Titel: | Polytechnische Rundschau. |
Fundstelle: | Band 325, Jahrgang 1910, S. 462 |
Download: | XML |
Polytechnische Rundschau.
Polytechnische Rundschau.
Eisenbetonbrücken der Vandalia-Eisenbahn in
Nord-Amerika.
Für die Kunstbauten der Vandalia-Eisenbahn ist Eisenbeton in ausgedehntem Maße in
Anwendung gekommen. Die Eagle Creck-Bogenbrücke überspannt in drei je 15,2 m weiten
Oeffnungen einen Wasserlauf, der in trokkenen Zeiten wenig Wasser führt, während bei
Hochwasser das Wasser bis zur Kämpferhöhe steigt. Die 14,1 m breiten Bogen haben
eine Pfeilhöhe von 2,74 m und sind im Scheitel rd. 1,2 m, am Kämpfer 2,1 m stark,
Die beiden Mittelpfeiler sind in Kämpferhöhe 1,8 m stark, über dem 6,1 m tiefer
liegenden Fundament rd. 3,75 m. Das 2,15 m hohe und 6,7 m breite Fundament überträgt
die Belastung auf den festen Felsen. Die Endwiderlager sind auf der Gewölbeseite
senkrecht, auf der Hinterseite schräg ausgeführt und verbreitern sich von der
Kämpferstärke an allmählich auf 9,2 m Fundamentbreite. Die Eiseneinlagen bestehen in
den Bögen aus zwei längs den Laibungen laufenden Rundeisengeflechten aus Längseisen
und Verteilungsstäben von 23 mm bezw. 20 mm ⌀ in 50 bezw. 62 cm Abstand, die in den
Pfeiler – bezw. Widerlagerbeton hineingreifen. Die Pfeiler haben eine doppelte, die
Widerlager auf der Gewölbeseite eine einfache Bewehrung aus senkrechten und
wagerechten Rundeisen von 16 mm ⌀ erhalten. Der Rücken der Bögen ist mit
Asphaltfilzplatten abgedeckt. Die 60 cm breiten Stirnwände und die schrägen Flügel
sind gleichfalls in Eisenbeton ausgeführt. Die Schienenoberkante liegt rd. 95 cm
über dem Gewölberücken. Die Bögen sind für eine Zugbelastung von 8000 kg/m und eine
Einzellast von 27000 kg an ungünstigster Stelle berechnet. Hierbei ist für die
gleichmäßige Belastung eine Lastbreite von einem Gleis und der 1½fachen
Ueberschüttungshöhe, für die Einzellast eine solche von drei Gleisbreiten, den
Zwischenräumen und der 1½fachen Ueberschüttungshöhe angenommen. Die Betonmischungen
sind für den Bogen und die Stirnmauern 1 : 2 : 5, sonst 1 : 3 : 6. Für die
Eiseneinlagen wurde in sämtlichen hier beschriebenen Bauten das geriffelte
Johnsoneisen mit einer Bruchfestigkeit von 4000–4800 kg/qcm verwendet.
Die Unterführung der Jndianopolis-Kohlenbahn besteht aus einer schiefen die Achse der
Vandalia-Bahn unter einem Winkel von 54° schneidenden Bogenbrücke mit nur einem
halbkreisförmigen Gewölbe von 4,9 m Achtem Durchmesser. Die Scheitelstärke ist 46
cm, die Kämpferstärke 1,52 m. Das Widerlager verbreitert sich auf 6,7 m Höhe von
1,52 m im Kämpfer auf 2,74 m in Fundamentoberkante. Das 61 cm hohe Fundament ist
4,10 m breit. Die Eiseneinlagen des Bogens sind zwei Eisengeflechte längs der
Laibungen von 23 bezw. 20 cm ⌀ in rd. 25 cm Abstand für die Längs- und Querstäbe.
Die Stirnwand ist in Eisenbeton, die schrägen Flügel sind in Beton ausgeführt. Die
Betonmischung ist 1 : 2 : 5. Die Schienenoberkante liegt 4 m über dem Kämpfer. Die
Nutzlasten sind dieselben, wie oben angegeben ist.
