewebestoffen, um sie
gas- und wasserdicht zu machen (als Ersatz für Gummiballonstoff, Wachsleinwand und
für Wagen- und Zeltdächer). Ferner wird man durch Spritzung widerstandsfähige Metallwände herstellen, Röhren und Hohlkörper ohne
Schweißung, Gußstücke sowie Stereotyp-Platten, Druckklischees und „Galvanos“.
Es ist beispielsweise schon gelungen, von einem und demselben Negativ-Klischee
innerhalb zehn Stunden 300 Positiv-Klischees zu erhalten, die sich von den auf
galvanischem Wege erhaltenen durch nichts anderes unterscheiden als durch die
Herstellungskosten.
Um verrostete oder schmutzige Gegenstände nach diesem Verfahren haltbar mit Metall zu
überziehen, sind sie natürlich vorher mittels Sandstrahlgebläse oder Beize vom Rost
und Glühspan oder Schmutz und Fett zu befreien. Soll der Metallüberzug wie
aufgeschweißt festsitzen, so sind die Gegenstände vorher zu erwärmen.
Bei besonderer Einstellung des Spritzapparates können statt dichter und zäher
Metallschichten auch porige und lockere Schichten erzeugt werden, beispielsweise die
Bleischichten für Elektrizitätsakkumulatoren.
Das Metall-Spritzverfahren ist auch im Deutschen Reiche patentmäßig
geschützt.
Erich Schneckenberg.
Zur Frage der Entstehung von Anfressungen an
Kesselblechen.
Die Reaktionen, welche die Anfressungen der Kesselbleche veranlassen, können, wie es
scheint, sehr verschiedener Art sein, sicher ist es, daß es der Sauerstoff der Luft
ist, der in das Wasser gelangt, bezw. in den Kessel und die Schäden anrichtet. Es
ist eine bekannte Erscheinung, daß die Speisewasserleitung oft, besonders wenn mit
heißem Wasser gespeist wird, mit der Zeit vollständig zerfressen wird. Ferner hat
die Praxis gezeigt, daß Humusstoffe enthaltende Moorwässer die Anfressung des Eisens
befördern und daß ferner sehr oft unter dem Kesselschlamm die Bleche angegriffen
werden. Es scheint, daß Humussubstanzen, ähnlich wie Autoxydatore die
Sauerstoffübertragung begünstigen. Chlornatrium wird in wässeriger Lösung in
Gegenwart von Terpentin beim Durchblasen von Luft oxydiert, besonders in saurer
Lösung und man kann die Entstehung von Chlorwasserstoff durch die Jodreaktion
nachweisen. Endlich aber kann ein Mangangehalt des Kesselschlammes an den
Korrosionen Schuld sein.
Die Verfasser haben Untersuchungen angestellt, um festzustellen, ob das Mangan
tatsächlich die Entstehung von Oxydationsprodukten des Chlorwasserstoffes und damit
die Korrosionen verursache, und ein unzweideutiges positives Resultat erhalten. Da
im Kesselschlamm stets Kalk vorhanden ist, so wurden die Versuche an einem Gemenge
von Chlornatrium, Oxyden des Mangans und Kalkhydrat bezw. Kalkkarbonat oder
Bikarbonat in wässeriger Suspension oder Lösung ausgeführt, zumal die gegenseitige
Einwirkung dieser drei chemischen Stoffe eine sehr bekannte Reaktion vorstellt, auf
welcher die Darstellung von Chlor nach dem mit der Regenerierung der Ablaugen
verbundenen Weldonprozeß beruht. Der Unterschied von dem im Kessel sich abspielenden
Vorgang würde darin bestehen, daß im Kessel anstatt des Kalkhydrates Kalkkarbonat
vorhanden ist und der Prozeß anstatt in saurer Lösung in bikarbonatalkalischer vor
sich geht. Die Versuche waren darauf gerichtet, festzustellen, ob unter den im
Kessel vorhandenen Bedingungen die Mangansalze einwirken.
