Titel: | Einheitliche Nietstärken und Nietbezeichnung für den deutschen Brücken- und Eisenhochbau. |
Autor: | Seydel |
Fundstelle: | Band 325, Jahrgang 1910, S. 488 |
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Einheitliche Nietstärken und Nietbezeichnung für
den deutschen Brücken- und Eisenhochbau.
Einheitliche Nietstärken und Nietbezeichnung für den deutschen
Brücken- und Eisenhochbau.
Zu den Aufgaben, die sich der Verein deutscher Brücken-
und Eisenbaufabriken gestellt hat, um den Eisenbau in technischer wie auch
wirtschaftlicher Beziehung zu fördern, zählt auch das Bestreben, die Zahl der
gebräuchlichen Nietsorten zu vermindern und für gleiche Sorten einheitliche
Bezeichnungen einzuführen.
Der bisherige Gebrauch, die Nietdicken von Millimeter zu Millimeter oder sogar noch
feiner abzustufen, brachte Schwierigkeiten für den Nietenbezug mit sich; es mußten
unverhältnismäßig große Nietlager gehalten werden und auch der Werkzeugaufwand in
den Konstruktionswerkstätten und auf den Baustellen war groß und kostspielig. Um
diesen Mißständen zu begegnen, hat sich die überwiegende Zahl der Mitglieder des
Vereins deutscher Brücken- und Eisenbaufabriken dahin
geeinigt, in Zukunft in der Regel nur Niete von 12, 16, 20, 23 und 26 mm ⌀ zu
verwenden.
Diese Maße geben den Durchmesser der zum Einziehen der Niete fertigen Löcher an. Für
die Wahl dieser Stärken war in erster Linie der Umstand maßgebend, daß laut
Antworten einer bei den einzelnen Werken gehaltenen Umfrage diese Abmessungen fast
durchweg im Gebrauch waren, so daß also die gebräuchlichen Werkzeuge weiter
verwendet werden konnten. Als Basis für Kraftniete wurde der bisher gebräuchlichste
Nietdurchmesser von 20 mm angenommen. Als größter Nietdurchmesser galt allgemein der
von 26 mm, weshalb diese Stärke auch als obere Grenze weiter beibehalten werden
soll. Um zwischen 20 und 26 mm eine Zwischenstufe zu erhalten, wurde das 23 mm dicke
Niet gewählt. Selbstverständlich soll mit dem 26 er Niet die oberste Grenze der
Nietdicken nicht erreicht sein, für besonders große Eisenstärken werden Niete
von 28 mm und 30 mm Dicke nicht zu entbehren sein, es sind das jedoch Ausnahmen.
Ausnahmen von der aufgestellten Regel werden in besonderen Fällen, bei
Verstärkungsarbeiten und dergleichen, auch für die kleineren Nietdurchmesser
unvermeidlich bleiben. Die aufgestellten Normalien dürften aber für alle
Neukonstruktionen ohne Einschränkung anwendbar sein. Unter 20 mm ⌀ waren bisher das
12 und 16 mm starke Niet am meisten gebräuchlich und es wurde vom Verein die
Beibehaltung dieser Stärken beschlossen.
Textabbildung Bd. 325, S. 487
Fig. 1.
Für die Unterscheidung der Niete in den Zeichnungen wurden die aus Fig. 1 ersichtlichen Zeichen gewählt.
Maßgebend für Richtung der Erkennungsstriche ist stets die Stabachse. Ausgearbeitet
wurden diese Bestimmungen von einem durch den genannten Verein aufgestellten
Ausschuß, der aus den Herren Direktor Böllinger der
Brückenbauanstalt Gustavsburg, Direktor Nebel der Union Essen und
Oberingenieur Rademacher der Gesellschaft Harkort, Duisburg a. Rhein, bestand.
Es war sehr erfreulich, feststellen zu können, daß auf die Eingabe des Vereins, dem
fast alle deutschen Brücken- und Eisenbaufabriken, vor allem aber die führenden, als Mitglieder
angehören, die meisten Behörden der gerechtfertigten Bitte um Vereinfachung der
Nietnormalien gerne entsprochen haben.
Ohne jedwede Einschränkung wurden die Vorschläge des Vereins von folgenden Behörden
angenommen:
1. Ministerium der öffentlichen Arbeiten in Berlin,
2. Reichs-Marine-Amt, soweit die Lieferung von Brücken- und
Eisenhochbaukonstruktionen in Frage kommen,
3. Großherzogliche Generaldirektion der Mecklenburgischen
Friedrich-Franz-Eisenbahn in Schwerin,
4. Großherzogliche Eisenbahndirektion in Oldenburg,
5. die Baudeputation der freien und Hansastadt Hamburg,
6. desgl. Bremen und
7. desgl. Lübeck.
Versuchsweise wurden die Vorschläge bei der Königlichen Generaldirektion der
württembergischen Staatsbahnen Stuttgart und der Großherzoglichen Generaldirektion
der Badischen Staatseisenbahnen angenommen; die Annahme der Vorschläge haben sich
noch vorbehalten:
das Baukonstruktionsamt der königlich bayrischen Staatseisenbahnen
und die
Königliche Generaldirektion der sächsischen Staatseisenbahnen.
Nach der Statistik des vorgenannten Vereins entfällt von der gesamten
Jahresproduktion an Eisenbauten etwa die Hälfte auf Lieferungen an Behörden. Da von
den Behörden der preußische Staat die umfangreichsten Aufträge vergibt, so werden in
Zukunft bei dem weitaus größten Teil der Eisenbauwerke die neuen Nietnormalien zur
Verwendung gelangen.
Seydel.