Titel: | Die II. Ton-, Zement- und Kalkindustrie-Ausstellung in Berlin-Baumschulenweg. |
Autor: | G. Benfey |
Fundstelle: | Band 325, Jahrgang 1910, S. 506 |
Download: | XML |
Die II. Ton-, Zement- und
Kalkindustrie-Ausstellung in Berlin-Baumschulenweg.
Von G. Benfey,
Lauban.
(Schluß von S. 490 d. Bd.)
Die II. Ton-, Zement- und Kalkindustrie-Ausstellung in
Berlin-Baumschulenweg.
Die Maschinenfabrik Röscher G. m. b. H.,Görlitz,
stellt ebenfalls, alles betriebsfertig und im Betriebe, einen Konoid-Kollergang mit zwei Kollerläufen von je 8500 kg
Gewicht aus, eine Maro-Ziegelpresse Nr. 1 und 2 und ein
Maro-Feinwalzwerk, endlich einen Maro-Kreistransporteur zur Beförderung frischer
Formlinge.
L. Schmelzer,Magdeburg, bringt einen
Beschickungsapparat seines Systems, einen Naßkollergang mit beweglicher Mahlbahn und
Ausräumungsspirale, verschiedene Pressen und sonstige Ziegeleimaschinen, endlich den
Ziegeltransporteur, der früher in dieser Zeitschrift schon eingehend geschildert
wurde. Richard Raupach, Görlitz, stellt ebenfalls eine
vollständige Pressenanlage aus, bestehend aus einer Ziegelpresse mit
Dampfpreßkopfmundstück, Abschneideapparat, Steinaussonderungs-Walzwerk, Feinwalzwerk
und Zuführungs- und Mischkette, Patent Horn, ein
Hängeschalentransporteur und ein Patent Gielow
Kollergang aus. Auch die Nienburger Eisengießerei und
Maschinenfabrik, Nienburg Saale, die Sächsische
Turbinenbau- und Maschinenfabrik A.-G. vorm. A. Kuhnert & Cie., Meißen, die Rheinische
Maschinenfabrik G. m. b. H. in Neuß a. Rh., K u.
Th. Müller, G. m. b. H, Brackwede i. Westf., führen ihre bekannten und
geschätzten Ziegeleimaschinen vor.
Die Alpine Maschinenfabrik, Gesellschaft m. b. H.,
Augsburg, stellt ihre Orionmühlen, ihre Perplexmühlen in verschiedenen Größen, sowie
einen Windseparator aus. In ähnlicher Art, wie die Kugelmühlen, wirken jene Mühlen,
die besonders für die Fabrikation von Sackkalk sich sehr geeignet erwiesen haben,
während sich in gleicher Fabrikation die Windseparatoren zur scharfen Trennung der
Griese von den Mehlfeinen bei leichter Einstellbarkeit gut bewährten. Dr. Gaspary & Cie,
Markranstädt bei Leipzig, hydraulische Pressen für Granitoidplattenfabrikation, eine
ganze Zementmauersteinanlage, sowie andere Pressen, Mischer, Rohrformen usw. für
Betonmasse. Die Maschinenfabrik Rhein & Lahn, Gauhe, Gockel & Cie. in Oberlahnstein durfte mit ihren wohlbewährten Misch- und
Knetmaschinen in einer Ausstellung für Baumaterialien nicht fehlen. Aehnliche
Erzeugnisse führt Philipp Deutsch & Cie., Berlin vor.
Das höchste Interesse bringen die Fachleute aus der Ziegelindustrie der gemeinsamen
Ausstellung der Firmen M. Bohn & Cie. in Nagykikinda, A.
Dornbusch in Bralitz b. Berlin, G. Keller in
Laggenbeck, Westf. und Otto Bock in Berlin entgegen.
