Titel: | Neuerungen im Telegraphen- und Fernsprechwesen. |
Autor: | Otto Arendt |
Fundstelle: | Band 325, Jahrgang 1910, S. 490 |
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Neuerungen im Telegraphen- und
Fernsprechwesen.
Von Otto Arendt, Kaiserl.
Telegrapheningenieur.
(Schluß von S. 478 d. Bd.)
Neuerungen im Telegraphen- und Fernsprechwesen.
Textabbildung Bd. 325, S. 490
Fig. 43.
Für den Nachtbetrieb sind die Leitungen des Haupttelegraphenamts in Berlin in einer
besonderen Abteilung des Amtes zentralisiert. Ausgenommen hiervon sind die
Leitungen, welche auch während der Nacht so stark belastet sind, daß sie dauernd mit
einem Apparat verbunden bleiben müssen. Das Schema der Schaltung für
Ruhestromleitungen enthält Fig. 43. Die zu
zentralisierenden Leitungen sind über einen Gruppenumschalter G1 (wie die
Ferndruckerleitungen nach Fig. 33 auf S. 445 d. Bd.)
geführt, welcher gestattet, sie entweder auf die Apparate für den Tagesbetrieb,
auf eine Vorrichtung zur selbsttätigen Abgabe eines Zeitsignals oder auf den
Nachtzentralumschalter zu legen. Die Ruhestromleitungen durchlaufen hinter dem
Gruppenschalter ein Galvanoskop K die Abfrageklinke P, das Anrufrelais G und
gelangen dann zum Batteriewähler Z, wo sie mit der für
ihren Betrieb bestimmten Spannung verbunden sind. Wird durch den Anruf des fernen
Amtes der Strom in der Leitung unterbrochen, so läßt das Anrufrelais G den bis dahin angezogenen Anker los, welcher nun den
Strom aus der Sammlerbatterie B über die Wicklung des
Kontrollrelais W und die Anruflampe O schließt. Parallel zur Lampe liegt ein Relais S1, welches ebenfalls
Strom erhält und dessen Anker infolgedessen den Lampenstromkreis dauernd geschlossen
hält, auch wenn der Kontakt des Anrufrelais wieder geöffnet wird. Durch das
Kontrollrelais wird die für den Aufsichtsbeamten bestimmte Ueberwachungslampe X2 eingeschaltet. Wird
zur Beantwortung des Anrufs der Abfragestöpsel L in die
Klinke P eingesetzt, so werden die mittleren Federn der
Klinke auseinander gebogen und hierdurch mittelbar die Zuführungen zu den Lampen
unterbrochen, so daß sie erlöschen, während gleichzeitig die Leitung durch die
Stöpselkontakte über die Taste und den Abfrageapparat V
zum Batteriewähler geführt wird. Um als Abfrageapparate Klopfer verwenden zu können, sind
Klopfer mit polarisiertem Magnetsystem gewählt worden, deren Anker von dem dauernd
in der Leitung kreisenden Ruhestrom am Ruhekontakt festgehalten, bei
Stromunterbrechung durch den eigenen Magnetismus des Apparats mit kräftigem Anschlag
gegen den Arbeitskontakt gelegt wird. Da dasselbe Abfragesystem für Leitungen mit
positivem und mit negativem Linienstrom benutzt werden muß, sind zwei polarisierte
Klopfer unmittelbar nebeneinander aufgestellt, die auch nebeneinander im Stromkreise
liegen, jedoch so geschaltet sind, daß der eine nur auf positiven, der andere nur
auf negativen Strom anspricht. Ist am Abfrageapparat festgestellt, daß Berlin
gerufen wird, so erfolgt durch Einsetzen des Verbindungsstöpsels L1 in die Klinke der
Anschluß eines freien Arbeitsplatzes D1. Nach beendeter Korrespondenz drückt der
aufnehmende Beamte auf einen Druckknopf D3 und schaltet hierdurch die Schlußlampe X1 ein mit Hilfe des
Schlußzeichenrelais W1,
dessen Anker durch die zweite Wicklung, die Haltewicklung des Relais, so lange
angezogen gehalten wird, bis beim Zurückführen des Verbindungsstöpsels in seine
Ruhelage der Lampenkreis am Schalter T1 selbsttätig wieder geöffnet wird.