Ein ähnliches Bauwerk ist eine Wegeunterführung westlich von Seelyville von 6,7 m
Lichtweite und 1,82 m Pfeilhöhe, 46 cm Scheitelstärke, 1,67 m Kämpferstärke, 2,74 m
Widerlagerhöhe, 2,9 m untere Widerlagerbreite und 4 m Fundamentbreite. Die
Eiseneinlagen bestehen aus zwei Rundeisennetzen von 20 und 13 mm ⌀ in 25 cm Abstand
parallel und senkrecht zu den Laibungen. Die Betonmischung ist 1 : 2 : 5. Oestlich
von Seelyville ist eine wagerecht abgedeckte Wegeunterführung mit einem
Mittelpfeiler ausgeführt. Die beiden Oeffnungen sind 6,1 m weit und 3,7 m hoch. Die
1 m hohe Deckenplatte ist als Balken auf drei Stützen konstruiert. Die untere
Eiseneinlage im Feld besteht aus 32 mm starken Rundeisen in 95 mm Abstand. Ueber dem
Mittelpfeiler liegen an der Oberseite 25 mm starke und 4,25 m lange Rundeisen in 30
cm Abstand. Ein Teil der unteren Eiseneinlagen ist an den Auflagern schräg in die
Höhe gebogen. Die 76 cm starke Mittelwand ist durch senkrechte, 38 mm starke
Rundeisen in 30 cm Abstand parallel zu den Außenflächen bewehrt. Die 69 cm starken
Außenwände haben an der Innenseite dieselbe Bewehrung zur Aufnahme der Zugspannungen
aus dem Erddruck erhalten, da sie gegen den Erddruck als senkrechte Träger wirken,
die oben gegen die Deckenplatte, unten gegen die Auflagerplatte abgestützt sind. Die
unter die drei tragenden Wände weglaufende 1 m starke Fundamentplatte wird von unten
durch die nach oben gerichteten Bodenpressungen auf Biegung beansprucht und ist
daher als Balken auf drei Stützen umgekehrt wie die Deckenplatte bewehrt. Die Ecken
zwischen den Wänden und den wagerechten Decken und Fundamentplatten sind
abgeschrägt. Die Eiseneinlagen der Platten und Wände sind genügend weit in den Beton
der Wände und Platten verlängert, so daß ein biegungsfester, in sich geschlossener
Kastenquerschnitt mit einer Mittelwand entsteht, der die starke Belastung, des über
der Deckenoberkante noch 9,2 m hohen Eisenbahndammes und den entsprechend großen
seitlichen Erddruck aufnehmen kann.
Oestlich von Seelyville liegt noch eine die vier Gleise der Vandalia-Bahn
überschreitende Wegeüberführung, die als Träger auf vier Stützen mit zwei je 5,25 m
weiten äußeren Feldern und einem 9,1 m weiten Mittelfeld konstruiert ist. Das mit
der Bahnachse einen Winkel von 77° bildende schiefe Bauwerk hat zwischen den
Geländern eine
Lichtweite von 4,9 m. Die Geländer werden durch die tragenden 1,82 m hohen und 60 cm
breiten Eisenbetonbalken gebildet, die teils zur Herabminderung der
Betondruckspannungen, teils wegen des Spannungswechsels über und zwischen den
Stützen oben und unten durch 22 mm starke Rundeisen bewehrt sind. In den
Außenfeldern liegen unten drei Stück, in dem Mittelfeld unten neun Stück, über den
Stützen oben vier Stück. Außerdem sind noch dünnere, senkrechte Bügel und über die
ganze Höhe verteilte wagerechte Verteilungsstäbe vorhanden. Die beiden parallel
laufenden Hauptträger sind unten durch eine 25 cm starke Deckenplatte verbunden, die
eine kreuzweise Bewehrung von 19 und 13 mm starken Rundeisen in 15 cm Abstand
erhalten hat. Diese Deckenplatte trägt die 25 cm hohe Beschotterung.
Die 7,25 m hohen Pfeiler sind oben 46 cm, unten 76 cm breit. Das Fundament ist 1,82 m
breit und 61 cm hoch.