Versuch I. Mangansuperoxyd wurde mit Wasser, Chlornatrium und Kalkwasser zusammen in
einen Glaskolben getan und beim gleichzeitigen Erwärmen Kohlensäure und Sauerstoff
durchgeleitet. Bei mäßigem Erwärmen gab das mit Schwefelsäure angesäuerte Filtrat
eine schwache, aber deutliche Reaktion mit Jodkali und Schwefelkohlenstoff. Bei
höherer Temperatur wird die Reaktion schwächer und verschwindet schließlich.
Versuch II. Ein eisernes Gefäß wurde mit Mangansuperoxyd, Chlornatrium, Kalkwasser
und Wasser beschickt und in einen Autoklaven gestellt und letzterer mit Kohlensäure
angefüllt, verschlossen und sechs Stunden bei 10 at Ueberdruck erhitzt. Es ergab
sich dabei keine Reaktion des Filtrats, das Eisen war jedoch stark angegriffen.
Versuch III. Ebenso wie Versuch II nur in einer Platinschale mit einer anderen
Platinschale überdeckt. Starke Jodreaktion.
Versuch IV. Wie oben ohne Kohlensäure, also in hydratischer Lösung. Gleichfalls
starke Reaktion.
Versuch V. Ohne Kohlensäure, aber in Gegenwart von Humussäure. Sehr starke
Reaktion.
Versuch VI. Geglühter Kesselschlamm, der 0,1 v. H. Mangan enthielt, ebenso wie oben
im Autoklaven ohne Kohlensäure behandelt, deutliche Reaktion.
Versuch VII. Ungeglühter, auch Humus enthaltender Kesselschlamm, wie oben, der
Schlamm war auch ölig. Sehr starke Reaktion.
Durch diese Versuche scheint es wohl bewiesen zu sein, daß besonders die unter dem
Schlamm auftretenden Korrosionen ihre Entstehung dem Mangangehalt des letzteren
verdanken, zumal die Resultate die gleichen waren, wenn man anstatt des Braunsteins
den Niederschlag nahm, den man durch Füllen von Mangansalzen mit Kalk und
Durchblasen von Luft erhielt und der wohl aus Kalziummanganit bestand. Genau so wird
wohl der oxydierende Manganschlamm im Kessel entstehen, wobei der Oelgehalt seine
Oxydationsfähigkeit nicht beeinflußt.
Um die Abstände der Neutralpunkte von Methylorange und Phenolphtoleinsiehe Ztsch. f. angew. Chemie 1909,
969. zu studieren, wurde aus dem Wasser eine organische Substanz von
Säurecharakter durch Ausäthern einer angesäuerten Salzlösung dieser Säure isoliert,
die augenscheinlich zu den Humussäuren zu rechnen war.
Es zeigt sich, daß diese Substanz schon allein die Fähigkeit hatte Chlornatrium bezw.
Jodkalium zu zerlegen. Es muß mithin diese Substanz die Wirkung des Mangans
willkommen unterstützen. Wie bereits erwähnt, macht es den Eindruck, daß man einen
Autokatalysator vor sich hat. (Engler & Weissberg, Studien über Autoxydation.) Dieser Umstand
kommt natürlich dem Mangan erst recht gelegen.
Da sowohl diese Humussubstanz als auch deren Salze meist in Wasser löslich sind,
scheint die Situation so zu liegen, daß die Korrosionen
in den oberen Teilen der Kessel oder in den Oberkesseln, z.B. an der Wasserlinie, in
erster Reihe der autoxydierenden katalytischen Wirkung von humusartigen Stoffen zu
verdanken sind, während das Mangan die korrosiven Eigenschaften des Kesselschlammes
verursacht, indem es ihm den Charakter des Weldonschlammes verleiht. (Blacker und Jacoby.) [Rigasche Industrie-Ztg.]
Aph.