Titel: | Bemerkenswerte Verlade- u. Transportanlagen für Massengüter der Firma Adolf Bleichert & Co. in Leipzig-Gohlis. |
Autor: | K. Drews |
Fundstelle: | Band 325, Jahrgang 1910, S. 536 |
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Bemerkenswerte Verlade- u. Transportanlagen für
Massengüter der Firma Adolf Bleichert & Co. in Leipzig-Gohlis.
Von K. Drews, Oberlehrer an der Kgl.
höh. Maschinenbauschule in Posen.
(Schluß von S. 526 d. Bd.)
Bemerkenswerte Verlade- und Transportanlagen für Massengüter
usw.
Wenn die auf S. 526 beschriebene Anlage mit den vollkommensten technischen
Einrichtungen versehen ist und dementsprechend auch ein hohes Anlagekapital
erfordert hat, so soll in Folgendem gezeigt werden, daß man unter Umständen auch mit
primitiveren Einrichtungen und geringeren Anschaffungskosten eine sehr
leistungsfähige Verladeanlage herstellen kann. Es handelt sich um eine
Schiffsbekohlungsanlage, die die Firma Adolf Bleichert
& Co. vor kurzem auf der Insel Pulu Laut (Poeloe
laoet) für eine holländische Gesellschaft errichtet hat. Pulu Laut ist eine Insel im
Südosten von Borneo und ist von diesem durch eine Meerenge, die an ihrer schmälsten
Stelle etwa 2½ km breit ist, getrennt. Jene Gesellschaft, die Steenkolen-Maatschappy Pulu Laut, besitzt dort
Steinkohlengruben, die 5 km vom Dampferanlegepunkt entfernt liegen und eine
brauchbare Dampferkohle liefern. Die Insel liegt nun in äußerst günstiger Lage
auf dem Wege vom Kap und Suezkanal und von Australien nach Ostasien. Die Dampfer
können von Norden anstandslos in die Meerenge einfahren; sie finden dicht an der
Landungsstelle noch eine Tiefe von 7–7,3 m mit gutem weichen Ankerboden. Bisher war
Singapore einer der Haupthäfen für die Kohlenversorgung der Dampfer nach Ostasien
und Australien. Heute tritt Pulu Laut mit jenem Hafen in scharfem Wettbewerb, zumal
Singapore kein Kohle lieferndes Hinterland besitzt.
Früher wurden in Pulu Laut die Schiffe in der Weise bekohlt, daß Hunderte von Malayen
auf Plattformwagen bereit gestellte Kohlenkörbe zu je zwei Mann in das Schiff
trugen. Durch diese primitive Bekohlungsart hatten die Schiffe aber einen zu langen
Aufenthalt.
Die vor kurzem von Adolf Bleichert & Co. erbaute maschinelle Bekohlanlage besteht im wesentlichen aus
einer Hängebahn mit Zugseilbetrieb, deren Länge vom Kohlenschuppen bis zur
Entladestation am Meere 300 m mit 9 m Steigung beträgt. Sie leistet 150 t/Std. Es sind
zwei Gleise für Hin- und Rückfahrt vorhanden. An der Entladestation befindet sich
eine 5 m im Durchmesser messende Endumführungsscheibe, um die die Wagen, ohne sich
vom Zugseil zu lösen, herumgeführt werden, Wobei sie sich selbsttätig durch Kippen
des Kastens entleeren.
Textabbildung Bd. 325, S. 537
Fig. 17. Schiffsbekohlungsanlage auf der Insel Pulu Laut.
Fig. 17 zeigt den Landungssteg mit der
Entladestation. Die Kohle wird in einen Trichter geschüttet, vor dem ein Drehkran
steht, der eine Rutsche trägt. Diese Rutsche, die an den festen Trichter mittels
einer kleineren drehbaren angeschlossen ist, läßt sich drehen, aufklappen und
in sich teleskopartig verschieben. Sie kann also, da sie ausgezogen eine große Länge
besitzt, den Schiffsbewegungen nach jeder Richtung folgen. Die Verstellung der
Rutsche geschieht durch eine Handwinde. In der Rutsche ist, um die zur Verladung
kommende großstückige Kohle zu schonen, ein Kratzertransporteur untergebracht, der
den freien Fall der Kohle hindert. Bei einer Neigung von 30° der Rutsche verbraucht
der Transporteur 15 PS; bei 45° verbraucht er indes keine Kraft mehr, es muß
vielmehr noch etwa 1 PS abgebremst werden. Die Geschwindigkeit in der Rutsche
beträgt 0,5 m/Sek.