Die beiden Außenpfeiler, die zugleich als Abschlußwand gegen die Erde des
Einschnittes dienen, sind gegen die biegende Wirkung des Erddruckes durch senkrechte
und wagerechte Eisenstäbe von 13 mm ⌀ bewehrt. An diese Außenwände schließen sich
die 46 cm starken Parallelflügelwände an, die gegen den Erddruck bewehrt und durch
zwei Querwände verbunden sind. Die Brückenträger sind von dem massiven Geländer
dieser Flügelmauern durch Temperaturfugen getrennt. (Matthews.) [Engineering 1910, I. S. 39.]
Dr.-Ing. Weiske.
Eine neue Entlastung vom Achsialschub bei
Hochdruck-Zentrifugalpumpen.
Bekanntlich tritt bei den einzeln unmittelbar hintereinander geschalteten
Schaufelrädern der mehrstufigen Hochdruck-Zentrifugalpumpen ein achsialer Schub in
der Richtung nach dem Saugstutzen zu auf. Im Interesse der Betriebssicherheit suchte
man diesen achsialen Schub durch Anordnung von Entlastungskolben,
Entlastungsscheiben, mittels Durchbohrung der Nabe und durch andere Vorrichtungen
unschädlich zu machen. Als zuverlässigste Entlastungsart hat sich die Entlastung
jedes einzelnen Schaufelrades für sich erwiesen. Beim „Patent Lehmann“ werden die zwischen den jedes einzelne
Rad gegen das Gehäuse abdichtenden Dichtungsringen befindlichen Räume zwecks
Herbeiführung gleicher Druckverhältnisse miteinander verbunden, und zwar unabhängig
vom Rotationssystem der Pumpe. Das aus dem Laufrade aus und in das Leitrad
eintretende Wasser wird durch ein mit Ueberströmkanälen versehenes Zwischenstück dem
nächsten Rade zugeführt. Der zwischen den die Ueberströmkanäle trennenden Rippen
befindliche Raum ist einmal mit dem Entlastungsraume hinter dem Rade und einmal
durch das Leitrad hindurch mit dem Ueberströmkanal der vorgehenden Stufe verbunden.
Infolge der in diesem Ueberströmkanal herrschenden gleichen Druckverhältnisse, wie
vor dem Radeintritt der zu entlastenden Stufe, kann ein achsialer Schub nicht
auftreten. Einige hundert, von der Brünn-Königsfelder-Maschinenfabrik in Simmering nach dem „Patent Lehmann“ ausgeführte Zentrifugalpumpen haben
bisher keinen durch den achsialen Schub hervorgerufenen Anstand zu verzeichnen
gehabt. Unter anderem wurden zwei sechsstufige Hochdruckpumpen für eine Leistung von
2500–3000 Min./l
auf 350 m Förderhöhe bei 1480 Umdreh. i. d. Min. für die Wasserhaltung des
Schrollschachtes der Donau-Dampfschiffahrt-Gesellschaft
in Fünfkirchen (Ungarn) geliefert. Das Gehäuse war nach Anzahl der Schaufelräder
radial unterteilt. Die Wellen hatten Bronzebüchsen als Schutz gegen das stark
schwefelsäurehaltige Grubenwasser erhalten. (O.
Wechsberg.) [Oesterreichische Zeitschrift für Berg- und Hüttenwesen 1910,
S. 101.]
J.
Motorlastwagen in der Montanindustrie.
Die Aussicht, mittels Motorwagen die Kosten des Schwertransportes von den Werken nach
den Verladestellen erheblich verringern zu können, hat die Veranlassung gegeben, daß
seit mehreren Jahren auch einige Bergwerke mit der Einstellung von Motorlastwagen
begonnen haben. Von den etwa 4000 gegenwärtig in Deutschland im Dienste des Güter-
und Materialientransportes für Handel und Industrie stehenden Motorwagen entfällt
ein nicht unbeträchtlicher Prozentsatz auch auf die Bergwerksgewerbe. Die in einem
Zuschuß von 4000 Mark bei der Anschaffung und in einem jährlichen Kostenbeitrag von
1000 M für den Wagen seitens der Heeresverwaltung bestehende staatliche Subvention
wird für zehn auf verschiedene Kohlen- und Erzbergwerke verteilte Wagen gezahlt.