Textabbildung Bd. 325, S. 491
Fig. 44.
Textabbildung Bd. 325, S. 491
Fig. 45.
Die Schaltung für die Arbeitsstromleitungen ist aus Fig.
44 ersichtlich, in der wieder durch die gleichen Buchstaben die gleichen
Apparate wie in Fig. 43 bezeichnet sind. Das Anruf-
und das Halterelais der Fig. 43 (G und S1 in Fig. 43) sind
hier zu einem Relais G mit zwei Wicklungen vereinigt.
Nach dem Schema der Fig. 44 werden während der Nacht
auch diejenigen Hughes-Leitungen geschaltet, deren
geringerer Nachtverkehr die Beibehaltung des Hughes-Betriebes nicht rechtfertigen würde.
Fig. 45 zeigt den von der Firma Siemens & Halske
hergestellten Umschaltetisch, welcher in drei Abteilungen die Ruhestrom-, die
Arbeitsstrom- bezw. Klopfer- und die Hughes-Leitungen
aufnimmt. In jeder Reihe erkennt man eine Reihe von Stöpseln, die
Verbindungsstöpsel, an welchen die Zuführungen von den Arbeitsplätzen endigen.
Senkrecht zu den Stöpselreihen liegen die Streifen mit je zehn Anruflampen und neben
jeder Lampe das zugehörige Galvanoskop. Die Galvanoskope sind, um sie alle auf dem
engen Raum unterbringen zu können, nicht mit einer Skala versehen; der Zeiger trägt
vielmehr ein kleines rotes Schild, das durch ein kleines Fenster hindurch sichtbar
ist.
Textabbildung Bd. 325, S. 491
Fig. 46.
Die für jede Leitung erforderliche Batteriespannung ist unmittelbar an die
Abfrageklinke geführt. Um sie in außergewöhnlichen Fällen jedoch wechseln zu können,
durchlaufen die von den Klinken kommenden Batteriedrähte zunächst den
Batteriewähler. Von der mit der Batterie verbundenen Sammelschiene (Fig. 46 und 47) sind
Abzweigungen zu einer Lochschiene geführt, in deren Löcher der eine von zwei durch
eine Schnur verbundenen Stöpseln gesetzt werden kann, während der zweite Stöpsel
beim Einsetzen in eine der Batterieklinken die regelmäßige Batterieverbindung
unterbricht und über die Lochschiene eine Ersatzbatterie einschaltet.
Textabbildung Bd. 325, S. 492
Fig. 47. Batteriewähler beim Berliner Haupt-Telegraphenamt.
A Batteriesicherungen. – B
Batterieklinken. – C Lockschienen.
Mit dem Beginn des Tagesdienstes werden die Leitungen zunächst mit Hilfe der oben
erwähnten Gruppenumschalter (Fig. 43) zur Abgabe des
Uhrenzeichens sämtlich mit der elektrischen Zentraluhr verbunden. Diese Uhr
schließt ein Hauptrelais, dieses acht Gruppenrelais und von diesen jedes 40
Senderelais. Jedes Senderelais schickt in die Leitung, deren Anstalten das
Uhrenzeichen erhalten sollen, – im Sommer um 7, im Winter um 8 Uhr morgens – einen
Strom von einer Minute Dauer; in Ruhestromleitungen unterbricht das Senderelais den
Linienstrom für dieselbe Zeit. Die Aemter der betr. Leitungen, welche dies
Uhrenzeichen erwarten, richten nach ihm ihre Uhren.