Der Tonreiniger von M. Bohn & Cie. wird den Lesern dieser Zeitschrift inzwischen
durch einen anderen Artikel von mir bekannt geworden sein. Die Streichmaschine von
A. Dornbusch in Bralitz habe ich im Jahrgang 1908,
Heft 36 besprochen, sie befindet sich hier im flotten Betriebe. Die selbsttätigen
Einrichtungen von C. Keller, Laggenbeck, habe ich im
gleichen Jahrgange Heft 37 eingehend besprochen. Sie werden hier im Betriebe
vorgeführt, wesentlich erweitert durch einen selbsttätigen Abschneider und
Ablegeapparat für den Pressenstrang und die abgeschnittenen Formlinge. Mit ihrer
Hinzunahme spielt sich jetzt der Transport der frisch gepreßten Formlinge in die
Trocknerei und von dort nach dem Ofen in folgender Weise unter fast vollständiger
Ersparung menschlicher Arbeitskraft ab. Der Tonstrang wird, sobald er aus dem
Mundstücke der Ziegelpresse heraustritt, in einer Länge von etwa 2 m über einen
auf Rollen laufenden Leinengurt geführt und setzt durch sein Gewicht einen
Abschneidebügel, an dem nur ein Schneidedraht gespannt ist, in Bewegung. Dieser
Schneidedraht trennt bei jedem Niedergange des Bügels einen Ziegelformling ab. Der
abgeschnittene Ziegel setzt sich, auf hoher Kante stehend, auf ein Rähmchen ab, das
unterhalb des Transportbandes hervortritt und auf Rollen laufend, ebenfalls
selbsttätig in Bewegung gehalten wird. Sobald ein Rähmchen mit Ziegeln besetzt ist,
folgt unmittelbar anschließend ein zweites, dann ein drittes und so fort. Die
Bewegung des Rähmchens ist schneller als die des Tonstranges, so daß zwischen je
zwei Ziegeln ein Zwischenraum von einigen Zentimetern entsteht. In dem Augenblick,
wo das nächste Rähmchen sich dem Abschneidebügel nähert, verdoppelt sich der Lauf
der Rähmchen, so daß sie nicht bis an das äußerste Ende belegt werden, sondern dort
etwa 16 cm freien Raum lassen. Am Ende der Rollbahn angelangt, wird jedes mit
Ziegeln besetzte Rähmchen selbsttätig von einem Mitnehmer erfaßt, der es im rechten
Winkel auf einer zweiten, etwas geneigten Rollbahn weiterführt. Auf dieser gelangt
es direkt in eine Hebevorrichtung, welche die Rähmchen in die Höhe hebt. Sobald sich
12 Rähmchen zu je zwei nebeneinander in der Hebevorrichtung befinden, steht diese
einen Augenblick still, ein selbsttätiger Absetzwagen wird hineingeschoben und
mittels einer Hebelbewegung werden alle zwölf beladenen Rähmchen auf einmal
abgenommen und auf einer Schiebebühne in ein Trockengerüst hineingeführt, wo sie
durch Herunterlegen des Hebels abgesetzt werden. Weiter wird gezeigt, wie im
wirklichen Betrieb nach beendetem Trocknen der Ziegelformlinge derselbe Wagen mit
einem Hub die beladenen Rähmchen in die Höhe hebt und sie in einen entsprechend
höher gestellten Ofenwagen mit ganz niedrigen Rädern, der so gebaut ist, daß er auch
durch die niedrigste Ofentür hindurchkommen kann, hineinfährt. Dieser Wagen nimmt
durch Hebelbewegung die Rähmchen auf und bringt sie in den Ofen hinein. Hier werden
die Ziegel zum erstenmal mit der Hand angefaßt, um eingesetzt zu werden. Für
Trockengerüste mit zehn Stockwerken übereinander tritt wieder eine Neuheit, der
Umlader, in Tätigkeit. Die zehn Rähmchen werden in einen sich um eine lotrechte
Mittelwelle drehenden Karusselwagen zu fünf auf jeder Seite abgestellt und ebenfalls
unmittelbar in den Ofen gefahren. Endlich zeigt der bekannte Ofeningenieur Otto Bock in Berlin verschiedene Erzeugnisse der
Tonwarenindustrie, so u.a. eine hohe Vase mit Sockel in vollendeter Glasur,
Verblendziegel, Terrakotten erstklassiger Fabriken, die in seinen Oefen ohne Gewölbe
oder mit oberem Abzüge gebrannt sind.