Textabbildung Bd. 325, S. 537
Fig. 18. Verladebrücke für Rüben der Zuckerfabrik Oud-Gastel in
Holland.
Ehe die Wagen auf die Strecke gelangen, passieren sie eine selbsttätige Wage,
die i. d. Std. 100 Wägungen vorzunehmen vermag. Es werden dabei jedesmal zwei Wagen
zugleich gewogen. Zum Zweck der Wägung lösen sich die Wagen selbsttätig vom Zugseil
und können erst nach beendeter Wägung wieder angeschlagen werden.
Vor der Wage befindet sich eine Umkehrstation, über die nicht vollbeladene Wagen,
ohne erst gewogen zu werden, zum Kohlenlager zurückgeleitet werden. Dieses
Zurückschicken hat sich als ein ganz vorzügliches Erziehungsmittel für die
Eingeborenen erwiesen; denn anfänglich versuchten die Leute im kindlichen Wetteifer
möglichst viele Wagen abzufertigen, sahen aber bald ein, daß sie damit nicht zum
Ziel kamen, und füllen heute denn auch die Wagen ordnungsgemäß.
Textabbildung Bd. 325, S. 538
Transportanlage der Ny Kalkbraenderi, Kopenhagen.
Der Antrieb der Hängebahn geschieht durch eine Lokomobile von 28–35 PS; davon werden
10 PS zur Lichterzeugung verwandt. Sie wird mit Grußkohle gefeuert, die sich für
Dampfer nicht eignet.
Zur Bedienung der Anlage sind nötig einige Leute im Schiffsraum oder Bunker,
zeitweise ein Mann zur Bedienung der Rutsche, ein Mann an der selbsttätigen Wage und
ein Maschinist. Das Füllen der Wagen geschieht von Hand aus bereit stehenden Körben,
die bereits an der Grube gefüllt und mit der Flachbahn herangeschafft werden, da
billige Arbeitskräfte vorhanden sind.
Im Gegensatz zu Verladekranen ist der reine Hängebahnbetrieb ein kontinuierlicher.
Zweifellos hat diese Art der Schiffsbekohlung namentlich in kolonialen Gebieten noch
eine große Zukunft; denn die Gründungen sind einfach, die Konstruktionsteile leicht.
Alle empfindlichen Teile befinden sich an Land in geschützter Lage. Vielteilige
Windwerke, die durch Zahnbrüche und dergl. außer Betrieb gesetzt werden könnten und
deren Reparatur in den Kolonien Schwierigkeiten bereiten könnte, sind nicht
vorhanden.
Auch größere Zuckerfabriken haben in den letzten Jahren immer mehr zu
leistungsfähigen, Arbeiter ersparenden Entlade- und Transportvorrichtungen
gegriffen. Da diese Fabriken jährlich nur eine kurze Zeit im Betriebe sind, so
können sie sich keinen ständigen Arbeiterstamm heranziehen. Sie wissen auch nie, ob
die heute angeworbenen Arbeiter morgen wiederkommen. Dazu kommen Arbeitermangel
überhaupt und Streikgefahr. Alle diese Umstände drängen dann auf Beschaffung
maschineller Transportanlagen hin, selbst wenn diese keine Ersparnisse für den
Betrieb bringen sollten.
Für den Horizontaltransport wird wohl in den meisten Fällen die Hängebahn mit Zugseil
oder die Elektrohängebahn das Geeignetste sein. Handelt es sich um das Ausladen aus
Schiffen und Lagerung der Zuckerrüben, so dürften wieder weitgespannte fahrbare
Verladebrücken am Platze sein.
Fig. 18 stellt eine fahrbare elektrische
Verladebrücke zum Ausladen von Zuckerrüben aus Flußfahrzeugen dar, die Adolf Bleichen & Co.
für die holländische Zuckerfabrik Oud-Gastel geliefert
haben. Die Verladebrücke besitzt einen aufklappbaren Ausleger, der mittels
besonderer Winde aufgezogen werden kann. Die Spannweite zwischen den Stützen beträgt
40 m, die Ausladung an der Wasserseite 19 m, an der Landseite 23 m bis zum äußersten
Ende, die lichte Höhe über Oberkante Laufschiene 9 m. Auf der Brücke fährt eine
Motorlaufkatze, die mit Förderkübeln von 1,75 cbm Inhalt arbeitet. Das Gewicht der
Ladung beträgt 1000 kg, das Eigengewicht des Förderkübels 450 kg. Der Hubmotor der
Katze leistet 32 PS bei n = 700, der Katzenfahrmotor 5
PS bei n = 1400, die beiden Kranfahrmotoren je 11 PS
bei n = 525. Die Auslegereinziehwinde wird ebenfalls
elektrisch angetrieben und zwar durch einen Motor von 2 PS normaler Leistung. Das
Verfahren der Brücke geschieht durch zwei Motoren von je 14 PS bei n = 525.