Nach den wirklichen Ergebnissen der Praxis stellen sich die jährlichen
Betriebskosten für einen vierzylindrigen Wagen von 100 Ztr. Tragkraft und etwa 16000
M Anschaffungspreis auf rd. 12000 M (gleich 75 v. H. der Anschaffungskosten). Der
Benzinverbrauch beträgt hierbei 2500 M bei Annahme von 270 Betriebstagen à 80 km
Fahrt, die Bereifungskosten 3000 M, die Abschreibungen (15 v. HO 2400 M und der
Führerlohn 1500 M. Entsprechend der Leistung des Wagens von 400 tkm f. d. Tag
betragen die Kosten für 1 tkm rd. 11 Pfg., unter Berücksichtigung der leeren
Rückfahrt rd. 22 Pfg. Demgegenüber kostet beim Pferdebetrieb 1 tkm bei gleichem
Umfange und Charakter des Betriebes erfahrungsgemäß 30–38 Pfg. Der
Motorlastwagenbetrieb eignet sich für den Materialientransport der Bergwerke aber
nur dann, wenn die hohe Leistungsfähigkeit des Motorwagens auf die Dauer voll
ausgenutzt werden kann und gute, feste Fahrwege vorhanden sind. (Th. Wolff.) [Kali 1910, Heft 6, S. 122.]
J.
Das Sport-Luftschiff „Parseval V“.
Das von der Motorluftschiff Studiengesellschaft m
Berlin-Reinickendorf konstruierte, den kleinsten Typ darstellende Luftschiff „P
V“ ist in erster Linie für Privatleute und Vereine bestimmt. Die
Probefahrten haben ergeben, daß das bei einem größten ⌀ von 7,7 m rund 39 m lange
und 1200 cbm verdrängende Schiff drei Personen nebst der genügend großen Menge
Ballast mit einer Geschwindigkeit von nicht unter 9 m/sek. während 6–7 Stunden zu tragen
imstande ist. Der die Hülle bildende Ballonstoff hat eine Festigkeit von nicht unter
1100 kg auf 1 m Breite bei einem Gewicht von 320 g/qm. Im Gegensatz zu den übrigen Parseval-Luftschiffen erfolgt die Höhensteuerung nicht
durch zwei Ballonets, sondern durch ein am Kopf angebrachtes, durch Seilzug und
Handrad von der Gondel aus zu betätigendes Horizontalsteuer. Die pralle Form des
Ballons wird durch ein in der Mitte liegendes Ballonet gewahrt, das durch einen
Zentrifugalventilator bis zu einem Ueberdruck von 15 mm Wassersäule mit Luft
aufgeblasen wird. In dem die Verbindungsleitung zwischen Ballonet und Ventilator
bildenden Luftschlauch ist ein sich bei 15 mm Druck selbsttätig öffnendes
Sicherheitsventil eingebaut. An der Backbordseite ist eine Reißbahn, am hinteren
Ballonende sind die Stabilisierungsflächen und das Seitensteuer vorhanden. Die aus
autogen geschweißten Stahlrohrrahmen bestehenden, mit leichtem Ballonstoff
bespannten Stabilisierungsflächen sind beiderseits mit während der Fahrt die Luft in
das Innere der Bespannung hineinpressenden Windfängern versehen. Die aus
Stahlrohren zusammengesetzte Gondel ist als Fachwerkträger mit Druckstäben und
Zugschrägen ausgebildet. Sie bietet für vier Personen Platz bei einer Länge von 4,5
m, einer Breite von 0,75 m und einer Rahmenhöhe von 1 m. Im Vorderteil hat der
Führer seinen Platz, am hinteren Ende sind alle maschinellen Einrichtungen
angeordnet. Der mit einem Mercedes-Kolbenschiebervergaser ausgestattete 25pferdige Daimler-Motor mit vier Zylindern und etwa 1200 Uml./min.