Das Kgl. Hüttenamt Sonthofen stellt Bauwinden,
Betonmischmaschinen, die Gubener
Zementformstein-Maschinenfabrik Wolf & Cie. und Karl Peschke, Zweibrücken, Maschinen
zur Bearbeitung und Formgebung von Betonmassen aus.
Wie bereits früher von mir erwähnt, erobert sich der Bagger zum Abbau des Tonlagers
immer mehr Anhänger in der Ziegelindustrie, einerseits durch seine Ersparung an
immer teurer werdende menschliche Arbeitskraft, andererseits da die Baggererzeuger
sich bemühen, immer
mehr den Anforderungen eines richtigen Tonabbaues zu genügen, der vor allen Dingen
darin besteht, schon hier möglichst den Ton aus seiner natürlichen Struktur zu
schälen und durch leichte Beweglichkeit des Baggers nicht zur Förderung geeignete
Stellen des Abbaues zu vermeiden. Neben dem bereits besprochenen Kleinbagger von Rieter & Koller bringt
uns die Ausstellung noch drei wesentlich verschiedene Baggertypen. Zunächst den
Trockentiefbagger von H. Aug. Schmidt, Würzen i. Sa.,
den ich bereits in dieser Zeitschrift, Jahrgang 1909, Heft 12, besprochen habe. Dann
von Menck & Hambrock, G. m.
b. H., Altona-Hamburg, einen elektrisch betriebenen Universal-Löffelbagger
mit drei Motoren zur Bedienung durch nur einen Mann, mit Mencks gebremster Löffelklappe. Dieser Typ, der große Anwendung in den
amerikanischen Ziegeleien findet, arbeitet derart, daß ein großes eimerartiges Gefäß
in Bewegung gesetzt wird, welches vorn an der unteren Seite teils zugeschärft, teils
in scharfe Spitzen ausläuft. Der vordere Teil des Eimers hängt in Gelenken drehbar
an einer Kette, während der hintere Teil mit einem Balken fest verbunden ist. die
Schaufel wird auf die Tiefe des Angriffpunktes eingestellt, dann gegen die Tonwand
bewegt, wobei die Spitzen in diese eindringen, darauf wird die Schaufel
emporgezogen, hierdurch die Tonwand angeschnitten und so weit gelöst, bis der Eimer
gefüllt ist. Dann wird er soweit zurückgedreht, daß er über das Transportgefäß zu
stehen kommt, der Boden des Eimers wird zurückgeschlagen und das Material fällt in
das Transportgefäß. Nach völliger Entleerung des Eimers wird der Boden wieder
geschlossen, das Eimergefäß wird gesenkt und eine neue Abgrabung vorgenommen.
Textabbildung Bd. 325, S. 507
Fig. 14. Tonhobel der Lübecker Maschinenbau-Gesellschaft.
Etwas neues und anscheinend sehr praktisches bringt die Lübecker Maschinenbau-Gesellschaft, Lübeck, mit ihrer Erdhobelmaschine
(Fig. 14 und 15)
zur Gewinnung von Rohmaterialien der Ziegelindustrie wie Ton und Lehm. Der Apparat,
der für eine größte Abtragshöhe von 5 m erbaut ist, ruht auf einem auf Räder
gelagerten Untergestelle und führt an dem abzubauenden Hügel entlang, wobei mit der
ganzen Länge eines Messers ein genau auf Dicke einstellbarer Span Erde bezw. Ton
abgeschnitten wird. Das vom besser abgleitende Material wird von einem Becherwerk
aufgesammelt und auf einen Transporteur geschüttet, welcher es in einem hinter dem
Wagengestelle angebrachten, mittels Klappe verschließbaren Schüttkasten
befördert, von wo aus es dann in Transport wagen gelangt. Um ein willkürliches
Eindringen des Messers in die Erdschicht zu verhindern und zu vermeiden, daß die
Spandicken ungleichmäßig werden, ist auf dem Rahmen eine federnd gelagerte Welle
angebracht, welche sich gegen den Stoß legt und so beim Abtrennen eines Spans dafür
sorgt, daß das Messer nicht tiefer eindringt als die gewünschte Spandicke es
erfordert.
Textabbildung Bd. 325, S. 507
Fig. 15. Tonhobel der Lübecker Maschinenbau-Gesellschaft.