Die Verladebrücke vermag i. d. Std. 30 t Rüben vom Schiff aufs Lager zu bringen. Die
Betriebsleitung der Zuckerfabrik ist mit der neuen Verladevorrichtung sowohl in
betriebstechnischer wie in wirtschaftlicher Hinsicht sehr zufrieden.
Ein anderer Industriezweig, der sich die großen Vorteile neuzeitlicher maschineller
Transportmittel in immer steigenderem Maße zu Nutze macht, ist die Ton-, Kalk- und
Zementindustrie. Für größere Entfernungen, z.B. für die Verbindung der Grube mit dem
Werk, wird die Drahtseilbahn immer das Passendste sein, während innerhalb des Werkes
selbst in den allermeisten Fällen der Elektrohängebahn der Vorzug gebühren
dürfte.
Eine vorbildliche planmäßig durchgeführte Anlage dieser Art haben Adolf Bleichert & Co.
für die Aktieselskabet Ny Kalkbraenderi in Kopenhagen
geliefert. Fig.
19 bis 24 zeigen die Gesamtanlage dieses Werkes. Es sind dort fünf
Hängebahnlinien vorhanden. Auf allen diesen Linien verkehren elektrisch betriebene
Windenwagen, wie sie auf S. 522 beim Bromberger Gaswerk beschrieben wurden.
Textabbildung Bd. 325, S. 539
Fig. 25. Kalksteinsilo mit Entladevorrichtung und Bleichertschen
Stauverschlüssen.
Der Kalkstein wird dem Werk auf dem Wasserwege zugeführt. Wie Fig. 19 und 24 erkennen
lassen, befindet sich am Hafen ein Kalksteinsilo, auf dem sich ein von Hand
verfahrbares, in den Figuren mit Bahn I bezeichnetes
Entladegerüst bewegt. Auf dem aufklappbaren Ausleger läuft ein Windenwagen Bleichertscher Konstruktion, der mittels eines am
fahrbaren Gerüst angebrachten Steuerschalters gesteuert wird. Der bedienende
Arbeiter hat nur, wenn ein voller Kasten in das Gehänge eingehängt ist, den
Schalter auf Heben und nach beendeter Hebebewegung auf Fahrt zu stellen; alle
anderen Bewegungen bis auf die Senkbewegung, also Anhalten über dem Silo, Kippen des
Kastens, Rückfahrt und Anhalten gehen selbsttätig vor sich.
Aus dem Silo wird das Material durch Bleichertsche
Verschlüsse, die sich zum Durchlassen sehr großer Stücke eignen, in Rollbahnwagen
abgezogen. Fig. 25 zeigt den Silo mit dem
Entladegerüst und den Verschlüssen von der Landseite aus.
Die Rollbahnwagen werden entweder zum Ringofen oder bis vor den als Winterlager
dienenden Kalksteinschuppen geschoben, über dem die Hängebahn II angeordnet ist. Deren Windenwagen wird von einem bei
a (Fig. 24) stehenden
Manne mittels Fernsteuerung in folgender Weise gesteuert. Beim ersten Einschalten
des Steuerschalters wird der Kasten hochgezogen, wobei sich in der höchsten Stellung
die Winde von selbst stillsetzt. Dann betätigt der Arbeiter den Schalter von neuem,
worauf der Wagen über das Lager fährt und dort anhält. Eine weitere Betätigung des
Schalters bewirkt das Senken des Kastens. Beim vierten Einschalten löst ein
Elektromagnet die Feststellvorrichtung des Kippmechanismus am Kasten aus, worauf
dieser seinen Inhalt auf das Lager schüttet-und sich dann wieder von selbst
aufrichtet. Die fünfte Schaltbewegung bewirkt wieder das Heben des Kastens mit
selbsttätiger Hubbegrenzung, das sechste die Rückfahrt des Wagens mit selbsttätigem
Anhalten und das siebente endlich das Senken des leeren Kastens. Die Begrenzung der
Senkbewegung geschieht ebenfalls selbsttätig, sobald der Förderkübel unten
aufsetzt.
Textabbildung Bd. 325, S. 539
Fig. 26. Verladeanlage der A von Krosigkschen Kalkwerke, Hohenerxleben.
Gesamtansicht.