verbraucht bei voller Leistung rd. 270 g Benzin für 1 PS/Std. Die Zündung besorgt
ein Hochspannungs-Magnetapparat. Das Schwungrad ist als Kühlerventilator und
zugleich als Seilscheibe zum Antrieb des Ballonetventilators ausgebildet. Hinter dem
Motor befindet sich der Kühler. Die dreiflügelige, auf einem Bock über dem Motor
gelagerte Schraube von 3 m ⌀ wird durch eine Rollenkette mit einer Uebersetzung von
rd. 4 : 1 angetrieben. Während bei den Schiffen P I, P II und P III die
Schraubenflügel vollkommen unstarr sind und bei Ruhe schlaff herunterhängen, sind
sie bei P V halbstarr. Die Aufhängung der Gondel ist mittels den, sie parallel zur
Längsachse des Ballons haltenden, senkrecht nach oben führenden Parallelogrammseilen
erfolgt. Ferner läuft sie mittels zweier Rollen auf den schräg nach dem Vorder-
bezw. Hinterteil des Ballons gehenden Gleittrossen, wodurch ein Aufbäumen des
Ballons beim Anfahren vermieden wird. (Alb. Simon.)
[Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure 1910, Nr. 12, S. 472.]
J.
Neuere Bauarten von amerikanischen Klappenwehren.
Textabbildung Bd. 325, S. 463
Fig. 1.
Die umfangreichen Regulierungsarbeiten, welche die Regierung der Vereinigten Staaten
von Amerika seit einer Reihe von Jahren ausführen läßt, um die Verhältnisse der
Schiffahrt auf den großen Strömen zu verbessern, haben es mit sich gebracht, daß
auch der Verbesserung der Wehrkonstruktionen dort große Aufmerksamkeit zugewandt
wird. Zur Verwendung gelangen wegen der außerordentlichen Schwankungen ausgesetzten
Wasserstandsverhältnisse, die überall in den Vereinigten Staaten herrschen, fast
durchweg bewegliche Wehre, und zwar von einer Bauart, die schon 1820 von Josiah White erfunden worden ist, die aber nichts
destoweniger auf dem europäischen Festlande mit einer einzigen Ausnahme bisher nicht
ausgeführt worden ist. Das Wehr, welches die Bezeichnung „bear-trap“
(Bärenfalle) führt, kennzeichnet sich als ein Klappenwehr mit der besonderen
Eigenschaft, daß es durch den Wasserdruck selbst in der Hauptsache aufgestellt
oder niedergelegt werden kann. Die wachsenden Ansprüche, die an diese Wehre in bezug
auf Stauhöhe und Lichtweite gestellt werden, haben naturgemäß in neuerer Zeit dazu
geführt, daß statt des Holzes für ihren Bau fast ausschließlich Eisen verwendet
wird.
Ein solches Wehr ist in Fig. 1 dargestellt. Dieses
ist im Jahre 1907 in der Staustufe Nr. 5 des Ohioflusses bei dem Orte Freedom
aufgestellt worden und ist dazu bestimmt, zwei gleich große, durch massige Pfeiler
begrenzte Oeffnungen von je 28 m lichter Breite abzuschließen und zu ermöglichen,
bei den durch plötzliche Niederschläge verursachten häufigen Wasserstandsänderungen
die Höhe des Wasserspiegels zu regeln, soweit dies ohne vollständiges Niederlegen
des ganzen Wehres bewirkt werden kann. Von den beiden Klappen, welche auf der
Betongrundschwelle des Wehres drehbar gelagert sind, ist die Unterwasser- oder
Stützklappe als ein zwischen Längsrahmen und Querträgern fast durchweg mit
Buckelblechen abgeschlossener wasserdichter und mit Luft gefüllter Hohlkörper
ausgebildet, der ganz aus Flußeisen konstruiert ist, während die Oberwasser- oder
Stauklappe aus flußeisernen Bahnen zusammengesetzt ist, welche eine in einzelne
Felder eingeteilte Holzfüllung umschließen. Die Oberkante der Stützklappe ist auf
der Unterseite der Stauklappe mit Rollen geführt. Der hierdurch gebildete Innenraum
des Wehres steht in der Betriebsstellung des Wehres mit dem Oberwasser in
Verbindung, während er, wenn das Wehr niedergelegt werden soll, an das Unterwasser
angeschlossen ist. Die Bedienung des Wehres beschränkt sich somit lediglich auf das
Umsteuern der Schieber, welche in die verschiedenen Umleitkanäle eingebaut sind. Das
vorliegende Wehr hat 4,13 m Kronenhöhe über dem Unterwasser. Eine besonders große
Ausführung eines solchen Klappenwehres befindet sich bei Lockport im
Chicago-Entwässerungskanal; diese hat 5 m Stauhöhe bei 48,75 m Weite der Oeffnung
und ist mit einem Gegengewicht zum Ausgleich der Klappen sowie mit einer
Druckwasser-Stellvorrichtung versehen, mit deren Hilfe man die Wehrkrone in der Höhe
genau einstellen kann. (Hilgard.) [Schweiz. Bauzeitung
1910, S. 172–175.]