Von weiteren Ausstellungsgegenständen sind noch zu erwähnen Stoßbohrmaschinen,
Meißelhämmer, Entstäubungspumpen mit elektrischem Antrieb von den Siemens-Schuckert-Werken G. m. b. H., Berlin,
selbsttätige Rollbahnen und Transporteure der Berliner A.-G.
für Eisengießerei und Maschinenfabrikation früher f. C. Freund & Cie., Charlottenburg, Diaphragma-Pumpen von Hammelrath & Schwenzer
in Düsseldorf, Heißdampf-, Hochdruck- und Heißdampf-Compound-Lokomobilen von Heinrich Lanz, Mannheim und die Straßenlokomotiven und
Dampfstraßenwalzen von John Fowler & Cie. in Magdeburg. Habe ich somit, teilweise in recht
kurzen Zügen, die keramische und maschinelle Ausstattung der Ausstellung
geschildert, so kann ich sie nicht verlassen, ohne wenigstens mit einigen Worten auf
noch weitere Ausstellungsgegenstände hinzuweisen, die auch den Nichtfachmann fesseln
und erfreuen müssen. So die Mutz-Keramik der
keramischen Kunstwerkstätten Richard Mutz & Rother G. m. b. H. in Liegnitz und die Glasuren der Ullersdorfer Werke A.-G. in Nieder-Ullersdorf (Kreis
Sorau). Beide Glasurarten huldigen dem modernen Zeitgeschmack, der sich nicht mehr
mit gleichfarbigen Glasuren begnügt, sondern sie durcheinandergeflossen, aufgekocht
und in eigentümlicher, stets wechselnder Weise wieder erstarrt, liebt. Der Pavillon
der Berliner Kalksandsteinwerke Robert Guthmann, Berlin
nach den Entwürfen der Architekten Hart und Leser, Berlin, zeigt die verschiedenartige, reizvoll
angewendete Verwendungsart jenes neuen Baustoffes. Die Königl. Berginspektion Rüdersdorf gibt ein gewaltiges Bild ihrer
Erzeugnisse an Baumaterialien in Kalkstein. Ein geschmackvoller Pavillon zeigt die
verschiedenartigen Arten Dachziegel (Mönch und Nonnen, Strangfalzziegel usw.) in
Naturfarbe und in den jetzt so beliebten farbigen und matten Engoben der Schlesischen Dachstein- und Falzziegelfabriken vorm. G.
Sturm A.-G. in Freiwaldau, Bez. Liegnitz. Der Verein der Kalksandsteinfabriken E. V., Berlin-Wilmersdorf, hat sogar nach
dem Entwurf des Herrn Prof. Behrens ein
zweigeschossiges Gebäude aus Kalksandstein in verschiedenen Farben aufgebaut. Weit
über das Ausstellungsfeld hinaus glänzen die bunt in den verschiedensten Farben und
Ziegelarten hergestellten Dachaufbauten der rühmlichst bekannten Dampfziegelei und Tonwerk Hennigsdorf a. H. August Burg
A.-G., Berlin Der Deutsche Gipsverein E.-V., Berlin gibt nach
dem Entwurf von Prof. Bruno Möhring, Berlin einen
Konstruktionsbau aus Gips mit den verschiedenen Anwendungsarten des Gips als
Baustoff. Die unterelsässische Tonindustrie von Sufflenheim & Betschdorf zeigt in einer
Sonderausstellung ihre künstlerische Erzeugnisse in Bau- und Gartenkeramik. Endlich
errichtet der Zementware n-Fabrikanten Deutschland
E.-V., Berlin, ein großzügiges, monumentales Gebäude, um die Anwendbarkeit
und Ausführung seiner Betonbauweise nach jeder Richtung hin zu zeigen.
So bietet die Ausstellung ein großartiges Bild heutiger Entwicklung unserer
Baustoffindustrie, um zu beweisen, daß sie in dem allgemeinen Aufschwung unseres
wirtschaftlichen Lebens nicht zurückgeblieben ist. Es ist nur zu bedauern, daß sich
ihre Pforten schon nach kurzem Dasein so bald wieder schließen.