Kohlen werden dem Ringofen mittels der Bahn III
zugeführt, die im Ringbetrieb arbeitet, während bei den anderen Pendelbetrieb
vorliegt. Sie kommen auf dem Bahnweg an. Der Kübel des Windenwagens wird an der
Stelle b–c (Fig. 24) des
Eisenbahngleises gefüllt, hochgezogen und in die Halle des Ringofens gefahren, wo er
selbsttätig kippt; ohne Fahrtunterbrechung gelangt er dann wieder an der
Beladestelle an. Die Steuerung kann von den Arbeitern, die das Einschaufeln der
Kohle besorgen, bedient werden.
Textabbildung Bd. 325, S. 540
Fig. 27. Entladestelle bei den Kalköfen.
Mittels der Bahn IV wird der gebrannte Kalk nach einem
der Füllrümpfe d, e und f
gebracht (Fig.
24). Aus d wird er nach dem Löschbottich, aus
e in Landfuhrwerke, aus f in Eisenbahnwagen abgezogen (Fig. 20 und 21). An der
Stelle g wird der Kalk abgeladen, der zur
Kugelmühle gehen soll. Der Windenwagen passiert auf der Strecke eine Wage mit
Kartendruckapparat.
Die Hängebahn V endlich dient zur Bekohlung des
Kesselhauses (Fig. 22–24). Ihre Schiene ist
als Ausleger außerhalb des Hauses über das Zufuhrgleis hinausgeführt. Der
Windenwagen nimmt die Kohle vom Eisenbahnwagen auf und schüttet sie in die Bunker,
aus denen sie zu der selbsttätigen Feuerung gelangt.
Textabbildung Bd. 325, S. 540
Fig. 28. Entladekran für Ziegel und andere Baustoffe der Ziegeltransport-A-G.
in Berlin.
Die Bahnen I und IV haben
eine Stundenleistung von 20 t, die anderen dagegen nur von 5–6 t. Anschaffungskosten
und Betriebskosten sind gering, eine besondere Bedienung der Anlage ist nicht
erforderlich. Rechnerisch betragen die Stromkosten für 1 t/km bei einem Preise von 20 Pf./KW-Std. nur ⅛
Pf. Erfahrungsgemäß betragen die Förderkosten für 1 t einschließlich
Unterhaltungskosten bei mäßigen Entfernungen immer nur wenige Pfennige.
Fig. 26 und 27 zeigen
ferner die Verladeanlage der A. von Krosigkschen
Kalkwerke in Hohenerxleben. Diese Anlage dient zum Transport des Rohmaterials vom
Kalksteinbruch nach den Oefen. Sie besteht aus einer Elektrohängebahn, die über den
Bahnkörper der Staatsbahn geführt ist. Wie aus den Figuren zu ersehen, dient als
Transportmittel eine normale Bleichertsche
Führerstandslaufkatze,D. p. J. S. 246 d
Bandes. deren Gehänge in diesem Falle indes drei Förderwagen
zugleich aufnehmen kann. Die Ueberführung des Bahnkörpers ist unten geschlossen zum
Schutze gegen herunterfallende Kalkstücke.
Der Hubmotor der Laufkatze leistet normal 42 bis 45 PS bei n = 630; es sind zwei Fahrmotoren von je 5 PS bei n = 725 vorhanden. Die Stundenleistung der Katze beträgt 35 t.
In neuester Zeit ist man auch der Frage näher getreten, wie man Ziegelkähne am
besten löscht. Die Ziegeltransport-A.-G. in Berlin ist
auf diesem Gebiete bahnbrechend gewesen. Sie hat für ihre Anlagen an den Berliner
Häfen vorbildliche Einrichtungen geschaffen dadurch, daß sie ihre Transportkähne und
Ueberladevorrichtungen nach einheitlichen Gesichtspunkten ausbildete.
Fig. 28 zeigt den von Adolf
Bleichert & Co. für die obige Gesellschaft
gelieferten Ziegelentladekran; er steht am Bundesratufer.
Es ist ein elektrisch betriebener fahrbarer Portalbrückenkran mit wasserseitigem
Ausleger und Laufkatze. Das Fördergefäß ist eine eiserne Plattform, die etwa 1500
Steine faßt. Diese im Kahn beladene Plattform wird von dem Kran unmittelbar auf ein
Straßenfuhrwerk gesetzt und ohne Umladen an die Baustelle gefahren. Die Ziegeltransport-A.-G. besitzt etwa 200 eiserne
elektrisch angetriebene Ziegelkähne mit Akkumulatorbetrieb. Ein solcher Kahn mit
60000 Steinen kann in etwa drei Stunden gelöscht werden. Während des Löschens wird
die Batterie wieder aufgeladen. In fünf bis sechs Stunden kann jeder Kahn
abgefertigt sein und alsdann wieder die Rückfahrt antreten.