H.
Vorlage für das Walchensee-Kraftwerk und den elektrischen
Betrieb der Bahn München-Partenkirchen.s. D.
p. J. 1910, B. 325, S. 111.
Dem bayerischen Landtag ist jetzt die mit Spannung erwartete Vorlage über die größte
Wasserkraftanlage Deutschlands und über das bedeutendste wirtschaftliche Unternehmen zugegangen, mit
dem bayerische Abgeordnete sich in neuerer Zeit zu beschäftigen hatten. Es handelt
sich um einen Kapitalbedarf von 31720000 M, von denen aber nur 6 Millionen für die
zweijährige nächste Finanzperiode in Betracht kommen. Vorgesehen ist für das
eigentliche Walchensee-Kraftwerk ein Aufwand von 17500000 M, während die
Elektrisierung der Eisenbahnstrecke München-Partenkirchen sowie einiger Nebenlinien
9720000 M und das Fernleitungsnetz, das die überflüssige Kraft den Städten, der
Industrie und der Landwirtschaft dienstbar machen soll, 4500000 M kosten wird.
Entsprechend den Vorschlägen des aus einheimischen und fremden Autoritäten
zusammengesetzten Sachverständigenausschusses will man die durch das
Walchensee-Unternehmen zu erschließenden Kräfte stufenweise ausbauen, zunächst
sollen nur die schon jetzt dem Walchensee zuströmenden Wassermengen ausgenutzt,
später aber durch eine Stollenzuleitung aus der Isar und dem Rißbach ergänzt werden.
Ehe man zur Heranziehung der Isar übergeht, würden aus dem Walchensee allein 24000
PS gewonnen werden, von denen man 4500 zur Elektrisierung der erwähnten Bahnen
und weitere 3000 für den elektrischen Betrieb der Bahnstrecken von München nach Tölz
und Schliersee benötigt. Nicht weniger als 16500 PS können somit der städtischen
Beleuchtung, dem Handwerk und der Landwirtschaft zugeführt werden. Es ist das, wie
die Zeitung d. Vereins deutsch. Eisenbahnverwaltungen dazu bemerkt, um so eher
möglich, als der Walchensee im Gegensatz zu Wasserkraftanlagen in flacheren Gegenden
ein Aufstauen des nicht benötigten Wassers ermöglicht und somit eine stark
wechselnde Inanspruchnahme erleichtert. Aeußerst vorsichtig wird in der Vorlage die
noch nicht genügend geklärte Rentabilitätsfrage behandelt. Den hinsichtlich einer
Verunstaltung des Landschaftsbildes geäußerten Bedenken sucht man durch die
Versicherung zu begegnen, daß der Wasserspiegel des Walchensees in der Regel nicht
um mehr als 2,80 m gesenkt werden soll. Die Isar würde, auch wenn ihr auf der
zweiten Ausbaustufe 12,3 cbm i. d. Sek. entnommen werden, doch immer noch zur
Flößerei benutzbar sein. Für diese zweite Stufe rechnet man mit einer Erhöhung der
Kraftleistung auf 32000 PS.
G.